Erinnerungen - wie damit umgehen?
Verfasst: 18. Apr 2020, 14:51
Liebe Foristen,
soweit ich das richtig einschätze, ist eines meiner grössten Probleme, dass ich nicht mit meiner Vergangenheit "abschliessen" und mich auf das Heute und Morgen konzentrieren kann; immer wieder holt mich das Damals, also die Erinnerungen an meine Kindheit und Jugend (Stichwort: sehr robuste Erziehungsmethoden; von Seiten meiner Mutter: 'wer sein Kind liebt, schlägt es', von Seiten meines Vaters: 'Befehl und Gehorsam') und auch das Verhalten meiner Mutter in den späten 1980er-Jahren und den frühen 1990erJahren ein.
Während meines Klinikaufenthalts 2014 war ich schon fast so weit, dass ich meinen Eltern verzeihen konnte, mit dem Gedanken, dass sie es in ihrem Leben sehr schwer hatten (meine Mutter musste nicht nur ihre schulischen Leistungen erbringen, sondern war auch für die Betreuung ihrer vier Geschwister verantwortlich, musste auf dem elterlichen Bauernhof mithelfen und auch sonst im Haushalt mithelfen und sie erlebte die Vertreibung; mein Vater wurde im letzten Kriegsjahr als 18-Jähriger noch als Flak-Helfer eingezogen und war von Haus aus sehr introvertiert).
Aber das Verhalten meiner Mutter, nachdem ich mit meiner damaligen Freundin und heutigen Frau zusammen gezogen war, war für mich unterirdisch. Beschimpfungen im Stil von "so habe ich dich nicht erzogen", " "lass dich mal auf deinen Geisteszustand untersuchen", "Du bist ja völlig verrückt" und "du wurdest einer Gehirnwäsche unterzogen" sowie ihre Anrufe bei meiner Frau und meiner Schwiegermutter, in denen sie mich schlecht machte und die Frage aufwarf, ob sich meine Frau mit mir wirklich ihr Leben versauen wolle, ich sei doch ein "tu-nicht-gut" und Ähnliches mehr. Sie hat mir damit ein Verzeihen unmöglich gemacht.
Der Satz "bisher war es gut bzw. annehmbar, heute und morgen ist ein neuer Tag" hilft mir manchmal, er "trägt" mich jedoch nicht weit (genug).
Hinzu kommt, dass ich auch enorme Schwierigkeiten habe, mir zu sagen, dass ich doch bisher mein Leben trotz aller Widrigkeiten ganz gut hinbekommen habe; dem steht bei mir der grübelnde Gedanke entgegen, dass ich eine grosse Angst habe, dass irgendwann irgendjemand auftauchen könnte, der mein Leben zerstören kann. Ich vermute, dass die Angst sich deshalb eingeschlichen hat, weil ich ja während der letzten Jahrzehnte immer versuchte, nicht nach aussen dringen zu lassen, wie es mir wirklich geht; ich habe "grosse glänzende Fassaden" aufgebaut, damit ich meine Probleme dahinter verstecken konnte. Daraus wurde vermutlich der Gedanke, dass ich Anderen gegenüber nicht ehrlich war, sie getäuscht habe, woraus vielleicht diese Angst, als Versager, der nichts leistet, sondern sich bisher nur "durchgemogelt" hat, enttarnt zu werden.
Schafft Ihr das, belastende Erlebnisse auszublenden, ihnen weniger Macht über Euer Leben zu geben, sie loszulassen? Und wenn ja, wie habt Ihr das gemacht?
Vielen Dank für Eure Geduld und für's Lesen und auch für Eure Antworten.
LG, Strohi
soweit ich das richtig einschätze, ist eines meiner grössten Probleme, dass ich nicht mit meiner Vergangenheit "abschliessen" und mich auf das Heute und Morgen konzentrieren kann; immer wieder holt mich das Damals, also die Erinnerungen an meine Kindheit und Jugend (Stichwort: sehr robuste Erziehungsmethoden; von Seiten meiner Mutter: 'wer sein Kind liebt, schlägt es', von Seiten meines Vaters: 'Befehl und Gehorsam') und auch das Verhalten meiner Mutter in den späten 1980er-Jahren und den frühen 1990erJahren ein.
Während meines Klinikaufenthalts 2014 war ich schon fast so weit, dass ich meinen Eltern verzeihen konnte, mit dem Gedanken, dass sie es in ihrem Leben sehr schwer hatten (meine Mutter musste nicht nur ihre schulischen Leistungen erbringen, sondern war auch für die Betreuung ihrer vier Geschwister verantwortlich, musste auf dem elterlichen Bauernhof mithelfen und auch sonst im Haushalt mithelfen und sie erlebte die Vertreibung; mein Vater wurde im letzten Kriegsjahr als 18-Jähriger noch als Flak-Helfer eingezogen und war von Haus aus sehr introvertiert).
Aber das Verhalten meiner Mutter, nachdem ich mit meiner damaligen Freundin und heutigen Frau zusammen gezogen war, war für mich unterirdisch. Beschimpfungen im Stil von "so habe ich dich nicht erzogen", " "lass dich mal auf deinen Geisteszustand untersuchen", "Du bist ja völlig verrückt" und "du wurdest einer Gehirnwäsche unterzogen" sowie ihre Anrufe bei meiner Frau und meiner Schwiegermutter, in denen sie mich schlecht machte und die Frage aufwarf, ob sich meine Frau mit mir wirklich ihr Leben versauen wolle, ich sei doch ein "tu-nicht-gut" und Ähnliches mehr. Sie hat mir damit ein Verzeihen unmöglich gemacht.
Der Satz "bisher war es gut bzw. annehmbar, heute und morgen ist ein neuer Tag" hilft mir manchmal, er "trägt" mich jedoch nicht weit (genug).
Hinzu kommt, dass ich auch enorme Schwierigkeiten habe, mir zu sagen, dass ich doch bisher mein Leben trotz aller Widrigkeiten ganz gut hinbekommen habe; dem steht bei mir der grübelnde Gedanke entgegen, dass ich eine grosse Angst habe, dass irgendwann irgendjemand auftauchen könnte, der mein Leben zerstören kann. Ich vermute, dass die Angst sich deshalb eingeschlichen hat, weil ich ja während der letzten Jahrzehnte immer versuchte, nicht nach aussen dringen zu lassen, wie es mir wirklich geht; ich habe "grosse glänzende Fassaden" aufgebaut, damit ich meine Probleme dahinter verstecken konnte. Daraus wurde vermutlich der Gedanke, dass ich Anderen gegenüber nicht ehrlich war, sie getäuscht habe, woraus vielleicht diese Angst, als Versager, der nichts leistet, sondern sich bisher nur "durchgemogelt" hat, enttarnt zu werden.
Schafft Ihr das, belastende Erlebnisse auszublenden, ihnen weniger Macht über Euer Leben zu geben, sie loszulassen? Und wenn ja, wie habt Ihr das gemacht?
Vielen Dank für Eure Geduld und für's Lesen und auch für Eure Antworten.
LG, Strohi