Seite 1 von 5

Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 15. Dez 2019, 13:12
von Löwin_2210
Hallo an alle,

ich bin neu hier im Forum, zumindest als aktives Mitglied. Eure Berichte lese ich schon seit geraumer Zeit, einige haben mir sehr geholfen, mit meiner aktuellen Lebenssituation umzugehen. Großen Respekt an alle Angehörigen von Depressiven! Meine Geschichte bzw. die meines Mannes belastet mich schon sehr, aber das, was einige von euch beschreiben, übersteigt dies nochmal erheblich.
Meine Geschichte: Mein Mann ist seit ca. 1 1/2 Jahren an Depressionen erkrankt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir über acht Jahre eine sehr innige, sehr liebevolle Beziehung; mein Mann war mir gegenüber immer ein sehr aufmerksamer, zugewandter und fürsorglicher Partner und uns war schon früh in unserer Beziehung klar, dass wir zueinander gehören. Im Februar 2018 wurde unser Sohn geboren. Als der Kleine vier Monate alt war, kam dann der große Knall: Mein Mann glaubte, sich in seine Arbeitskollegin verliebt zu haben und wusste nicht mehr, ob er die Beziehung mit mir noch möchte. Obwohl ich bereits zu diesem Zeitpunkt das Gefühl hatte, dass da eine "pathologische Erklärung" dahinterstecken muss, hat uns das bis kurz vor die Trennung gebracht, da ich wahnsinnig verletzt war und das Verhalten meines Mannes absolut nicht nachvollziehen konnte. Er hat sich dann doch für uns entschieden und eine Therapie begonnen, in der auch früh die Diagnose der Depression gestellt wurde. Diese Entscheidung hat er aber rein rational getroffen, ob er mich noch liebe, konnte er nicht sagen. Er sagte, sein Verstand wüsste, dass es eigentlich so sein muss, aber fühlen könne er nichts. Unter dieser Situation habe ich derartig gelitten, dass ich ihn Ende 2018 zum Auszug aus unserer gemeinsamen Wohnung gebeten habe, auch zum Wohle unseres Sohnes. Den Weitergang unserer Beziehung haben wir offen gelassen, wobei wir beide stark darauf gehofft haben, dass es irgendwie noch weitergehen kann für uns. Über die Monate haben wir uns dann wieder annähern können und im Herbst dieses Jahr kam es erstmals wieder zu wirklich innigen Momenten, mit Gefühlen der Liebe. Ich war sehr erleichtert und hatte das Gefühl, dass wir das Gröbste überstanden haben und ab jetzt den Weg gemeinsam weitergehen können. Ende Oktober dann erkrankte mein Mann an einer Hinrhautentzündung, war zehn Tage im Krankenhaus und noch knapp vier Wochen krankgeschrieben zu Hause, wovon er in der ersten Zeit tatsächlich auch fast nichts machen konnte, ohne Kopfschmerzen zu bekommen bzw. er wahnsinnig erschöpft war. Bereits vor der Hirnhautentzündung ging es ihm "an der depressiven Front" wieder etwas schlechter, jetzt steckt er mitten in einer heftigen depressiven Episode. Mit allem, was ich eigentlich schon kenne, aber von dem ich dachte, wir hätten das hinter uns gelassen: Alles taub, keine Gefühle, nur für unseren Sohn.
Ich bin oft an meiner Grenze und frage mich, wie lange meine Kraft für diese Krankheit noch reicht. Mir ist es über die vielen Monate mehr und mehr gelungen, mich um mich selbst zu kümmern, den Fokus auf mich und unseren Sohn zu legen. Momentan gelingt mir das nicht, ich empfinde diese Episode als sehr herben Rückschlag, der mich das Licht am Ende des Tunnels nicht mehr sehen lässt.
Und auch wenn ich eigentlich weiß, dass das nicht mein Mann ist, der da in dieser schwarzen Glaskuppel vor mir sitzt, frage ich mich doch oft: Kann das wirklich sein? Kann man das alles wirklich mit Depressionen erklären oder sind vielleicht einfach wirklich die Gefühle weg, wir sollten uns trennen und alles ist gut?
Ich lese sehr viel über Depressionen, aber etwas stört mich erheblich: Es wird immer von Gefühlen innerer Leere als Symptom berichtet, kein fachlicher Ratgeber schreibt dazu: "Vorsicht, das kann auch bedeuten, dass der oder die Erkrankte keine Gefühle mehr selbst für sehr nahe stehende Menschen hat". Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich als Laie verbinde diese "innere Leere" nicht automatisch mit totaler Abgrenzung von und Zurückweisung der Partnerin. Besonders entmutigend finde ich, wenn dann auch noch davon geschrieben wird, dass eine stabile Paarbeziehung positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf nehmen kann. Ich finde es sehr schwierig, dabei nicht das Gefühl zu bekommen, man mache etwas falsch oder das das Grundproblem in der Beziehung und eben nicht in der Depression liegt. Zudem ist es doch eben genau diese Zurückweisung -eine größere als zu sagen "ich weiß nicht, ob ich dich noch liebe" kann es ja gar nicht geben- was es uns als Angehörige so schwieirg macht, diesen Weg mitzugehen, zumindest geht es mir so. Die Antriebslosigkeit, die ständige Erschöpfung, der fehlende Blick in die Zukunft... das alles ist schon sehr schwer auszuhalten, weil dadurch immer auch das eigene Leben bzw. in unserem Fall das Familienleben auf der Strecke bleiben. Aber wenn dann derjenige einem auch noch völlig emotionslos gegenübertritt?
Ich habe eine Therapeutin und das ist auch sehr gut so, denn außer einer sehr guten Freundin gibt es keinen Menschen, dem ich das so offen sagen würde, was hier los ist. Fast schon schäme ich mich dafür, dass ich diese Demütigungen als ertrage. Gleichzeitig bin ich aber überzeugt, dass dieser liebevolle Mann da noch irgendwo unter der schwazren Wolke steckt und wir eines Tages wieder eine innige Beziehung führen können. Momentan fällt es mir aber sehr schwer an letzteres zu glauben...
Ich bin sehr an euren Erfahrungen interessiert, da ich, wie schon erwähnt, finde, dass die meisten Ratgeber für Angehörige die ganz speziellen Herausforderungen als Partner/in nicht gut beschreiben. Wie habt ihr das erlebt? Gab es irgendwann eine Besserung? Wie lange hat das gedauert und was hat dabei geholfen? Und vor allem: Wie um Himmels willen haltet ihr das aus?

Ganz liebe Grüße an alle!

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 15. Dez 2019, 13:24
von Nottinghill
Hallo Löwin,

meine Freundin und ich sind seit Ende März zusammen. Haben sehr schöne Monate erlebt. Dann bahnte sich die Depression an, von der ich natürlich nichts mitbekommen habe. Ich kannte sowas ja vorher nicht. Zu Deiner Frage mit der Besserung kann ich Dir leider keine Antwort geben, da sie noch mittendrin steckt. Wie sich die Besserung zeigt? Ich hoffe mal bald und für mich ersichtlich.

Wie ich das aushalte? Es gibt bessere Tage und schlechtere Tage. Mal werde ich wahnsinnig nichts von ihr zu lesen. Mal stört es mich relativ wenig. Ich liebe sie und habe für mich gesagt, dass ich auf jeden Fall die Phase abwarten möchte.

Ich sei ein großer Stressfaktor. Deshalb schreib ich ihr nur 1-2 mal die Woche. Für mich ist das blöd. Für sie hoffentlich das richtige. Ich versuche mehr an mich zu denken. Aber das ist glaube ich auch bei mir noch ein langer weg. Es zehrt schon sehr an meinen Kräften.

Liebe Grüße

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 15. Dez 2019, 14:50
von Löwin_2210
Hallo Nottinghill,

danke für deine Antwort.
Verstehe ich das richtig, dass ihr beide dann im Moment nur 1-2 mal pro Woche schriftlichen Kontakt habt und euch sonst gar nicht seht?
Das mit dem "Stressfaktor Partner" kann ich irgendwie verstehen. Mein Mann sagt auch immer, dass ihn das Zusammensein mit mir belaste, weil es ihn immer daran erinnere, dass er mich verletzt und es ihn kaputtmache, mich leiden zu sehen. Und zudem habe er immer das Gefühl, eine Erwartung zu erfüllen, die er nicht erfüllen kann. Also wie gesagt, eigentlich sehr nachvollziehbar, und doch fällt es mir sehr schwer, das so rational zu betrachten. Wenn einen der geliebte Mensch als "Stressfaktor" bezeichnet, ist das halt doch eine ziemliche Kränkung. Ich weiß, dass man das trennen muss/sollte, aber ich habe noch nicht den richtigen Weg gefunden, das zu tun.

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 15. Dez 2019, 15:01
von Nottinghill
Wir sehen uns momentan gar nicht. Ansonsten haben wir ein gemeinsames Ehrenamt, wo wir uns jede Woche einmal sehen. Das fiel diese Woche aber aus. Da ist sie augenscheinlich völlig gelöst und ganz normal. Im Auto hin und zurück merkt man aber eine gewisse Anspannung.

Sie hat das eigentlich bis jetzt noch nicht so geäussert oder ich habe es nicht wahrgenommen, dass sie keine Erwartung erfüllen kann oder zu sehr verletzt. Mit dem verletzen war nur einmal Thema in einer Nachricht. Aber davor und danach nicht.

Ja. kränkend ist es. Versuche aber, seitdem ich in etwa weiss wie die Krankheit verläuft, das nicht zu nah an mich ranzulassen. Mal gelingts, mal nicht.

Auf dem Weg bin ich grad herauszufinden, wie ich am besten damit umgehe. Aber es ist hart. Ihr gegenüber versuche ich nicht zu zeigen, dass es mich verletzt. Aber in einer Textnachricht ist das ja auch einfacher. Hab mir angewöhnt vor dem antworten immer erstmal durchzuatmen und zu überlegen was ich schreibe. Auf Gefühlssachen geht sie garnicht ein. Und wenn, dann pampig. Aber ich lasse es mir nicht nehmen ihr ab und zu ein "Ich hab Dich lieb" mit einfliessen zu lassen. Vielleicht kommt ja tief im inneren doch nur ein kleines bisschen davon an.

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 16. Dez 2019, 12:29
von Monokel
Liebe Löwin,
wenn ich deine Zeilen lese, kommt es mir vor, als hätte ich sie selbst geschrieben. Mich würde interessieren, wie alt dein Mann ist? Ich frage mich seit einem Jahr: Ist das die Erkrankung, die Midlifecrisis oder liebt er mich halt einfach nicht mehr. Allerdings war mein Mann nie so wahnsinnig zugewandt, zuvorkommend, aufmerksam und liebevoll. Er ist von Natur aus ein Eigenbrödler. In total emotionaler Kälte aufgewachsen. Die Mutter hatte wohl ein postpartale Depression und auch ansonsten sind die Eltern kriegstraumatisiert und Verdrängungsweltmeister. Um die emotionale Befindlichkeit ihres Sohnes haben sie sich wenig bemüht.

Ich muss mir auch Sätze anhören wie: Ich sehe keine Alternative zu einer Trennung, ich empfinde nichts für dich, nur weil du dich geändert hast und vorsichtiger bist, heißt das nicht, dass ich dir um den Hals falle.

Ich finde das schrecklich. Wenn ich unter anderen Paaren bin und sehe, wie sie sich ansehen, zärtlich sind, sich in den Arm nehmen und das mit meinem abwesenden, insichgekehrten, ins Leere starrenden Partner vergleiche könnte ich einfach nur schreien.

Dann, auf einmal, ist alles vorbei. Er findet alles ganz normal. Dass ich abstürze, merkt er gar nicht. Dann schläft er auch mit mir oder verteilt zumindest morgens einen Abschiedskuss.

Trotz allem, ich liebe diesen Mann. Ich glaube einfach daran, dass es irgendwann aufhört. Nur, wie lange soll ich das noch aushalten?

Es geht ja ständig nur um ihn und wie er drauf ist. Ich kann eigentlich überhaupt nicht sagen, was ich mir für uns wünsche. Denn dann fühlt er sich unter Druck gesetzt und alles wird nur noch schlimmer, weil dann völlig zumacht.

Wir machen seit September eine Paartherapie. Das ist hilfreich. Vielleicht würde euch das auch weiterhelfen?

Ansonsten-es klingt blöd: ich bin froh, dass ich nicht alleine bin und dass es anderen genauso geht. Das hilft.

Ich denke an dich,
Monokel

Ach übrigens: ich hab das schon gelesen: depressive Menschen empfinden manchmal auch nichts für die eigenden Partner, ja sogar gegenüber der eigenen Kinder. Und das ist bei meinem Mann auch so: Er sagt, selbst die Empfindungen für seine Tochter ( sie ist jetzt 10) sind "schwierig".

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 16. Dez 2019, 20:53
von Löwin_2210
Ja, dieses Gefühl, was einen im Beisein anderer Paare beschleicht kenne ich auch sehr gut! Klar weiß man auch da nie, was hinter verschlossenen Türen so abläuft, aber dennoch bilde ich mir ständig ein, von lauter glücklichen Familien umgeben zu sein, die Herausforderungen gemeinsam meistern, und nur ich stehe ständig alleine im Regen.
Auch ich frage mich ständig, wie lange ich das noch ertragen kann. Natürlich habe ich gelernt, mich um mich selbst zu kümmern, und das ist ein großer Vorteil an dieser ganzen Geschichte, denn vorher ist mir das wahrlich nicht gut gelungen. Aber manchmal möchte man doch einfach nur umsorgt werden, mit liebevollen Aufmerksamkeiten bedacht werden und mal selbst im Mittelpunkt stehen.
Und auch bei uns dreht sich viel um den Druck, den mein Mann empfindet. Ganz ehrlich, manchmal kann ich es wirklich nicht mehr hören! Ich habe auch Druck, wenn ich Nacht für Nacht mit einem Kleinkind alleine dastehe, weil für ihn alles zuviel ist. In solchen Momenten werde ich manchmal richtig wütend, oft weiß ich gar nicht, auf wen eigentlich. Man ist einfach so schrecklich hilflos...
Mein Mann ist übrigens Mitte 30, so wie ich auch. Unser Sohn wird bald zwei. Eine Paartherapie haben wir in der Hochphase seiner Depression begonnen, aber da war das wenig hilfreich. Man muss aber dazu sagen, dass wir mittlerweile beide in Psychotherapie sind, dazu noch Paartherapie ist dann nicht so empfehlenswert. Aber ja, sollte es dazu kommen, dass es meinem Mann irgendwann besser geht und eine Beziehung wieder möglich erscheint, wäre das sicher klug.
Ich finde es sehr beruhigend, dass es Menschen gibt, die ähnliches erleben. Ich fühle mich oft schrecklich allein und unverstanden mit dieser Situation, was ich aber auch keinem vorwefen würde, denn es ist ja auch wahrlich schwer zu verstehen. Ich selbst habe lange als Krankenschwester gearbeitet und dennoch hatte ich absolut keine Ahnung, was diese Erkrankung alles bedeutet...

Ganz liebe Grüße an alle!

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 17. Dez 2019, 18:27
von Empathie58
Liebe Löwin,

zunächst einmal herzlich willkommen im Forum! Schön, dass Du Dich hier angemeldet hast.

Aufgrund der Erfahrungen mit meiner damaligen Frau kann ich die Schilderung Deiner Situation und Deiner Gefühle gut nachempfinden. Es ist hart, die Veränderung des geliebten Partners akzeptieren zu müssen.

Schon ein "nur" emotionsloser Partner stellt eine Herausforderung dar. Ein Partner, der darüber hinaus auch noch aggressiv reagiert, Vorwürfe erhebt und Schuldzuweisungen vornimmt, überfordert jeden Laien. Schließlich ist der Partner kein Therapeut.

Ich war damals völlig fassungslos und hatte nicht damit gerechnet, dass uns so etwas passieren würde.

Die Depression ist eine Form der Flucht vor Schmerz oder Leid, den oder das der Betroffene nicht sehen kann oder will, weil alles zu schwer erscheint. Durch die Depression wird die Verantwortung (unbewusst) abgegeben.

Die Aufgabe Deines Mannes sollte es daher sein, mit fachlicher Unterstützung die wirkliche Ursache, also den verdrängten Schmerz, aufzuspüren und dann zu bearbeiten. Vielleicht kann ihm dabei ein speziell ausgebildeter Traumatherapeut am besten helfen.

Ich wünsche Dir die nötige Kraft für Deinen weiteren (Lebens-) Weg.

Liebe Grüße
Empathie58

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 17. Dez 2019, 18:49
von Türzu
Ich glaube wenn meine Frau aggressiv werden würde wäre dies für mich wahrscheinlich der Punkt an dem meine tolleranzschwelle überschritten wäre.

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 18. Dez 2019, 00:11
von DieNeue
Hallo ihr Lieben,

vorab kurz: Ich bin Betroffene, keine Angehörige, aber vielleicht kann ich euch ein bisschen weiterhelfen bei eurem Thema.
Löwin_2210 hat geschrieben:Ich lese sehr viel über Depressionen, aber etwas stört mich erheblich: Es wird immer von Gefühlen innerer Leere als Symptom berichtet, kein fachlicher Ratgeber schreibt dazu: "Vorsicht, das kann auch bedeuten, dass der oder die Erkrankte keine Gefühle mehr selbst für sehr nahe stehende Menschen hat". Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich als Laie verbinde diese "innere Leere" nicht automatisch mit totaler Abgrenzung von und Zurückweisung der Partnerin.
Das gleiche Problem habe ich als Betroffene auch. Wenn ich Bücher oder Artikel über Depressionen lese, ist es meistens so, dass die Symptome aufgezählt werden, dann vielleicht noch bisschen was dazu geschrieben wird und das war es.
Was das alles aber wirklich heißt und welche Probleme die Symptome sowohl für Betroffene als auch Angehörige mit sich bringen können, steht da nicht drin.
Als ich zum Forum kam, habe ich viel bei den Angehörigen mitgelesen und gemerkt, es sind immer und immer wieder die gleichen Fragen und Probleme, die auftauchen:
Mein Partner hat keine Gefühle mehr für mich...
Mein Partner ist gestresst durch meine Anwesenheit...
Mein Partner ist bei seinen Freunden besser drauf als bei mir...
Ich will jetzt endlich eine Entscheidung von meinem Partner, ob er die Beziehung noch will oder nicht...
usw. usf.
Manches könnte man echt vermeiden, wenn man besser darüber aufgeklärt werden würde und man das Verhalten des Betroffenen oder als Betroffener sein eigenes Verhalten besser einschätzen könnte.
Ich hoffe, dass euch die Berichte der Anderen hier weiterhelfen.
Löwin_2210 hat geschrieben:Diese Entscheidung hat er aber rein rational getroffen, ob er mich noch liebe, konnte er nicht sagen. Er sagte, sein Verstand wüsste, dass es eigentlich so sein muss, aber fühlen könne er nichts.
Ich hab mal in einem anderen Thread was zum Thema Gefühllosigkeit geschrieben. Das ist zwar schon länger her, aber ich verlinke es immer wieder mal, weil es scheinbar einigen Leuten schon geholfen hat:
https://www.diskussionsforum-depression ... ll#p536846" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;
Ich hoffe, es hilft euch auch. Vielleicht könnt ihr es auch eure Partner mal lesen lassen, manchmal hilft es ja schon, wenn man seine eigenen Gefühle und Gedanken besser einordnen kann.

Liebe Grüße und alles Gute euch!
DieNeue


P.S.
- Den Thread "Was mir hilft besser damit umzugehen - als Angehöriger" von Sybilix fanden einige auch sehr hilfreich: https://www.diskussionsforum-depression ... 75#p539475" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;

- Die darin erwähnte Metapher mit dem Weiher findet ihr hier:
https://www.diskussionsforum-depression ... er#p535526" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;
(In dem Thread ging es u.a., soweit ich mich erinnere, auch um Druck und Nähe/Distanz)

- Depression verstehen (Antworten von Betroffenen zu Fragen einer Angehörigen): https://www.diskussionsforum-depression ... 57&t=35827" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;

- Und das hier könnte vielleicht auch noch interessant sein: https://www.diskussionsforum-depression ... 66&t=35572" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 18. Dez 2019, 03:23
von FrequentFlyer
Hallo ihr Lieben!


Zu dem Themenkomplex der inneren Leere: Ich glaube das Dilemma das hier angesprochen wird ist gar keins. Es ist schlicht weg und einfach die unterschiedliche Perspektive auf die man auf diese innere Leere schaut. Diese innere Leere sieht ein Betroffener naturgemäß anders als ein Angehöriger. Als Angehöriger sehen wir wohl primär die innere Leere „gegen“ uns. Wir nehmen es als innere Leere wahr. Keine Ahnung ob man selbst eine innere Leere überhaupt wahrnehmen kann.

Bei meiner Freundin würde ich es eher über Erschöpfung beschreiben. Während eine Episode fällt ihr sowieso alles schwer und Emotionalität erst recht. Da vermeidet sie diese einfach. Sie selbst hat schon einmal davon gesprochen, dass sie aus dem Gleichgewicht gerät. Und ich glaube dies beschreibt es auch ganz gut.

Wenn ich so hier die Geschichten lese, so sehe ich vor allen Dingen eins: Das sich gar nicht so sehr die Erkrankung unterscheidet, als vielmehr die Strategien wie Betroffene und Angehörige damit umgehen. Die einen halten an der Beziehung fest, andere lassen sie ruhen, wieder andere suchen ihr Glück möglichst schnell eine neue Beziehung einzugehen.... und dies betrifft Betroffene und Angehörige gleichermaßen. Am Ende ist es dann sehr individuell. So individuell wie jeder innere Leere beschreiben würde.

LG

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 18. Dez 2019, 22:14
von Löwin_2210
Hallo an alle!

Danke DieNeue für deine Erklärungen aus Betroffenen-Sicht! Auch deine Beschreibung des "Gefühls der Gefühllosigkeit" in dem verlinkten Thread finde ich sehr hilfreich.
Ich glaube, bei uns Angehörigen ist das Gefühl der Hilflosigkeit das zentrale Problem, zumindest geht es mir so. Heute bspw. ging es mir wirklich gut, ich habe einige positive Dinge erlebt und diese ganze Depri-Geschichte war einfach nicht so präsent für mich. Und dann, rumsdibums, kommt eine Zurückweisung meines Mannes in Form dessen, dass er mal wieder und eigentlich erwartungsgemäß allein sein will, und ich fühle mich wieder schlecht. Mir gelingt es einfach nicht, mich ausreichend zu distanzieren bzw. bringe ich mich letztlich immer wieder in eine Situation, in der die Zurückweisung eigentlich vorprogrammiert ist. Ziemlich selbst-destruktiv... Ich glaube, dahinter steckt mein Wunsch, irgendwie sowas wie Normalität in dieser Beziehung zu erfahren, und dann am Ende muss ich doch immer wieder eingestehen, dass das einfach keine Beziehung ist, was wir da im Moment haben. Und so hänge ich in der Luft, werde wütend und dann merke ich irgendwann, dass ich einfach hilflos und traurig bin... Klar merke ich auch, dass ich noch viel zu sehr von den Stimmungen meines Mannes abhängig bin, aber wie gesagt, ich finde den richtigen Dreh nicht. Irgendwie habe ich wohl auch einfach Angst, dass wenn ich völlig auf Distanz gehe, dieses letzte Fünkchen an Verbindung zwischen uns auch noch erlischt... und was dann?

Ich wünsche euch allen einen schönen Abend!

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 19. Dez 2019, 07:33
von Monokel
...genauso empfinde ich es auch. Im Oktober war mein Mann eine Woche alleine verreist. Das war wunderbar. Als er wieder da war, war er total nett und sogar zärtlich. So ganz alleine findet er auf Dauer auch nicht gut.
Der Mechanismus ist bei uns so: mein Mann profitiert von meiner Lebendigkeit, meiner positiven Art, meiner Initiative, Kraft. Gleichzeitig ärgert er sich darüber, dass er sich selbst nicht aufrappeln kann und dann kommt die Zurückweisung.
Das ist evht zum Verrückt werden. Wenn ich mich beherrsche und mich vokk zurücknehme, damit Platz für ihn entsteht, selbst iniziativ zu werden, verbieg ich mich und er wird grantig, weil wir nicht machen( wetter, stau, zu viele menschen...)
Ich dachte, vielleicht versuch ich mal, einen anderen Mann kennenzulernen. Aber mein Mann ist nicht eifersüchtig. Ich fürchte, er wäre irgendwie erleichtert, wenn ihm jemand den Druck nehmen würde, meine Erwartungen zu erfüllen.
Ich hab echt keine Ahnung, was ich anstellen muss, damit er sich mir zuwendet.
Er findet ja diese Art von nebeneinander her Leben ganz ok. Ich aber nicht. Ich kann aber nix machen. Es ist auch eine Machtfrage. Er steuert das durch sein distanziertes Verhalten.
Ich wollt eigentlich mal was Postives, Konstruktives schreiben. Vielleicht fällt mir ja noch was ein.
einen schönen Tag euch allen.

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 19. Dez 2019, 07:33
von Monokel
...genauso empfinde ich es auch. Im Oktober war mein Mann eine Woche alleine verreist. Das war wunderbar. Als er wieder da war, war er total nett und sogar zärtlich. So ganz alleine findet er auf Dauer auch nicht gut.
Der Mechanismus ist bei uns so: mein Mann profitiert von meiner Lebendigkeit, meiner positiven Art, meiner Initiative, Kraft. Gleichzeitig ärgert er sich darüber, dass er sich selbst nicht aufrappeln kann und dann kommt die Zurückweisung.
Das ist evht zum Verrückt werden. Wenn ich mich beherrsche und mich vokk zurücknehme, damit Platz für ihn entsteht, selbst iniziativ zu werden, verbieg ich mich und er wird grantig, weil wir nicht machen( wetter, stau, zu viele menschen...)
Ich dachte, vielleicht versuch ich mal, einen anderen Mann kennenzulernen. Aber mein Mann ist nicht eifersüchtig. Ich fürchte, er wäre irgendwie erleichtert, wenn ihm jemand den Druck nehmen würde, meine Erwartungen zu erfüllen.
Ich hab echt keine Ahnung, was ich anstellen muss, damit er sich mir zuwendet.
Er findet ja diese Art von nebeneinander her Leben ganz ok. Ich aber nicht. Ich kann aber nix machen. Es ist auch eine Machtfrage. Er steuert das durch sein distanziertes Verhalten.
Ich wollt eigentlich mal was Postives, Konstruktives schreiben. Vielleicht fällt mir ja noch was ein.
einen schönen Tag euch allen.

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 19. Dez 2019, 15:52
von soulivre
Hi Löwin,
ich kenne "Gefühls der Gefühllosigkeit" aus eigener Erfahrung..die Hölle wenn selbst die Liebsten keine Gefühle mehr auslösen...
das geht aber vorbei..
Während der Depri-Phase "Gefühls der Gefühllosigkeit" hätte ich nie Gefühle/verliebtsein für eine andere Frau entwickeln können..Wie denn ohne Gefühle ?

Ich habe Deine Geschichte gelesen..4 Monate nach Geburt...1 1/2 Jahre Depri..Gefühle immer noch nicht klar..hoppla..
Mich als Angehöriger würde es wie Dich auch in Depri kicken..zumal ein gemeinsames Baby/Kind im Spiel ist..
Im "Spiel" der Erwachsenen/Eltern ist das Kind die Hauptsache..

Meine Meinung..ob Depri oder nicht...ER will/kann sich nicht entscheiden..für oder gegen "Dich & Kind"
Warum ? DU wirst es wissen..

Zumindest die Verantwortung für das gemeinsamen Kind scheint es bei Ihm zu geben.
War es ein geplantes..ein Wunschkind für euch Beide ?

Ungeschriebenes ?

Viel Glück für Euch DREI

Grüßle

Soul

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 20. Dez 2019, 21:49
von Löwin_2210
Hallo an alle,
Soulivre, ich finde deinen Beitrag etwas schwierig einzuordnen, für mich steht da viel zwischen den Zeilen, was nach einer Wertung klingt. Und, na klar, du sprichst natürlich genau den wunden Punkt an: Kann das alles nur an Depressionen liegen?
Vielleicht muss ich dazu sagen, dass meinem Mann seine Gefühle nicht "immer noch nicht" klar sind, sondern immer mal wieder abhanden kommen. Macht es das besser? Ich weiß es nicht. Ich will meinen Mann hier auch gar nicht verteidigen, sich vier Monate nach der Geburt so zu verhalten, ist völlig inakzeptabel, gar keine Frage. Die Depression macht das vielleicht erklärbar, aber nicht entschuldbar, zumindest für mich. Das sagt er übrigens selbst auch. Auf der anderen Seite machen wir Menschen nunmal Fehler, auch manchmal sehr schlimme. Und mein Mann ist halt nicht nur dieser mitunter schwarze Haufen, der riesigen Bockmist gebaut hat, sondern war eben auch über viele Jahre ein wirklich liebevoller Partner für mich. Und das ist der Grund, warum ich mich immer noch nicht von seiner Seite verabschieden möchte, auch wenn ich jetzt in dieser depressiven Episode gar nicht mehr wirklich an dieser Seite stehe.
Für Angehörige, zumindest für mich, ist es immer schwer einzuordnen, was jetzt an der Depression liegt, und was sich mit einer Wesensänderung begründen lässt. In meinem Fall bin ich, zumindest von meinem Verstand her, davon überzeugt, dass hier die Depression am Werke ist, da eine solche Wesensänderung um 180° meiner Einschätzung nach nicht in solch kurzer Zeit stattfinden kann. Und daher sind Trennungen oder diesbezügliche Entscheidungen umso schwieriger, denke ich. Würde mein Mann sich "einfach so" so verhalten, wäre ich bestimmt schon längst weg. Aber so habe ich halt immer dieses verzweifelte Gefühl, dass ich nicht möchte, dass diese einst so wundervolle Beziehung auch noch dieser Depression zum Opfer fällt. Und dass eines Tages dieser Mann auch wieder auftaucht.
Und ja, seiner Verantwortung als Vater ist er sich sehr bewusst und bemüht sich auch sehr. Er kommt uns eigentlich jeden Tag nach der Arbeit besuchen und verbringt am Wochenende ganze Tage mit uns bzw. unserem Sohn. Ich will das nicht als so besonders herausstellen, wobei dieses Engagement für einen depressiv Erkrankten wahrscheinlich tatsächlich herausragend ist, aber ich fühle mich natürlich trotzdem sehr oft alleingelassen und bin auch wütend. So hatte ich mir das nicht vorgestellt, ich bin in den depressiven Phasen, so wie jetzt, im Wesentlichen alleinerziehend. Bis vor einigen Wochen war das schon wieder deutlich anders; mein Mann hat mehrere Nächte in der Woche wieder in unserer (noch) gemeinsamen Wohnung verbracht, teilweise die halbe Woche oder verlängerte Wochenenden. Das war natürlich alles noch längst nicht so wie es sich früher zwischen uns angefühlt hat, aber ich war sehr zuversichtlich, dass wir uns auf einem guten Weg befinden. Aber dann kam diese neue Episode Mitte November, mit völligem Rückzug. Und für mich hat sich das so angefühlt, als ob das Licht am Ende des Tunnels nciht nur wieder weiter weg war, sondern plötzlich ganz aus. Dieses Auf und Ab, das macht einen richtig fertig, zumindest geht das mir so.

LIebe Grüße und einen schönen Abend für euch alle!

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 21. Dez 2019, 07:21
von soulivre
Guten Morgen Löwin,
mir steht keine Wertung zu..

Das Thema "Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?" ist für Angehörige wie auch für den Betroffenen täglich erlebtes; und natürlich beiderseits sehr belastend.

Zur Heilung der Depri(incl. gefühllos) ist es gut den/die Auslöser zu kennen.
Ich habe damals stat. verzweifelt danach gesucht.
Deshalb meine Fragen.

Übrigens von Therapeuten gesagt : Die Gefühle sind vorhanden, nur gedeckelt/dumpf. Selbst eine Panikattacke ist ja ein Gefühl in der vermeintlichen Gefühllosigkeit.

Du schreibst von Episode mit völligem Rückzug; ja..das ist Depri pur..mit oder ohne Gefühllosigkeit..

Ich wünsche Dir das die Abgrenzung von der Krankheit gelingt

....das ihr als Familie diesen Kampf gewinnt....

herzliche Grüße

Soul

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 21. Dez 2019, 13:35
von Löwin_2210
Hallo Soulivre,
danke für deine Worte und deine lieben Wünsche!

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 23. Dez 2019, 02:15
von Paprika
Hallo Türzu,wie geht es Dir?Ich habe lange nichts von Dir gehört

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 23. Dez 2019, 11:53
von Löwin_2210
Hallo an alle,

FrequentFlyer schreibt in anderen Threads oft, wie sehr ihn das Schreiben im Forum entlastet hat, daher möchte ich dieses Forum auch weiter nutzen, um von unserer Situation zu erzählen und damit vielleicht den Knoten in Bauch und Herz etwas aufzulösen...
Bei uns ist es aktuell so, dass mein Mann seit einigen Tagen begonnen hat, Antidepressiva zu nehmen (Escitalopram). Er erlebt die Situation bzw. seine erneute depressive Episode seit Mitte November selbst als so belastend, dass er nun bereit war diesen Schritt zu gehen. Vorher waren die Bedenken bzgl. Antidepressiva größer. Und er möchte auch eine Reha machen. Also grundsätzlich tut sich etwas, was mich ja eigentlich positiv stimmen sollte.
Nur leider tut es das nicht, vermutlich weil das ja alles erstmal keine Veränderungen für mich, unsere Beziehung und unseren Alltag bringt. Und ich weiß ja auch gar nicht, ob diese Veränderung, die ich mir wünsche, überhaupt auftritt. Aktuell hat er stark mit ersten Nebenwirkungen zu kämpfen und ist weiter sehr rar. Er verbringt zwar täglich Zeit mit unserem Sohn, aber vorrangig bin ich doch irgendwie alleinerziehend... auch diese Erkenntnis hat mich in den vergangenen Tagen sehr getroffen, obwohl das ja schon sehr lange auf der Hand liegt.
Momentan befinde ich mich wirklich in einem gefühlsmäßigen Auf und Ab. Manchmal kann ich ganz positiv in die Zukunft blicken und denke "Hey, die Möglichkeit, dass er wieder gesund wird und wir als Familie und Paar zusammenleben können, die gibt es ja schon noch!". Und dann wieder kommt mir das so unrealistisch vor, dass die Trennungsgedanken mit geballter Wucht hochkommen. Mir reicht da schon aus, dass selbst für unsere engsten Freunde das gemeinsame Zusammensein mit uns immer ein wenig befangen ist. Na klar, bei so einer speziellen Situation hat ja jeder Angst, jeden Moment in einen Fettnapf zu treten, das kann man ja keinem vorwerfen. Und dann ist da ja auch noch der nicht zu verleugnende Aspekt, dass mein Mann sich im vergangenen Jahr mit seinem Fast-Seitensprung ziemlich daneben benommen hat. Da frage ich mich schon, ob meine Familie und Freunde ihn jemals wieder so akzeptieren können, wie vorher, und was das für mich bedeutet... Habt ihr da Erfahrungen mit?
Ach, ich fühle mich einfach so hilflos dieser Situation ausgeliefert. Dabei weiß ich, dass nur ich meine eigene Situation verbessern und gestalten kann, das ist ja mit oder ohne depressiven Partner so, und doch drehe ich mich mit meinen Gedanken im immer gleichen Kreis. In Situationen wie jetzt, in denen ich den ganzen Vormittag noch nichts von meinem Nebenwirkungs-geschädigten Mann gehört habe, empfinde ich die Situation als so belastend, dass ich das Gefühl habe, das nicht mehr aushalten zu können, bis eine Veränderung eintritt (wenn sie denn eintritt). Und dann wieder sitze ich meinem Mann gegenüber und möchte ihm einfach nur nahe sein und vermisse ihn so sehr... sehe, wie er mit unserem Sohn spielt und denke mir, wie schön es eigentlich sein könnte, wenn nicht diese Depression wäre. Das klingt jetzt wahrscheinlich selbst sehr depressiv, oder? Muss wohl dringend daran arbeiten, meine eigenen Gedanken in positive oder zumindest neutrale Richtungen zu lenken!

Ganz liebe Grüße an alle!

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 23. Dez 2019, 21:43
von Herr Rossi
Hallo Löwin. (ist übrigens ein toller Alias-Name)

Wenn er gerade mit den AD angefangen hat, gib der Sache Zeit, so schwer das auch sein mag.
Meine Frau meint, es dauerte bis zu 4 Wochen, ehe es bei ihr besser wurde.
Nach 12 - 15 Jahren Depression, ist diese für mich zur Normalität geworden.
Es gibt bessere und schlechtere Tage, oder auch mal ganz schlechte, oder noch mieser. Aber ich habe mich (glaube ich) damit abgefunden.
Erst vor kurzem habe ich einen Zettel genommen und alle richtig schöne Dinge aufgeschrieben, die wir zusammen erlebt haben. Die Abstände sind definitiv länger geworden und ich freue mich mittlerweile schon über Kleinigkeiten, die mir vorher egal gewesen wären. So ist z.B. ein richtig "normaler" Tag für mich zur Zeit ein Highlight.
Gerade jetzt ist es besonders schlimm. Einer unserer Hunde ist im März an den Folgen einer Demenz verstorben. Vor 3 Monaten hat der nächste mit der selben Krankheit (die ich meinem ärgsten Feind nicht wünsche) angefangen. Ein weiterer hat Epilepsie und ein dritter hat vermutlich eine Autoimmunkrankheit.
Und bei jeder Kleinigkeit (in meinen Augen) torkelt meine Frau von einem schwarzen Loch zum nächsten.
Trotz alledem werde ich unsere Beziehung nicht aufgeben.
Keine Ahnung ob es wegen der tollen Zeit ist, die wir hatten oder einem gewissen Maß an Masochismus. :-)
Was mich auch nervt ist die Tatsache, dass ich durch diese Krankheit selber schon in eine massive Codepression gerutscht bin und dass ich bei weitem Dünnhäutiger bin als früher.
Als Partner haben wir, meiner Erfahrung nach, voll die Arschkarte gezogen. Z.B. bei Freunden ist alles toll, wenn wir Zuhause die Türe aufmachen ist wieder alles Mist. Ratschläge zu geben geht immer in die Hose. Einerseits mit der "Gefühlslosigkeit" leben zu müssen, andrerseits zu wissen, dass sie nur durch die Krankheit hervorgerufen wird.
Aber noch einmal, ich liebe meine Frau über alles, auch wenn ich ihre Krankheit bis in mein Innerstes hasse. Aber diese Krankheit ist nicht sie. Sie benutzt meine Frau vielleicht. Mir kommt gerade der Film "Der Exorzist" in den Sinn und vielleicht ist der Vergleich gar nicht sooo doof, wie er im ersten Moment scheint. Ich weiß, dass meine Frau noch dort drin ist und eigentlich nur raus will, diese Depression es aber zu einem guten Teil verhindert.
Außerdem weiß ich mittlerweile aus Erfahrung, dass es nach einem Tal wieder ein Bergauf geben wird.

Ich drücke euch die Daumen.

Herr Rossi

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 24. Dez 2019, 11:18
von Caro77
Hallo Löwin,

weiß nicht, wie ich das aushalte. Ich lebe von der schönen Vergangenheit, die wir hatten und gehe weiter, weil ich hoffe, dass sich alles auszahlt. Es tut weh, es macht einsam und es ist zutiefst unbefriedigend.
Man ist auch ständig vigilant (wachsam), um die nächste Welle oder Laune des Partners zu erfühlen, sie auszugleichen und oft die Scherben wegzukehren.
Nachdem ich alle Deine Antworten gelesen habe, finde ich, wir sind schon ein verdammt trauriger Club. Statt unsere ganzen Gedanken niederzuschreiben, sollten wir uns vielleicht alle treffen und eine große Party feiern. Aber das können wir auch nicht, wer weiß, was die Lieben in der Zeit wieder anstellen.

Liebe Grüße

Mary

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 24. Dez 2019, 11:20
von Nottinghill
Dafür wohnen wir leider wahrscheinlich zu weit auseinander. :(

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 24. Dez 2019, 11:20
von Türzu
Hallo, mir geht es etwas besser da meine Frau mir ein paar kleine Zeichen gibt das sie langsam anfangen kann und aus ihrem Loch krabbeln kann.

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 24. Dez 2019, 17:38
von Caro77
Hallo Türzu,

das tückische an der Krankheit ist, dass es immer einen Schritt vor geht und dann drei zurück.
Mir kommt das mittlerweil vor, wie American Horror Story Asylum. Und ja, bei uns geht es gerade rückwärts. Warum sonst würde man Heiligabend hier posten!

Drück uns allen die Daumen!

Mary

Re: Gefühlsverlust für Partner/in ein Tabuthema?

Verfasst: 24. Dez 2019, 21:34
von Löwin_2210
Hallo an alle!

Auch ich treibe mich an Heiligabend hier rum und auch bei mir hat es Gründe... Ich möchte niemanden an Heiligabend anrufen und ihn mit meiner Situation behelligen und ihr könnt euch ja aussuchen, ob ihr online geht oder nicht. Aber ich warne vor, jemand der nach etwas positivem sucht, wird beim folgenden nicht fündig werden!!!
Mein Mann und ich haben uns soeben getrennt. Ja, an Heiligabend. Da kann man sich natürlich fragen, ob das sein muss, aber vermutlich waren Druck und Anspannung auf beiden Seiten so groß, dass es jetzt so sein musste.
Tatsächlich spüre ich bereits jetzt, neben dieser unendlichen Trauer und diesen tausend anderen Gefühlen, die mich überschwemmen, auch eine gewisse Erleichterung. Diese Situation hat mich ins Extremste belastet, das habe ich mehr und mehr gespürt, und ich habe auch gespürt, wenn auch bis vorhin begraben, dass ich nicht mehr die Kraft für den kommenden Weg haben werde. Ich habe mich unendlich lang hier im Forum rumgetrieben, um andere Geschichten zu hören, in denen es die Paare schaffen, zusammen zu bleiben, und doch auch gemerkt, dass diese Leben voller Zurückweisung und ständig enttäuschter Hoffnung nicht das ist, was ich mir für mich vorstelle. Ich hätte heute abend dieses Thema vielleicht nicht anschneiden sollen, ich war diejenige, die die Frage in den Raum gestellt hat, ob er denn überhaupt noch ein Interesse an der Fortführung dieser Beziehung hat.Und er sagte eben nicht, dass er auf jeden Fall dafür kämpfen will, sondern dass er das Gefühl hat, dass wir uns beide daran kaputt machen, und dass er sich eben weiterhin seiner Gefühle nicht sicher ist. Ich wusste eigentlich, dass er nicht sagen wird, was ich hören will... Ich bin sehenden Auges in die Katastrophe gelaufen und vielleicht wollte ich das eben auch ganz genau so. Weil seine Aussagen eine Bestätigung meiner Ängste waren, eine Bestätigung des laaaangen Weges, der noch vor uns liegen würde, und dass ich auf diesem Weg kaputt gehen würde.
Das soll KEINE Aufforderungen an irgendwen hier sein, sich zu trennen! Jeder muss das für sich entscheiden und ich bin mir sehr sicher, nein jetzt schon, gibt es einen Teil in mir, der das Gefühl hat, aufgegeben zu haben, einen so langen Kampf einfach verloren zu haben. Und der Gedanke an unseren Sohn, der nun so Wahnsinn früh zum Trennungskind wird, frisst mich auf. Die Vorstellung, künftig häufiger getrennt von ihm zu sein, schnürt mir die Kehle zu. Eine Trennung mit Kind ist einfach furchtbar... Gleichzeitig bin ich irgendwie halt auch erleichtert, dass die Lage jetzt geklärt ist. Dass ich meine nähere Zukunft jetzt zwar alleine planen muss, aber immerhin dieses ohne ein wenn tun kann. Schritt für Schritt, auch wenn jeder einzelne unendlich schmerzt...
Wir hatten eine so große Liebe füreinander, so eine enge Verbindung, und ich bin jetzt, trotz des schwierigen Weges, den wir nun schon miteinander gegangen sind, einfach fassungslos, dass es so gekommen ist. Ein Teil von mir sagt deshalb auch, vielleicht ist doch nicht alles vorbei, vielleicht war das jetzt der überfällige Schritt, um wieder zueinander finden zu können. Aber auf der anderen Seite will ich mir keine Hoffnung machen, dafür geht es schon zu lange hin und her, und das geht auch für unseren Sohn nicht. Der muss ja auch wissen, woran er ist, kein Hin und Her...
Ich habe, obwohl ich irgendwie überwiegend das Gefühl habe, mein Mann habe sich von mir getrennt, da er ja keine klare Entscheidung für uns treffen konnte, dennoch nun auch ein schlechter Gewissen, dass es jetzt in seiner depressiven Episode und in der Phase seiner Medikamenteneinstellung dazu gekommen ist. Ich habe Angst, was das jetzt mit ihm macht...
Aber eines weiß ich auch: Neben all den Gefühlen der Niederlage und des Versagens, der Trauer und Enttäuschung über diese verloren gegangene Liebe und auch vor dem Wissen, welcher Schmerz noch alles auf mich zukommen wird, diese Trennung zieht mir nicht so dem Boden unter den Füßen weg, wie es das letztes Jahr getan hat, als mein Mann in diese Krise gestürzt ist und plötzlich alles unklar war. Irgendwie wird es schon werden, auch wenn ich das jetzt noch nicht sehen kann...