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Wie geht man mit Vorwürfen und Kraftlosigkeit um?

Verfasst: 26. Apr 2020, 14:55
von daviddude
Hallo zusammen,

bei meiner Frau wurde vor wenigen Monaten mittelschwere Depression attestiert. Es gibt Situationen, mit denen ich schlicht überfordert bin, nicht weiß, was ich machen soll und auch meine Frau nicht sagen kann, was sie braucht. Vielleicht habt ihr dazu Ratschläge?

1) Es kommt vor, dass sie nach einem falschen Kommentar komplett raus ist. Dann zieht sie sich zurück, redet nicht mit mir, antwortet kaum, in schlechteren Zeiten kamen auch noch psychomotorische Hemmungen dazu und sie konnte/wollte sich nicht bewegen. Ich möchte in solchen Momenten für sie da sein, merke aber, wie schwer mir das fällt, gegen diese Ablehnung anzukämpfen. Es fühlt sich an, als würde man Liebe in ein schwarzes Loch gießen.

Wie grenzt man sich in solchen Momentan ab, ohne dem Partner Ablehnung zu signalisieren?


2) In depressiven Phasen macht sie sich ständig Vorwürfe und ihr sowieso schon schwaches Selbstbild zerbröselt dann komplett. Dann höre ich Dinge wie "sorry, dass ich wieder nur Belastung bin" oder "du magst mich grade nicht wirklich".

Soll ich hier wirklich offen und ehrlich sagen, wie mich die Situation belastet? Das macht es doch nur schlimmer, oder?

3) Ich versuche ihr dann stattdessen die Wahrheit zuzusprechen, dass ich sie immer noch mag und das zwischen uns alles okay ist (was zumindest aus meiner Sicht stimmt, weil es für mich ein Kampf mit der Depression meiner Frau, nicht aber meiner Frau selbst ist). Das artet dann immer in Diskussionen aus, wo sie in Selbstmitleid und Selbstvorwürfen versinkt.

Wie kann man mit Selbstmitleid und Selbstvorwürfen des depressiven Partners umgehen?

Und vielleicht abschließend: Die Therapeutin findet, dass sich meine Frau super entwickelt. die letzten ~7-10 Tage waren auch alle sehr, sehr gut, aber gestern und heute kam es wieder zu einem starken Rückschlag. Theoretisch soll meine Frau in einer Woche wieder arbeiten gehen. Ich habe sehr viel Angst davor, dass wir das nicht richtig auskurieren und die Chance für weitere Anfälle erhöhen. Woran erkennt man denn, ob man wieder geheilt ist?


Viele Grüße

Re: Wie geht man mit Vorwürfen und Kraftlosigkeit um?

Verfasst: 1. Mai 2020, 11:31
von conniee
Hallo daviddude,
ich kann natürlich nicht für deine Frau sprechen, aber hier sind meine Tipps, die mir geholfen hätten:

2) In solchen Momenten die "Wahrheit" zu hören ist wirklich nicht sehr hilfreich, ich würde ihr das in einem Gespräch erzählen, wenn es ihr gut geht und ihr zusammen über das Thema sprechen könnt. In diesen depressiven Phasen, würde ich ihr Mut zusprechen und ihr die Vorwürfe nehmen, die sie sonst nur sehr belasten.

3) Es ist schonmal richtig, dass du ihr sagst, dass deiner Meinung nach zwischen euch alles in Ordnung ist. Vielleicht kannst du ihr in solchen Situationen die schönen Dinge eurer Beziehung erzählen und Momente die ihr zusammen erlebt habt und die euch glücklich gemacht haben. Somit erkennt sie viellicht, dass sie keine (nicht nur) Last für dich ist.

und zum Schluss: ich könnte mir vorstellen, dass die Arbeit sie ablenken könnte und ihr das guttut, solange sie Spaß an ihrer Arbeit hat und sich durch sie nicht zu sehr gestresst fühlt.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft!

Re: Wie geht man mit Vorwürfen und Kraftlosigkeit um?

Verfasst: 1. Mai 2020, 13:44
von Katerle
Hallo daviddude,

davon ausgehen, dass es Höhen und Tiefen weiter geben wird. Macht mal was, dass euch Beiden Spaß macht. Und auch ehrlich loben bei Fortschritten.

Du kannst sie darin bestärken, dass sie sich keine Vorwürfe machen braucht und du sie liebst und auch weiterhin gerne für sie da bist. Ehrlich wäre es allerdings auch, über deine Angst mit ihr zu sprechen, bevor sie wieder arbeiten geht und sie darin ermutigen, langsam wieder in ihrem Job einzusteigen, falls das möglich ist. Es bringt nichts, wenn ihre Kraftreserven gleich wieder aufgebraucht sind am ersten Tag. Und auch darüber, dass dich manches überfordert, in einfühlsamer Weise.

Alles Gute und euch viel Kraft,
Katerle