Umgang mit der neuen Freiheit

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Xenia
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Umgang mit der neuen Freiheit

Beitrag von Xenia »

Heute ist so etwas wie ein Geburtstag für mich. Geburtstag in dem Sinne, als daß ein altes Kapitel nun endlich abgeschlossen ist und mir gar nichts anderes übrigbleibt, als einen Neuanfang zu starten…

Ich habe nämlich erfahren, daß mein Psycho-Ex seit mittlerweile einer Woche in der Forensik untergebracht ist… Seinen Eltern haben sie mitgeteilt, er sei auf „unbestimmte Zeit“ Zeit dort, was ja auch zutreffend ist.

Das bedeutet für mich den Abschluß dieses unerfreulichen Kapitels in aller Konsequenz. Die Geschichte hat einen Abschluß gefunden und ich hoffe, daß ich sie nun mehr von mir trennen kann…

Zumindest in diesem Teil meines Lebens wird es keine Wiederholung der alten Geschichten geben

Also habe ich wieder ein wenig mehr Energie zur Verfügung, um diese nutzbringend einzusetzen, z.B. für mich und die Kontaktaufnahme zu mir. Irgendwie ist es seltsam, daß diese Geschichte nun endgültig der Vergangenheit angehört und ich sozusagen einen großen Teil meines Ballasts endlich losgeworden bin.

Denn so fühlt es sich an.

Ich bin sehr gespannt, wie sich mein Leben von nun an entwickelt; bin mir aber auch bewußt, daß es sich nicht von alleine ändern wird. Aber ich bin auf dem Weg.

Streßfrei, angstfrei durch die Straßen laufen…

Das wollte ich zur Vervollständigung meiner Geschichte hier im Forum noch loswerden.

Und es ergeben sich Fragen hieraus: ich bin nun einen sehr bedeutenden Teil meines Lebens los. Ich muß also diese Lücke füllen, die da entstanden ist. Und das ist auch die einzige Chance, denke ich: der Umgang mit dieser Lücke. Sie sinnvoll zu nutzen.

Wie geht man damit um, wenn Teile des Lebens einfach „erledigt“ sind?

Wie geht man damit um, daß sich die eigene Persönlichkeit eventuell verändern wird? Weil eben Neues entstehen wird?

Kann man dann wirklich neu durchstarten?

Phoenix aus der Asche sein?

Oder bleibt man Sklave seiner Geschichte?

Das ist jetzt wohl eine ganz entscheidende Weggabelung auf meinem Lebensweg; aber ich denke, daß ich die richtige Richtung wählen werde.

An dieser Stelle möchte ich nochmals Euch allen danken, die Ihr mir auf meinem bisherigen Weg hier im Forum zur Seite standet. Und ganz besonders möchte ich einem Menschen (Hallo Chimera ) danken, der mir sehr viel bedeutet und der mir ungemein hilft, den Weg weiterzugehen.

Abschließend noch einmal: ich möchte hiermit kein neues Tagebuch starten. Ich fände es schön, wenn sich eine Diskussion entwickeln würde über die verschiedene Fragen.

Liebe Grüße, Eure

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
Bellasus
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Re: Umgang mit der neuen Freiheit

Beitrag von Bellasus »

Liebe Xenia,

herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Du bist frei, dir stehen alle Wege offen.

Die Lücke füllt sich wieder, das ist doch oft so, wenn man irgendetwas endlich geschafft hat, fällt man hinterher in ein Loch, weil alle Anspannung auf einmal nachläßt.

Ich finde, du hörst dich unheimlich stark an (habe ich auch vor diesem Thread schon gedacht) und ich wünsche dir alles Gute!

liebe Grüße
Annette




www.depressionsliga.de

- Betroffene für Betroffene -
Barbra
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Re: Umgang mit der neuen Freiheit

Beitrag von Barbra »

Liebe Xenia,

erst nochmal herzlichen Glückwunsch. Das hört sich so positiv an, dass ich doch noch schnell was dazu loswerden will

>Phoenix aus der Asche sein?
>Oder bleibt man Sklave seiner Geschichte?

Wie wär's mit aus der Asche auferstehen? Kein Sklave, aber ohne die alte Geschichte vollkommen abzuschütteln?

Sie wird ein Teil Deines Lebens bleiben, wahrscheinlich nach wie vor ein schmerzhafter Teil, allein die Verarbeitung und der Umgang damit ist wichtig dafür, wie Du Dein Leben gestalten und vor allem leben können wirst.

Ich bin mir sicher, Du wirst es schaffen! Du erkennst vieles, kannst vieles analysieren, deuten. Ja, ich weiß, die Umsetzung gelingt net immer so wie Du's gern hättest

Aber ist Erkenntnis nicht der erste Schritt zur Veränderung?

Ist net das auch der Grund, warum gerade Du verstehst, warum ich auch so gern viel mehr verstehen, erkennen will?

So, jetzt habe ich für heute wirklich genug geschrieben

Lieben Gruß
Barbara
Xenia
Beiträge: 2051
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Re: Umgang mit der neuen Freiheit

Beitrag von Xenia »

Liebe Annette,
liebe Barbara,
liebes Forum,

vielen Dank für Eure Glückwünsche! Es ist wirklich ein gutes Gefühl gerade.

Und es fühlt sich überhaupt nicht so an, als ob ich in einem Loch sei, eher wie nach einem Befreiuungsschlag! Ich bin erleichtert.

Die Frage, die ich mir stelle ist, wie man damit umgeht, wenn ein so großer Teil des Lebens (endlich) erledigt ist. Denn das Grübeln, Verzweifeln und das ach-hätte-ich-doch-bloß hält einen ja irgendwie auch am Leben. Und in der gewohnten depressiven Stimmung... Das kennt man, dort fühlt man sich sicher.

Bin sehr gespannt, was sich jetzt entwickeln wird...

Und freue mich über jede Anregung oder Kritik aus dem Forum!!!

Liebe Grüße

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
chimera

Re: Umgang mit der neuen Freiheit

Beitrag von chimera »

http://www.jetzt-musch-aber-au-wieder-k ... aendern.bw


P.S. I: Schickes Täschle...

P.S. II: Net motzen, das waren 197 Buchstaben... (handgetippt, kein copy & paste...)
Xenia
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Registriert: 20. Apr 2003, 12:31

Re: Umgang mit der neuen Freiheit

Beitrag von Xenia »

Mir wäre es lieber, wenn Du Deinen Wortschatz wieder erweitern würdest, das Sprechen mit Dir gestaltet sich doch recht schwierig.

Der Link funktioniert gerade nicht. Müssen wir brainstormen...

Zu P.S. 1: Danke!

Zu P.S. 2: Naja, werde es Dir mal glauben
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
albert
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Re: Umgang mit der neuen Freiheit

Beitrag von albert »

Hallo Xenia,
auch von mir einen Glückwunsch zum neuen Leben!
Vergiss nicht, das neue Leben verlangt die Schritte ins Unbekannte,
trau dich und gehe nach vorne. Alles Gute.
Ich kann jetzt nicht viel Worte machen, muss raus aus dem Haus,
habe einen Termin.
Herzliche Grüße
Albert
pferdediebin
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Re: Umgang mit der neuen Freiheit

Beitrag von pferdediebin »

liebe xenia!


ich hab gestern so etwas schönes gelesen,und ich denke es passt

Phantasie und Emotion sind wohl die konzentriertesten Energieformen,über die ihr als körperliche Wesen verfügt.Jedes starke Gefühl ist der Träger von weit größeren Energien,als beispielsweise erforderlich wäre,um eine rakete auf den Mond zu schießen...


alles ist möglich
..und such dir das beste aus

pferdediebin
"Die Stimme des Fleisches verlangt: nicht hungern,nicht dürsten,nicht frieren.Wer dies erreicht und hoffen darf,auch künftig zu erreichen,kann sich selbst mit Zeus im Glücke messen"



Epikur





Kedi
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Re: Umgang mit der neuen Freiheit

Beitrag von Kedi »

Liebe Xenia,

jetzt ists natürlich auch an mir, dich hoch leben zu lassen *herzlichumarm*

Ein Lebenskapitel ist abeschlossen - in dem Sinn, dass es unmittelbar und direkt keine Fortsetzung mehr finden kann. Wenn es ein schlimmer, krankmachender Lebensabschnitt war, wie bei dir, ist da große Erleichterung und Champagner sehr angemessen *freu*.

Du schreibst: "Die Geschichte hat einen Abschluß gefunden und ich hoffe, daß ich sie nun mehr von mir trennen kann… "
Die eigene Geschichte ganz vom Selbst zu trennen wird meines Erachtens nie ganz möglich sein. Denn sie ist Teil von dir und die Abtrennung käme einer Amputation gleich... Jedenfalls weißt du sehr gut, dass du keine Wiederholung oder Paraphrase darauf mehr zulassen würdest und das ist deine gewonnene Stärke, zu der ich dir ebenfalls sehr herzlich gratuliere !

Die Energie für Neues soll noch gaaaanz lang anhalten, das wünsch ich dir. Und sie wird es bestimmt auch, zumal du dich nun endlich ungebremst verändern darfst, dir die Bewegungsfreiheit zurück erobert hast.

Einen ganz unbeaschten aufsteigenden Phoenix gibts wahrscheinlich nicht, das käme einem Amnesiephänomen gleich, da bin ich ganz Barbaras Meinung. Aber ein bisserl Aschenüberzug hilft gut als Schutzfilm über die eigene Porösität .

Alles Liebe
von einer sich ebenfalls verändernden Kedi
albert
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Re: Umgang mit der neuen Freiheit

Beitrag von albert »

Hallo Xenia,
deine Postings in diesem Thread lesen sich ziemlich gut, ich bin versucht zu sagen, du bist in einer euphorischen Stimmung. Kann oder darf ich sagen: hypomanisch?
Als ich selbst meine belastenden Erlebnisse hinter mich gelassen habe, da habe ich mich zunächst voll in die Arbeit gestürzt. Es gab viel zu tun an fachlichen Dingen, so viel, dass mir nicht viel Zeit blieb, mich manisch auszuleben. Ich habe einen Tatendrang ausgelebt und bin zwischendrin immer mal wieder in Depri-Schübe gefallen. Aber die guten Zeiten zwischendrin habe ich auch genutzt, um das tückisch in mir vergrabene, das "Böse" zu bearbeiten. Das waren die Verletzungen, die mir zugefügt worden waren, und die ich selber wieder weitergab. Diese Bearbeitungen gingen über mehrere Jahre; als ich das gemacht habe, wurde noch keine Hypnotherapie von der KK bezahlt. Ich musste mir das in Wochenendseminaren selber holen unter Anleitung und fachkundiger erfahrener Aufsicht. Und dazwischen immer wieder der sog. Rückfall als Depri-Schub mit unterschiedlichen Erscheinungen. Einmal hatte ich meine Ausdrucksfähigkeit verloren und ich habe mühsam, Schritt für Schritt wieder lernen müssen, mich in der Muttersprache auszudrücken. So war das.
Ich kann dir für deinen Weg nur alles Gute wünschen. Pass auf dich auf! Und hab doch den Mut, ins Unbekannte zu gehen.
Herzlichen Gruß
Albert
Xenia
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Umgang mit der neuen Freiheit

Beitrag von Xenia »

Lieber Albert,

vielen Dank für Deine fürsorglichen Worte... Aber ich meine, meine Stimmung ganz gut einschätzen zu können und sage deshalb, daß an ihr überhaupt nichts hypomanes oder sonstwie Krankes ist. Es ist nicht die pure Euphorie, auch eine Portion Nachdenklichkeit ist dabei. Ich bin einfach nur erleichtert. Und glücklich, daß dieses Kapitel meines Lebens nun abgeschlossen ist.

Ja, ich werde den Schritt ins Neue, Ungewisse wagen. Bleibt mir ja nichts anderers übrig

Aber ich bin auf dem Weg; gerade baue ich eine liebevolle Beziehung zu mir auf.

Liebe Kedi,

klar, Phoenix aus der Asche wäre verdächtig... Ich will auch gar nicht "neu" wiederauferstehen. Ich möchte eine Xenia werden, die zwar eine schwierige Geschichte hat, aber trotzdem ein gutes Leben leben kann... Die nicht mehr so beeinträchtigt ist.

Aber zurück zu der Frage: Wie geht Ihr denn damit um, wenn etwas Belastendes, Altes und Quälendes weggefallen ist?

Liebe Grüße

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
geborgenheit
Beiträge: 178
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Umgang mit der neuen Freiheit

Beitrag von geborgenheit »

Liebe Xenia, liebe Mitschreiber

"wie geht ihr damit um, wenn etwas Altes, Belastendes weggefallen ist"?... Diese Frage hat mich im vergangenen Jahr auch sehr beschäftigt. Ich merkte, dass ich Spezialistin im Überleben bin, aber erst wieder leben lernen muss (darf). Ich merke auch, dass ich mir für dieses Lernen Zeit geben darf. Und - es macht Spass, das Leben leben zu lernen.

Aber - es war nicht immer so einfach. Ich denke, dass es gilt, sich eine neue Balance zu erarbeiten. Sich neu zu fragen, was ist mir wichtig, wie möchte ich leben, was möchte ich weg lassen. Das kostet Geduld und bedingt auch eine Ehrlichkeit.

Es lohnt sich bestimmt, sich diesem Prozess zu stellen. Und es lohnt sich auch, geduldig mit sich selber zu sein. Vieles ist "neu" und ungewohnt und muss erst wieder erfahren und ausprobiert werden.

So bin ich mitten auf dem Weg zu meinem neuen Leben und komme immer mal wieder an Punkte, die mich herausfordern.

Liebe Grüsse
Geborgenheit
malin
Beiträge: 454
Registriert: 27. Jun 2003, 22:57

Re: Umgang mit der neuen Freiheit

Beitrag von malin »

Hallo Xenia,
hm, ist ja irgendwie auch ein wenig mein Thema...
Da war ich in den letzten dreineinhalb Jahren irgendwie immer auch im Kopf mit Linas Entwicklung und ihrer Gesundheit beschäftigt und als es dann vor ein paar Wochen endlich Entwarnung gab und wir nun so ungefähr wissen, was auf uns zukommt, war das zwar auch eine riesige Entlastung und Freude, aber auch ein komisches Gefühl.
Denn es gab natürlich in den drei Jahren kaum Raum für mich oder andere Sachen, da die Angst wegen Lina immer im Hinterkopf vorhanden war. Und nun...stehe ich da so wie Du und muß mich neu orientieren.
Plötzlich hätte ich Zeit und Raum, um schöne Dinge zu tun und mehr an mich zu denken, aber ich merke, daß ich das gar nicht mehr so einfach kann. Ich muß erst umdenken und das scheint nicht von heute auf morgen zu gehen.
War wahrscheinlich auch kein Zufall, daß ich kurz nach der Entwarnung ins Krankenhaus kam...endlich- könnte man sagen - es war der Zeitpunkt, wo ich mich nicht mehr zusammenreißen mußte, sondern wo es mir endlich auch schlecht gehen konnte..

Tja, wie ich mit der neuen Freiheit umgehen soll, weiß ich auch noch nicht so recht, das muß ich noch lernen. Aber es ist ein schönes Gefühl, wenn man sich Zeit nehmen kann, um zu fühlen, was man gerne denken und tun möchte, ohne daß einem ständig Angst im Nacken sitzt...
Liebe Grüße
Nele
albert
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Re: Umgang mit der neuen Freiheit

Beitrag von albert »

Hallo Xenia,
wenn etwas altes Belastendes weggefallen ist, kommt natürlich das Gefühl der Erleichterung. Eines Tages, als ich von der Außenstation mit der Mobbingsituation auf dem Weg zur Zentrale war, hatte ich unterwegs das Gefühl, meine Brust würde von einem umschlungenen Seil befreit. Es war der Schritt heraus aus einer Beengung. Dann bin ich in die Depression gefallen, habe mich herausgearbeitet und konnte wieder die Natur schön finden, Gefallen am Leben haben, mich auch wieder freuen, einfach mich nur freuen. Dieses wunderbare Gefühl war wieder da.
Meinst du das damit? Sich erleichtert fühlen, ist gut, finde ich. Genieße es.

<<< Wie geht man damit um, wenn Teile des Lebens einfach „erledigt“ sind?
Wie geht man damit um, daß sich die eigene Persönlichkeit eventuell verändern wird? Weil eben Neues entstehen wird?
Kann man dann wirklich neu durchstarten?
Phoenix aus der Asche sein?
Oder bleibt man Sklave seiner Geschichte?
Das ist jetzt wohl eine ganz entscheidende Weggabelung auf meinem Lebensweg; aber ich denke, daß ich die richtige Richtung wählen werde. >>>

Natürlich war mein erstes Ding, mich neu in Arbeit zu stürzen, wieder neu eine Beziehung aufbauen; Durchstarten.
Aber ich habe Lehrgeld bezahlt und lernte, dass ich die gleichen "Fehler" wieder gemacht habe. Ich setze das hier in Gänsefüßchen, weil ich heute meine, dass dies keine bewussten Fehler sind, sondern aus meiner psychischen Veranlagung kommen. Was ich habe ändern können, das habe ich im Laufe dieser Jahre getan:
meine Verletzungen aufgearbeitet und Entspannungstechniken gelernt, um Stress auszuhalten. Also um unter belastenden Situationen arbeiten zu können. Und für mich ganz wichtig, war ein Arbeitsziel. Ich habe mich fachlich hochgearbeitet mit viel Einsatz, habe mir eine Berufung erarbeitet.
Als es vor zwei Jahren wieder recht schlimm kam, habe ich das ertragen können; ich bin nicht wieder depressiv geworden, auch nicht ausgerastet. Heute im Rückblick kann ich sagen, dass ich dies eine sehr lange Durststrecke war und imme noch ist. Aber ich bin sicher, dass sie eines Tages ein Ende haben wird. Nur wird das Ende nicht von selbst kommen, ich muss daraufhin arbeiten.
Ganz ernüchternd waren für mich in den letzten zwei Jahren zwei Dinge:
als meine Familientherapeutin mir nahelegte, das Unbearbeitete im Beziehungsproblem anzugehen. Ihre Worte öffneten mir die Augen, dass ich da immer noch ein Problem hatte.
Das zweite war jener Augenblick, als meine Tochter mir am Telefon mitteilte, dass ihre Mutter, also meine Ex-Frau, an Krebs erkrankt ist und dass sie Angst hat, in die Hölle zu kommen.
Daraufhin habe ich ihr geschrieben, dass ich ihr verzeihe. Und danach ist mir bewusst geworden, dass ich keinen Groll mehr auf sie habe.
Der Weg dahin, verzeihen zu können, war recht lang, so wie eine Therapie nunmal Zeit braucht.
Ich meine, dass du schon recht hast, dich jetzt des Lebens zu freuen. Tu das, es tut dir gut. Eines Tages wirst du vor Entscheidungen gestellt, welche Richtung du gehen willst und das wird bedeuten:
entweder die bisherige Kreisbahn des Übels in neuen Varianten gehen -
oder das Verlassen der Kreisbahn und das Gehen in einem unbekannten Gelände. Die Therapeuten wissen wohl, wohin das führen soll; aber sie können nur Anstöße geben und jeder kann nur ein Stück begleiten. Es ist gut, wenn in gewissen Zeitabständen mal ein anderer kommt. Der Neue bringt einen anderen Schwerpunkt mit, den ich vorher wenig beachtet hatte, der aber immer noch ein Problem für mich darstellt. Wobei ich den Begriff des Therapeuten sehr weit fasse. Da fallen auch solche Menschen darunter - für mich - die keine solche Ausbildung haben, die aber im Kontakt mit mir manche Dinge auslösen, sprich Anstöße geben. Manchmal taste ich mich an solchen Menschen entlang. Ich spüre an ihren Worten, dass etwas im Busch ist. Früher wäre ich daran verzweifelt, hätte den Kontakt gemieden, weil mir die Belastung zu hoch war. Heute geht das, ich kann inzwischen damit umgehen - und bin immer für eine Überraschung gut.
Weiterhin alles Gute auf deinem Weg
Herzliche Grüße
Albert
Xenia
Beiträge: 2051
Registriert: 20. Apr 2003, 12:31

Re: Umgang mit der neuen Freiheit

Beitrag von Xenia »

Liebes Forum,
liebe Gebrogenheit,

>Ich merkte, dass ich Spezialistin im Überleben bin, aber erst wieder leben lernen muss (darf). Ich merke auch, dass ich mir für dieses Lernen Zeit geben darf. Und - es macht Spass, das Leben leben zu lernen>

Ja, so ging/geht es mir auch. Durch die Lücke, die entstanden ist, beginnt etwas Neues, lebendiges, so nicht Gekanntes. Und bis man das wirkliche Leben dann „richtig“ erreicht hat, wird es wohl einiges an Zeit verbrauchen… Aber es lohnt sich auf jeden Fall, das habe ich jetzt schon auf der kurzen Strecke (seit dem Rechtskräftigwerden des Urteils) schon gemerkt. In dem Moment, wenn das Belastende in den Hintergrund tritt, ist Energie und Zeit da, sich anderen Dingen zu widmen und den Blick zu schärfen für die schönen Dinge im Leben.

>Sich neu zu fragen, was ist mir wichtig, wie möchte ich leben, was möchte ich weg lassen. Das kostet Geduld und bedingt auch eine Ehrlichkeit. >

Da hast Du vollkommen recht, ich denke auch, daß dann auch die Zeit gekommen ist, aufzuräumen… im eigenen Leben, aber auch an den äußeren Umständen, denn auch hier ist es ja so, daß man erst nach dem Wegfall des Alten Zeit und Energie dafür hat. Dieser Prozeß wird für mich wohl der schwierigste werden. Nicht so sehr im speziellen zwischenmenschlichen Bereich, da ich ja nur wenige Freunde habe, aber so im Alltags- und Berufsbereich.

>So bin ich mitten auf dem Weg zu meinem neuen Leben und komme immer mal wieder an Punkte, die mich herausfordern.>

Dessen muß man sich wohl immer gewahr sein, daß es auch wieder schlechte Zeiten geben kann/wird. Aber man fällt einfach nicht mehr so tief. Das ist meine Überzeugung, weil man das, was mit negativen Gedanken und Erinnerungen behaftet war, neu füllen kann mit positivem…



Liebe Nele,

>Denn es gab natürlich in den drei Jahren kaum Raum für mich oder andere Sachen,>

Ja, man wird vollkommen absorbiert von diesen Ängsten, Sorgen und Befürchtungen. Ich habe mich damals in der Situation total verloren und auch danach noch sehr viel Raum den Gedanken, Erinnerungen und Gefühlen dieser schlimmen Zeit gegeben. Aber ich habe jetzt gemerkt, daß ich – seit ich weiß – daß er jetzt die nächsten Jahre in der Psychiatrie sein wird, das alles in Wegfall geraten ist. Okay, nicht so ganz, ein paar Dinge schwirren mir noch im Kopf herum, aber im großen und ganzen ist doch Zeit und Raum für anderes.

Und auch in der Zeit vorher, als das Urteil rechtskräftig geworden war, war mehr Raum vorhanden, z.B. für den Aufbau von wichtigen zwischenmenschlichen Beziehungen und deren Aufrechterhaltung bzw. sogar Verfestigung derselben nach Streit. Dazu wäre ich früher nicht in der Lage gewesen, weil mein Kopf viel zu voll war…

>War wahrscheinlich auch kein Zufall, daß ich kurz nach der Entwarnung ins Krankenhaus kam...endlich- könnte man sagen - es war der Zeitpunkt, wo ich mich nicht mehr zusammenreißen mußte, sondern wo es mir endlich auch schlecht gehen konnte..>

… und Du die „Zeit“ hattest, an anderes zu denken… Was vielleicht in Deinem Fall damals nichts Positives war (glaube ich), aber die Tatsache, daß mehr Zeit da ist, ist schon nicht zu verachten, wenn es erstmal bergab geht … oder bergauf.

>Aber es ist ein schönes Gefühl, wenn man sich Zeit nehmen kann, um zu fühlen, was man gerne denken und tun möchte, ohne daß einem ständig Angst im Nacken sitzt...>

Genau. Meine Therapeutin fragte mich gestern, wie ich diese Lücke denn jetzt – am besten sinnvoll – füllen will. Spontan habe ich geantwortet, daß ich mir jetzt mehr Zeit für mich nehmen möchte. Mich um mich zu kümmern, an mich zu denken (nicht im Sinne von Grübeln!) und versuchen, etwas von der Schönheit des Lebens wieder spüren zu können. Und eben eine Beziehung zu mir aufzubauen und zu vertiefen. Okay, ich werde mal darauf achten, daß ich nicht zu viel Zeit mit mir verbringe, damit ich nicht noch narzißtischer werde , aber mein Ziel ist es, mich selbst (und meinen Körper) zu akzeptieren oder besser noch zu mögen… Denn, das habe ich durch viele, viele, oftmals sehr traurige Gespräche gelernt: erst wenn man sich selbst mag, ist man in der Lage, eine positive Ausstrahlung zu haben und damit Gefahr zu laufen tatsächlich nochmal einen Partner zu bekommen.


Lieber Albert,

>hatte ich unterwegs das Gefühl, meine Brust würde von einem umschlungenen Seil befreit. Es war der Schritt heraus aus einer Beengung. Dann bin ich in die Depression gefallen, habe mich herausgearbeitet und konnte wieder die Natur schön finden, Gefallen am Leben haben, mich auch wieder freuen, einfach mich nur freuen. Dieses wunderbare Gefühl war wieder da.>

Ja, ich denke, daß man es so sagen kann. Auch wenn das bei mir ein Prozeß von mehreren Jahren war. Direkt nach der Trennung wurde ich auch erst einmal stockdepressiv, um dann jetzt endlich Erleichterung zu verspüren.

>Genieße es.>

Aye, aye captain

>Natürlich war mein erstes Ding, mich neu in Arbeit zu stürzen, wieder neu eine Beziehung aufbauen; Durchstarten. Aber ich habe Lehrgeld bezahlt und lernte, dass ich die gleichen "Fehler" wieder gemacht habe.>

Diese Gefahr besteht zweifelsohne, denke ich. Weil man dann nämlich – unbewußt – dieses Loch so schnell wie möglich wieder stopfen möchte. Dann macht man mit Sicherheit eher die gleichen „Fehler“ oder andere faule Kompromisse. Da werde ich auch darauf achten müssen, gerade im partnerschaftlichen Bereich… Und auch ich werde sicherlich das eine oder andere Lehrgeld zahlen müssen, bin mir jedoch sicher, daß meine „Lehre“ nicht mehr so teuer werden wird.

>Eines Tages wirst du vor Entscheidungen gestellt, welche Richtung du gehen willst und das wird bedeuten: entweder die bisherige Kreisbahn des Übels in neuen Varianten gehen - oder das Verlassen der Kreisbahn und das Gehen in einem unbekannten Gelände.>

Ich denke, daß ich seit einiger Zeit an genau dieser Weggabelung bin und schon den ersten Schritt ins Neue getan habe (mit einem Bein). Das andere Bein möchte noch nicht so recht, aber ich kann geduldig und stur sein.

Wie seht Ihr das: besteht die Gefahr, daß man diese Lücke so verzweifelt füllen möchte, daß man wieder Kompromisse eingeht oder gar Fehler macht? Muß man, bevor diese Lücke gefüllt ist, nicht ersteinmal innehalten und in sich schauen, die eigenen Bedürfnisse wahrnehmen, sie durchsetzen lernen?

Und was kommt dann? Ich meine, wenn ich es tatsächlich geschafft haben sollte, den „Lückenzweck“, nämlich den Aufbau einer liebevollen Beziehung zu mir, erreicht habe? Kommt dann die nächste Depression oder meint Ihr, daß man auf diesem Weg lernt, die Lücke stetig zu füllen und sie vor allem als nicht mehr so quälend zu betrachten?

Liebe Grüße

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




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