Gedichte VI

Dendrit
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Gedichte VI

Beitrag von Dendrit »

Neuer Thread, weil der alte für Analoge überquillt
mäuseei

Re: Gedichte VI

Beitrag von mäuseei »

jolanda
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Re: Gedichte VI

Beitrag von jolanda »

Meeres Stille

Tiefe Stille herrscht im Wasser,
Ohne Regung ruht das Meer,
Und bekümmert sieht der Schiffer
Glatte Fläche ringsumher.
Keine Luft von keiner Seite!
Todesstille fürchterlich!
In der ungeheuren Weite
Reget keine Welle sich.




Glückliche Fahrt

Die Nebel zerreißen,
Der Himmel ist helle,
Und Äolus löset
Das ängstliche Band.

Es säuseln die Winde,
Es rührt sich der Schiffer.
Geschwinde! Geschwinde!
Es teilt sich die Welle,
Es naht sich die Ferne,
Schon seh‘ ich das Land!

Goethe


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
Xenia
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Re: Gedichte VI

Beitrag von Xenia »

ähemm, ich wollte ja eigentlich "Die Bürgschaft" hier reinstellen, aber habe vergessen, ob sie 100 oder 200 Strophen hat *grins*

(Bitte nicht ernstnehmen, bin gaga und muß überall meinen Senf dazugeben)
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
mäuseei

Re: Gedichte VI

Beitrag von mäuseei »

Nicht alle Schmerzen sind heilbar,
denn manche schleichen
sich tiefer und tiefer
ins Herz hinein,
und während Tage und Jahre
verstreichen,
werden sie Stein.

Du sprichst und lachst,
wie wenn nichts wäre.
Sie scheinen zerronnen
wie Schaum.
Doch du spürst ihre lastende
Schwere
bis in den Traum.

Der Frühling kommt wieder
mit Wärme und Helle.
Die Welt wird ein Blütenmeer.
Aber in meinem Herzen
ist eine Stelle,
da blüht nichts mehr.

(ricarda huch)
mäuseei

Re: Gedichte VI

Beitrag von mäuseei »

Wenn die Angst im Dunkeln verhallt
und der Schrei nach Hilfe ungehört bleibt,
dann ist der Raum nur noch
mit verzweifelter Leere erfüllt.
Und das Leben wird im Gefängnis des Todes erstickt.

Wenn die im Tal des Todes verirrten Menschen
als Irre bezeichnet werden,
gibt es keine Rückkehr ins Leben.

Wo, ohne hinzuhören, verurteilt wird,
gibt es keine Hoffnung mehr,
und die Sprache verliert ihren Sinn.

Wo keine Hoffnung und keine Sprache mehr ist,
da reißt der Faden des Seins.
Da gibt es einen Bruch mit Raum und Zeit
und das Ver-rücktsein wird zur Realität.
jolanda
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Registriert: 16. Okt 2003, 10:29

Re: Gedichte VI

Beitrag von jolanda »

Hallo!

Warum nicht gleich auch Schillers Glocke liebe Xenia?

Ich habe die beiden Gedichte von Goethe (sie gehören ja zusammen) in einer schwer depressiven Phase zufällig im Fernsehen gehört (nicht lachen: in der Sendung mit der Maus)und es hat mich wie ein Schlag getroffen. "Meeresstille" schilderte genau, wie es mir da gerade ging. Und doch hat mir das zweite Gedicht "Glückliche Fahrt" genau in diesem Moment dann auch zum ersten Mal wieder Hoffnung gegeben. Drum sind mir diese beiden Gedichte so wichtig und deshalb habe ich sie nun mal hier hereingestellt.

Liebe Grüße, Jolanda


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
Xenia
Beiträge: 2051
Registriert: 20. Apr 2003, 12:31

Re: Gedichte VI

Beitrag von Xenia »

Liebe Jolanda,

das sind halt die immer noch bestehenden Depressions-Entscheidungsschwierigkeiten. An die Glocke hatte ich auch gedacht...

Ganz liebe Grüße

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
mäuseei

Re: Gedichte VI

Beitrag von mäuseei »

Die Nacht geht fremd an mir vorbei
in Mondlicht und in Finsternis,
der Wind, der mich vom Aste riß,
ließ mich verdrossen wieder frei
und gab mir keinen Namen.
Ein Stein mit Feuersamen
erzählt mir viel von einem Stern
und daß er selbst den großen Herrn
in seinem Innern hätte.
Da steh ich auf und glätte
ehrfürchtig jeden Bug an mir
und bitt' den Stein: Laß mich bei dir
ein wenig wärmer werden!
Er aber sagt: Wärm dich allein!
und brennt verzückt in sich hinein
und ist nicht mehr auf Erden.
So geht es mir mit jedem Ding,
es mag mich niemand haben,
und selbst der Baum, an dem ich hing,
trägt lieber Kräh' und Raben.

(christine lavant)
Edeltraud
Beiträge: 1495
Registriert: 22. Mai 2003, 16:49

Re: Gedichte VI

Beitrag von Edeltraud »

du eine insel


du
eine insel
ich
eine insel
getrennt
durch wasser
tiefgründig
und voller
geheimnis

du
eine insel
ich
eine insel
verbunden
durch wellen
immer wiederkehrend
in der unendlichkeit


Eva Hesse
mäuseei

Re: Gedichte VI

Beitrag von mäuseei »

Eine Ladung Bequemlichkeitsblöcke.
Eine Ladung Sicherheitseisen,
eine Ladung Feigheitsziegel,
alles verkleidet mit netten *Anpassungsklinkern*
und obendrauf einen Schwierigkeitsableiter.

So hast Du Dich und Deine Gefühle
eingemauert.

*Gut versorgt*,
jetzt kann Dich niemand
mehr verletzen -
aber auch niemand
mehr erreichen.
sisyphos
Beiträge: 2
Registriert: 22. Sep 2004, 11:51

Re: Gedichte VI

Beitrag von sisyphos »

Ich möchte gehen.
Damit du mich in deine Arme schliesst.
Damit ich deine Nähe spüre.
Dein Atem an meinem Ohr.
Deine Stimme, die sagt:
Auf Wiedersehen.

Ich möchte kommen.
Damit du mich in deine Arme schliesst.
Damit ich deine Wärme spüre.
Deine Haut auf der meinen.
Du lächelst und sagst:
Hallo!

Ich will mich nicht bewegen.
Will ewig in deinen Armen liegen.
Will ewig in deiner Nähe sein.
Will ewig deinen Atem spürn.
Will geliebt werden
und du sagts:
Lebe wohl!

Ich käme und ginge immer wieder.
Doch Herz und Tür hast du verschlossen!
Dendrit
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Re: Gedichte VI

Beitrag von Dendrit »

butterfly7
Beiträge: 842
Registriert: 8. Jul 2004, 17:35

Re: Gedichte VI

Beitrag von butterfly7 »

hi Attila und @all,
finde besonders deine gedichte
wunderbar.
trifft doch vieles auf mich zu.
könnte auch etwas "beisteuern"
kann aber nicht, da " steuer

u.v.a.d. aufzuarbeiten sind.
starre wie das kaninchen auf die schlange.
ganz liebe grüße an dich
und @all.
liebe grüße an alle, denen ich nicht antworte, weil termindruck und gleichzeitiger handlungsunfähikeit.
also dann an die arbeit............
(star)dust
mäuseei

Re: Gedichte VI

Beitrag von mäuseei »

Es ist Unsinn, sagt die Vernunft.
Es ist was es ist,
sagt die Liebe.
Es ist Unglück, sagt die Berechnung.
Es ist was es ist,
sagt die Liebe.
Es ist nichts als Schmerz, sagt die Angst.
Es ist was es ist,
sagt die Liebe.
Es ist aussichtslos, sagt die Einsicht.
Es ist was es ist,
sagt die Liebe.
Es ist lächerlich, sagt der Stolz.
Es ist was es ist,
sagt die Liebe.
Es ist leichtsinnig, sagt die Vorsicht.
Es ist was es ist,
sagt die Liebe.
Es ist unmöglich, sagt die Erfahrung.
Es ist was es ist,
sagt die Liebe.

(erich fried)
butterfly7
Beiträge: 842
Registriert: 8. Jul 2004, 17:35

Re: Gedichte VI

Beitrag von butterfly7 »

hi attila,
oh neiiiiiiiiiiiiiiin,
dies schrieb mir meine einzige (vermeintliche) GROßE LIEBE nach dem tod meines
mannes und meiner eltern.
ich schenkte ihm u.a. ein buch von
Fried.
seine aussage u.a. soll mein ewiger
begleiter sein.
sorry,
heftige gefühle
leider kann ich nicht mehr weinen.
(star)dust
mäuseei

Re: Gedichte VI

Beitrag von mäuseei »

er kommt, er geht, wie es ihm passt-
er bleibt, er würgt, ich bleibe gefasst-
ein kloss, der wächst, die kehle zuschnürt,
gedanken gefangen, in die irre geführt,
ein schutzwall der bricht,
kein inneres licht,
beherrschend die wucht, überfallen davon,
eingenommen, das herz wie beton,
raubst mut, raubst kraft, lässt erstarren
das leben im gefängnis verharren,
du, wieso hast du solch immense kraft,
dass dort eine lücke klafft,
wo sovieles sein könnte.. wärest du nicht da
du, der schmerz.
Roberto
Beiträge: 2
Registriert: 20. Sep 2004, 19:20

Re: Gedichte VI

Beitrag von Roberto »

Was ist nun ablesbar
.
Was erwartet uns,
was nicht hinter uns liegt?
Brocken sind da,
wir wälzen sie,
das Sprachmaterial
hat sich verfestigt,
selbst die sinnlichen Dinge
sind davon erfaßt,
vor uns liegt lebenswarm
aber ausgeblutet
der Lebensstoff.
.
Was ist nun ablesbar
aus den vielen kleinen
Knochenstückchen,
die ausgeschüttet worden sind
aus dem ledernen Brustbeutel
des Medizinmanns?
.
Ein Garn wird abgelassen,
es wird länger und länger,
Kringel legen sich und Schleifen,
alle Nasen beugen sich
über die Muster,
hängen lose herab,
die Trümmerbirne schwankt,
eine herrische See,
mit einem leichten Augenfehler,
Regen auf die Ödekirche
'gamla kyrka-regn, de öser ned",
zwei Wolldecken,
von der Nässe dumpf und feucht,
auf ihnen das Buch,
das damals grad in Mode war.
.
Tepsy,
ihre außerordentliche Beweglichkeit,
sie klettert aufwärts,
stellenweise
bieten ihr ein paar Pflanzen Halt,
matte Tönung des salzgrauen Puders
auf ihrer Haut,
alles wie geschnitzt,
alles wieder auseinander genommen,
und gerade deshalb so deutlich,
den einen Arm gegen den Baum gestützt,
der Schuß fiel
Schmerz ist das, dieses SPRÖDE
*
(Wilhelm Fink)
Das Unerwartete und das Unerhörte gehören in diese Welt. Nur dann ist das Leben ganz. (C.G. Jung)
Roberto
Beiträge: 2
Registriert: 20. Sep 2004, 19:20

Re: Gedichte VI

Beitrag von Roberto »

Was ist nun ablesbar
.
Was erwartet uns,
was nicht hinter uns liegt?
Brocken sind da,
wir wälzen sie,
das Sprachmaterial
hat sich verfestigt,
selbst die sinnlichen Dinge
sind davon erfaßt,
vor uns liegt lebenswarm
aber ausgeblutet
der Lebensstoff.
.
Was ist nun ablesbar
aus den vielen kleinen
Knochenstückchen,
die ausgeschüttet worden sind
aus dem ledernen Brustbeutel
des Medizinmanns?
.
Ein Garn wird abgelassen,
es wird länger und länger,
Kringel legen sich und Schleifen,
alle Nasen beugen sich
über die Muster,
hängen lose herab,
die Trümmerbirne schwankt,
eine herrische See,
mit einem leichten Augenfehler,
Regen auf die Ödekirche
'gamla kyrka-regn, de öser ned",
zwei Wolldecken,
von der Nässe dumpf und feucht,
auf ihnen das Buch,
das damals grad in Mode war.
.
Tepsy,
ihre außerordentliche Beweglichkeit,
sie klettert aufwärts,
stellenweise
bieten ihr ein paar Pflanzen Halt,
matte Tönung des salzgrauen Puders
auf ihrer Haut,
alles wie geschnitzt,
alles wieder auseinander genommen,
und gerade deshalb so deutlich,
den einen Arm gegen den Baum gestützt,
der Schuß fiel
Schmerz ist das, dieses SPRÖDE
*
(Wilhelm Fink)
Das Unerwartete und das Unerhörte gehören in diese Welt. Nur dann ist das Leben ganz. (C.G. Jung)
Edeltraud
Beiträge: 1495
Registriert: 22. Mai 2003, 16:49

Re: Gedichte VI

Beitrag von Edeltraud »

VERSTEHEN

Zwischen dem was ich denke
dem was ich sagen will
dem was ich zu sagen glaube
und dem was ich sage

zwischen dem was ihr hören wollt
dem was ihr hört
dem was ihr zu verstehen glaubt
dem was ihr verstehen wollt
und dem was ihr versteht

gibt es neun Möglichkeiten
sich nicht zu verstehen.


Verfasser mir unbekannt
susan
Beiträge: 2551
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Gedichte VI

Beitrag von susan »

....gesagt...

gesagt ist nicht gehört
gehört ist nicht verstanden
verstanden ist nicht einverstanden
einverstanden ist nicht behalten
behalten ist nicht angewandt
angewandt ist nicht beibehalten


flocke
Beiträge: 3603
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Gedichte VI

Beitrag von flocke »

Der Einsamkeit war ich befohlen
vom Zeitgeist " Sinnlosigkeit"
Längst hat der Todesrausch verführt.
Auf Qual folgt Erlösung
Und als Vermächtnis bleiben
Fragen, die einsam machen.

Vergrabt sie mit mir.

Flocke
Pessimisten sind Optimisten mit Erfahrung
kr
Beiträge: 381
Registriert: 14. Jan 2004, 15:38
Kontaktdaten:

Re: Gedichte VI

Beitrag von kr »

Mein Traum verbrannt
in der roten Abendsonne.
Meine Hoffnung verloren
am endlosen Horizont.

Und ganz leise klingt ein
Abschiedslied durch mein Herz:

Singt vom Sternenmeer
der Unendlichkeit und
den Regenbogensonnen
in meiner dunklen Seele.

Seltsam bekannt die
Melodie und Worte,
denn es ist mein Lied
und ich der Sänger.

Kleiner Rabe
___________________________________________________


IMPOSSIBLE IS NOTHING.
Acedia
Beiträge: 400
Registriert: 12. Jun 2003, 10:47

Re: Gedichte VI

Beitrag von Acedia »

Leider ist mir nicht die Kunst der Poesie gegeben.
Aber:
dein Schmerz ist auch mein Schmerz,
deine Verzweiflung ist meine Verzweiflung
es sind UNSERE geplatzten Träume und
UNSERE zerstörten Hoffnungen...

Ja, auch in mir schwingt dieses Abschiedslied und seine Melodie bricht mir das Herz...
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