Seite 1 von 1

Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 18. Apr 2020, 14:51
von Strohi
Liebe Foristen,

soweit ich das richtig einschätze, ist eines meiner grössten Probleme, dass ich nicht mit meiner Vergangenheit "abschliessen" und mich auf das Heute und Morgen konzentrieren kann; immer wieder holt mich das Damals, also die Erinnerungen an meine Kindheit und Jugend (Stichwort: sehr robuste Erziehungsmethoden; von Seiten meiner Mutter: 'wer sein Kind liebt, schlägt es', von Seiten meines Vaters: 'Befehl und Gehorsam') und auch das Verhalten meiner Mutter in den späten 1980er-Jahren und den frühen 1990erJahren ein.

Während meines Klinikaufenthalts 2014 war ich schon fast so weit, dass ich meinen Eltern verzeihen konnte, mit dem Gedanken, dass sie es in ihrem Leben sehr schwer hatten (meine Mutter musste nicht nur ihre schulischen Leistungen erbringen, sondern war auch für die Betreuung ihrer vier Geschwister verantwortlich, musste auf dem elterlichen Bauernhof mithelfen und auch sonst im Haushalt mithelfen und sie erlebte die Vertreibung; mein Vater wurde im letzten Kriegsjahr als 18-Jähriger noch als Flak-Helfer eingezogen und war von Haus aus sehr introvertiert).

Aber das Verhalten meiner Mutter, nachdem ich mit meiner damaligen Freundin und heutigen Frau zusammen gezogen war, war für mich unterirdisch. Beschimpfungen im Stil von "so habe ich dich nicht erzogen", " "lass dich mal auf deinen Geisteszustand untersuchen", "Du bist ja völlig verrückt" und "du wurdest einer Gehirnwäsche unterzogen" sowie ihre Anrufe bei meiner Frau und meiner Schwiegermutter, in denen sie mich schlecht machte und die Frage aufwarf, ob sich meine Frau mit mir wirklich ihr Leben versauen wolle, ich sei doch ein "tu-nicht-gut" und Ähnliches mehr. Sie hat mir damit ein Verzeihen unmöglich gemacht.

Der Satz "bisher war es gut bzw. annehmbar, heute und morgen ist ein neuer Tag" hilft mir manchmal, er "trägt" mich jedoch nicht weit (genug).
Hinzu kommt, dass ich auch enorme Schwierigkeiten habe, mir zu sagen, dass ich doch bisher mein Leben trotz aller Widrigkeiten ganz gut hinbekommen habe; dem steht bei mir der grübelnde Gedanke entgegen, dass ich eine grosse Angst habe, dass irgendwann irgendjemand auftauchen könnte, der mein Leben zerstören kann. Ich vermute, dass die Angst sich deshalb eingeschlichen hat, weil ich ja während der letzten Jahrzehnte immer versuchte, nicht nach aussen dringen zu lassen, wie es mir wirklich geht; ich habe "grosse glänzende Fassaden" aufgebaut, damit ich meine Probleme dahinter verstecken konnte. Daraus wurde vermutlich der Gedanke, dass ich Anderen gegenüber nicht ehrlich war, sie getäuscht habe, woraus vielleicht diese Angst, als Versager, der nichts leistet, sondern sich bisher nur "durchgemogelt" hat, enttarnt zu werden.

Schafft Ihr das, belastende Erlebnisse auszublenden, ihnen weniger Macht über Euer Leben zu geben, sie loszulassen? Und wenn ja, wie habt Ihr das gemacht?

Vielen Dank für Eure Geduld und für's Lesen und auch für Eure Antworten.

LG, Strohi

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 18. Apr 2020, 15:11
von Sunshine5678
Auch ich hatte eine schwierige Beziehung zu meinen Eltern. Nie war ich gut genug , daher kannte ich keine Anerkennung von ihnen. Auch gab es keine körperlichen Zuwendungen und auf ein "ich hab dich lieb" müsste ich bis heute noch warten.
In der psychosomatischen Klinik Anfang des Jahres habe ich das erste Mal intensiv darüber gesprochen und ich habe gelernt es anzunehmen. Ich habe ihnen nicht verziehen und werde es auch nicht mehr tun. Aber durch das Annehmen kann ich damit gut leben. Es ist meine Vergangenheit und hat mich dementsprechend geformt. Aber ich lerne mich gut zu finden und mich selber anzuerkennen. Durch die fehlende elterliche Anerkennung bin ich oft der Anerkennung anderer hinterher gelaufen. Ich habe Sachen gemacht, die mir nicht gefielen nur um anerkannt zu werden. Das versuche ich jetzt nicht mehr.
Es ist noch ein hartes Stück Arbeit, aber nachdem ich das mit meinen Eltern erkannt habe, geht es mir besser

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 18. Apr 2020, 15:27
von Sul
Hallo Strohi,
ich habe die Vergangenheit und insbesondere das destruktive Wirken meiner psychisch kranken Mutter ("schwarze Pädagogik") in einer psychoanalytischen Behandlung "verarbeitet" und kann diese Erlebnisse nun annehmen und als Teil meiner Vergangenheit sehen. Und diese Vergangenheit beherrscht nun nicht mehr mein Erleben in der Gegenwart. In Krisen holt es mich manchmal wieder ein, aber ich komme wesentlich besser damit zurecht. Es war ein langer Weg, aber es lohnt sich!
Viele Grüße, Sul

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 18. Apr 2020, 15:35
von Strohi
Viele Dank, sunshine5678, für Deine Antwort.

Bitte verstehe das Folgende nicht als etwas Kritisches oder gar Böswilliges, sondern nur als meine offene und ehrliche Suche. Ich bin vom Typ "Kochbuch" (ich selbst kann nicht kochen, ich nehme das Bild nur um mein Wollen besser erklären zu können), das heisst, ich brauche eher so Beschreibungen wie "man nehme Dieses und Jenes usw." und "mache damit Das und Das".

Was heisst Du hast gelernt das anzunehmen? Was hast Du getan, oder was wurde in der Reha mit Dir geta ?

Ich würde mich sehr freuen und wäre Dir sehr dankbar, wenn Du mir das vielleicht erläutern könntest.

LG, Strohi

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 18. Apr 2020, 15:40
von Strohi
Hallo Sul,

vielen Dank für Deine Antwort.

Ich müsste Dir nun das Gleiche wie sunshine5678 schreiben; vielleicht kannst Du mir noch ein Stückchen konkreter beschreiben, wie Du das gemycht hast.

Herzlichen Dank + lG, Strohi

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 18. Apr 2020, 15:46
von Sunshine5678
Kein Problem, es ist a h schwer zu erklären.
Die Klinik ist auf Tiefenpsychologie spezialisiert, also was macht die erlebte Kindheit mit uns. In den Einzelgespräch habe ich viel über meine Kindheit erzählt und nach und nach habe ich erkannt was alles daraus resultiert ist. Diese Jagd nach Lob und Anerkennung, die Angst dass mich niemand mag und der Perfektionismus der mich oft regierte nur um Anerkennung zu bekommen. In der Beziehung habe ich Verlustängste weil ich mich nicht besonders finde und deswegen nicht verstehe dass jemand mich liebt und bei mir bleibt. Nachdem ich in der Therapie gelernt habe , das dies bestimmt aus meiner Beziehung zu meinen Eltern entstand, habe ich vieles verstanden. Und ich habe für mich gelernt, wenn ich es annehme und nicht dagegen kämpfe, ist es für mich okay geworden.
So habe ich es auch mit meinen Schmerzen und meiner eingeschränkten Mobilität gemacht. Nicht dagegen kämpfen , sondern besser annehmen.
Es klingt für mich auch manchmal noch a Esoterik oder sogar Spinnerei. Vor meiner Therapie habe ich an sowas nicht geglaubt.
Aber jetzt hilft es mir. Ich kann es leider nicht besser erklären.

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 18. Apr 2020, 16:22
von Bauchtänzer
Sunshine5678 hat geschrieben: So habe ich es auch mit meinen Schmerzen und meiner eingeschränkten Mobilität gemacht. Nicht dagegen kämpfen , sondern besser annehmen.
Find ich als Idee inzwischen auch sehr wichtig. Bei mir, darauf hinzuarbeiten, mir meine seelischen Schmerzen, meine Begierden, mein oft abfälliges Beurteilen meiner Mitmenschen, etc. etc., ansehen zu können, ohne mich dafür zu verdammen, ohne es zu bekämpfen. Es einfach da sein zu lassen.

Ich finde Meditation recht hilfreich.

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 18. Apr 2020, 16:32
von Sul
Hallo Strohi,
leider gibt es für dein Thema keine Kochbuchrezepte! Es gibt auch nicht den einen Weg, sondern nur den eigenen Weg. Meiner Meinung nach können Verletzungen, die einem innerhalb einer Beziehung zugefügt wurden, auch nur im Rahmen einer (therapeutischen) Beziehung wieder heilen bzw. durch positive Erfahrungen "ersetzt" werden.
Aber vielleicht wäre für dich das kostenlose und empfehlenswerte Online-Programm Moodgym hilfreich. Im Baustein "Beziehungen" geht es auch um die Beziehung zu den Eltern.
Viele Grüße, Sul

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 18. Apr 2020, 16:38
von Sul
Mir hat ganz praktisch auch ein Achtsamkeitskurs (MBSR) geholfen Abstand zu meinen Gedanken zu bekommen.
Viele Grüße, Sul

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 18. Apr 2020, 18:04
von saneu1955
Hallo Strohi, meine Erinnerungen aus der Kindheit sind furchtbar, das wäre ein abendfüllendes Programm.
Irgendwann hat mein Körper und meine Psyche nicht mehr mitgemacht, Zusammenbruch aus dem Nichts. Dann begann ich mit Therapien, zunächst Tagesklinik, dann tiefenpsychologisch, das brachte erstmal nicht viel. Medikamente nahm ich auch. Ich hatte schon fast aufgegeben, da überredete mit meine damalige Psychiaterin nochmals zu einer Therapie, diesmal eine Psychoanalyse, das war nicht nur hart, ich war mehrfach dabei aufzugeben. Ich arbeitete Stück für Stück meine Kindheit und mein Leben auf, fast 5 Jahre lang. Irgendwann begriffen ich, ich muss los lassen, bin erwachsen, niemand kann mir mehr was.

Heute ist es so, dass natürlich nicht alles in Ordnung ist, es sind immer wieder Phasen, in denen es mir schlecht geht, kann aber besser damit umgehen und habe begriffen, zurück schauen bringt nichts, das kann ich nicht mehr ändern. Ich muss jetzt und heute mit mir klar kommen.

Saneu1955

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 19. Apr 2020, 16:08
von Strohi
Sorry,

Sunshine5678,
Sul,
Bauchtänzer,
Saneu1955,

dass ich erst heute auf Eure Antworten reagieren kann. Herzlichen Dank, dass Ihr mir geschrieben habt, ich hoffe nur, dass ich dadurch keine belastenden Erinnerungen bei Euch ausgelöst habe.

Sunshine5678: ja, Deine Schilderung, dass Du Dich als nicht genügend eingeschätzt hast, keine körperliche Zuwendung bekommen hast und auch nichts, das Dir gezeigt hat, dass Du geliebt wirst - das kenne ich nur zu gut von meinem Elternhaus. Vielleicht hängt das mit den Erfahrungen, die unsere Eltern gemacht haben, zusammen; zum einen galt es früher als komisch, wenn ein Ehepaar keine Kinder hatte, also hat man welche gezeugt, um sozial nicht ausgegrenzt zu werden, aber gleichzeitig war es damals auch verpönt, Gefühle zu zeigen, und Kinder (angeblich!) zu verzärteln. Es galt " hart wie Kruppstahl, zäh wie Leder". Ich freue mich für Dich, dass Du einen Weg gefunden hast, damit umzugehen.

Sul: uih, das ist ja hart. Schwarze Pädagogik. Da fragt man sich dann doch, was in den Köpfen von Eltern so vorgeht. Aber wichtig und schön, dass Du dieses belastende Kapitel durch eine sicher schwere Analyse verarbeiten konntest - das freut mich für Dich. Danke auch für die beiden Tipps, Moodgym + MBSR. MBSR habe ich in der Rehaklinik 2014 kennen gelernt, dort habe ich auch in dem Kurs mitgemacht, war allerdings wenig hilfreich für mich, weil während des obligatorischen Bodyscan bei mir immer ein Depri-Symptom aufgetreten ist und sich "ausgetobt" hat: meine übermässige Müdigkeit. Ich bin immer eingeschlafen.

Bauchtänzer: ja, das kenne ich. Meine Therapeutin versucht auch, mir das Bewerten abzugewöhnen. Zunächst nur: zur Kenntnis nehmen, nicht bewerten. Wenn das so einfach wäre ... Aber, Therapie ist ja kein Sprint, sondern ein Marathonlauf.

Saneu1955: da kann ich mitfühlen, denn das kommt mir bekannt vor. Umso besser, dass Du einen Weg mit der Analyse gefunden hast. Ich habe längere Zeit nicht verstanden, was dieses immer wieder auftauchende "Loslassen" bedeuten soll, das hat mich ganz verrückt gemacht; ich hab' immer gesagt, wenn ich nun etwas in der Hand hebe, und dieses loslassen soll, dann weiss ich, wie das geht: die Hand öffnen und es fallen lassen oder es hinlegen. Aber wie lasse ich denn psychisch eine Erinnerung, einen Gedanken los? Irgendwo habe ich dann gelesen, dass loslassen bedeute, dieser Erinnerung, diesem Gedanken weniger bzw. möglichst keine Bedeutung zumessen. Ich bin mir nicht sicher, ob das so stimmt, aber für mich erscheint es stimmig zu sein. Und auch Dein Hinweis "bin erwachsen, mir kann keiner mehr" versucht meine Therapeutin mir beizubringen.

Ich wünsche Euch allen weiter viel Erfolg bei Euren Bemühungen.

LG, und gute Wünsche, Strohi

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 19. Apr 2020, 17:02
von Mulla_Maus
Hallo Strohi und Hallo an alle anderen.

Strohi was dir in deiner Kindheit passiert ist tut mir schrecklich leid. Jedes Kind hat das Recht auf Liebe und Geborgenheit. Umso trauriger macht es mich, wenn es Menschen gibt, die das nicht vermitteln können und es somit provozieren, dass es dem gegenüber irgendwann durch deren Handeln, schlecht geht.

Ich selber leider auch an extrem negativen Erinnerungen. Sie gehören nicht in die Vergangenheit, sprich Kindheit o.ä.. Meine Erinnerungen sind heute auf den Tag genau vor 76 Wochen entstanden und das alles nur weil ich einen Moment nicht nachgedacht habe und dadurch etwas erleben musste, was mir sich seit dem, vor allem am Wochenende, extrem aufdrängt und mich vollkommen aus meinem Leben geworfen hat...

Ich selber habe auch noch keine gescheite Lösung gefunden, die es mir ermöglicht, den Kopf einfach mal abzuschalten. Bis auf meine Skills, die nur bedingt helfen, habe ich leider nichts....

Du bist also nicht alleine...

Darüber reden ist aber auf jeden Fall schon mal ein großer Schritt. So kannst du alles was in deinem Kopf ist auf einmal los werden, quasi dein Ventil öffnen...

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 19. Apr 2020, 17:50
von Strohi
Hallo Mulla_Maus,

ich habe Dir gerade eine PN geschrieben.

LG, Strohi

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 19. Apr 2020, 17:54
von saneu1955
Hallo Strohi, genau loslassen heißt keine Bedeutung mehr.
Meine Eltern haben sich ja noch in mein Leben eingemischt, als ich schon verheiratet war und Kinder hatte. Ich habe vor ca. 14 Jahren alles hinter mich gelassen und bin aufs Dorf gezogen, an diesem Ort konnten meine Eltern, insbesondere meine Mutter nicht mehr hin. Sie waren verstorben. Das hat mir ein Gefühl von Freiheit verschafft. Und so muss halt jeder mit seinen Altlasten versuchen, umzugehen.

Lg Saneu1955

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 19. Apr 2020, 21:04
von SunnyMerle
Ich kann ja einmal versuchen mein "Rezept" auf zu schreiben.

Als erstes Susanne Hühn - Die kleine wilde Frau, dieses Buch hat ein paar tolle Meditationen die ich mir einfach als MP3 selbst gesprochen habe, ein bisschen Musik die ich mag ganz leise dahinter gelegt habe um sie an zu hören.
Ich möchte dieses Buch sogar jedem empfehlen, egal welches Geschlecht, weil schon auf dem Einband steht das es im Grunde um den Instinkt, Intuition oder Bauchgefühl geht.
Es gefiel mir besonders gut, da sich die Autorin in dem Buch auch mit Märchen beschäftigt, die zwei Märchen die mich seit ich es gelesen, dann immer einmal wieder begleiten ist "Rumpelstilzchen" und "Der Froschkönig"

Unterschiedlicher können die Beispiele wohl kaum sein, aber für mich unglaublich hilfreich. Denn die Autorin fragte, wieso dieser Geist aus dem Wald von der Bäuerin im Turm ihr erstes Kind verlangt... und wenn man mal ehrlich ist, denkt man nicht darüber nach... weiß nur das es gemein und falsch ist... tja, aber mal ehrlich. Der König sperrt sie ein, sagt wenn du mir kein Gold aus dem Stroh spinnst bring ich dich um... als er sie in den letzten Turm sperrt, die magische drei vollendet, sagt er wenn du es wieder schaffst wirst du meine Frau, wenn nicht... in was für eine Familie wird dieses arme Kind geboren?
So betrachtet würde das Wesen aus dem Wald, diesem kleinen Menschen einen Gefallen tun.

Der Froschkönig ist auch toll, da geht es nicht um das umdenken des Märchens sondern um die Tatsache das die meisten von uns wohl mehr die "Prinzessin küsst den Frosch und es wird ein Prinz" Version kennt... wieso auch immer. In Wahrheit dringt der Frosch immer weiter in das Leben der Prinzessin, um des lieben Frieden willen und im Grunde weil es ihr Vater von ihr verlangt, lässt sie ihn von ihrem Tellerchen essen und aus ihrem Becherchen trinken. Aber als sie allein ist und er in ihr Bett will, wirft sie ihn gegen die Wand! Was den Fluch löst. Sie brüllt ihm also ein großes, lautes NEIN entgegen und statt einer Strafe, steht auf einmal ein junger Mann vor ihr und bedankt sich sogar!

Zu mir kommen sowieso immer Bücher oder Geschichten die gerade brauche, zumindest ist das so meine Erfahrung. Ich weis nicht mehr genau wie, aber ich stieß auf Stefanie Stahl - Dein inneres Kind muss Heimat finden. Nach ein bisschen schnupper lesen oder hören, kaufte ich mir das Hörbuch! Eine finanzielle Anlage die mich wirklich weiter brachte.

Vor allem brachte mich das erstellen des "Schattenkindes" weiter. Denn man wird erst aufgefordert alles, wirklich alles auf zu schreiben was einen verletzt hat... wenn man dann so wie ich auf einmal einen Kunstblock voll geschrieben hat, wird man aufgefordert, so lange aus zu sortieren bis nur noch die drei Dinge stehen die einem richtig weh tun. Dabei merkte ich, das viele dieser "Glaubenssätze" ein und den selben Ursprung hatten, was mich wieder einen Schritt weiter brachte.

So, jetzt der ungewöhnlichste Autor in meiner Liste.
Stephan King... ja, ehrlich, so merkwürdig es klingt. Ich bin sein Fan seit meinem 14ten Lebensjahr, ich habe seine Bücher teilweise in einem Marathon von ein paar Stunden gelesen oder mich ein Jahr lang in dieser Welt die er mir präsentierte herum getrieben.
Schon ziemlich früh, fiel mir einfach auf das dieser Mann vermutlich ein extrem guter Kinder und Männerpsychologe hätte werden können... wenn er eben nicht Autor geworden wäre.

Da ich mich immer auf den laufenden hielt, welche Bücher er auf den Markt gebracht hatte, wurde ich natürlich auch auf "Das Spiel - Geralds Game" aufmerksam. Ich weiß noch genau, wie gierig ich danach griff, als ich die Kurzbeschreibung gelesen habe, muss ich wohl das erste Mal in meinem Leben bemerkt haben, wieso die ganze Welt ihn den König des Horrors nannte... denn bis zu diesem Buch hat er mir nie angst gemacht.

Jedes Mal wenn ich also dieses Buch sah, in einem Verkaufsregal oder als Vorschlag in meinem Suchverlauf wurde mir schlecht, alles in mir versteifte sich und ich wusste, ich wusste einfach das es der abselute Horror war... jetzt sage ich mir, ich wusste das es etwas mit mir zu tun hatte.

Nachdem ich meine jetzige Freundin in Magdeburg kennen gelernt hatte, besuchte ich sie, zu ihrem Geburtstag was mich auch gleich in ihren Freundeskreis stürzte, darunter war... wie konnte es anders sein? Ein anderer Stephan King Fan und wir kamen ins Gespräch, irgendwann ging es um Verfilmungen. Er informierte mich darüber das Netflix "Das Spiel" verfilmt habe und es ziemlich gut sei. Ich muss wie eine versteinerte Säule ausgesehen haben... meine Freundin bot mir tatsächlich am nächsten Tag an den Film mit ihr zu schauen.

Was soll ich sagen? Ich fand ihn toll, die Idee, die Ausführung, die Schauspieler, einfach alles. Aber ich sagte mir auch wenn ich jetzt die Story des Films kenne, ist es nicht das Buch. Ich höre King teilweise zum einschlafen... aber bei dieser Story ging gar nicht... also beim bügeln, putzen usw.
(Vorleseprogramm Smartphone und Ebook. XD diese Computerstimme hat es mir sogar einfacher gemacht)

Irgendwann gab es in der Geschichte so etwas wie eine "Vergangenheitsmeditation" Woran sie gedacht oder erinnert hat, sind dinge die für den ein oder anderen hier vermutlich heftig triggern könnte, darum nur so viel dazu. Ich fühlte mich an etwas aus meiner Kindheit erinnert, ich schaltete das Vorlesen aus, ich rief mir eine der Mediationen in Erinnerungen die ich kannte.

Ich, das erwachsene jetzt, geht mit dem Kind von damals zurück. zu diesem Erlebnis das es so verletzt hat, was ihm so angst gemacht hat. Das erwachsene selbst sagt, sieh dir alles an, dir kann nichts passieren, ich bin da und beschütze dich. wir schauen uns das gemeinsam an, so oder so ähnlich...

ich bin dabei nicht in tränen ausgebrochen, was ich schon einigermaßen seltsam fand, aber da platze ein so gigantischer Knoten und ich fühlte regelrecht wie mich dieses Erlebnis aus der Vergangenheit nicht mehr fest hielt, weil es hatte nichts mit dem jetzt zu tun.

Ich nahm noch Stephan Kings Tipp am Schluss der Geschichte, über diese Sache mit jemanden zu reden, was ich mit meiner Psychologin tat. Es war ein tolles Erlebnis und hat mir wirklich, wirklich viel gebracht. Es hat mein inneres verletztes Kind ein Stück geheilt.

Es... ha ha,... also mein inneres Kind, regt sich aber noch gern über seine Mama auf... das ist eine andere Story,

Dann kann ich sagen es gibt viele Filme die mich ein Stück weiter gebracht haben. Ganz vorne mit dabei "Die Truman Show". Ich sehe es sogar als Verlaufbeispiel meiner Depression. ich merkte das etwas nicht stimmt, ich wollte es ändern, ich wurde in einen sturm geworfen und jetzt stehe ich eben auf dieser Treppe... eigentlich öffne ich jeden Tag aufs neue diese Tür "nach draußen".

Um meiner Tochter meine Depression zu erklären ist tatsächlich Elsa aus "Frozen" extrem hilfreich, man sagt man fühlt sich wie sie, die alle aussperrt und niemanden sehen möchte... das sind dann die schlechten Tage weißt du? Ich gehe ein bisschen in mein Eissschloss und dann können wir wieder spielen.

Extrem gut!!

Dann habe ich eine komplette Staffel entdeckt, als ich die erste Folge sah saß ich mit halb geöffneten Mund davor... lass nicht mehr den Untertitel... hörte nicht mehr die Schauspielerin sprechen... ich starrte nur Donna Noble an und sagte mir, oh Gott, da hat jemand eine Kamera in mein Leben gestellt und auf Record gedrückt... weil das war genau die gleiche Situation von mir und meiner Mutter! Ich liebte die Figur sofort, sie war laut, sie verlangte etwas von dem Doctor (Hauptcharakter und laut Story, hunderte von Jahren älter) es zu ändern, wenn ihr etwas nicht passte, sie zeigte offen ihre Gefühle und ach... tolles Vorbild, was hab ich geheult als sie ging.

Später, sehr viel später übernahm ein Schauspieler die Rolle des Doctors der bereits in "Donnas" Staffel einen Auftritt hatte... und immer sagte er, dieses Gesicht wolle ihm irgendwas sagen... er kam aber die ganze Staffel nicht darauf, während ich davor gesessen habe... und brüllte.
Frag Donna... auch wenn du glaubst sie erinnert sich nicht!!!
Dann in einer Finalen Folge fiel ihm das auch ein, ich war so froh allein zu Hause zu sein, denn ich brüllte und jubelte das ganze Haus in Grund und Boden, das er quasi meine liebste Figur für sein jetziges Aussehen verantwortlich machte... äh, Regeneration... neues Gesicht... kompliziert...

The greates Showman gehört auch zu einen dieser Filme, die ich hilfreich fand.
Besonders den Text von "This is me"

Da schon in meiner Kindheit, der Fernseher mein bester Freund war, ist es vielleicht nicht zu verwunderlich wieso ich Filme und Serien als Vorbilder oder Leitmotiv sehe. Jetzt wo ich darüber schreibe, darüber nachdenke, bemerke ich das ich mir meistens gewünscht habe, das meine Familie so ist wie in diesen Filmen... und im Gegenteil, von dem was meine Mutter behauptet, die waren nicht ohne Probleme... oh nein, aber man ging ganz anders damit um!!!
Zum extrem großen Teil sehr viel friedlicher, sehr viel liebevoller und ich rede hier von Serien wie Charmend, Akte X oder Buffy!!!! :) :D :lol:

Dann natürlich einen guten Psychologen, Neurologen, die richtige Einstellung an Medikamenten wenn nötig und reden, reden, reden...

Ach, das macht mich eben zu dem, der ich jetzt bin, der eben anders mit seinem Kind umgeht, als man es mit mir machte.

Tja, das ist mein Rezeptbuch, bis hier hin und ich bin vermutlich noch lange nicht an der letzten Stelle in meinem Rezept angekommen... wird sich zeigen.

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 20. Apr 2020, 01:06
von Strohi
Mein Gott,

Sunny_Merle,

ich weiss nun gar nicht so recht, was ich Dir schreiben kann - ein "Danke" erscheint mir zu dürftig.

Und trotzdem, denn mehr als dieses Wort kann ich ja gar nicht schreiben: herzlichen Dank für Deine tolle, empfindsame, einfühlende, emotionale Beschreibung Deines "Kochbuches". So eine "Anleitung" habe ich noch nie in meinem 60-jährigen Leben lesen dürfen. Ich habe das Gefühl, Du hast da sehr, sehr viel liebe Gedanken für mich hineingepackt.

Alles Liebe und Gute für Dich,
herzliche Grüsse
Strohi

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 20. Apr 2020, 06:24
von Katerle
Hallo Strohi,

kann gut nachvollziehen, dass aufgrund deiner negativen Erfahrungen es sehr schwer ist, sich auf das Heute und Morgen zu konzentrieren und du dir sogenannte Fassaden aufgebaut hast.
Es ist sehr schlimm, was du durch deine Eltern erfahren hast... Und auch wenn es deine Eltern so schwer hatten, ist das in meinen Augen keine Entschuldigung dafür, sein Kind weiter zu leiden lassen.
Auch meine Vergangenheit war keinesfalls einfach, zumal ich andere schwere Erfahrungen seit frühester Kindheit machen musste und das zog sich durch mein weiteres Leben.
Nun, ganz ausblenden konnte ich meine Erfahrungen nie und auch ich habe mich äußerlich nie was anmerken lassen, ob nun auf Arbeit oder woanders und zeigte mich lange stark. Irgendwie habe ich versucht das zu trennen, was mir meist gut gelang, aber wenn ich allein war, dann holte mich alles wieder ein. Bis ich dann ab meinem ca. 30. Lebensjahr angefangen hatte, Therapie zu machen und das begleitet mich schon viele Jahre, was mir bisher ganz gut weitergeholfen hatte, stationär als auch ambulant. Ganz am Anfang noch nicht so, denn da konnte ich mich noch nicht weiter öffnen. Aber heute hat mich das alles (die ganzen Gewalterfahrungen, einfach stärker gemacht) und ich kann mich auch auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Es war ein langer Weg, aber er hat sich gelohnt... Das alles brauchte natürlich auch ganz viel Zeit und Geduld.

Und ich wünsche dir und allen anderen hier, dass ihr einen Weg finden werdet, mit euren schmerzhaften Erfahrungen aus der Vergangenheit ein soweit zufriedenes und hoffnungsvolles Leben führen könnt mit weniger Ängsten und Versagensgefühlen und es schafft, im Hier und Jetzt zu leben. Ich werde wohl für immer auf Medikamente angewiesen sein und ich habe auch meine Tagesstruktur, aber mir geht es insgesamt besser und das ist einfach positiv.

Alles Gute und Kraft,
Katerle

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 20. Apr 2020, 11:40
von Strohi
Ja, Katerle, dass Du einen Weg gefunden hast, und es Dir damit insgesamt gesehen (ganz) gut geht, ist sehr positiv, und das freut mich für Dich.

Ich lese Deine Zeilen als grosse Ermutigung. Ermutigung dafür, nicht aufzugeben, nicht nachzulassen, sondern immer weiter zu gehen - so gut es eben an jedem einzelnen Tag, in jeder Woche geht, und sich von Rückschlägen nicht verwirren zu lassen.

Herzlichen Dank dafür, und Dir alles Liebe und Gute sowie viel Kraft und Ausdauer.

LG, Strohi

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 20. Apr 2020, 12:10
von Strohi
@Saneu1955
Vielen Dank für die Bestätigung, dass loslassen heisst weniger, keine Bedeutung beimessen.

Ich habe damals die erstbeste Gelegenheit ergriffen und bin mit meiner damaligen Freundin, die zu meiner Ehefrau geworden ist, zusammengezogen als es sich abzeichnete, dass es zwischen uns passt. Schon vorher, noch in der Kennenlernphase, war ich in meiner Freizeit während der Ausbildung mehr bei ihr und ihren Eltern als zu Hause.

Wir haben dann eine Wohnung gesucht und gefunden, in dem Ort, in dem sie bis dahin mit und bei ihren Eltern gewohnt hat. Das war meiner Mutter ein Dorn im Auge, das hat ihr gar nicht gepasst, und sie hat Vieles versucht, um das zu torpedieren. Nur gut, dass meine Frau über ein stabiles Ur-/Grundvertrauen verfügte.

Nach 13 Jahren, in denen ich den Kontakt zu meinen Eltern auf das Allernötigste beschränkt habe, starb mein Vater.

Anschliessend gab's viel Ärger mit meiner Mutter, einerseis. Andererseits konnte sie auch, wenn es ihr hilfreich erschien, auf die sanfte, verständnisvolle Tour kommen. Das steigerte sich so, dass ich den Kontakt zu ihr und zu meinem Bruder, der fünf Jahre jünger ist und damals an der Seite der Mutter stand, abgebrochen habe.

Sie liess es sich jedoch nicht nehmen, mir zu jedem Geburtstag eine Karte zu schicken (die teilweise auch belastende Inhalte hatte).

Im Juni letzten Jahres rief die Polizei an, berichtete, dass meine Mutter nicht ansprechbar in ihrer Wohnung vorgefunden und in'sKrankenhaus gebracht worden sei, und fragte, ob mir irgendwelche Krankheiten von ihr bekannt wären. Tage später rief mein Bruder aus gleichem Grund an (er war erst dann verständigt worden), und fragte, ob wir uns in der elterlichen Wohnung treffen könnten, das Krankenhaus hatte nach einer Patientenverfügung und ähnlichen Unterlagen gefragt.

Wir haben uns bis heute nun mehrere Male getroffen und miteinander telefoniert, es stellte sich heraus, dass er vor mehreren Jahren den Kontakt zu ihr abgebrochen hatte, weil sie zunehmend versuchte, in sein Leben hineinzuregieren und gegen seine Ehefrau übel zu stänkern.

Wir haben nun gemeinsam sie in einem Seniorenpflegeheim untergebracht (sie dement und nach der Einschätzung der Ärzte nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen), die Unterlagen geordnet und Formalitäten erledigt und die Wohnung ausräumen lassen.

Meine Therapeutin, bei der ich seit einiger Zeit bin (ihre Vorgängerin hat altershalber ihre Praxis geschlossen), hat die Idee aufgebracht, ich solle sie dort besuchen, um zu sehen, dass sie mir nichts mehr tun kann. Corona hat dies bisher verhindert, Gott sei Dank; allein der Gedanke hat mich sehr belastet.

Vor dem Hintergrund, dass die ganze Sache mit meiner Mutter seit Juni mich schon stark nach unten gezogen hat, führte mich der Vorschlag meiner Therapeutin "an meine Grenze". (Während Corona haben wir die Therapie unterbrochen.)

Nun versuche ich, sozusagen aus meinem Loch wieder heraus zu krabbeln ... was mühevoll ist, und dies wirkt sich auf meine schon so übermässige Müdigkeit und Antriebslosigkeit aus.

Ich wünsche Dir Liebes und Gutes.
LG, Strohi

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 20. Apr 2020, 13:25
von Katerle
Danke Strohi, dir auch alles erdenklich Gute und das du meine Zeilen als Ermutigung empfindest.

Ja, auch von Rückschlägen wurde ich nicht verschont und vor ein paar Wochen ging es mir mal wieder schlechter. Wir hatten nämlich vereinbart (mein Arzt und ich), dass ich die Spritze alle vier Wochen injiziert bekomme und nicht wie seit langem, alle drei Wochen. Anfangs bekam ich sie alle zwei Wochen. Es ging auch ein paar Monate gut, alle vier Wochen, aber eben letztens ging es halt schlechter und nun machen wir erstmal wieder alle drei Wochen. Jedenfalls geht es wieder und das freut mich.

Traurig, was du durch deine Mutter erfahren hattest...

Freue mich aber sehr für dich, dass du nun wieder Kontakt zu deinem Bruder aufbauen konntest und offenbar hatte er ja auch seine Erfahrungen gemacht mit eurer Mutter.

Kann mir gut vorstellen, dass der Vorschlag von deiner Therapeutin, deine Mutter in dem Heim zu besuchen, dich sehr belastet hat.

Könntest du mit deiner Therapeutin auch andersweitig Kontakt aufnehmen, per mail oder telefonisch, damit du ihr mitteilen kannst, wie es dir damit geht.

Tue dir was Gutes, gehe ne kleine Runde spazieren oder höre deine Lieblingsmusik. Oder geh ne kleine Runde joggen oder fahre Rad. Schreibe deine Gedanken und Gefühle auf.

Alles Liebe
Katerle

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 20. Apr 2020, 14:24
von saneu1955
Hallo Strohi, deine Schilderungen gehen mir sehr nahe, ähneln sie sich doch mit den meinen. Meine Mutter hat auch ständig versucht, mich und meinen Bruder auseinander zu bringen, was ihr auch teilweise gelungen ist. Auch sie war dann dement, hatte mehrere Schlaganfälle und keine Patientenverfügung so dass ich entscheiden musste, was mit ihr passiert.

Geh zu ihr ins Seniorenheim, wenn du denkst, du bist soweit und sage ihr alles, was du denkst und fühlst, auch wenn sie es nicht mehr versteht, das erleichtert.

Lg Saneu1955

Re: Erinnerungen - wie damit umgehen?

Verfasst: 20. Apr 2020, 20:49
von SunnyMerle
Hi Strohi,

gern geschehen, ich weiß nur nicht ob du mit dem ganzen irgendetwas anfangen kannst.

Aber ich habe hier die Diskussionen weiter verfolgt und jetzt natürlich auch von deinem Werdegang mit deiner Mutter gelesen.
Es fiel mir ja jetzt nicht schwer, eins und eins zusammen zu zählen.

Wir sprechen hier von der Generation meiner Oma, obwohl ich das schreibe muss ich dazu sagen, ich bin nicht frei von diesem Konflikt, denn diese Generation ihren Kindern offensichtlich aus lauter Verlustangst angetan haben.
Die Beschreibung der Übergriffe und den Einmischungsversuchen, die du... und deine Frau... dafür meinen vollen Respekt, abgeblockt habt.... kenne ich alles!

Nachdem meine Oma tot war und eine Familiengeschichte aufgedeckt wurde, die sehr viel von dem Verhalten meiner Oma zwar erklärte (aber, da stimme ich den meisten Stimmen hier zu, nicht entschuldigt), sprach ich meine Mutter ganz offen darauf an, das ich mich quasi wie das fünfte Kind ihrer Eltern gefühlt habe.

Man habe ja keine andere Wahl gehabt, den Text kannte ich auch vorher schon. Das beide Eltern berufstätig gewesen sein, wäre wegen der Kredite nötig gewesen. Tja, das bei einem selbst die Frage aufkommt, wieso man sich dann auch noch ein Kind anschafft ist klar, nicht war? Weil man eben unbedingt eins haben wolle...

Kurz gesagt, ich wurde von zwei Generationen mit meinen Bedürfnissen an die Wand gefahren.
Von der Generation meiner Oma, da diese immer kontrollieren wollte wo ich war und ich natürlich dieser Bitte gefolgt bin. Was den Kontakt zu gleichaltrigen Kinder, die sowieso in der Wohngegend meiner Großeltern sehr niedrig war, noch unnötig schwierig machte. Im nach hinein kann ich darüber nur den Kopf schütteln.

Von der Generation meiner Mutter, weil für sie einerseits der Kinderwunsch so groß war das sie mich bekommen hat, aber sie sich bereitwillig, mit offenen Armen und offenen Auges in kompletter Abhängigkeit ihrer Mutter begeben hat.

Das alles nur wegen dem schnöden Mammon, ich weiß nicht ob es wirklich so schlimm für meine Eltern war. Denn jetzt bin ich in der gleichen Situation, ich müsste nicht arbeiten, ich tue es freiwillig, weil es mir Freude bringt und natürlich wegen dem schönen Nebeneffekt, das ich fürs putzen bezahlt werde.

Dank dieser Vorgeschichte bin ich noch immer sehr sparsam und versuche nicht den schmalen Grad von Bescheidenheit zu echtem Geiz zu übertreten.

Besonders bekannt ist das meckern der Mutter an dem Partner, was in diesem Fall das meckern meiner Oma an meinem Vater war...

Auch kenne ich durchaus diese Geschichte, wie die Geschwister in so einer Generation irgendwie gegenseitig aufgehetzt sind... oder sich vernachlässigt fühlen. In diesem Falle meine Tanten und einen Onkel, waren die Reaktionen auf diese zum großen Teil lieblose Behandlung als Kind äußerst unterschiedlich. Blinder Gehorsam, nur nicht widersprechen bei der ältesten (meiner Mutter), dickköpfiges Trampeln bei ihrer jüngeren Schwester, Rückzug von meinem Onkel und bei meiner Patentante kann ich es gar nicht so richtig beurteilen. Da ich meistens bei meinen Großeltern war, war meine Beziehung zu "der jüngsten" nicht Nichte und Tante, sondern mehr große Schwester, kleine Schwester und ich als Kücken zog mich auch wieder mehr zurück, erschien mir am sichersten.

Dementsprechend kann ich die Angst die du hast, wenn du daran denkst deine Mutter zu treffen nur zu gut verstehen. Ich erinnere mich nur zu gut an so manche Situation mit meiner Oma, in der man keine andere Formulierung als "Ohnmächtige Angst" benutzen könnte.

Wie du sicher aus den vielen Beiträgen schon bemerkt hast, es gibt nicht "den einen Weg", dafür sind wir zu verschieden.

Dennoch, ist mir noch etwas eingefallen, ich möchte dir ganz herzlich die verschiedenen Vorträge, online Seminare und Mediationen von Robert Betz ans Herz legen, die in großer Zahl auf Youtube zu finden sind.

Hinter diesem Link verbirgt sich ein Vortrag der "Raus aus alten Schuhen" heißt.

Ich bin mir jetzt schon fast sicher, das dir die Vorträge über die sogenannten "ARSCH ENGEL" extrem gut gefallen wird, da es hier um die Tatsache geht:
Was passiert mit mir eigentlich wenn ich mich über etwas aufrege, was ein anderer gesagt hat?
Welche Knöpfe drückt er gerade?
Hat es mit meiner Vergangenheit zu tun?

Er gefiel mir von Anfang an wirklich gut, vor allem haben seine Vorträge eine gewisse Komik und man sagt ja, lachen ist gesund.
Klick dich durch einfach mal durch die Videos.

Alles Gute
Merle