Seite 1 von 1

Beziehung auf dem Prüfstand

Verfasst: 15. Jan 2019, 20:42
von KathrinB
Ich stand nach der Trennung von meinem Ehemann , nach 15 jähriger Ehe mit meinem 12 jährigen Sohn an einem Punkt, der voellig neu für mich war.
Alleine
Ich bin selbstständig und musste versuchen nun alle Termine , Haushalt , Versorgung, einfach alles selbst zu wuppen.
Ich ziehe den Hut vor allen Alleinerziehenden.
...
Dann kam eines Tages mein Prinz, das ist jetzt 1,5 Jahre her, es passte alles, dachte ich. Gleiche Hobbies, gleiche Neigungen und Wünsche, Spaß mit meinem Sohn, es war unglaublich und beste Freundinnen sagten, sei vorsichtig , das gibt es nicht , niemals.
Er war meinPrinz , ich war blind vor Liebe
Innerhalb von 4 Monaten zog er bei uns ein. Er tat einfach alles für uns. Arbeitete tagsüber im Büro seine 10h und abends wurde eingezogen.
Aus dieser Begeisterung heraus machte ich mit Mitte 40 den Motorraführerschein, ich fand es toll mit ihm zusammen im Gelände zu fahren. Da war er mega begeistert.
aber dann, nach weiteren 6 Monaten flüchtete er aus diesem Trsum , in eine Parallelwelt, die ich erst 3 Monate später herausbekam.
Er fuhr zu einer Frau bei der er sich schon über Jahre, auch während seiner letzten Beziehung, den Kick holte, den Spaß.
Der Stress als ich es herausfand und das Loch in das ich fiel war mächtig.
Wir waren noch im 7. Himmel , es gab tierisch lange Abende, mit Gesprächen und ich bin in seinem fast 50jährigen Leben wohl der einzige Mensch, dem er dann alles erzählte.
Die regelmäßigen Jobwechsel nach 3-4 Jahren, die Beziehungen, die auch nie länger dauerten. Es war für mich wie ein Film.
Ich bin generell denke ich keine schwache Frau, auch was unsere Intimität anging war alles perfekt, so dachte ich.
Das was mich seitdem einholte und auf den Boden brachte war, dann als er auf Arbeit wieder und wieder ausfiel, die Diagnose beim Arzt - Depressionen .
Inzwischen ist er seit 4 Wochen in Therapie
Er ist wahnsinnig stimmungsschwankend und teilweise in seiner Distanziertheit so verletzend
Was kann ich tun? Wer von Euch hat ähnliche Erfahrungen
Ich liebe ihn

Re: Beziehung auf dem Prüfstand

Verfasst: 15. Jan 2019, 20:52
von IsiFu
Hey, ich bin hier neu und grade auf deinen Beitrag gestoßen. Ich musste jetzt echt zweimal lesen, denn es ist fast bis ins Detail die Geschichte meiner Mutter. Wahnsinn, auch sie war selbstständig, hatte einen neuen Traummann gefunden. Er hat sie sehr oft betrogen und ein Doppelleben geführt, das ich bis jetzt nicht nachvollziehen kann. Sie schmiss ihn raus und SIE wurde aber sehr depressiv und sogar leider alkoholabhängig. Ich weiß, daß wird dir nicht groß helfen aber es war echt beängstigend das so zu lesen. Ich hoffe sehr das dir hier jemand Rat geben kann. Ich wünsche dir viel Kraft

Re: Beziehung auf dem Prüfstand

Verfasst: 15. Jan 2019, 21:31
von KathrinB
Danke trotzdem für Deine Antwort. Ich bin emotional sehr mit ihm verbunden den und weil er seine Krankheit erkannt hat, es zu tiefst bereut, will ich ihn nicht alleine lassen,
Mir geht es um den Umgang mit der Depression. Sich selbst fühle mich noch fit, noch stark genug, den Weg mit ihm zu gehen,
manchmal reagiere ich aber sehr intuitiv und möchte endlich wieder glücklich sein.
Ich bin die Lebensfreude in Person gewesen und denke, vielleicht musste er so zu mir finden (rosarote Brille) ;-)

Re: Beziehung auf dem Prüfstand

Verfasst: 15. Jan 2019, 21:42
von IsiFu
Auf jeden Fall ist es schonmal sehr gut das er den Weg zur Therapie gefunden hat und auch an sich arbeiten will. Da verstehe ich auch das du noch zu ihm hältst und ihn unterstützt. Es ist halt ein langwieriger Prozess bei dem ihr beide viel Kraft und Verständnis braucht.

Re: Beziehung auf dem Prüfstand

Verfasst: 16. Jan 2019, 05:59
von KathrinB
Hast du oder jemand anders Erfahrungen, ob man je wieder ganz ohne die Depressionen leben wird?
Kann „Mann“ diese bekämpfen und wenn ja , wie lange kann soetwas dauern?

Re: Beziehung auf dem Prüfstand

Verfasst: 16. Jan 2019, 14:09
von DieNeue
Hallo Kathrin,

als ich deinen Post gelesen habe, habe ich mich ehrlich gesagt gefragt, warum du immer noch bei ihm bist. Aber wie du ja schreibst, liebst du ihn immer noch.
Mein Eindruck ist deshalb, dass du wirklich immer noch alles durch die rosarote Brille siehst und es gut wäre, wenn du die langsam absetzen würdest...

Fakt ist: Er hat dich betrogen! Monatelang. Und er hat seine Partnerin vorher mit genau der gleichen Frau betrogen.
KathrinB hat geschrieben:ich bin in seinem fast 50jährigen Leben wohl der einzige Mensch, dem er dann alles erzählte.
Bist du dir da 100%ig sicher? Er hat dich ständig belogen! Wieso glaubst du ihm das?
KathrinB hat geschrieben:Die regelmäßigen Jobwechsel nach 3-4 Jahren, die Beziehungen, die auch nie länger dauerten. Es war für mich wie ein Film.
Weißt du, warum die Beziehungen nicht lange dauerten? Warum er immer wieder die Arbeitsstelle gewechselt hat? Vielleicht lief da genau die gleiche Geschichte ab?
KathrinB hat geschrieben: möchte endlich wieder glücklich sein. Ich bin die Lebensfreude in Person gewesen
Du schreibst, du bist keine schwache Frau und fühlst dich noch stark genug, den Weg mit ihm zu gehen. Der Betroffene kann an der Depression auf jeden Fall arbeiten und lernen besser damit umzugehen. Es kann dir aber niemand sagen, wie lange eine Depression dauert. Es kann sein, dass sie bald wieder weg ist und nie wieder auftaucht, es kann sein, dass sie weggeht und irgendwann wieder auftaucht oder immer wieder in Phasen auftritt, es kann auch sein, dass eine Depression chronisch wird.
Du bist jetzt schon nicht mehr so lebensfroh und glücklich wie früher. Pass bitte auf, dass du dich nicht zu sehr in seine Probleme reinziehen lässt. Du kannst seine Probleme nicht lösen, das musst du auch nicht, und du kannst ihn auch nicht ändern. Dafür ist der Betroffene selbst verantwortlich.
KathrinB hat geschrieben:und denke, vielleicht musste er so zu mir finden (rosarote Brille) ;-)
[/quote]
Jap. Definitiv rosarote Brille.

Hat er eigentlich eine reine Depression diagnostiziert bekommen oder eine bipolare Störung, also eine Depression, die sich mit manischen Phasen abwechselt? Da geht es dem Betroffenen eine ganze Zeit lang richtig schlecht und dann ändert sich die Stimmung zu einer extremen Hochphase, um dann nach einiger Zeit wieder in einer Depression zu münden.

Es ist jetzt reine Spekulation, aber ich könnte mir vorstellen, dass du deinen Freund in einer Hochphase kennengelernt hast und er jetzt in der depressiven Phase ist. Und das gleiche könnte bei seinen früheren Partnerinnen abgelaufen sein. Kennenlernen in der Hochphase, alles super, dann Absturz in die Depression, dadurch Probleme in der Beziehung, Trennung, wegen Depression nicht mehr richtig arbeitsfähig, Verlust des Arbeitsplatzes. Wieder Hochphase, wieder neue Partnerin, neue Arbeit, wieder Depression, Trennung, nicht mehr richtig arbeitsfähig und Verlust des Arbeitsplatzes und das ganze geht wieder von vorne los. Und du bist jetzt mittendrin.
Wie gesagt: Das ist reine Spekulation aufgrund dessen, was du geschrieben hast und meinem Laienwissen.

Ich denke, es wäre wirklich gut, wenn du die Gläser deiner rosaroten Brille mal ein bisschen putzen würdest ;) , um einen etwas realistischeren Blick auf die Situation zu bekommen.

Liebe Grüße,
DieNeue

Re: Beziehung auf dem Prüfstand

Verfasst: 16. Jan 2019, 14:44
von KathrinB
Hallo
ich hab das nicht komplett ausformuliert und es war auch in der Kürze schwer zu verstehen.
Er ist während unserer Zeit ein einziges Mal zu der Frau gefahren.
Das was in den anderen Beziehungen lieg weiß ich allerdings natürlich nur aus seinen Erzählungen.
Aber als er sich jetzt in meinem Beisein und unter Tränen seinem besten Freund anvertraut hat, war zu erkennen. Er ist psychisch krank , schon jahrelang und lebte in einer Parallellwelt.
Das ist definitiv richtig

Re: Beziehung auf dem Prüfstand

Verfasst: 16. Jan 2019, 14:50
von KathrinB
Danke „Die Neue“

das was Du schreibst hört sich sinnvoll an und es scheint Du hast da bereits mehr Erfahrung als ich.
Vielleicht magst Dich persönlich mit mir austauschen, es würde mich super freuen.

Das mit einer bipolaren Störung höre ich zum Ersten Mal, hat aber durchaus Berechtigung auf Beachtung

Freu mich, wenn Du Dich meldest


Liebe Grüße
Kathrin

Re: Beziehung auf dem Prüfstand

Verfasst: 16. Jan 2019, 15:22
von DieNeue
Hallo Kathrin,

ok, das hört sich schon ein bisschen anders an ;)

Ja, mittlerweile kenne ich mich mit Depressionen ganz gut aus. Ich bin seit 10 Jahren selbst betroffen ;)
Zum Austausch unter Angehörigen bin ich dann weniger gut geeignet. ;) Aber die anderen Angehörigen tauschen sich bestimmt gerne mit dir aus.

Deine private Email-Adresse würde ich ganz schnell aus deinem Beitrag wieder löschen, die kann hier nämlich die ganze Welt sehen und sie für alle möglichen blöden Zwecke benutzen.
Private Nachrichten kannst du unter "Mein Konto" schreiben.

Ich habe "nur" Depressionen, keine bipolare Störung und kenne diese Störung auch nur vom Lesen und von Mitpatienten. Kann dir dazu deshalb leider auch nicht viel mehr sagen als das, was ich geschrieben habe.

Liebe Grüße,
DieNeue

Re: Beziehung auf dem Prüfstand

Verfasst: 17. Jan 2019, 06:55
von KathrinB
@Die Neue
Danke für Deine Tipps und Dir alles Gute, viel Sonnenschein und positive Menschen wünsche ich Dir
Herzlich
Kathrin

Re: Beziehung auf dem Prüfstand

Verfasst: 19. Jan 2019, 07:45
von KathrinB
Was passiert hier?
Depressionen sind Dämonen

Ich weiß mir keinen Rat mehr. Unsere Paarbeziehung hat kein festes Fundament und es passiert immer wieder etwas was er heimlich

Ich weiß nicht mehr weiter, was tun andere in solchen Situationen?

Re: Beziehung auf dem Prüfstand

Verfasst: 19. Jan 2019, 08:14
von Candless
Liebe Kathrin,

ich würde versuchen, mich innerlich etwas zu distanzieren, um nicht mit in den Abgrund gezogen zu werden.

Normale Massstäbe, reelle Zukunftspläne, Verlässlichkeit, Stabilität, das scheint erstmal alles weg, das kenne ich auch und es ist natürlich extrem hart. Aber wenn er für sich alleine nun nach Veränderungen sucht, und das auf eine durch die Depression gesteuerte, unüberlegte und wenig nachhaltige Weise tut, kannst du ihn nur machen lassen und dich selbst schützen.

Was krankheitsbedingt getan wird, können wir unseren Angehörigen nicht ausreden.

Ich würde ihn nicht auf seine Recherchen ansprechen und ehrlich gesagt auch nicht seine Dinge durchsuchen. Da kann alles spontan und schon wieder vergessen sein und selbst wenn nicht, wirkt das was er da plant schon auf mich wenig sinnvoll und daher nicht als Grundlage für ein ernsthaftes Gespräch geeignet.

Ich würde ihn machen lassen und ruhig bleiben, mich davon nicht beeindrucken lassen. Solche Handlungen kennen wir ja alle, und können nichts tun, ausser selbst stabil und bei sich zu bleiben und damit auf Dauer vielleicht Stabilität und Orientierung geben. Meine Ex schätzt es inzwischen, dass ich für sie gleichbleibend stabil bin und ihr hin und her in unser Verhältnis nicht Einzug gefunden hat. Sie ist jetzt nach fast neun Monaten ein wenig auf dem Weg der Besserung meine ich.

Wie geht ich damit um? Vielleicht kann man sagen ich nehme die Depression sehr ernst, aber nicht, was sie krankheitsbedingt alles tut und sagt. Das nehme ich nicht ernst und auch nicht persönlich.

Viel Kraft und ganz liebe Grüße!

Re: Beziehung auf dem Prüfstand

Verfasst: 19. Jan 2019, 12:45
von KathrinB
@Candles,
Danke für Deine offenen Worte.
Ich bin mit 47 eine Frau, die wirklich im Leben steht, so dachte ich. Die Liebe zu ihm hat mich komplett ausgehebelt und jetzt kommt obendrauf noch diese Krankheit. Ich die im Leben immer wußte was sie wollte, die Stütze ihrer Familie und Freunde, die die mit Lebensfreude durch die Welt zog - andere entzündete und begeisterte.
Sie holt mich ein diese dunkle Welt der Depression und ich will da nicht hin!!!
Ich will nicht meine wertvolle Lebenszeit damit verbringen zu überlegen was jetzt wieder hinter meinem Rücken läuft. Ich will wieder leben und lachen, will wieder Musik machen, will wieder bei mir sein, mit meinem Sohn albern - nichts geht so einfach wie die Sonne wieder zu sehen.

ich habe etwas geschrieben , am Anfang unserer Beziehung, bevor mir die Depression bewußt war
...
Moment..des Glücks....
Du stehst vor mir ... ich bebe vor Glück, bring ihn mir wieder ... bring mir diesen Moment zurück...
Als ich ging warst Du in Gedanken bei mir .. ich spürte ... jedes Gefühl in mir gehört Dir...
es waren die Worte, die Zeilen, die Du schriebst, sie sagten mir wieder und wieder Du liebst...
Du, den die Sehnsucht nach einem Zufluchtsort ruhelos macht,
der den Tag übersteht und im Revier unterwegs ist bis in die Nacht ...
Du, der Du Dich wehrst, wenn er Enge vermutet, im gleichen Moment aber Dein Herz nach Nähe blutet ...
Du schriebst mir Nein , das kann ich nicht sein... sagtest ja ich will.... und ich wurde still...
Die Gefühle nehmen uns gefangen... halten uns fest und lassen uns bangen...
Es ist nie einfach , was anmutend scheint, nie entspannt was tatsächlich Liebe meint...
Es ist dieser Moment, nach dem ich mich sehne, für den ich täglich am Morgen aufstehe...
es ist dieser Moment, wenn ich vor Dir stehe, mir mein Körper versagt und ich zitternd gehe..
es ist dieser Moment bevor sich unsere Lippen berühren, bevor Du sagst Du willst mich immer wieder so spüren
es ist dieser Moment , in dem meine Sehnsucht ihren Hafen findet, in dem ich weiß was mich für immer an Dich bindet
Diesem Moment gebe ich Raum und Zeit, gebe ihm meine Liebe, genieße mit Dir diese Zweisamkeit.
Der Moment des Glücks....
...
Vielleicht muss ich tatsächlich anfangen diese Depressionen virtuell in den Arm zu nehmen, sie mit meiner unnachgibigen Kraft zu lieben, damit ich zu ihm durch die dunkle Wand hindurch brechen kann.

Je mehr ich im Forum lese, umso mehr erkenne ich eine große Hilflosigkeit bei allen, Angehörigen wie Betroffenen und auch Therapeuten.
Ich werde versuchen mich zurückzunehmen was meinen Partner angeht, aber ich werde nicht aufgeben dieser Krankheit den Raum und die Energie zu nehmen, es liegt auch an uns Angehörigen durch diesen schwarzen Schleier hindurchzutreten.
Es tut täglich aufs Neue weh und verunsichert mich.
Dieses Forum und Eure Antworten haben mich motiviert, nicht zuzusehen, sondern aufzustehen und mit ihm diesen Fremdkörper zu behandeln.
Wenn wir uns einen Dorn in den Finger stechen, der zu weit in der Haut liegt, um herausgezogen zu werden, schafft unser Körper es mit "einkapseln und unschädlich machen", oder er bildet Eiter an dieser Stelle und schwemmt den Fremkörper hinaus.
Die Depression bekommt Nährboden, es wird sich um sie bemüht und wir reden ständig darüber wie belastend sie ist.
Welcher der richtige Weg für uns ist, weiß ich nicht und ob ich es wirklich schaffe, diesen Fremdkörper aus unserem Leben zu bekommen, weiß ich auch nicht.
Ich will und kann das Glas nicht halbleer sehen - nicht wegen meinem Partner, den ich liebe und auch nicht wegen meinem Kind und mir selbst.

Danke für Eure Unterstützung.

Re: Beziehung auf dem Prüfstand

Verfasst: 20. Jan 2019, 11:53
von Candless
Liebe Kathrin,
einige Dinge regen mich an, nochmal zu antworten, in der Hoffnung, ich kann mich iwie verständlich machen....
KathrinB hat geschrieben: Vielleicht muss ich tatsächlich anfangen diese Depressionen virtuell in den Arm zu nehmen, sie mit meiner unnachgibigen Kraft zu lieben, damit ich zu ihm durch die dunkle Wand hindurch brechen kann.
Meine (derzeitige Ex-) Partnerin hat eine rezidivierende Depression mit mehreren schweren Episoden in den letzten Jahren. Meine jetzt etwas längerfristige Erfahrung ist, dass die Depression etwas ist, das nicht zwischen uns steht, sondern sie behindert, sich, ihre Gefühle, ihr Umfeld und ihr Leben realistisch wahrzunehmen und darauf zu reagieren. Ich stehe aber aussen. Je mehr ich mich mit ihrer Depression auseinandergesetzt habe, desto mehr ist mir deutlich geworden, dass sie mit mir nichts zu tun hat und ich daher diese Depression auch nicht greifen kann. Ich glaube daher nicht, dass es geht, durch die Wand hindurch zu brechen, solange der andere genau durch sie blockiert ist. Es gibt ja den Spruch, dass der Weg ins Herz eines geliebten Menschen nur durch eine von innen aufgeschlossene Tür möglich ist. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es genauso ist, dass dann, wenn die schweren Episoden abklangen, sie (manchmal recht plötzlich) wieder zugänglich war und in der Phase selbst die Geschlossenheit auch zu ihrem Selbstschutz braucht. Deshalb hatte ich gemeint, Distanz sei iwie heilsam. Nicht nur für uns, auch für den anderen. Wir kommen nicht an sie heran, weil es bei ihnen nicht geht, im Moment. Ich glaube, wir müssen in Ruhe abwarten, bis die Tür wieder geöffnet wird.
KathrinB hat geschrieben: Je mehr ich im Forum lese, umso mehr erkenne ich eine große Hilflosigkeit bei allen, Angehörigen wie Betroffenen und auch Therapeuten.
Ich werde versuchen mich zurückzunehmen was meinen Partner angeht, aber ich werde nicht aufgeben dieser Krankheit den Raum und die Energie zu nehmen, es liegt auch an uns Angehörigen durch diesen schwarzen Schleier hindurchzutreten.
Ich würde es nicht mehr Hilflosigkeit nennen. Am Anfang hatte ich die auch, als ich ihr Handeln noch auf mich und unsere Beziehung bezog, wie es bei Nicht-Depressiven angemessen ist. Heute würde ich sagen, ich habe das Vertrauen, dass sie für sich ihren Weg geht und habe mit ihr eine tragfähige Kommunikation, in der ich sie nicht unter Druck setze und aufpasse, ihre Grenzen nicht zu übertreten. Ich habe aber auch die Erkenntnis, dass ich von aussen nichts tun kann, ausser selbst bei mir zu bleiben -was ihr gut tut, denn sie schreibt mir täglich, trotz Trennung und monatelangem sich nicht treffen. Ich würde sagen, es liegt nicht an uns, durch den schwarzen Schleier hindurchzutreten. Eine befreundete Psychologin, die viele Betroffene in einer Klinik behandelt hat, sagte mir, eine Depression ist für den Betroffenen eine Botschaft, dass er zu sich kommen und etwas ändern muss. Die Gefahr besteht, dass wir auch dazu gehören und vielleicht nicht mehr in das Leben unserer Ex-Partner/innen passen, aber abgesehen davon braucht der Betroffene den Freiraum, sich selbst neu zu finden, zu entwickeln und zu entscheiden. Sie sagte, aus diesem Grund wird die Distanz auch benötigt und man sollte es akzeptieren und demjenigen nicht übel nehmen. Wenn die Episode etwas abklingt, kann schon eine Annäherung wieder stattfinden, soweit der Betroffene es möchte und man sich selbst es noch vorstellen kann. Ich will damit sagen, die Depression ist nichts, was dadurch geändert oder beendet werden könnte, indem wir als Angehörige die vom Betroffenen aufgebauten Mauer niederreissen. Er baut sie auf, weil sie in dem Zeitraum eine Funktion hat, die derjenige benötigt. Durch die Distanzierung nehmen sie sich Raum, der sonst auch von Partnertschaft und Familie gefüllt ist, weil sie nicht anders können. Auch wenn uns etwas fehlt und wir stark leiden, bringt es glaube ich wenig, den "alten" Partner zurück haben zu wollen und die Depression als Verhinderer und Feind zu sehen. Nach einer Episode muss man sich neu kennenlernen, da das ein anderer Partner ist, verändert durch die Episode. In der Zeit passiert also etwas, und ja, ich bin überzeugt, dass wir darauf keinen Einfluss haben.
KathrinB hat geschrieben: Wenn wir uns einen Dorn in den Finger stechen, der zu weit in der Haut liegt, um herausgezogen zu werden, schafft unser Körper es mit "einkapseln und unschädlich machen", oder er bildet Eiter an dieser Stelle und schwemmt den Fremkörper hinaus.
Die Depression bekommt Nährboden, es wird sich um sie bemüht und wir reden ständig darüber wie belastend sie ist.
Welcher der richtige Weg für uns ist, weiß ich nicht und ob ich es wirklich schaffe, diesen Fremdkörper aus unserem Leben zu bekommen, weiß ich auch nicht.
Ich sehe die Depression als ein Zeichen für die Notwendigkeit zur Veränderung und zum Wandel, und damit nichts, was man einfach bekämpfen könnte. Ich glaube, hier im Forum haben sich schon viele (ich früher auch) fast um den eigenen Verstand gebracht, so stark hat man um Partner/in und Beziehung gekämpft. Meine Erfahrung ist, sie alleine ist wenn die Depression das Zepter übernommen hat die Akteurin und es spielte bei meiner Partnerschaft keinerlei Rolle, was ich tat. Das sind einfach Erfahrungswerte.

Ich liebe meine Ex-Partnerin sehr, weiss aber inzwischen, dass nicht das Kämpfen ihr zeigt, dass es so ist, denn das übt Druck aus und sie meint, sie muss die Beziehung wieder aufleben lassen, obwohl sie gerade gar nicht kann, nur damit ich nicht so leide. Sie sagte mir, dass es ihr gut tut, dass ich Vertrauen in sie setze, dass sie ihren Weg findet und sie sich nicht unter Druck gesetzt fühlt.

Ich musste das aber auch langjährig und schmerzhaft lernen. Und sicher, jede Depression ist anders und auch jeder Angehörige macht seine eigenen Erfahrungen. Aber das Gefühl, gegen Windmühlen zu kämpfen und nichts ausrichten zu können, haben wir wohl alle mitgemacht, gerade, wenn die Depression zum ersten mal stark auftritt. Insofern kann ich dich sehr gut verstehen und nachempfinden, wie sich das anfühlt.

Ganz liebe Grüsse!

Re: Beziehung auf dem Prüfstand

Verfasst: 20. Jan 2019, 16:41
von Herz1234
@Candless
Ich bewundere dich so sehr . Ich hoffe, dass ich eines Tages auch so denken kann . Deine Worte haben mir jetzt wieder etwas Hoffnung gegeben.

Re: Beziehung auf dem Prüfstand

Verfasst: 20. Jan 2019, 17:04
von Salvatore
Hallo Herz,

wenn dir alle dasselbe sagen, ist da ja womöglich was dran?

Was du "hast" ist zunächst mal allerübelster Liebeskummer. Dagegen kann ein Arzt wenig ausrichten, weil es eine normale Reaktion auf eine unnormale Situation ist. Beruhigungs- und Schlafmittel können den Schmerz zwar dämpfen, ihn dir aber nicht nehmen, was diese Mittel ziemlich gefährlich macht.
Die Situation an sich kannst du nicht ändern und Medikamente können das auch nicht: dein Mann hat sich in sehr unschöner Weise von dir getrennt und seitdem hast du nichts Freundliches mehr von ihm gehört. Er hat sehr klar gemacht, dass er sich nicht behandeln lassen, nicht an sich arbeiten und nicht um dich kämpfen wird.

Das tut mordsmäßig weh, aber so sieht es aus. Du hast nun die Wahl, wie du damit umgehen willst: willst du weiterhin mit dem Kopf gegen immer dieselbe Wand rennen und dir immer wieder eine blutige Nase dabei holen?
Du könntest deinem Mann ja eine Nachricht schicken, in der du ihm schreibst, dass du ihn fortan nicht mehr kontaktieren wirst, dieses jedoch nicht als Desinteresse zu verstehen ist und du jederzeit für ihn da bist, falls er das möchte, er sich jederzeit bei dir melden kann.

Und dann schaust du nach vorne und gewöhnst dich an den Gedanken, dass er womöglich nie zu dir zurückkommt. Das beginnt mit Ablenkung. Nur alleine zu Hause zu sitzen und zu grübeln, ist mit Sicherheit die schlechteste aller Ideen. Du könntest Aktivitäten wieder aufnehmen, die du früher gerne gemacht hast. Du könntest etwas Neues anfangen, das du schon immer mal ausprobieren wolltest. Mache das, was dir früher geholfen hat, wenn es dir schlecht ging. Gehe unter Leute, verabrede dich oder melde dich in der VHS an, gehe zum Sport, ins Kino, Theater, Tanzen, Spazieren, in die Sauna... Probiere neue Kochrezepte, decke den Tisch schön, lasse dir ein Bad mit einem schönen Badezusatz ein, zünde Kerzen an. Dekoriere die Wohnung um - vielleicht ja auch aus Trotz mit etwas, das er mit Sicherheit superhässlich fände, dir aber gefällt?
Wenn dir partout nichts einfällt, google "Liste angenehmer Aktivitäten" und (das ist das Entscheidende daran): mach was davon. Kann sein, dass du darauf derzeit keinen Bock hast - das ist aber nicht schlimm, dann machst du es eben ohne Bock ;)

Parallel dazu kannst du dir Selbsthilfebücher besorgen oder nach Techniken im Internet schauen; z.B. gibt es Übungen zum Grübelstopp. Ein Buch zu diesem Thema wäre "Ruhe da oben!". Achtsamkeitsübungen wären da noch zu nennen sowie Entspannungsmethoden.
Begib dich weiter auf Therapeutensuche - ein erstes diagnostisches Gespräch sollte ja eigentlich schnell zu bekommen sein. Auf wie vielen Wartelisten stehst du ansonsten bis jetzt? Hast du auch Institutsambulanzen abtelefoniert? Vielleicht wäre ja auch ein Aufenthalt in einer Tagesklinik was für dich?

Erlaube dir andere Gefühle als Verzweiflung. Bist du nicht auch stinksauer darüber, wie er dich behandelt hat? Empfindest du keine Trauer darüber, dass die lange Beziehung zerbrochen ist? Bist du nicht auch froh und erleichtert, dass er ausgezogen ist und du dich seinen Beleidigungen und seiner üblen Laune nicht täglich aussetzen musst? Spüre mal in dich hinein: was findest du noch alles für Gefühle?
Fallen dir drei Dinge ein, die du an deinem Mann schon immer schrecklich fandst? Drei Dinge, die heute schön waren? (Wenn nicht: sorge dafür, dass es täglich mindestens drei schöne Dinge werden.)

LG, Salvatore

Re: Beziehung auf dem Prüfstand

Verfasst: 20. Jan 2019, 18:06
von Herz1234
@Salvatore
Weisst du , was so unglaublich ist ?! Irgendwie habe ich alles Negative vergessen / verdrängt . Mein Mann ist auf einmal wie ein Heiliger .
Ich kann mich bald gar nicht mehr an etwas Schlechtes an ihm erinnern .
Das ist so verrückt , das macht es mir ja auch so schwer . Ich habe jetzt Entschuldigungen und Ausreden für sein Verhalten und mache MICH dafür verantwortlich . Dabei hat er ganz ganz erniedrigende Sachen zu mir gesagt
, ist freudestrahlend richtig zynisch hier ausgezogen und hat mich mit allen
Problemen sitzenlassen :( . Wie es mir geht und wie ich klarkomme interessiert ihn kein Stück mehr . Das finde ich schlimm . Nach so vielen Jahren . Mittlerweile glaube ich auch , dass es nicht nur die Depressionen sind , sondern das er wirklich hier weg wollte . Das fällt natürlich schwer zu akzeptieren .
Heute wollte ich mir ein Fitnessstudio anschauen :) . Da das Wetter aber so schön war , habe ich lieber einen Spaziergang gemacht und eine alte Bekannte von mir besucht . Ich muss jetzt wirklich mein Leben nach fast 30 Jahren neu gestalten ...
Morgen werde ich dann mal die Ambulanzen anrufen . Wir haben hier in der Nähe eine grosse LVR Klinik . Da müssten sie doch auch etwas anbieten .
Ach , die Wohnung habe ich doch tatsächlich auch etwas umdekoriert .
Ist jetzt ein Mädchenzimmer :)
Danke für deinen Tritt in den Allerwertesten ...