Angst Tabletten zu nehmen und kein freier Therapieplatz

[Kimbo]

Hallo zusammen,

mein Name ist Kim, ich bin 23 Jahre alt und ich leide unter Depressionen und habe zusätzlich noch mit Angststörungen zu kämpfen. Mein Problem ist, dass ein Therapieplatz noch sehr fern ist und ich eine unfassbare Panik habe, die verschriebenen Tabletten zu nehmen (Citalopram). Die Psychiaterin hat mir das Medikament halt auch nach der ersten Sitzung direkt verschrieben und ich weiß nicht, ob das wirklich nötig ist... Unter der Woche kann ich mich zum arbeiten „motivieren“, da ich auf meinen Job angewiesen bin, aber am Wochenende liege ich nur im Bett und schaffe es teilweise nicht mal mich zu duschen. Habt ihr Tipps, wie ich die Zwischenzeit überbrücken kann? Ich fühl mich so leer und kraftlos...

Viele Grüße

[Kimbo]

Danke für Deine Antwort @BIttermandel. Ich würde das Medikament so gerne nehmen, aber ich habe wahnsinnige Angst vor den Nebenwirkungen... Ich weiß, wahrscheinlich super bescheuert....

[yellohmellow]

@Kimbo
Ich weiß nicht, wo Du lebst.
In Deutschland jedoch gibt es neuerdings die Akutbehandlung mit Psychotherapie. Ich weiß nicht, ob Dir das bekannt ist. Es gibt auch eine Servicestelle der Krankenkassen, die zeitnah einen Termin beim Psychotherapeuten als Akutbehandlung organisiert. Deine Krankenkasse hilft Dir da sicher weiter!

LG yellohmellow

[Meridian]

Hallo Kimbo,

die Angst vor den Nebenwirkungen ist Teil der Angststörung, das kenne ich nur zu gut.
Besprich das am besten mit deinem Arzt, der dir das Citalopram verschrieben hat, evtl. ist es ja
möglich, nur für die erste Zeit zusätzlich etwas zur Beruhigung zu nehmen (bis das Citalopram wirkt).
Wartest du auf einen ambulanten Therapieplatz?

LG, Meridian

[yellohmellow]

Danke für Deine Antwort @BIttermandel. Ich würde das Medikament so gerne nehmen, aber ich habe wahnsinnige Angst vor den Nebenwirkungen... Ich weiß, wahrscheinlich super bescheuert....

Ich finde das überhaupt nicht bescheuert. Deine Ängste sind berechtigt. Vielen Betroffenen ( ungefähr 40 Prpzent) helfen Antidepressiva nicht oder schaden sogar. Der Absetzprozess ist dann oft genug sehr qualvoll. Vielleicht läßt sich Dein Problem ja allein mit Psychotherapie lösen. Das sollte zumindest erst mal geklärt werden.

LG yellohmellow

[Kimbo]

@yellohmellow: Das klingt interessant. Dann werde ich direkt morgen mal bei meiner Krankenkasse anrufen... Und zu Deiner weiteren Antwort: Ich habe nicht nur vorm Absetzen Angst sondern schon vorm „Einschleichen“. Eine meiner größten Ängste ist es nämlich, dass ich mich übergeben muss und diese Angst konnte die Psychiaterin mir logischerweise auch nicht nehmen, weil man es halt nicht ausschließen kann. Vom Absetzen will ich also gar nicht sprechen, das könnte ja dann nochmal schlimmer werden...

@Meridian: Das mit der Angststörung ist zum Heulen, weil das Medikament ja eigentlich genau dagegen wirken soll und das zieht einen dann noch mal mehr runter. Und ja genau, ich warte auf einen ambulanten Therapieplatz.

[VanGogh]

Guten Abend Kim

die Tabletten zu nehmen ist wichtig weil das zur Behandlung der Erkrankung dazugehört.

Ich verstehe deine Angst habe selber täglich negative Gedanken über alles mögliche.

Mit dem Therapieplatz ist es so das man meistens bis zum Aufnahmetermin in einer Tagesklinik untergebracht ist oder das du auf einer krisenstation bist für diejenigen denen es akut schlecht geht. Ebenfalls gibt es einen Sozialpsychatrischen Dienst (SpDi) der auch zur Verfügung steht.

Wünsche dir alles gute und viel Kraft

Lg

[Peter1]

Hallo Kimbo
Frag doch mal deine Psychiaterin, ob man das Einschleichen nicht auch stationär machen kann. Dann wären deine Ängste vielleicht weniger, weil ständig geschultes Personal um dich herum wäre. Du fühlst dich an Wochenenden vermutlich nur so erschöpft, weil die ganze Kraft fürs motivieren in der Woche drauf geht.

Alles Gute und Schöne Peter

[Kimbo]

@VanGogh: Danke für die Antwort! Würdest du denn sagen, dass 20mg für dein Einstieg angemessen sind oder sollte ich da nochmal nachfassen? Irgendwie dachte ich, dass das Einschleichen auch mit der niedrigsten Dosierung startet...
Über den SpDi werde ich mich direkt mal informieren. Danke!

@Peter1: Das mit dem stationären Einschleichen klingt grundsätzlich nach keiner schlechten Idee. Leider muss ich aber noch lernen, dass die Gesundheit vorgeht, denn ich habe tatsächlich Angst, meinen Job zu verlieren wenn ich länger ausfalle... Es ist tatsächlich anstrengend unter der Woche, aber mir ist aufgefallen, dass ich wenn ich krankgeschrieben bin auch eine Woche nicht aus dem Bett aussteigen kann... das ist schon echt manchmal beängstigend.

[Meridian]

Ich weiß nicht, wo du wohnst, aber zumindest in größeren Städten gibt es Anlaufstellen (z.B. den sozialpsychiatrischen Dienst, der hier schon erwähnt wurde), wo man zur Überbrückung auch Gespräche
vereinbaren kann, bis man einen Therapieplatz hat.
Und ich kann dir einfach noch mal Mut machen, ich hatte auch so eine Riesenangst vor den Nebenwirkungen
des AD und dann sind sie weitgehend ausgeblieben.
Wenn es aber gar nicht geht alleine zu Hause, dann würde ich auch über eine Tagesklinik nachdenken und dann dort mit dem AD beginnen.
Alles Gute und lass dich nicht von der Angst unterkriegen!
Meridian

[Kimbo]

@Bittermandel: Tropfen wären für mich für den Anfang vielleicht auch nicht ganz so beängstigend, auch wenn sich das komisch anhört. Vielleicht frage ich beim nächsten Kontrolltermin einfach mal nach diesen Tropfen.

[Peter1]

Hallo Kim
Bei einer stationären Psychotherapie lernst du mit solchen Symptomen wie dem fehlenden Antrieb umzugehen, und gleichzeitig werden ADs unter Fachlicher Aufsicht ein geschlichen. Arbeitsplätze gibt es viele, dein Leben, und deine Gesundheit sind dagegen einzigartig !

Peter

[VanGogh]

@Kim

Ich würde mich auf 20mg einlassen weil du ja geschrieben hast das du sehr oft starke Ängste hast deswegen ist das glaube ich die richtige Dosierung.

Wenn dir ein Psychiater etwas verschreibt dann würde ich das erstmal nehmen und falls es nicht besser wird ein neues Medikament versuchen

Lg

[Sul]

Hallo Kimbo,
vielleicht kannst du zeitnah zu deiner Psychiaterin gehen, von deinen Ängsten berichten und dich durch Worte "beruhigen" lassen. Ich habe längere Zeit ein niedrigdosiertes SSRI (Fluexetin) genommen, ganz ohne Nebenwirkungen. Bei mir liegt jedoch keine Angstthematik vor.
Viele Grüße, Sul

[Kimbo]

@Sul: Meine Psychiaterin ist leider nicht wirklich dafür gemacht einem die Angst auszureden oder zu beruhigen. Sie sagt halt jedesmal nur, dass ich die Tabletten nehmen soll, wenn ich mich dazu bereit fühle. Klar, sie kann mich nicht zwingen, aber es ist wie eine Art Gleichgültigkeit irgendwie. Wer kann es ihr verdenken, es ist bestimmt auch anstrengend für sie mit mir zu reden und mich zu überreden...

[vierUhrdreißig]

Hallo Kim,

ich kann durchaus verstehen, dass du Angst vor den Tabletten hast und - da stehe ich jetzt entgegen der anderen Meinungen hier - ich finde es sogar eher vernünftig, dass du sie nicht nimmst, wenn du wirklich so große Panik davor hast, wie du es beschreibst. Wie du geschrieben hast, wurden dir die Medikamente direkt nach dem ersten Termin verschrieben.. Wie wäre es, wenn du dir noch eine Zweitmeinung dazu einholst? Dann kannst du dir sicherer sein und die Medikamente mit weniger Angst einnehmen.

Sonst: Es gibt in jeder Stadt (auch schon Kleinstadt) einen sogenannten Allgemeinen Sozialdienst (ASD). DA kannst du jederzeit mit deinen Sorgen hingehen und mit Sozialarbeitern sprechen. Außerdem kannst du bei der Kassenärztlichen Vereinigung anrufen, die geben dir Psychotherapeut*innen durch, welche gerade Termine frei haben. Probier dich da ruhig durch, die Chance ist hoch, dass es nicht gleich beim ersten klappt.

Was ich dir sonst noch sagen möchte: Du hast mit deiner Arbeit derzeit eine super Ressource, die es schafft, dass du nicht komplett in das Loch abruschst. Ja, es ist anstrengend. Aber ich glaube zumindest bis du eine Therapie hast wäre es fatal dich krankschreiben zu lassen, weil es mir so scheint, als hättest du dann keinen Grund aufzustehen. Wenn du jedoch findest, dass es dir zu viel wird glaube ich, dass du dich in stationäre Behandlung begeben solltest. Dort fällt der Stress des Alltags weg, ohne dass du den Halt eines Alltags komplett verlierst. Ich verstehe, dass du dir wegen einer Kündigung sorgen machst. Aber 1. kann man niemandem so schnell wegen Krankheit kündigen und 2. Gibt es Jobs wie Sand am Meer - deine Gesundheit gibts nur bei dir: Ohne Gesundheit ist alles nichts!

Viele Grüße,
halb 5

[Zarra]

Hallo Kimbo,

ob das Medikament wirklich notwendig ist, kann ich nicht beurteilen.

Es ist aber halt eine Möglichkeit, die - hoffentlich - Linderung verschaffen kann.

Deine Angst kann ich gut verstehen! Bevor ich das erste AD das erste Mal einnahm, hatte ich Angst, dann "kleine grüne Männchen" zu sehen. Das war vor Internet-Zeiten. Und ich habe damals bewußt die erste Dosis an einem Wochentag eingenommen, so daß ich an diesem oder dem Folgetag ggf. bei meinem Psychiater hätte anrufen können. (Es ist damals einfach "nichts" passiert. Dann ganz leichte, aber erträgliche Nebenwirkungen. - Und irgendwann merkte ich eine leichte Wirkung. Und die spürbaren Nebenwirkungen gingen weg.)

Gerade wenn Du Angst vor Übelkeit hast: Nimm beim ersten Mal nur die Hälfte der Dosis oder noch weniger, einfach um zu merken, wieviel Nebenwirkungen kommen. Wenn Du nichts oder wenig spürst, kannst Du steigern. (Meiner Erinnerung nach waren das Tabletten, die man auch mit dem Messer teilen kann; es muß ja nicht haargenau sein.)
Citalopram wird im allgemeinen eher gut vertragen und ist auch nicht dafür bekannt, daß es Probleme beim Absetzen gibt.

Ich kenne leichte Übelkeit beim Einschleichen von ADs (ob es bei Citalopram so war, weiß ich allerdings nicht mehr), - übergeben habe ich mich allerdings nie, war auch nie davor oder hatte das Gefühl.

Ich drück' Dir die Daumen für etwas Mut, denn sonst wirst Du nie wissen, wie genau Du auf dieses Medikament (unter den jetzigen gegebenen Bedingungen) reagierst.

LG und Mut!
Zarra

[Kimbo]

Zunächst einmal guten Morgen:
@vierUhrdreißig: Danke für Deine Nachricht! Ich habe mir tatsächlich noch einen Termin für eine Zweitmeinung zu den ADs geben lassen und bin mal gespannt was mir diesmal geraten wird. Was du zum Thema Arbeiten sagst, ist vollkommen richtig und auch wichtig. Sie hilft mir dabei, dass mein Leben mir nicht total entgleist und das ist solange es geht auch sehr wichtig für mich.

@Zarra: Danke für deine guten Wünsche und vor allem auch für deinen Erfahrungsbericht. Das macht mir tatsächlich etwas Mut. Ich werde wohl trotzdem erst die Zweitmeinung abwarten, auch wenn es bis zu dem Termin noch etwas hin ist. Sollte ich es so lange nicht schaffen, weiß ich ja jetzt, dass es einige Angebote für die Zwischenzeit gibt und man nicht ganz alleine dasteht.

[Schabenkraut82]

Also wegen Citalopram ... das Zeug wirkt eh kaum bzw. überhaupt nicht, vor allem nicht bei einer so milden Depression. Aber es gibt auch nen Placeboeffekt.
Das ist einfach nur Standard. Gehst du zum Arzt und sagst "Depression" und nimmst sonst noch nix, greifen die schon zum Stift/Tastatur und verordnen Dir das. Leider.
Je nach Typ und Ursprung deiner Depression ist eine medikamentöse Behandlung aber vielleicht gar nicht sinnvoll.
Von daher würde ich abwarten, mit nem vernünftigen Therapeuten sprechen. Das Citalopram legt keinen Schalter in dir um, und dann ist plötzlich alles wie vorher. Du merkst gar nichts.
Nebenwirkungen bei so geringen Dosen sind meist mild. Was die Ärzte gerne bei allen SSRI verschweigen, sind besonders für die Männer überaus wichtigen sexuellen Funktionsstörungen.

[Kimbo]

@Schabenkraut82: Dass Citalopram nur sehr wenig hilft und keine große Wirkung hat, habe ich schon öfter gehört/gelesen. Ob meine Depression mild ist ist zu bezweifeln. Mein Partner hat mich zu einer Therapie genötigt, weil er mit mir überfordert ist und hat mir mehrfach angedroht, mich ansonsten zu verlassen. Ich lehne Zärtlichkeiten jeglicher Art ab, ziehe mich immer mehr zurück, treffe keine Freunde mehr und reagiere bei jeder Kleinigkeit aggressiv. An Tagen in denen ich ins „tiefe schwarze Loch“ falle schaffe ich es manchmal nicht mal mich zum Duschen aufzuraffen oder etwas zu essen. Ich weiß aber durchaus, dass es auch schlimmer geht. Vor einigen Jahren war ich in stationärer Behandlung für mehrere Monate und das u.a. auch wegen selbstverletzendem Verhalten und da ging es mir deutlich schlechter.

Meine Frage bezog sich nicht darauf, ob ich die Tabletten in dem Sinne „nötig“ habe, sondern ob es auch möglich ist ohne Tabletten eine Besserung zu erfahren. Vielleicht habe ich meine Situation aber auch einfach unzureichend beschrieben.

Danke aber trotzdem für die Antwort!

[Schabenkraut82]

Hmmmm ... es ist natürlich möglich ohne Tabletten eine Besserung zu erfahren.
Es ist halt meist einfacher, eine Tablette zu schlucken, als morgens durchs kalte Wasser zu stapfen oder sonstige derartige Strategien.
Deshalb wollte ich Dir die Angst davor nehmen ... vor Citalopram braucht man keine Angst haben (und sich auch nicht zu viel erhoffen).
Aber dennoch: Depression ist nicht Depression. Es gibt die endogene, die neurotische und die reaktive, als grobe Unterteilung.
Eine medikamentöse Behandlung kann hilfreich bei allen sein, aber zeigt vor allem bei der ersten Variante Effekte.
Wenn Du jetzt schilderst, dass du eine Vorgeschichte mit SVV hast - halte ichs eher für wahrscheinlich, dass Dir Psychotherapie hilft - vielleicht auch stimmungsstabilisierende Medikamente. Und dass es psychische Ursachen hat.
Gruß aus meinem schwarzen Loch. Ich bin da mal reingefallen und nie wieder raus gekommen.

[Monchen12345]

Während meiner ersten Episode hab ich auch Citalipram bekommen. Ich weiß nicht mehr mit wieviel ich angefangen habe, aber ich sollte erst nen viertel einer Tablette nehmen, dann ne halbe und dann eine ganze.
Damals noch bei der Hausärztin. Es war ein tolles Gefühl als die Tabletten angefangen haben zu wirken. Das hat nen paar Tage gedauert und ich meine ich hatte anfangs auch ein bisschen mit Schwindel zu kämpfen.
Die Ärztin meinte damals: lesen sie sich die NW gar nicht erst durch, das Meiste trifft eh nicht ein.
Ich würde dir einfach Mut machen und sagen trau dich.
Ob und wie es bei dir wirkt, kann niemand vorhersagen. Ich kenne eine die kommt mit 10mg super zurecht, in der 2ten Episode haben mir 30mg nicht gereicht.
LG,
Monchen

[saneu1955]

Hallo Kim, meine Erfahrungen mit Citalopram sind sehr gut, sie sind gut verträglich. Ich nehme das Medikament schon sehr lange. Da es dir schlecht geht und ein Therapieplatz noch nicht in Sicht ist, könnte dir das Medikament helfen.

Saneu1955

[Kimbo]

@Monchen und Saneu1955: Danke für Euro Antworten, die mir tatsächlich etwas Mut machen. Am 04.02. habe ich zum Glück nochmal einen Termin mit meiner Psychiaterin und werde sie dann mal fragen, ob es evtl. möglich wäre, dass ich auch mit einer halben Tablette anfange. Sie meinte damals zu mir, dass das wenig Sinn macht, aber für das gute Gefühl wäre es vielleicht nicht verkehrt.

[Zarra]

... nur mal so am Rande:

Bis zum 4.2. mußt Du ja noch ein paar Tage durchstehen. Und der Termin dort mag Dich dann zwar stark ermutigen, doch eigentlich ändert er nichts von sofort auf jetzt.

Wahrscheinlich ist: Eine halbe Tablette: keine Wirkung, keine oder kaum Nebenwirkungen. Wenn letzteres im Befürchtungsfokus ist, kann man das tun. Dazu braucht es meiner Meinung nach auch keine ärztliche Absegnung, denn die grundsätzliche Absegnung für eine höhere Dosis ist ja längst erfolgt. Du darfst nur mit der geringen Dosis keine antidepressive Wirkung erwarten.