Medikation verweigert - Heilung möglich

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Dieder
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Medikation verweigert - Heilung möglich

Beitrag von Dieder »

Hallo, meine Freundin verweigert jegliche Form von Medikamenten. Ist eine Genesung trotzdem möglich ? Auch wenn sie nur Therapiestunden besucht.
mime
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Re: Medikation verweigert - Heilung möglich

Beitrag von mime »

Hallo Dieder,

ich denke, das kann man so pauschal nicht sagen.

Es hängt sowohl vom Schweregrad der Depression ab (leichtgradig, mittelgradig, schwer) als auch von dem, was der Depression zugrunde liegt. Wenn es um rein um ein Botenstoffungleichgewicht im Gehirn geht (z. B. Serotoninmangel), bei dem ein Antidepressivum gut greifen könnte, wäre eine Einnahme besser. Liegen andere Gründe vor (genetische Disposition) stoßen meist auch Anitdepressiva an ihre Grenzen (so zumindest meine Erfahrung).

Es ist schon einmal gut, dass deine Freundin sich in Therapie befindet.

In allgemeinen sagt man der Kombination von Psychotherapie und Antidepressivum-Einnahme eine bessere (höhere) Wirksamkeit nach als nur einen Komponente (also nur Psychotherapie oder nur Medikamenten-Einnahme).

Andererseits: man kann deine Freundin schwerlich dazu zwingen, Medikamente zu nehmen. Manchmal fehlt es an Aufklärung, was Medikamente bewirken können oder es bestehen generell Vorurteile (z. B. der Wesensveränderung durch Medikamente usw. usw.).

Wie schätzt denn die Therapeutin das Erfordernis einer zusätzlichen medikamentösen Behandlung ein?

Ob eine Depression "heilbar" ist oder nicht hängt von vielen Faktoren ab. Es kann eine einmalige depressive Episode sein oder auch nicht.

Auch wenn es da kein klares "ja" oder "nein" gibt auf deine Frage - die Psyche ist wie der Mensch selbst ein recht komplexes System...

Viele Grüße
Mime
Wir müssen lernen,
die Menschen weniger auf das, was sie tun und unterlassen,
als auf das, was sie erleiden, anzusehen.

(Dietrich Bonhoeffer)
Dieder
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Re: Medikation verweigert - Heilung möglich

Beitrag von Dieder »

Danke für die Antwort. Meine Freundin befindet sich zurzeit in stationärer Behandlung. Lehnt aber aus Angst alle Medikamente ab. Rate ich ihr dazu, ist sie sauer auf mich. Ich möchte doch nur das beste.
mime
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Re: Medikation verweigert - Heilung möglich

Beitrag von mime »

Hallo Dieder,

Ok, wenn deine Freundin in stationärer Behandlung ist, wird ihr sehr wahrscheinlich eine medikamentöse Behandlung nahegelegt (was auch Sinn macht, denn man kommt ja nicht ohne Grund in die Klinik)… Wie gesagt, man wird sie nicht ohne weiteres dazu zwingen können.

Ok, verstehe, vielleicht fühlt sich deine Freundin momentan von allen Seiten wegen der Medikamente unter Druck gesetzt - und sie ist deshalb sauer auf dich, wenn es um dieses Thema geht. Es ist klar, dass du nur das beste für sie willst und vielleicht spürt das deine Freundin auch wieder, wenn es ihr ein bisschen besser geht.

Was sagen denn die Ärzte? Wie lange ist sie schon stationär? Vielleicht geben sich ihre Vorbehalte die Medikamente betreffend noch? Wie gesagt, viele verweigern erst einmal wegen mangelnder Aufklärung der Wirkungsweise von Antidepressiva deren Einnahme.

Es ist halt so, dass man in manchen Fällen erst durch Medikamente richtig therapiefähig wird, im Sinn von, dass therapeutische Gespräche usw. erst wirken können, wenn eine gewisse Grundstabilität vorhanden ist (die manchmal nur durch Medikamenteneinnahme erreicht werden kann)

VG Mime
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(Dietrich Bonhoeffer)
Dieder
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Re: Medikation verweigert - Heilung möglich

Beitrag von Dieder »

Seit 2 Wochen befindet sie sich dort.
mime
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Re: Medikation verweigert - Heilung möglich

Beitrag von mime »

OK, naja, vielleicht braucht sie noch etwas Zeit. Es wäre halt schön, wenn die Zeit, die sie dort verbringen muss, Nutzen für sie hätte (das kann mit und ohne Medikamente der Fall sein). Allerdings ist man oft auch stationär, um medikamentös richtig (da unter Aufsicht) gut eingestellt zu werden. Gibt es sonst noch irgendwelche Therapien dort? Wie lange ist ihr Aufenthalt angedacht? Ist es eine Akutklinik / Psychiatrie oder anderweitig eine (psychosomatische) Klinik?
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(Dietrich Bonhoeffer)
Dieder
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Re: Medikation verweigert - Heilung möglich

Beitrag von Dieder »

Sie ist da zur Krisenintervention in der Psychiatrie. Wie lange die bahneignes angedacht ist, steht nicht fest.
Dieder
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Re: Medikation verweigert - Heilung möglich

Beitrag von Dieder »

Unter anderem Ergotherapie und Gruppengespräche. Allerdings nur 30 min in der Woche Einzelgespräche. Von diesen wünscht sie sich mehr !
mime
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Registriert: 6. Sep 2013, 13:28

Re: Medikation verweigert - Heilung möglich

Beitrag von mime »

Ok, verstehe. Da wird es dann wahrscheinlich vorrangig um die medikamentöse Einstellung gehen.

Immerhin ist es gut, dass sie zur Beobachtung in der Klinik ist. Es wäre halt gut, wenn sie etwas Stabilisierendes dort erfahren könnte - ich selbst bin nicht psychiatrieerfahren, aber ich weiß, dass es von Psychiatrie zu Psychiatrie Unterschiede gibt.

Gut, eben kam deine andere Antwort: danke für die Info (Ergotherapie, Gruppengespräche - das ist ja schon mal etwas). Das mit den Einzelgesprächen ist leider meistens so, dass sie so knapp angeboten werden in Kliniken, leider - die könnte sie ja dann ambulant weiter machen, wenn sie eine/n Therapeuten/in findet.

Vielleicht bewirkt der Aufenthalt ja noch, dass sie Medikamenten gegenüber ein bisschen aufgeschlossener wird (z. B. in den Gruppentherapien, wenn andere Mitpatienten ggf. über positive Erfahrungen sprechen).

Hat sich deine Freundin schon ein bisschen in der Klinik zurecht gefunden, akzeptiert sie den Aufenthalt dort und profitiert vielleicht ein bisschen davon?
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John4155
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Registriert: 23. Mai 2011, 18:41

Re: Medikation verweigert - Heilung möglich

Beitrag von John4155 »

Hallo,

anbei ein Link mit Infos und Tips für Angehörige und Freunde:

https://www.deutsche-depressionshilfe.d ... ngehoerige
Viele Grüße

John
Dieder
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Re: Medikation verweigert - Heilung möglich

Beitrag von Dieder »

Sie hat akzeptiert, dass sie da sein muss. Nur schwindet ihre Hoffnung immer mehr. Sie sieht noch kein Licht am Ende des Tunnels. Den Großteil des Tages verbringt sie mit gammeln, warten darauf das der Tag zu Ende geht. Die Angebote die sie bekommt belaufen sich maximal auf 2h am Tag.
mime
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Re: Medikation verweigert - Heilung möglich

Beitrag von mime »

Hallo Dieder,

ok, es ist schon mal gut, dass sie die Notwendigkeit des stationären Aufenthalts einsieht. Nun, es ist halt eine Psychiatrie, da gibt es meistens nicht mehr Angebote. Hm, das mit der schwindenden Hoffnung, ist (leider) durchaus nachvollziehbar.

Medikamente können da zwar auch keine Wunder vollbringen, aber es wäre möglicherweise 1 Baustein von vielen, der ggf. zur Verbesserung / Stabilisierung beitragen könnte. Aber gut, da irgendwelchen Druck machen zu wollen, ist kontraproduktiv - sie muss es wollen oder sich überwinden (das musste ich auch).

Gibt es denn schon Gedanken, wie es nach der Klinik weitergehen könnte für deine Freundin? Gibt es in der Klinik evtl. auch eine Angehörigensprechstunde?

Viele Grüße
Mime
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(Dietrich Bonhoeffer)
Dieder
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Re: Medikation verweigert - Heilung möglich

Beitrag von Dieder »

Über die Hilfe für Angehörige informiere ich mich derzeit. Nach der Klinik streben wir eine Tagesklinik an. Eine Psychotherapeutin, bei der sie aufgenommen wurde und auch schon einen Termin hatte, wollte sie auch wieder besuchen, wenn das denn ratsam ist, bei zwei stellen behandelt zu werden.
mime
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Re: Medikation verweigert - Heilung möglich

Beitrag von mime »

Hallo Dieder,

ok, das klingt ja schon mal nach einem "Plan". Dann steht ihr wohl doch eine psychotherapeutische Behandlung evtl. noch offen.

Hm, zur Tagesklinik gehört auch eine gewisse Grundstabilität, weil sie auch anstrengend ist, aber klar, wenn das eine Möglichkeit nach der Krisenintervention wäre, warum nicht wenigstens Probieren. Ich drücke die Daumen, dass es deiner Freundin bald besser geht.

Vielleicht ist die Zielsetzung Tagesklinik auch etwas, was ihr wenigstens ein bisschen Hoffnung in puncto Weiterkommen gibt.

Ob da beides möglich ist (Tagesklinik A und psychotherapeutische Behandlung B), weiß ich nicht genau.

Bei meiner medizinisch-beruflichen Reha, die ambulant durchgeführt wurde, war es durchaus erwünscht, wenn man noch anderweitig psychotherapeutisch behandelt wurde, weil es in der Reha keine Möglichkeit der Psychotherapie gab.

Das wird euch aber sicherlich noch genauer gesagt, wenn es mit der Tagesklinik spruchreif wird.

VG Mime
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(Dietrich Bonhoeffer)
Monchen12345
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Registriert: 18. Nov 2018, 23:21

Re: Medikation verweigert - Heilung möglich

Beitrag von Monchen12345 »

Soweit ich weiß geht Psychotherapie bei einer ambulanten Therapeutin nicht zeitgleich mit Tagesklinik. Für die Krankenkasse ist man offiziell abrechnungsmäßig in einem Krankenhaus. Wenn man in einem Krankenhaus ist kann man nicht gleichzeitig in der selben Fachrichtungen ambulant behandelt werden.
Ich musste während der TK-Zeit zum Frauenarzt und das ging nur weil das Krankenhaus zur TK keine entsprechende Abteilung hat.
Ich bin mir auch nicht sicher wie sinnvoll es ist 2 Therapien parallel laufen zu haben.
In der beruflichen Reha hab ich keine Therapiestunden, ist auch nicht Sinn und Inhalt. Hier wird Wert darauf gelegt dass ambulante Therapien weiter laufen. Kostenträger ist auch nicht die Krankenkasse, sondern Arbeitsamt oder Rentenversicherung. Von daher einfach nicht mit einer Tagesklinik vergleichbar.
Laufa25
Beiträge: 47
Registriert: 5. Sep 2014, 17:26

Re: Medikation verweigert - Heilung möglich

Beitrag von Laufa25 »

Lieber Dieder,
ich nehme seit etwa 4 Jahren Medikamente und bin froh, dass ich sie habe. Aber ich verstehe deine Freundin natürlich vollkommen. Wie es hier schon gesagt wurde kommt es auf den Grad der Erkrankung ab. Bei leichten bis mittleren Depressionen kann eine Psychotherapie völlig ausreichen, bei einer schweren Depression rät man zu einer Psychotherapie MIT eine medikamentösen Behandlung. Ein wichtiger Grundsatz, den ich mir immer gemerkt habe ist:
Medikamente bessern nur die Symptome, aber keine Ursachen , sprich sie sind eine gute Stütze, um die Probleme mit Hilfe einer Therapie in den Griff zu bekommen, aber auch nicht die Lösung des Problems.
Dass ihr jetzt nach Lösungen wie zum Beispiel einer Tagesklinikeinrichtung sucht finde ich super. Ich würde mich von den Ärzten beraten lassen, inwieweit sie eine Medikamentenverschreibung für sinnvoll halte.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es NICHT schlimm ist, Antidepressiva zu nehmen, ich bin froh, dass ich sie habe. Auch machen sie nicht abhängig, es kann "nur" ein paar Nebenwirkungen geben.
Ich wünsche euch alles gute und melde dich wenn es etwas neues gibt.
Beste Grüße
Laufa25
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