Freundschaften finden, behalten und pflegen

Lora
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Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von Lora »

Hallo an Alle,

mein Doc hat mir gestern eröffnet, dass es mit der Arbeit so schnell bei mir noch nichts wird, d.h. dass ich baw. zu Hause bin.
Jetzt war meine Vergangenheit stark geprägt von der Arbeit und daher habe ich u.a. kaum Bekanntschaften, Freundschaften usw.
Habt Ihr eine Ahnung, was ich tun könnte um Kontakte aufzubauen, bin Mitte 40 und wohne in einer Großstadt. Vielleicht habt Ihr eine Idee, ich bin ziemlich ratlos.

DANKE
DepriXX
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von DepriXX »

volkshochschule (einen kurs belegen)
tanzkursus
sportstudio
ehrenamtliche tätikeit (zb in einem tierheim)
--

liebe grüße

.::. DepriXX .::.



ramona
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von ramona »

Hallo!

Deine Überschrift hat für mich fast die richtige Reihenfolge , ich für meinen Teil würde lediglich das pflegen vor dem behalten ansiedeln.
Die gefunde Freundschaft will gepflegt sein und das auch in Zeiten, wo einem vielleicht nicht so sehr danach ist und erst recht in Zeiten in denen es einem gut geht. Feundschaft bedeutet auch immer Arbeit, darüber muss man sich im klaren sein. Der Weg der Freundschaft muss oft beschritten werden, sonst wächst er zu und verwuchert. Ob man eine Freundschaft behalten darf/kann hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab, die oft gar nicht zu beeinflußen sind. Es ist bestimmt ein Stück weit Fügung oder auch Schicksal ob eine Freundschaft/Partnerschaft bestand hat.

Es ist ein sehr schwieriges Thema, ich sage das, da ich aus einer langen Erfahrung heraus spreche. Früher war ich so naiv und dachte jeder der freundlich zu mir ist, möchte auch mein Freund sein und zwar so einer wie ich es mir wünsche. Dem ist aber nicht so. Auch wenn es nach einem Pauschalurteil klingt, wir leben in einer sehr oberflächlichen Welt, wo Dinge wie aussehen, finazielle Unabhänigkeit oder auch "Partyfähigkeit" einen Stellenwert haben, den sie nicht verdienen. Sobald man auf Grund irgendeines Mangels (körperlicher, psychischer, materieller Art) aus der Reihe fällt, gerät man ohne eigenes weiteres zutun auf das Abstellgleis (In der Freundschaftshirachie). Ich möchte damit nicht sagen, dass dies immer und überall und bei jedem so ist, sondern nur, dass dies meinen Erfahrungen entspricht.
Die Vorschläge von SuMu als solche sind nicht schlecht, aber sie sind ein Schuß aus der Hüfte und wenig überdacht. Denn man muss dort wo man sich hintraut/hinwagt, das Glück haben (und es ist definitiv Glück) auf die entsprechenden Leute mit der gleichen Wellenlänge zu treffen um Freundschaften schließen zu können. Es reicht nicht aus, den Mut aufzubringen zu einer Veranstaltung zu gehen ggf. sogar alleine, man braucht noch mehr Kraft und Selbstvertrauen, dann auch auf andere zuzugehen. Verfügt man über besagtes Selbstvertrauen, hat man den ersten Schritt geschafft. Sind wir ehrlich, es wird mit zunehmendem Alter nicht einfacher, offen für andere Menschen zu sein und zu bleiben. Auch hier soll es nicht so klingen als wären alle Menschen so, ich freue mich für jeden einzelnen, der es schafft bis ins hohe Alter unvoreingenommen und offen zu sein und zu bleiben.

Die Hoffnung habe ich für mich noch nicht aufgegeben, aber sie ist bei weitem nicht mehr so euphorisch wie sie vielleicht noch vor zwanzig Jahren war. Es kommt auch nicht auf die Quantität der Freunde an, sondern eindeutig auf die Qualität. Ich hatte nach vielen "Reinfällen" doch noch den Mut neue Wege zu beschreiben, Internet, Anzeigen, Foren und bin zwar nicht überschwänglich belohnt worden für meine Bemühungen (den ich musste immer wieder herbe Rückschläge wegstecken), aber um so intensiver.

Ob dir meine Gedanken nun weiter geholfen haben oder dich eher desillusioniert haben,weiß ich nicht, aber ich wollte es einfach mal zu Papier bringen. Ich wünsche dir alles Gute, auf deinem Weg in neue Freundschaften und wünsche dir, dass das Glück/Schicksal dir hold ist.

Gruß Ramona
freebird
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von freebird »

Hallo Ramona,

ich stehe an der gleichen Schwelle wie Du.
Durch die Erkrankung kann ich nicht arbeiten und die Kollegen auf der Arbeit waren írgendwie auch meine sozialen Kontakte. Hinzu kommt, dass ich durch meine Erkrankung und vor allen durch die dadurch resultierenden "Maken" und "Schrulligkeiten"
(*mitbreitengrinsenschreib*) meine Freunde verloren habe - und wohl auch weil psychisch krank irgendwie Angst auslöst (bei den anderen).
Ramona und MuSu haben beide nicht Unrecht und die Sicht der Dinge stimmen aus Ihrer Perspektive.
Meine Erfahrungen sind auch diese:
Ich war im Fitness-Studio und bin in div. Kursen der VHS. Es sind oberflächliche Verbindungen, die auf der gemeinsamen Sache (Sport, Sprachkurs etc.) beruhen. Sie sind nicht schlecht, nur nicht das was Freundschaft ausmacht (für mich).
Ich glaube, dass wahre Freundschaft ein Geschenk ist, dass ich nicht verdienen kann. Ich denke mehr und mehr, dass sie wachsen/reifen muß und der Verlust einer solchen ist mit Schmerz und Kränkung verbunden und es braucht einfach Zeit eine neue Freundschaft auf zu bauen.
Ich frage mich selbst zur Zeit, ob die Menschen, die ich vor meiner Erkrankung als Freunde bezeichnet habe (Kollegen, Nachbarn, Bekanntschaften) dieser - meiner - Bezeichnung gerecht geworden sind, oder auch überhaupt die Chance hatten meiner Vorstellung gerecht zu werden.
Ich habe kein Patentrezept und fürchte fast, dass es ein solches auch nicht geben wird.
Meine einzig verbliebene Freundin - sie ist Pastorin und ich bin auch gläubig - gab mir einen Satz aus dem Paulus-Brief zu bedenken:
"Laß dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig..." (1. Kor.12/9).
Keine Ahnung ob Dir meine Wort weiterhelfen. Waren nur so Gedanken dazu.
Viele Grüße
Corinna
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Frage nicht danach, warum du lebst. Akzeptiere einfach, dass du existierst.
jolanda
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von jolanda »

Hallo!

Zunächst sind alles ja erstmal Kontakte, ob daraus Freundschaften entstehen zeigt sich erst mit der Zeit. Ich habe selber nur wenig richtig starke Freundschaften, aber mittlerweile doch viel mehr Kontakte, als früher. Das habe sich seit meiner Erkrankung auch bewußt gepflegt. Ich hatte das riesen Glück, dass die wirklich guten Freundschaften auch bestehen geblieben sind. Durch die Krankheit habe ich jetzt sogar mehr Kontakte, weil ich ein paar nette Leute in der Klinik bzw. Tagesklinik kennengelernt habe. Zunächst war es nur das gegenseitige Verständnis und Rücksichtnahme auf die Psyche des anderen, aber es hat sich gezeigt, dass es mit einigen auch eine breitere Basis gibt.
Gute Erfahrungen habe ich auch mit www.new-in-town.de . Das ist eine Kennenlernseite ausdrücklich nicht für Partnersuche. Wir haben dadurch ein mittlerweile befreundetes Ehepaar kennengelernt. Von drei Blind-Dates ein Treffer, finde ich ganz gut.
Ansonsten ist es glaube ich wichtig offen auf die Leute zuzugehen. Ich habe auch durchweg positive Erfahrungen damit ehrlich zu meiner Erkrankung zu stehen. Das heißt ja nicht, dass man es gleich jedem als erstes auf die Nase bindet. Auch muß man selber aktiv sein, d.h. nicht warten, bis die anderen auf einen zugehen, sondern selber anrufen, Treffen vorschlagen, mal jemanden einladen, etc. Das ist super schwer, gerade wenn man depressiv ist, das ist glaube ich ein großes Problem, das viele haben.
Ich wünsche Dir viel Erfolg.
Liebe Grüße, Jolanda


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
ramona
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von ramona »

Hallo !

Danke an euch Beiden, dass ihr den Thread noch einmal zum Leben erweckt habt. Ich bin zwar nicht die "Eingangsposterin", habe mich aber sehr von dem Titel angesprochen gefühlt. Ist halt irgendwie auch mein Thema (eins von vielen) .
Schade finde ich es immer wieder, wenn die ursprünglichen Schreiber sich so gar nicht mehr zu Wort melden. Sicher, dass kann viele Ursachen haben, ist mir schon klar, aber schade finde ich es trotzdem.
Mit der Zeit bin ich davon überzeugt, dass man mit dieser Oberflächlichkeit einfach leben lernen muss, auch wenn man selbst ganz anderes gestrickt ist. Bei mir ist es immer so gewesen, dass ich leider viel zu selten auf Menschen getroffen bin, die gut zu mir und zu meinen Wertevorstellungen gepasst haben. Und wenn es denn mal so war, haben diese Menschen mit Sicherheit nicht gerade auf mich gewartet.
Mittlerweile bin ich auf dem Weg mir selber gut und ausreichend zu sein, was leider noch nicht so recht klappen will.
Ob eine Freundschaft funktioniert bzw. bestandhaben kann, hängt mit Sicherheit auch davon ab, wieviele und welche Erwartungen der Einzelne an die Freundschaft hat. Heftig wird es meistens, wenn der eine den anderen mehr braucht, also die optimale Waage aus dem Gleichgewicht gerät.
Wie Eingangs schon beschrieben ist es mein Thema, also würde ich mich schon freuen, wenn ihr noch weiter Lust hättet euch darüber auszutauschen.
Bis denne und gute Nacht an alle
Ramona
freebird
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von freebird »

Hi Ramona,

also ich würde mich gern weiter über dieses Thema austauschen. Wie schon gesagt, es gehört auch zu meinen "Baustellen"

Der Passus mit dem "anders gestrickt" sein triff mit Sicherheit zu.

Ich habe bei einem intensiven Gespräch mit meiner Freundin (die Pastorin), die mich schon eine Ewigkeit kennt und neben meinen Mann der einzige Mensch ist, der mir in all den Jahen Therapie und den Up´s and Down´s geblieben ist, folgendes herausgefunden.

Aufgrund meiner desulaten Lebensgeschichte und der daraus resultierenden immer wiederkehrenden Depressionen bin ich einfach anders konditioniert. Ich reagiere anders auf Dinge. Ich bin leichter zu verletzten, nehme mir viele Dinge viel mehr zu Herzen, habe Ängste enttäuscht zu werden. Vertrauen - gengeseitiges Vertrauen - ist in einer Freundschaft, wenn sie mehr als nur eine oberflächliche Bekanntschaft (Tanzkurs, VHS-Kurs, Sportstudio etc.) sein soll, ganz wichtig. Mittlerweile weiß ich, dass da bei mir der Hund begraben liegt, wie man so schön sagt.
Liebe Grüße Corinna
gabirankl schrieb:
> Hallo an Alle,
>
> mein Doc hat mir gestern eröffnet, dass es mit der Arbeit so schnell bei mir noch nichts wird, d.h. dass ich baw. zu Hause bin.
> Jetzt war meine Vergangenheit stark geprägt von der Arbeit und daher habe ich u.a. kaum Bekanntschaften, Freundschaften usw.
> Habt Ihr eine Ahnung, was ich tun könnte um Kontakte aufzubauen, bin Mitte 40 und wohne in einer Großstadt. Vielleicht habt Ihr eine Idee, ich bin ziemlich ratlos.
>
> DANKE
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ramona
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von ramona »

Hi !

Das "Andres" sein, heißt doch eigentlich nicht, das man besser ist oder schlechter als andere Menschen, eben nur Anderes.
Wenn man auf Grund immer wieder gegebenen Vertrauens, herbe Tiefschläge verkraften muss, wo und wie soll man es denn schaffen, gegenüber neuen Menschen/Kontakten so offen zu bleiben, dass daraus eine Freundschaft werden kann? Irgendwann hat jeder (ich) genug, dann ist der einzige gangbare Weg der Rückzug um nicht noch mehr an Verletzungen hinnehmen zu müssen. Denn die Verletzungen aus diesen Wunden dauern bei mir immer länger bis sie verheilt sind.
Du schreibst du nimmst viele Dinge anders wahr, bis leicht verletzlich etc. ja, so geht es mir auch. Nur warum wird das bei mir nicht akzeptiert, ich nehme die Schwächen der Menschen um mich herum doch auch an. Das ist der Punkt den ich oft nicht verstehen kann. Der der Rücksicht nimmt, ist oft der (sorry) geaschte.
Muss mich leider nun auf den Weg machen, bis denne
Ramona
Lee
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von Lee »

Finde ich zu verletzt gedacht, Ramona.

Warum war es denn in jungen Jahren leichter, Freundschaften zu knüpfen? Waren die Menschen früher weniger oberflächlich? Vielleicht.

Ich glaube aber eher, Freundschaften entstehen dadurch, dass man regelmäßig immer wieder ganz zwanglos - wie beiläufig - aufeinandertrifft. Früher war das in der Regel in Kindergarten und Schule gegeben: Man kam automatisch mit vielen Menschen zusammen. Wenn man älter wird, schränken sich die Möglichkeiten der Begegnung und Auswahl u.a. durch Familie und andere Verpflichtungen ein. Um eine ähnliche Situation wie früher in der Schule herzustellen, ist die VHS z.B. ideal.

Wenn man sich dann noch etwas aussucht, was einem Spaß macht und wohin man auch ohne den Wunsch/das Ziel, Freunde zu finden, hingehen würde, hat man meistens auch eine gute Ausstrahlung, die anziehend auf andere wirkt. Wenn man dann das Glück hat, auf Menschen mit der gleichen Wellenlänge zu treffen, fein. Wenn nicht, hat man immerhin eine andere Bereicherung gefunden.

Menschen zu finden, die zu einem passen, ist schwierig. Und das ist auch gut so? Sonst wären wir alle ähnlich - und langweilig. Wenn man aus Angst vor Verletzungen keine tieferen Beziehungen mehr eingeht oder gar nicht erst wagt, auf andere zuzugehen, ist jede Art der Beziehung von vornherein zum Scheitern verurteilt. Vielleicht ist das ein Problem unserer Zeit.

Manchmal braucht man gar nicht so viel Selbstwertgefühl. Ein Lächeln plus Hallo reicht meistens schon, um das Eis zu brechen. Auch die scheinbar Selbstbewussten warten oft drauf, dass "die Anderen" zuerst auf sie zugehen. Irgendwohin allein zu gehen, erfordert Mut, macht es aber dem Gegenüber wiederum leichter, einen anzusprechen. (Würdest du eher einen schüchternen Einzelgänger oder z.B. zwei Freundinnen ansprechen?)

Ohne dir zu nahe treten zu wollen: Angst und Pessimismus sind nicht "weiter gedacht", sondern eine Sackgasse.

Viele Grüße
Lee
ramona
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von ramona »

Hallo Corinna, Hallo Lee!

@Lee
Naja, ob es zu verletzt gedacht ist?, das kann vielleicht sein, aber es ist mir eben auch nur möglich so darüber zu schreiben, wie meine ureigenen Erfahrungen sind und die waren nun mal sehr verletztend. Es mag auch dumm sein sich aus Angst vor neuen Verletzungen zu verkriechen oder dem Pessimismus zu erliegen, aber wir sind nun mal alle eine Summe unserer Erfahrungen, seien sie nun positiv oder auch negativ. Wenn mein Konto was Verletztheiten angeht nun mal schon übervoll ist, finde ich es doch recht natürlich, dass ich mich davor künftig schützen möchte. Der Preis dafür ist hoch, das ist mir klar, aber ab einem bestimmten Punkt ist es eben nur noch Selbstschutz.
Du fragst warum es einfacher war füher Leute kennen zu lernen, aus meiner Sicht ist das ziemlich einfach zu beantworten, wenn man jung ist, hat man einfach noch nicht so viel Lebenserfahrung auf dem Buckel als wenn man eben schon älter ist. Das Leben erscheint einfacher und man ist ohne Frage offener. Auch hier kann ich nur von mir sprechen und mag mir damit auch kein Urteil über andere erlauben. Manche Menschen können sich diese Offenheit bewahren und ich wage mal die These, dass dies in der Regel Menschen sind, die noch nicht viele enttäuschende Erlebnisse in Bezug auf Freundschaft hatten.
Weiter schreibst du, dass man nicht viel Selbstwertgefühl braucht um neue Menschen kennen zu lernen, irgendwie kommen mir diese Zeilen wie Hohn vor, oder du hast einfach genug Selbstwertgefühl und kennst die andere Seite (die ohne Selbstwert) nicht (gut genug). Das Leben kann einem tiefe Wunden schlagen, manche erholen sich schnell davon, andere langsamer und wieder andere gar nicht.

@Corinna
Ja, Vertrauen ist mit Sicherheit eine wichtige Basis für Freundschaft. Ich für meinen Teil bin leider dauernd am hinterfragen von allem und jedem, was natürlich nicht gut ist, denn es hat immer den Anschein des Zweifelns und des in Frage stellen des Gegenübers. Was logischer Weise zu erneuten Problemen führt. Ich kann auch sehr schwer annehmen, was liebe Menschen um mich herum zu mir sagen. Warum das so ist, darauf habe ich noch keine Anwort gefunden. In meinem Hinterstübchen fängt es da immer gleich zu brodeln an, warum wurde dies gesagt, sind es nur Worthülsen oder ist es ernst gemein, wenn es ernst gemeint ist, warum wurde es gesagt, wird damit ein Zweck verfolgt. Diese kleine Hexe in meinem Kopf abzustellen ist nicht immer einfach.
Mir wurde einmal gesagt, dass man ohne große Erwartungen an eine Freundschaft herangehen soll, dann würde man auch nicht enttäuscht werden, stimmt sicher so mit dem nötigen Abstand gesehen. Aber wer Gefühle, Emotionen, Zeit was auch immer in eine Freundschaft/Partnerschaft investiert, weil es ihm Wert erscheint, wie kann dieser Mensch dies ohne Erwartungen daran leisten, auch ein kleines Stück davon zurück zu bekommen? Ich kann es leider nicht und da liegt wohl mein Hund begraben .

Leider muss ich aufhören, da ich ein wenig unter Zeitdruck bin. Grüße an alle Mitleser
Ramona
Lee
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von Lee »

Nein, Ramona, Hohn lag mir völlig fern. Ich glaub schon, dass ich verstanden habe, was du sagen wolltest und stimme in vielen Punkten mit dir überein.

Ich wollte einbringen, dass die sog. Realitätsüberprüfung manchmal doch eine unerwartete Überraschung bereit hält, dass Dinge manchmal doch gelingen können - unabhänig vom Selbstwertgefühl.

Weißt du, Ramona, so wie du die Aufrichtigkeit netter Aussagen in deinem Umfeld bezweifelst und dein Gegenüber damit vor den Kopf stößt, verletzt es mich, wenn du mir Lebenserfahrung oder die Fähigkeit zur Empfindung tieferer Gefühle und Verletzungen absprichst. Was ich beim sog. niedrigen Selbstwertgefühl immer als Widerspruch empfinde, ist eben dieses kritische Misstrauen - was eigentlich Besserwissen ist, also durchaus eine Überzeugung hinsichtlich des eigenen Wertes bzw. des "Wertes" seiner Überlegungen. So wie die "Gesunden" alles leicht rosa eingefärbt sehen, so werden bei einem schlechten Selbstwertgefühl und in der Depression negative Bewertungen und Erinnerungen zur "Realität". Gerade dieses: "Ach, du verstehst das ja gar nicht, du kennst das nicht so gut wie ich", erinnert mich an meinen Psychiater z.B. oder meinen Vater, der auch immer zu mir sagte: "Wir wissen ja viel besser, was du empfindest. In Wirklichkeit..." Oder an eine Mitpatientin, mit der ich mich zum Frühstück getroffen hatte und die anschließend in der Gruppentherapie offenbarte, was sie dabei gedacht hat: "Ach, du hast dich nur mit mir getroffen, weil du nichts Besseres vorhattest." Ich verstehe in letzterem Falle schon, warum sie das gesagt hat - aber mich hat's geärgert, weil ich mich allein deswegen mit ihr treffen wollte, weil sie mir sympathisch war. Danach war ich verletzt - und aus war's mit dem Anfreunden. Weißt, was ich meine, Ramona? Und, falls du es noch hören möchtest: Du siehst, ich bin kein Deut besser als du in dieser Beziehung.

Zurück zum VHS-Gedanken: Kurz lächeln und ein "Hallo" hauchen kann fast jeder - auch in der Depression. Das reicht meiner VHS-Erfahrung nach, um Kontakte zu knüpfen. Warum sich unter Druck setzen und eine intelligente, humorige oder weiß der Teufel was Anrede ausspucken wollen? Regelmäßig hingehen und in einer Alltagssituation den anderen kennenlernen und weitersehen, was sich tut, halte ich für eine gute Idee, um wieder Lockerheit im Umgang mit anderen einzuüben. Die anderen können nix für unsere Verletzungen und Depressionen und nicht alle Menschen sind schlecht: Hop oder top, rauf oder raus, Lebensglück oder Suizid, Du magst mich oder nicht. Du bist mein Freund oder nicht. Wenn du mein Freund bist, machst du das und das. Alles oder nichts, schwarz oder weiß. Aber andere Menschen sind nicht dafür da, unsere Erwartungen zu erfüllen. Wenn es sich trifft, ist das ein großes Glück. Ein Geschenk. Auch Freundschaft ist nur geborgt. Ob sie hält, ob sie wieder geht, entscheiden wir nicht unbedingt. Aber wir entscheiden, was wir in Erinnerung behalten und annehmen wollen.

Die Überlebens-Kunst ist, zu schauen was einem bleibt und nicht, was man nicht bekommen kann oder was einem genommen wurde? Was bleibt denn, wenn man sich aus - allzu verständlichem - Selbstschutz zu Hause eingräbt?

Zu Hause an deinem Computer wird kein Mensch vorbeikommen und anschließend auch noch sagen: "Hej! Ich habe gestern Abend eine wunderbar deprimierte Frau kennen gelernt!" Wenn man die Einsamkeit wählt und mit ihr zufrieden ist, fein, aber wenn man gerne mit Menschen zusammen ist - und wir sind soziale Wesen - was bleibt einem dann als immer wieder aufzustehen und zu suchen? Vielleicht suchen wir uns magisch die Falschen? Hier im Forum sind doch z.B. viele, die Depris mit Respekt behandeln und eben nicht fallen lassen?

Erfahrungen sind eine Sache, zu der ebenfalls Glück gehört?

Ramona, das geht alles überhaupt nicht gegen dich. Ich weigere mich nur, vor der Depression zu kapitulieren.

Liebe Grüße
Lee
ramona
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von ramona »

Hallo Lee!

Vielleicht sind wir hier dem typischen Missverständnis des aneinander vorbeiredens erlegen .

Ich meinte mit den weniger Erfahrungen nicht dich persönlich, sondern eher das Menschen die schon ein paar Jahre mehr auf dem Buckel haben zwangsläufig mehr Erfahrung haben, alleine auf Grund der Jahre die sie dem jüngern vorraus haben. Da ich dich nicht kenne und auch nicht weiß wie alt/jung du bist oder wie deine Lebensumstände sind, würde ich mir niemals anmaßen darüber zu urteilen welche Erfahrungen du in deinem bisherigen Leben gemacht hast. Auch wollte ich damit nicht zum Ausdruck bringen, dass du keine tiefen Gefühle haben kannst. Es tut mir leid, dass ich mich so missverständlich ausgedrückt habe. Das war nicht in meinem Sinn, dich mit der Antwort zu verletzten.

An dem was du (be)schreibst ist etliches was stimmt, das gilt für mich ebenso, wie für viele andere Depressionsbetroffen auch. In meiner dunkelsten Phase konnte ich jedoch kein freundliches Hallo sagen, mein Gesicht war versteinert, zu keiner Regung in der Lage. Gefühle waren/sind für mich kaum spürbar. Ich konnte einem Gespräch nicht die Aufmerksamkeit schenken die nötig gewesen wäre um mich daran zu beteiligen, geschwiege denn was (sinnvolles) dazu beitragen. All das ist nicht gerade förderlich, wenn man eigentlich menschlichen Kontakt bräuchte.

Was ich am besten an deinem Posting finde ist die Aussage, das andere Menschen nicht dazu da sind, um meine Erwartungen zu erfüllen. Das stimmt absolut. Es ist nur schwer dies annehmen zu können, vor allem wenn man in Beziehungen jeder Art schon viel Herzblut gesteckt hat.
Sicher kommt keiner zu mir an den PC und strahlt mich an: Auf dich habe ich schon immer gewartet! ist schon klar, aber man muss sich immerwieder im Leben entscheiden, und es gibt für alles eine Zeit. Ich will ja gar nicht ausschließen, dass ich mal wieder irgendwann dazu in der Lage bin, auf andere offen zu zugehen und dem was andere mir sagen zu vertrauen und es als das annehmen kann was es ist. Nur leider ist es im Moment noch nicht so weit. Aus diesem Grund kam es mir auch wie Hohn vor (sorry, es fällt mir einfach kein anderes Wort dafür ein - ich weiß das es heftig klingt) als du geschrieben hast, es wäre doch alles recht easy, wenn man ein paar Dinge beachtet, die so schwer nicht sein könnten. Für mich war und ist manchmal noch heute, jeder einzelen Schritt schwer.

Hoffentlich habe ich mich bei diesem Posting weniger missverständlich ausgedrückt.

Gruß Ramona
Lee
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von Lee »

Danke dir, Ramona. Das freut mich jetzt.

Ich glaube, wir sind uns sogar sehr einig. Das, was du über Versteinerung und nicht Kontakt aufnehmen können, wenn man ihn am nötigsten braucht, schreibst, kenne ich auch. Das ist das Fürchterliche an der Depri: Genau das, was man am meisten fürchtet, bringt sie mit sich. Eine Patentlösung habe ich auch nicht. Sonst wär ich reich und glücklich.

Wenn ich meinen Dickkopf nicht hätte, wär ich längst tot.

Liebe Grüße
Lee
freebird
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von freebird »

Hi Ramona,

ich glaube zwischen Deinen Zeile eine sehr große Verbitterung herauszulesen und das kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich kenne den "Geschmack" dieser Verbitterung sehr, sehr gut. Außderdem bin ich der Meinung, dass Du erst einmal ein Recht auf Dein Gefühl, auf die Verbitterung hast.

Auch ich war vor kurzem an dem Punkt angelangt, mich eben zurück zu ziehen. Ich dacht, wenn die anderen Leute nichts mit mir zu tun haben wollen, oder genau so empfinden und handeln in einer Beziehung/Freundschaft, dann bleibe ich eben allein. Dann wurde mir allerdings auf einmal klar, dass da ein ganz vertrautes und altes Gefühl in mir hoch kam. Dieses Gefühl heißt bei mir "TROTZ".

Ich stellte mir die Frage, warum wird ein Kind trotzig, denn es ist ein kindliches Gefühl. Ein Gefühl meines inneren Kindes. Es wird trotzig, wenn es nicht das bekommt was es haben möchte, wenn es sich nicht beachtet fühlt. Trotz ist bei Kindern auch ein Ausdruck von Enttäuschung, gepaart mit Wut.

Als mir das bewußt wurde, machte ich mir klar, dass ich heute kein kleines Kind mehr bin und nicht abhängig davon das mir irgendjemand, irgendetwas geben muß. Außerdem wurde mir tief im Inneren klar, das ich heute als Erwachsene für das kleine Kind in mir selbst sorgen muß.

Ich machte mir klar, dass es zwischen dem totalen Rückzug und der absoluten Freundschaft auch Zwischenstufen gibt. Genauso, wie es nicht nur Schwarz und Weiß, sondern auch ganz viele verschiedene Grautöne.

Wie oft habe ich mich dagegen gestreubt, den Kontakt zu anderen immer und immer wieder zu suchen und mir Kurse, Gruppen oder ähnliches zu suchen, wo Dinge getan werden, die mir Spaß machen.

Außerdem habe ich mir klar gemacht, dass Freundschaft sich nicht von Jetzt auf Gleich erzwingen läßt. Sie muß wachsen. Aus einer Bekanntschaft kann irgendwann, wenn es gut geht, eine Freundschaft entstehen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es ganz leise geschieht, was unmerklich - und auf einmal ist sie da.
Also sagte ich zu mir selbst. "Mach mal locker, Corinna. Wenn du etwas ganz ganz doll willst und dich darauf versteifst, wirst du verkrampft und am Ende geschieht nichts."
Ich habe für mich entschieden, dass ich in eine Bekanntschaft das investiere was ich möchte und ich entscheide wie viel ich wann irgendjemanden geben möchte. Auf der anderen Seite erwarte ich nicht die gleiche Gegenleistung. Denn genauso wie ich freiwillig das gebe, was ich möchte, kann ich nicht von jemanden anderen erwarten, dass er das gleiche tut, denn dann gestehe ich diesem jemand nicht die gleiche Freiwillkeit und Freiheit zu. Ich weiß nicht ob das der richtige Weg ist. Ich weiß allerdings dass es ein anderer, ein neuer Weg ist, denn den alten, trotzigen, wütenden, verbitterten Rückzugsweg möchte ich nicht mehr gehen, denn der stellte sich für mich als Desturktiv heraus.

Ich habe mich für mich persönlich entschieden, dass ich in der Verbitterung nicht stecken bleiben möchte. Ich kann Dir nicht sagen, ob es mir gelingen wird oder ob nicht doch die große Enttäuschung wieder zurückkehren wird, denn diesen neuen Weg bin ich zuvor noch nie gegangen.
Liebe Grüße
Corinna
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freebird
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von freebird »

Hi nochmal,
Du schreibst:
"Ich will ja gar nicht ausschließen, dass ich mal wieder irgendwann dazu in der Lage bin, auf andere offen zu zugehen und dem was andere mir sagen zu vertrauen und es als das annehmen kann was es ist. Nur leider ist es im Moment noch nicht so weit."

Für mich hast Du da schon die Antwort auf Deine Frage selbst gegeben. Nämlich, wenn Du selbst noch nicht so weit bist auf andere zuzugehen, dann gestehe Dir diese Freiheit selbst zu. Ein Rückzug kann auch ganz erholsam sein und gehört zu einem menschlichen Leben dazu. Kein Mensch - so glaube ich ganz fest - kann ständig andere Menschen um sich herum ertragen. Jeder braucht auch Zeit und Raum für sich selbst. Vielleicht ist das bei Dir im Moment der Fall und Deine Depressionen sind ein Indikator dafür (vielleicht !!!).
Ebenso bin ich mittlerweile davon überzeugt, dass wir - und damit meine ich alle Menschen, ob gesund oder krank, ausstrahlen, ob wir wirklich bereit dazu sind, mit jemanden in "Verbindung zu treten". Wenn Du schreibst, dass Du noch nicht so weit bist, dann strahlst Du das vielleicht auch aus und so sind Deine Gegenüber vielleicht verunsichert.
Ich habe für mich gelernt, mich nicht mehr unter Druck zu setzen. Ich habe erfahren, dass die Welt nicht untergeht, das Leben nicht aufhört, nur weil ich mal eine Zeit lang einsam bin.
Alles hat seine Zeit. Das hast Du selbst geschrieben. Veilleicht hat Einsamkeit auch ihre Zeit.
Liebe Grüße
Corinna
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ramona
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von ramona »

Hallo Corinna!

Als verbittert würde ich mich nicht ansehen, ich bin durchaus ein humorvoller, lustiger Mensch. Ich sehe eher die Traurigkeit in mir, darüber, dass es so viele Menschen gibt, die oft aneinander vorbei leben und auch aneinander vorbei reden. Ich bin aufmerksamer geworden, wenn sich andere unterhalten, da kommt es oft vor, dass jeder sein eigenes Gespräch führt und am Ende des Abends sagt jeder wie toll doch das Zusammentreffen war. Für mich ist das mittlerweile fast unerträglich geworden. Für mich ist so ein Verhalten sonderbar, das ist irgendwie nicht meine Welt. Damit meine ich Unterhaltungen die nur des Redens wegen geführt werden, die nur hohl und leer sind. Meine Reaktion ist eben, dass ich versuche, mich dem zu entziehen. Nicht das ich mich nur und ausschließlich über tiefschürfende und tiefgründige Themen unterhalten würde, aber ein klein wenig Niveau dürfen sie schon haben.

Als trotzig würde ich mich ebenfalls nicht unbedingt sehen, denn damit würde ich mich ja selber strafen. Manchmal ist Rückzug der einzig gangbare Weg. Um dann im nächsten Vorwärtsschritt zu erkennen, dass man sich keine Freunde backen kann, also jemand der 1000%ig den eigenen Vorstellungen entspricht. Es ist eher so, dass man jeden so annehmen muss wie er ist, eben auch mit Eigenschaften die einem selber nicht so sehr liegen. Bisher hab ich mich immer der Vorstellung verweigert bestimmte Menschen als "Teilfreunde" anzusehen. Weiß nicht wie ich es treffend schreiben soll, was ich damit meine ist, mir die guten Eigenschaften der Menschen mit denen ich bekannt bin zu erhalten und die Wesenzüge die ich nicht mag eben hinten anzustellen. Also mit einem kann ich gut lachen, mit einem gut reisen, mit einem gut reden, mit einem gut schweigen, so in der Art. Die allumfassende "Wollmilchsau" gibt es wohl nicht .

Trotzdem hat mich dein Posting zum nachdenken angeregt, denn oftmals haben ja Aussenstehende einen besseren Blick auf einem selber - oftmals will man das aber auch gar nicht wahr haben. Wenn ich hier so schreibe merke ich, dass ich bestimmt auch Teile von Verbitterung und Trotz in mir trage. Man (lach, Frau) ist ja lernfähig. Desahlb danke für deine Gedanken.

Gruß Ramona
freebird
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von freebird »

Hi Ramona,

was meinst Du damit, wenn Du schreibst, die Leute reden nur des Redens willen oder die Unterhaltungen sind für Dich hol und leer? Was wäre denn für Dich eine z.B. eine Unterhaltung die hohl und leer ist und nur des Redens willen geführt wird?

Ich finde das hast Du gut erkannt, dass es die allumfassende Wollmilchsau nicht gibt
.
Ich glaube mittlerweile daran, dass jeder Mensch eine bestimmte Aufgabe im Leben und auch in der Beziehung zu anderen Menschen zu erfüllen hat. Seit dem ich mir das für mich bewußt gemacht habe, ist dieses für mich unersättliche Verlangen nach der ultimativen Freundschaft nicht mehr ganz so arg. Es taucht nur noch selten auf und triggert mich nicht mehr so sehr.
Allerdings rede ich dann nicht unbedingt von Freundschaft. Es sind Bekannte. Freunde sind es erst dann für mich, wenn diese Menschen es schaffen aus Ihrer Rolle heraus zu wachsen und mehr zu sein. Allerdings erzwinge ich das nicht. Ich habe erkannt, dass das entsteht.
So habe ich eine Bekannte mit der rede ich über die neuesten Bastel- und Handarbeitstrends, weil wir eben halt das gleiche Hobby haben. Nebenbei versorge ich ihre Katze wenn sie im Urlaub ist.
Gerade kürzlich hat sie mich mal auf meine Krankheit angesprochen, weil sie mitbekommen hat, dass ich zur Zeit Rente beziehe und Medikamente nehmen muß. Sie hat mich gefragt, was das für eine Krankheit ist. Ich habe aufgehört, jeden ständig mein Herz auszuschütten, denn ich glaube, dass überfordert die sog. "Normalverrückten" (so nenne ich immer die vermeindlich gesunden). Es ist viel einfacher und entspannter, wenn ich für Fragen offen bin.
Meine zur Zeit einzige Freundin ist über ihre Rolle hinaus gewachsen. Wir können gemeinsam über Gott und die Welt klönen, einen Spielenachmittag mit Partner und Kinder verbringen und gleichzeitig kann ich mit ihr reden, wenn ich mich mal wieder wie ein Brummkreisel um mich selbst drehen.

Mehr als Dich vielleicht zum nachdenken anzuregen, wollte ich auch gar nicht. Was Du aus Deinen Erkenntnissen zu diesem Posting machst, bleibt immer Dir selbst überlassen. Ich habe versucht, meinen Weg zu beschreiben und wenn er Dir hilft ist es o.k.. Wenn nicht, dann ist es auch nicht schlimm, denn mein Weg muß nicht zwingend der ulitmativ richtige sein.

Außerdem hat mir das Posting auch geholfen. Ich wurde mir noch mal über meine eigenen Entscheidungen bezüglich dieser Thematik bewußt und rief mir das alles ins Gedächtnis. Denn gerade vor ein paar Tagen stellte sich diese unendliche Verlangen nach der ultimativen Freundschaft wieder mal bei mir ein. Und so habe ich aus dieser Brummkreiselbahn wieder herausgefunden.
Viele Grüße
Corinna
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Frage nicht danach, warum du lebst. Akzeptiere einfach, dass du existierst.
Lee
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von Lee »

Hi Ramona!

Was mir heute noch eingefallen ist:

Verletzung und Gekränktheit sind sehr verständlich, wenn einem jemand weh getan hat. Sich zurückziehen ist aber zweischneidig: Meintest du völligen Rückzug oder Distanz, um die Situation von einem anderen Standpunkt aus zu betrachten, um zu verstehen, was passiert?

Ich glaube, wenn man Gefühle wahrnimmt (was die Depri vielleicht zudecken soll, weil sie zu schmerzlich sind?), sich aber nicht von ihnen beherrschen lässt, kann man leichter wieder auf andere Menschen zugehen. Leichter geschrieben als getan, ich weiß.

Meistens fühlt man sich besonders verletzt, wenn hinter der Kränkung Kindheitserinnerungen stehen oder wenn man auf sonst irgendeine Weise retraumatisiert wird. Wenn man so richtig "Herzblut" investiert hat und eins drauf kriegt. Wenn man seine inneren Glaubenssätze ändern könnte, müsste man dann theoretisch nicht auch aufhören, sich immer wieder die falschen Freunde auszusuchen, die einem immer wieder wehtun?

Ich versuche gerade, nicht allen Therapeuten zu misstrauen und irgendwie aus dem Rückzug herauszukommen. Gleichzeitig weigere ich mich, eine körperliche Erkrankung behandeln zu lassen, weil mein Psychotherapeut mich sehr verletzt hat... Kann's das sein? Wem tut das eigentlich weh? Er weiß es nicht und es wäre ihm auch egal. Ich richte die Wut gegen mich, weil er sich verweigert. Das hat mich auf einen Denkfehler aufmerksam gemacht: Menschen weisen uns manchmal brutal, ohne jede Rücksichtnahme und Respekt zurück - und wir weisen dafür gleich das ganze Leben zurück...

Ganz liebe Grüße
Lee
ramona
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von ramona »

Hallo Corinna!

Also ich differnziere auch zwischen Freunden und Bekannten, eigentlich schon immer. Für mich sind das große Unterschiede. Freunde haben irgendwie einen Anteil, einen Platz am/im eigenen Leben. Bekannte streifen es eher nur, man hat vielleicht ein gemeinsames Interesse oder auch Hobby und gut ist. Gegen Bekannte ist ja auch nichts einzuwenden, sie sind genauso wichtig wie Freunde auch, es sind eben soziale Kontakte.
Freundschaft, wie ich sie sehe, ist ein hohes Gut, das behütet und geschützt werden will. Aber wie du schon schreibst, man kann nichts erzwingen. Es ist jedoch so, dass Freundschaft nicht von nur einer Seite aus gelebt werden kann. Sofern einem die nötige Gelassenheit gegeben ist, kann man das sicher gut steuern, von wegen darauf warten was sich, wann, wie ergibt. Aber wie viele andere "gute" Charaktereigenschaften, ist dies nicht jedem gegeben. Ich arbeite hart daran keine Erwartungen zu haben, aber es ist eben nicht immer in die Tat umzusetzten.

Offen mit der Krankheit umgehen fällt mir sehr schwer, zum einen weil es mir keiner glauben würde, weil ich so gar nicht nach der allgemeinen Auffassung in dieses Bild passe und zum anderen, da ich kaum jemand habe, mit dem ich mich austauschen kann. Es ist wie mit vielem, von den Menschen von denen man sich was am allermeisten wünscht, bekommt man es nicht und von denen man es haben kann, nimmt man es nicht an. Verückte Welt! Vielleicht sollte ich man durch "ich" ersetzten.

Zum Schluß eine kleine Erläuterung, zu meiner Aussage von hohlen, nichtssagenden Unterhaltungen
Ich war vor einer Woche in München, mit einigen Kollegen (Welten sind da aufeinander getroffen ). Als wir zum gemeinsamen Abendessen im Augustinerbräu saßen, meinte meine Tischnachbarin:" Frau X hat schon ein Maß Bier getrunken." Daraufhin die andere Kollegin:" Ich schon zwei halbe." Daraufhin die erste wieder: "Das ist ja gleich viel." "Ja, da hast du recht." Welchen sittlichen Nährwert hatte dieses Gespräch? Ein anderes Beispiel: Große Unterhaltung ob nun Radi mit oder ohne Kümmel gegessen wird. Frau A sagt: "Ich kann nichts essen wo Kümmel drin ist." und lässt sich eine ganze Weile darüber aus (Monolog), isst aber den Radi MIT Kümmel. Am nächsten Abend im Donisl ist Obatzter angesagt (mit Kümmel) gleiche Frau A: "Oh, wie gut, so was leckeres hab ich ja noch nie gegessen." (ist nur die verkürzte Version, was du sicher verstehen wirst ).
Wofür waren diese Aussagen/ Unterhaltungen gut, sie wurden doch nur geführt damit irgendetwas geredet wurde. Wie kann ich auf den Inhalt eines Gesprächs mit so einer Frau was geben, die je nach Bedarf (also je nach dem, wer gerade anwesend ist) ihre Meinung ändert/anpasst.
Mit solchen Menschen hab ich meine Probleme und irgendwie hab ich das Gefühl, dass es immer mehr davon gibt. Dann ziehe ich mich lieber zurück, weil wie gesagt, dass schwer für mich zu ertragen ist. Auch gemeinsam schweigen will gelernt sein.

Es freut mich das du den Ausstieg aus dem Brummkreisel geschaft hast. Behalte doch dieses Posting von dir, speichere es ab und wenn du es wieder mal brauchst, hast du es schnell zur Hand.

Grüße Ramona
ramona
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von ramona »

Hallo Lee!

Dein letzter Satz ist einfach absolut treffend. Wir werden (aus welchem Grund auch immer) zurückgewiesen und weißen deshalb das Leben zurück. Nein, dass kann es wirklich nicht sein. Aber leider ist es oft doch so.

Auch mit einer zweiten Aussage hast du vollkommen recht, wir strafen uns selbst damit. Es tut selbst dann noch weh, wenn der Verursacher es schon längst vergessen hat (sofern er es überhaupt bemerkt hat). Selbst wenn man nochmal darüber reden möchte, Klarheit schaffen möchte, dass man eben durch eine Aussage oder ein Verhalten verletzt wurde, ist es aus meiner Erfahrung heraus eher selten der Fall, das es danach besser ist. Denn auch hier gehören immer zwei dazu. Jemand der auch offen ist dafür, dass er ggf. jemand verletzt haben kann. Wenn diese Ausgangsbasis fehlt, macht es gar keinen Sinn mit dem Verursacher sprechen zu wollen.

Die Theorie ist immer klar und einfach, nur mit der Umsetztung in der Praxis ist es so eine Sache. Man hat nicht ständig einen Coach neben sich, der einem darauf Aufmerksam macht, was jetzt das beste Verhalten wäre (z.B. um sich selbst besser zu schützen, dass es gar nicht zu Verletztungen kommt), erst durch viele leidvolle Erfahrungen kommt man (vielleicht) irgendwann zu einer eigenen Lösung.

Überdenke deine Verweigerung bezüglich deiner Behandlung noch einmal. Du strafst dich und das kann doch nicht sein ( O-Ton Lee ).

Viele Grüße Ramona
Lee
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von Lee »

Liebe Ramona,

danke für deine lieben Worte. Und: touché! Ich werde die Behandlung angehen.

Ich muss irgendwie immer wieder daran denken, was du über leere Konversation geschrieben hast. Mir ging das ähnlich, allerdings beim Anblick von manchen Vergnügungen, denen Menschen so nachgehen. Eine Zeitlang dachte ich, es ist die Depri, die mich das so hohl und leer sehen lässt, dass ich nicht mitschwingen kann, alles zu negativ sehe, ich zu reizbar bin. Aber irgendwann hab ich entdeckt, dass mir einfach nicht mehr dieselben Sachen wie früher Spaß machen, dass sich meine Interessen unbemerkt verändert haben - und dass auch Saufen, Kotzen und Gröhlen im Ballermann seine Berechtigung hat. Wem's gefällt... Ich glaube, genau so ist es mit Gesprächen und Freundschaften. Vieles bleibt an der Oberfläche. Ich finde das manchmal deprimierend, manchmal denke ich, das muss so sein. Viele Menschen sagen: "Problemgespräche (= Tiefsinniges) sind ok, aber eine Freundschaft sollte 90 % Vergnügen sein!" Ich weiß nicht recht, ob ich mich dieser Meinung anschließen soll.

Und dann bleibt noch die Frage, ob man sich etwas zu sagen hat, ob Gemeinsamkeiten vorhanden sind, ob man sich öffnen MÖCHTE (nach schlechten Erfahrungen z.B...). Tiefergehende Gespräche ohne etwas von sich preiszugeben, sind schwierig. Und im Kollegenkreis z.B. ist das so eine Sache...

Im Anschluss an dein Posting bin ich übrigens mal mit geöffneten Ohren durch die Stadt gelaufen. Es war wirklich erschreckend: Die meisten Menschen saßen schweigend nebeneinander oder redeten aneinander vorbei. Eine Ansammlung von Monologen sozusagen. Ist dir auch aufgefallen, dass viele Sätze gar nicht beendet werden? Und was das häufigste Wort ist? Genau: Äh.

Vielleicht machen wir auch hier wieder den Fehler, bestimmte Erwartungen an die unpassenden Menschen zu stellen.

Viele Grüße
Lee
ramona
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von ramona »

Hi, Lee!

Es freut mich, das du dir das mit der Behandlung wirklich noch mal durch den Kopf hast gehen lassen, gut so .

Irgendwo hab ich mal gehört (in einem Film), lieber bin ich aus ehrlichen Gründen alleine, als aus unehrlichen mit jemanden zusammen. Dieser Satz wirkt schon lange in mir nach. Die gleichen Beobachtungen wie du habe ich auch gemacht, bei vielen Unterhaltungen ist es so, dass irgendwie jeder sein eigenes Gespräch führt, ja, sogar so, dass sich die Leute selber auf ihre Fragen antworten. Nur keiner der am Gespräch Beteiligten scheints zu merken, geschweige denn es auszusprechen. Die Frage ist doch eigentlich warum das so ist. Spätestens da denk ich, ich sei im falschen Film. Ist es wirklich so, das "nur" solche Menschen unterwegs sind? Wo sind all die Menschen die hier so toll schreiben im realen Leben? Leut´s wo seid ihr??

Sicher kann man nicht mit jedem und überall tiefsinnige und wichtige Gespräche führen, ist vollkommen klar, muss ja auch gar nicht, diesen Anspruch hab ich echt nicht, jedoch sollte eine Unterhaltung mit Rede und Gegenrede zu tun haben. Wenn mich jemand fragt, ob er mir nachschenken soll, ich aber klar für jeden erkennbar noch ein dreiviertel volles Glas habe, da ist bei mir der Punkt echt erreicht, wo ich keine Lust mehr habe.
Gespräche, wie die von mir angeführten, da liegt mir oft auf der Zunge, sei doch lieber ruhig, aber wenn ich das von mir geben würde, wäre ich noch mehr als aggressiv, impulsiv, wenig tolerant, aufbrausend und was weiß der Geier noch verschriehen. Viele Menschen hören dir gar nicht zu (und wollen es auch nicht), kleines Beispiel dazu, auf besagter Münchenfahrt gingen wir zu zweit auf Tö (klar, wir sind ja Frauen ), da ich schon seit Wochen Schmerzen in meinem linken Bein habe und einen verkehrten Schritt gemacht habe, habe ich wohl unbewußt das Gesicht aus Schmerz verzogen, die Kollegin fragte was den sei, ich wollte gerade antworten, da fing sie von was ganz anderem an zu reden. Also was lerne ich daraus, ersten reden des redens willen, zweitens kein wirkliches Interesse und drittens Ich bezogener Mensch. Gut muss ich sicher so hinnehmen, dessen kann man sich auch nicht immer entziehen, aber es ist schon komisch, wie viel einem davon auffällt, wenn man sich mal aufmerksam umsieht/umhört.

Menschen bei denen in einer Beziehung zu mir 90% Vergnügen im Vordergrund steht, das sind für mich eindeutig Schönwetterfreunde. Früher war es so, dass ich meistens der Clown war, ich wusste die neusten Witze *garnichtangeberischsagdasichdieauchimmerguterzählenkonnte* und hab so die Meute bei Stimmung gehalten. Als es mir so schlecht ging und ich eben das nicht mehr bringen konnte, war ich ganz schnell als mieslaunig, übel drauf und destruktiv eingestuft. Ich wurde von meinen vermeindlichen Freunden fallen gelassen wie ein heiße Kartoffel. Noch heute kann ich Witze erzählen und lache auch wieder gerne, aber ich hasse es wenn ich dazu aufgefordert werde.

Heute habe ich ebenfalls was interesanntes gelesen, da sagte ein Mann, ich mache keine Pläne die über zwei Tage hinausgehen, wer Pläne macht hat Erwartungen und Erwartungen sind dafür da enttäuscht zu werden. Ich finde das hat was, da ich eigentlich so ein typischer "Planer" bin, ich weiß gern, was auf mich zukommt.

An guten Tagen denk ich immer von mir, hey, so übel bist du gar nicht, die anderen sind es die so verkorkst sind, leider sind diese Tage recht selten. Jeder sagt, du musst deine Einstellung überdenken, du musst dir deinen Blickwinkel betrachten, ich seh das ein wenig anders. Einstellungen und Blickwinkel ändern sich nur, wenn man auch Postive/Erfolgs Erlebnisse hat. Wenn diese ausbleiben, kann ich strampeln wie ich will, mein Sicht wird die gleiche bleiben, nämlich negativ.

Einge gute Zeit für dich und alle Mitleser und viel Glück und Erfolg für deine Behandlung
Ramona
freebird
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von freebird »

Hi Ramona,:hello:

Was Du da von Deiner Kollegin auf der Münchenfahrt erzählst ist gar nicht so außergewöhnlich.

Es gibt viele Gründe warum sie so reagiert hat. Gedankenlosigkeit, Furcht vor einer langen Krankengeschichte etc.
Es bleibt im Reich der Spekulationen und führt, so denke ich nicht weiter.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass auf Betriebsfahrten selten - so gut wie gar nicht - über tiefgreifende Themen gesprochen wird.

Außerdem habe ich gelernt, dass Kollegen nicht unbedingt Freunde sind. Es sind Mitstreiter in ein und der selben Sache. Manchmal, und das nicht selten auch Konkurrenten. Nämlich dann wenn es um Beförderungen, Belobigungen oder um den Erhalt der Arbeitsplätze geht. Die Arbeitswelt ist ein Dschungel und da ist sich halt jeder selbst der Nächste.

Niemand trägt da sein Herz auf der Zunge, oder outet sich in irendeine politische oder gesellschaftsorientierte Richtung. Die Angst, dass man abgestempelt und in eine Schublade gesteckt wird ist zu groß.

Ich habe mir abgewöhnt, jeden Menschen, dem ich begegne als Freund einzustufen. Aus Kollegen können sicherlich Freunde werden, nur das kann ich nicht beschliesen, nicht erzwingen und nicht festlegen. Das muß wachsen.

Ich bin früher auch auf jeden Menschen, den ich irgendwo begegnet bin, sei es im Kollegenkreis, in der Gemeindegruppe oder auch in der Klinik, mit der Erwartung zugegangen, dass er/sie mein Freund/in werden soll. Ich war so besessen von dieser Vorstellung und dem Wunsch danach, dass ich völlig aus den Blick verlor, dass mein Gegenüber das vielleicht nicht wollte. Ich hatte solche Angst vor Zurückweisung und Ablehnung, dass ich in meinem Bemühen nicht locker ließ. Ich war, aus heutiger (Ein-)Sicht sehr übergriffig und das führte dazu, dass die Leute mich noch mehr zurückwiesen.

Heute mache ich es anderes. Menschen, dennen ich begegne, sind nicht von vorn herein Freunde, mit denen ich über alles und jeden Quatschen kann. Da gibt es die Mitstreiter im Englischkurs. Das sind erst einmal Mitschüler. Mit denen unterhalte ich mich über die Motivation warum sie den Kurs besuchen und über ihre vorhandenen Kenntnisse. Ob sie vielleicht auch mal Auslandsaufenthalte hatten, etc. Meine persönlichen Belange, warum ich Depressionen habe, wie meine Kindheit aussah oder ob ich CDU, SPD oder sonst wen wähle lasse ich außen vor. Wir kommen zusammen, um gemeinsam Englisch zu lernen. Nicht mehr und nicht weniger. Alles andere muß sich von selbst ergeben.

Die düsteren Gedanken und Spekulationen, warum ein Mensch reagiert, wie er reagiert, lasse ich sein. Ich bin keine Hellseherin und weiß nicht in welcher Situation mein Gegenüber gerade steckt.

Liebe Grüße
Corinna
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freebird
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Re: Freundschaften finden, behalten und pflegen

Beitrag von freebird »

Hallo Lora,

Wenn ich mich recht entsinne, hast Du doch dieses Thema hier angestossen.

Wo bist Du denn abgeblieben?

Liebe Grüße
Corinna
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