Woher haben die Menschen ihre ganze Energie?

[Bauchtänzer]

Wie lange hat die positive Wirkung denn in etwa bei dir angehalten, avelarte?

Nach der ersten EKT (im Jahr 2012) viereinhalb Jahre, die zweite hatte ich im Oktober 2019 und hoffe, dass ich wieder lange symptomfrei bleibe.

avelarte, das sind grossartige Zeiträume! Unglaublich.

Du nimmst also während dieser symptomfreien Zeiten tatsächlich auch keine AD´s? Machst aber Therapie?

Hab weiter eine gute Zeit!

[avelarte]

Hallo Bauchtänzer,

das Medikament Duloxetin habe ich in der gesamten Zeit zur Erhaltung genommen, kurz vor der letzten Episode allerdings nur in Minimaldosierung, und ich hatte schon ans komplette Absetzen gedacht. Dann kam es allerdings anders. Meine Ärztin hat auch nicht gleich das schärfste Geschütz (die EKT) aufgefahren, sondern erst einmal das Medikament in mehreren Schritten hochdosiert. Da das aber nichts gebracht hat und ich auf die erste EKT 2012 so gut angesprochen habe, hieß dann die Entscheidung wieder EKT. Glücklicherweise hat sich meine Hoffnung erfüllt, und sie hat wieder genauso gut geholfen wie 2012.

Eine Therapie mache ich nicht, weil bei mir die Depression überwiegend endogen durch genetische Veranlagung bedingt ist (mein Vater war 1984/85 erkrankt und hat sich bei seiner ersten Episode suizidiert – dass er eine schwere Depression hatte, habe ich erst begriffen, als ich 2006 zum ersten Mal selbst daran erkrankt bin mit den gleichen Symptomen), und die externen Probleme, die sicher auch (allerdings nicht schwerwiegend) beteiligt waren, waren nicht die Hauptursache. Vor der zweiten Episode (Ende 2010 bis Mitte 2012) war beispielsweise mein Leben rundum in Ordnung, und trotzdem konnte ich die schwere Depression nicht verhindern. Nach der ersten und der zweiten Episode habe ich auch eine Psychotherapie gemacht, aber vor allem die zweite hat mir überhaupt nichts gebracht, so dass ich mich jetzt sozusagen selbst therapiere, will sagen: so gut wie möglich Psychohygiene betreibe.

Besten Gruß
avelarte

[Bauchtänzer]

Danke für die Infos, avelarte.

..... so dass ich mich jetzt sozusagen selbst therapiere, will sagen: so gut wie möglich Psychohygiene betreibe.

Das ist ein schöner Begriff: Psychohygiene,- das ist - neben einer niederfrequenten - Therapie das, worin ich angesichts meines Alters und meiner hartnäckigen Störungen am ehesten galube, realistische Hoffnung haben zu können.

[Mooseba]

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[anna54]

Hallo avelarte
ich möchte nicht in Bausch und Bogen verdammen,habe aber eine kritische Meinung.
Immer gut,wenn auch gute Erfahrungen mitgeteilt werden.
Aber 17xEKT mit 17Narkosen,das ist schon eine Hausnummer,warum so oft?
anna54

[avelarte]

Hallo Anna,

an sachlicher Kritik ist ja nichts auszusetzen, Dein Urteil klang allerdings ziemlich vernichtend.

Ich hatte bisher 2x EKT: einmal 2012 und einmal 2019. 2012 hatte ich 7 Sitzungen (das ist nicht viel) und 3x Erhaltungs-EKT. 2019 hatte ich ebenfalls 7 Sitzungen und keine Erhaltungs-EKT (wegen des Durchgangssyndroms war die Oberärztin sehr vorsichtig und meinte, sie würde mir im gesunden Zustand keine Narkose mehr verordnen – das ist verständlich). 7 + 7 + 3 = 17. Ich hatte also beide Male relativ wenige Sitzungen – der Orientierungswert ist bei uns in der Uniklinik 10 Sitzungen bei einer Episode (Erhaltungs-EKT kämen dann noch hinzu), die meisten Patienten haben aber mehr Sitzungen benötigt.

@Kolibri: Es gibt Kliniken, in denen die EKT auch ambulant durchgeführt wird, in Leipzig ist dies aber nicht der Fall – außer bei den Erhaltungs-EKT, diese sind "halbambulant" mit einer Übernachtung in der Klinik.

Besten Gruß
avelarte

[Ein Sommertag]

"Ist die EKT also so etwas wie ein letzter Ausweg, wenn die Verzweiflung sehr groß ist?

Wenn es nach Meinung von Dr. Stefan Weinman aus Berlin geht, dann ja. Er ist unter den Ärzten der schärfste Kritiker des Nachmittags. Er habe bisher nur bei einer einzigen Patientin erlebt, dass sie von der EKT profitieren konnte. Heute sei sie sogar weitgehend symptomfrei. Ansonsten habe die EKT bei keinem seiner Patienten eine positive Wirkung erzielt.

Er kritisiert zudem, dass viele Studien über die EKT veraltet seien. Außerdem wisse man seiner Meinung nach nicht, ob die Patienten eine Besserung durch die EKT erfahren oder vielmehr durch die Zuwendung, die sie dadurch bekommen. Denn EKT-Patienten werden sehr engmaschig betreut.

Das Wort „Zuwendung“ ist überhaupt das Stichwort. Nach Meinung von Weinmann ist das der Schlüssel, wenn es um psychische Erkrankungen geht. „Wir müssen sensibel sein“, appelliert er an seine Kollegen. Insgesamt gehe man bei der Behandlung mit EKT von einem sehr technischen Verständnis von Krankheiten aus, weniger von einem menschlichen. „Der Patient kommt in eine Werkstatt und wird repariert.“

Das sei seiner Meinung nach gerade im psychologischen Bereich eine veraltete Ansicht. Dort gehe es vielmehr um die Aufarbeitung der Vergangenheit — und zwar durch ein gesamtheitliches Konzept. Eine Mischung aus Psychotherapie und Medikamenten sei seiner Meinung nach hilfreicher und fortschrittlicher.

Auch werden seiner Meinung nach die Nebenwirkungen der EKT unterschätzt, wie etwa Gedächtnisverlust. Etwa ein Drittel der Patienten würde einen deutlichen, meist sogar bleibenden Gedächtnisverlust beklagen. Bei den ausgelösten Krampfanfällen würden Neurotransmitter ausgestoßen. Unter anderem Glutamat, welches zur Zellzerstörung führe.

Insgesamt würde die EKT, wenn überhaupt, lediglich Symptomen kurzzeitig unterdrücken, habe aber keine langfristige Wirkung. Dr. Schüle entgegnet, dass die EKT einige Patienten erst zugänglich für eine Therapie machen würde. Denn: Dass die EKT nur in einem gesamtheitlichen Therapiekonzept wirken kann, da sind sich alle Ärzte einig."

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Ich würde mir das sehr, sehr gut überlegen...

[avelarte]

Ist die EKT also so etwas wie ein letzter Ausweg, wenn die Verzweiflung sehr groß ist?

Das war auch bei mir so. Die EKT war durchaus nicht die erste Option, sondern die letzte, nachdem nichts anderes geholfen hatte.

Denn EKT-Patienten werden sehr engmaschig betreut.

Bei mir ist nichts engmaschiger als bei anderen Depressionspatienten. Ich habe meine regulären Termine bei meiner Psychiaterin/Neurologin wie ihre anderen Patienten. Zur Uniklinik, an der die EKTs durchgeführt wurden, hatte ich zwischen den beiden EKTs und habe ich jetzt keine Verbindung mehr.

Insgesamt gehe man bei der Behandlung mit EKT von einem sehr technischen Verständnis von Krankheiten aus, weniger von einem menschlichen. „Der Patient kommt in eine Werkstatt und wird repariert.“

Bei der Art Depression, die mich nun schon dreimal heimgesucht hat, kann ich, was mich persönlich betrifft, nicht widersprechen. Ich brauche keine Aufarbeitung der Vergangenheit.

Insgesamt würde die EKT, wenn überhaupt, lediglich Symptomen kurzzeitig unterdrücken, habe aber keine langfristige Wirkung.

Viereinhalb Jahre absolute Symptomfreiheit, die ich zwischen den beiden EKTs hatte, sind wohl weit mehr als kurzfristig.

Summa summarum – jeder Krankheits- und Therapieverlauf ist unterschiedlich, und letztlich gilt wohl wirklich: Wer heilt, hat recht.

Besten Gruß
avelarte

[Mooseba]

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[anna54]

Stefan Weinman ist der Autor des Buches : Zur Sache Psychiatrie.
Lesenswert,vor allem sein Ausblick in die Zukunft.
Depression ist sie Summe der Brüche im Leben,das läßt sich nicht durch geleitete Krampfanfälle kitten.
Meine Meinung,ich habe dazulernen müssen,bitter.
anna54

[Mooseba]

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[Camille]

Lieber Mooseba, lieber Bauchtänzer

Bauchtänzer hat in dem Thread "Ich war es, bevor es COOL war" geschrieben:

Und, wo wir bei der Art des Umgangs miteinander sind: ich möchte auch nicht in die Situation kommen, dass, wie bei Mooseba geschehen, mir Äusserungen unter die Nase gehalten werden, die ich vor 10! Jahren getätigt habe. Auf die Idee, soweit in die Tiefe zu graben, muss man erst mal kommen.

Ich denke, damit war ich gemeint.

@Bauchtänzer. Ich wollte Mooseba sicher nichts "unter die Nase halten". Ich lese immer mal wieder zu einzelnen User auch ältere Beiträge, weil mich der Mensch dahinter interessiert. In den ersten Beiträgen stellen sich viele erst einmal vor, das macht es mir leichter, mein Gegenüber besser kennen zu lernen. Auch Verläufe und Entwicklungen einzelner User finde ich für mich immer wieder hilfreich. Ist "diese Idee" so abartig? Ich bin tatsächlich sehr erschrocken über deine Meinung dazu.

@Mooseba. Ich will und wollte Dir nicht zu nahe treten. Falls ich das trotzdem gemacht haben sollte, möchte ich mich bei Dir aufrichtig entschuldigen. Das war wirklich nicht meine Absicht.

Ich kann deine Verzweiflung einfach nur so gut nachfühlen. Ich kämpfe selbst täglich, mich aufzuraffen und weiter zu machen - seit Jahren.

Das ist einfach alles.
Es tut mir leid

Camille

[Bauchtänzer]

Bauchtänzer hat in dem Thread "Ich war es, bevor es COOL war" geschrieben:

Und, wo wir bei der Art des Umgangs miteinander sind: ich möchte auch nicht in die Situation kommen, dass, wie bei Mooseba geschehen, mir Äusserungen unter die Nase gehalten werden, die ich vor 10! Jahren getätigt habe. Auf die Idee, soweit in die Tiefe zu graben, muss man erst mal kommen.

Ich denke, damit war ich gemeint.

@Bauchtänzer. Ich wollte Mooseba sicher nichts "unter die Nase halten". Ich lese immer mal wieder zu einzelnen User auch ältere Beiträge, weil mich der Mensch dahinter interessiert. In den ersten Beiträgen stellen sich viele erst einmal vor, das macht es mir leichter, mein Gegenüber besser kennen zu lernen. Auch Verläufe und Entwicklungen einzelner User finde ich für mich immer wieder hilfreich. Ist "diese Idee" so abartig? Ich bin tatsächlich sehr erschrocken über deine Meinung dazu.

Hallo Camille,

damit warst du definitiv nicht gemeint!

Jetzt siehst du mich wirklich erschrocken! Ernsthaft erschrocken.

Ich war wütend, ja. Nicht über dich. Gib mir ein wenig Zeit bitte, das Stat, auf das ich mich bezog, zu finden und über das, was du eben schriebst, nachzudenken.

Edit: hab Camille grad eine PN gesandt.

[Mooseba]

.

[Camille]

@Mooseba, Da bin ich erleichtert. Danke, dass du geantwortet hast

@Bauchtänzer, Ich denke schon, dass du mich gemeint hast, weil ich die einzige war, die etwas von "früher" zitiert hat. Lass alles nochmal in Ruhe auf dich wirken und nimm Dir die Zeit, die du brauchst - ich wäre Dir dankbar, wenn du mir irgendwann offen und ehrlich antworten würdest, was dich so sehr "aufgebracht" hat. Ich möchte es für mich einfach gerne klären.

Liebe Grüße
Camille

[avelarte]

Depression ist sie Summe der Brüche im Leben,das läßt sich nicht durch geleitete Krampfanfälle kitten.

Nicht in jedem Fall. Vor meiner zweiten Episode war mein Leben rundum in Ordnung – arbeits-, beziehungs- und erlebnismäßig –, und trotzdem ist die Depression gekommen, vollkommen aus dem Nichts, und sie ließ sich sehr wohl durch geleitete Krampfanfälle beseitigen.

[anna54]

Hallo avelarte
du hast dann sicher eine ganze besondere Form der Depression,wenn sie völlig aus dem Nichts über dich hergefallen ist.
Manchmal erkennt man frühere Anzeichen nicht,weil sie nicht zuzuordnen sind.
Ich hatte drei Jahre Panikattacken,die ich und die Fachärzte als Herzerkrankung gedeutet haben.
Wir lernen hier voneinander,daher ist es letztlich eine gute Erfahrung,die du hier teilen kannst.
Liebe Grüße
anna54

[avelarte]

du hast dann sicher eine ganze besondere Form der Depression,wenn sie völlig aus dem Nichts über dich hergefallen ist.

Genauso ist es, meine Art der Depression wird auch offiziell von den Ärzten als "atypisch" bezeichnet. Sie äußert sich bei mir auch nicht in Form von Antriebsschwäche, Interessenlosigkeit oder mangelndem Selbstwertgefühl, sondern in einem katastrophalen Allgemeinbefinden (in der Literatur habe ich die Bezeichnungen "Elendsgefühl" oder "schlimmes Krankheitsgefühl" gefunden). Jede Bewegung ist eine übermenschliche Anstrengung. An manchen Tagen kann ich dann nur auf der Couch liegen und warten, dass der Tag vorbeigeht – Minute für Minute für Minute. Essen kann ich dann auch fast nichts. Es ist ein Zustand, den ich meinem ärgsten Feind nicht wünschen würde. An solchen Tagen bin ich natürlich verzweifelt, weil ich denke, das einfach nicht mehr aushalten zu können.

Besten Gruß
avelarte

[anna54]

Hallo avelarte
wie löst sich das wieder auf?
Woher kommt dann Energie wieder zurück,ist es dann Lebensenergie?
Oder reines überleben?
Ich kenne auch den Zustand,dass dann Zeit nicht vergeht,man starrt auf die Uhr und es geht keine Sekunde vorbei.
Hab damals nicht geahnt wie schwer eine Depression sein kann,immer mich gezwungen,da meine Kinder da noch klein waren.
Abends wurde es manchmal besser,kennst du das?
Liebe Grüße
anna54

[avelarte]

Hallo Anna,

es löst sich von allein wieder auf, wenn mein Hirnstoffwechsel wieder in die Balance kommt. Wenn es mir nicht so schlecht geht, habe ich sofort wieder Antrieb und Energie – die sind also nicht weg, sondern durch die schlechte körperliche Befindlichkeit nur verschüttet.

Ich hatte Tage, an denen es abends besser wurde, aber auch solche, an denen es mir 24 Stunden am Stück katastrophal ging.

LG
avelarte

[anna54]

Hallo avelarte
ich fand deine Beschreibung mit dem Wort: verschüttet,sehr treffend.
Nichts geht verloren,das Innerste,auch Seele genannt, bleibt immer unverwundbar.
Nur kann man das in der Krise nicht glauben.
anna54

[Kirsten29]

Hallo Mooseba,

wie gehts dir im Moment?

Liebe Grüße
Kirsten

[Mooseba]

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[Kirsten29]

Hallo Mooseba,

gern . Ich freu mich, dass es dir körperlich so weit gut geht.

Hattest du vor einiger Zeit nicht etwas von einem Therapieplatz bei einem Ausbildungsinstitut geschrieben? Hatte sich da eigentlich etwas ergeben oder war das eher nix? Also natürlich nur, wenn du erzählen magst.

Liebe Grüße
Kirsten

[Mooseba]

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