Verlust von Freundschaften wegen Depression

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artofblue
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Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von artofblue »

Hallo liebes Forum,

ich bin neu hier und zwar, weil ich immer weniger Freunde habe. Seit geraumer Zeit gehen immer mehr meiner Freunde auf Distanz, weil sie nicht mit meiner Krankheit Depression (seit über 20 Jahren) und generalisierte Angststörungen klar kommen. Ich finde das sehr schlimm, weil es teilweise wirklich lange Freundschaften sind, bei denen ich niemals das Gefühl hatte, das sie sich abwenden würden. Nun fühle ich mich sehr einsam, denn der Austausch, das Gespräch ist mir wichtig. Vielleicht bin ich hier am richtigen Ort und ihr kennt das Problem auch. Meint ihr eine Selbsthilfegruppe könnte hilfreich sein? Habt ihr Erfahrungen?
Viele Grüße
artofblue
Philosophin
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Registriert: 26. Jan 2015, 12:42

Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von Philosophin »

Hey artofblue,

was heißt das genau, dass deine Freundschaften aufgrund der Depression zerbrechen? Wenn es langjährige Freunde sind, wird es ja nicht an der Diagnose an sich liegen...

Zu Beginn meiner Depression vor einigen Jahren habe ich mich sehr abweisend gegenüber meinem Umfeld verhalten. Ich bin dann auf viel Ablehnung gestoßen und es hat gedauert, bis bei mir ein Umdenken stattgefunden hat. Meine Freundschaften haben diese Phase zum Glück überlebt, aber mir ist bewusst geworden, dass ich mein Verhalten ändern muss.

Mir ist es wichtig, dass ich meinen Freunden sagen kann, wenn es mir schlecht geht. Aber ich weiß auch, dass ich das nicht permanent äußern sollte und vor allem nicht vergessen darf, auch auf die Themen meiner Freunde einzugehen. Treffen, Telefonate, Nachrichten schreiben sind wichtig, um die Freundschaften aufrecht zu erhalten, auch wenn es manchmal schwer fällt. Ich versuche, meine Freunde weitgehend aus meiner Krankengeschichte raus zu halten, nur wenn es mir sehr schlecht geht, heule ich mich schon mal aus.

Wenn ich merke, dass mich manche Planungen meiner Freunde überfordern, z.B. Kaffee trinken gehen in einem überfüllten Cafe, mache ich einen Alternativ-Vorschlag, statt ganz abzusagen. Ich versuche immer, einen Kompromiss zu finden, der die Freundschaft nicht zu sehr belastet und zugleich aber auch meiner Erkrankung gerecht wird.

Was das Thema mit der Selbsthilfegruppe angeht- ich habe mich kürzlich einer solchen Gruppe angeschlossen. Ich bin froh, dort regelmäßig hin zu können und mich über die Depression austauschen zu können. Auch das entlastet m.E. Freunde und Angehörige, denn so muss ich krankheitsbezogene Themen nicht ständig mit in die Freundschaft tragen. Zugleich kann ich mir nicht so gut vorstellen, eine Freundschaft mit jemandem aus der Selbsthilfegruppe zu schließen.

Ganz viele liebe Grüße
Philosophin
artofblue
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Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von artofblue »

Liebe Philosophin,

es ist kompliziert. Ich merke, seitdem ich keinen Job mehr habe (betriebsbedingte Kündigung) und von ALG2 bzw. jetzt befristete Erwerbsminderungsrente lebe, kann ich finanziell nicht mehr alles mitmachen, möchte aber auch nicht immer eingeladen werden. Ein Freund, der sich gerade zurückzieht, versteht nicht, warum ich mich, statt mir eine neue "sichere" Arbeit zu suchen, versuche als Künstlerin und Lyrikerin Fuß zu fassen. Ihn interessiert dies auch im Gespräch nicht. Ich hingegen habe sehr versucht, ihn nach seinem Job, Beziehung etc. zu fragen. Ich habe immer den Kontakt, oft auch schriftlich gehalten und bin immer der Meinung gewesen, wir könnten darüber reden, wenn was schief läuft. Das haben wir immer so gehalten.

Ich habe offenbar seit ewigen Zeiten ein falsches Bild von Freundschaft. Du schreibst, du versuchst deine Freunde aus der Krankheit rauszuhalten. Aber ich dachte, Freundschaften sind gerade dafür da, auch in Notzeiten beizustehen?! Ich mache gerade eine schwere Zeit durch mit körperlicher Krankheit und Wohnungskündigung und Steuerrückzahlung, einer Hiobsbotschaft nach der anderen, habe weder Familie noch Partnerschaft.

In meiner Therapie lerne ich gerade Menschen nicht mit meinem Kram zu überfordern. Aber das fällt mir unglaublich schwer und ich selbst habe in meinen Freundschaften immer alles gegeben. Eine neue Bekannte z.B. hat mir relativ schnell von ihrer, sie sehr belastendenTrennung erzählt und das war die ersten Treffen immer das Thema, immer sie. Ich habe zugehört und versucht zu stützen. Jetzt geht es ihr besser und ich habe von meinen Sorgen erzählt, doch sie zieht sich zurück.

Sind Freunde nur dazu da das Leichte, Schöne zu teilen. Das finde ich etwas wenig ...

Danke für die Info zur Selbsthilfegruppe. Ich werde mir eine suchen. Das scheint eine gute Idee zur Entlastung.

Danke für dein Feedback!
Liebe Grüße
artofblue
Katerle
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Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von Katerle »

Hallo artofblue,

herzlich Willkommen hier im Forum.

Freundschaften sind nicht dazu da, um nur das Schöne zu teilen, finde ich. Ich habe auch langjährige Freundschaften, von denen ich leider auch nix mehr lese oder höre und fühle mich auch manchmal einsam. Ein paar wenige Freunde habe ich aber noch. Und ja es macht Sinn, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen. Ich habe dort, nach einer gewissen Zeit, auch eine neue Freundin hinzugewonnen mit der es auch ganz gut passt.
Habe aber auch noch eine andere Freundin, die leider wenig Zeit hat, weil sie viel arbeiten muss. Ansonsten passt es auch.

Alles Gute für dich,
Katerle
wohin geht die reise
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Registriert: 16. Sep 2016, 11:44

Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von wohin geht die reise »

Hallo artofblue,
ich habe leider auch einige Freundinnen verloren, ganz bestimmt durch die Depression. Ich sage "verloren", weil wir den Kontakt noch nicht ganz aufgegeben haben. Es hat sich aber sehr reduziert und ich habe dann
das Gefühl, dass ich kaum über meine Krankheit sprechen darf.
Mir tut das sehr weh, denn wir waren schon im Studium befreundet.
So ein ähnliches Gefühl habe ich auch mit meiner Familie: werde endlich mal gesund, du hast schon so viel
Therapie gehabt, dann müsste es endlich mal gut sein.
Es gibt aber auch andere, dafür bin ich sehr dankbar.
Liebe Grüße
lore
Katerle
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Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von Katerle »

Finde es eigentlich schade, dass sich von mir langjährige Freunde (2), schon lange nicht mehr melden. Das heißt, ich vermisse sie auch und ich weiß nicht, wie ich das deuten soll.
Die eine Freundin hatte ich mal angerufen und da hatte sie auch zurückgerufen, worüber ich mich sehr gefreut hatte. Seitdem kam nichts mehr. Ich möchte aber auch nicht immer den Anfang machen, weil dann würde ich mir nervig vorkommen. Bei der anderen langjährigen Freundschaft ist das auch so. Wir lagen auf einer Wellenlänge. Letzte Woche ging es mir mal wieder nicht so gut, weil ich daran denken musste und ich Gedanken hatte, das mich wohl keiner von denen vermissen würde, das machte mich traurig... Bloß, wie verhalte ich mich weiter? Wenn sie die Freundschaft nicht mehr wollen, könnten sie es mir ja auch offen sagen. So wüsste ich wenigstens, woran ich bin, was ich auch sehr schade fände, nach so vielen Jahren. Denn ich bin mir auch unsicher, ob ich das noch als Freundschaft bezeichnen kann. Oder ich lasse das Ganze ruhen und freue mich darüber, dass diese Freundschaften so lange gehalten hatten. Diese Freunde kenne ich seit der Schulzeit.
Ich habe aber gottseidank noch andere Freundinnen, mit denen es ganz gut klappt, dass wir uns sehen oder mal treffen. Zwei davon sind noch auf Arbeit, haben allerdings nicht so viel Zeit, aber wenn wir uns sehen, dann verstehen wir uns prima. Und die andere sehe ich regelmäßiger (aus meiner Gruppe). Auch wir verstehen uns ganz gut.

Wie würdet ihr mit den langjährigen Freunden umgehen, wenn die sich nie mal melden?

Liebe Grüße
Katerle
Katerle
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Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von Katerle »

artofblue hat geschrieben:Hallo liebes Forum,

ich bin neu hier und zwar, weil ich immer weniger Freunde habe. Seit geraumer Zeit gehen immer mehr meiner Freunde auf Distanz, weil sie nicht mit meiner Krankheit Depression (seit über 20 Jahren) und generalisierte Angststörungen klar kommen. Ich finde das sehr schlimm, weil es teilweise wirklich lange Freundschaften sind, bei denen ich niemals das Gefühl hatte, das sie sich abwenden würden. Nun fühle ich mich sehr einsam, denn der Austausch, das Gespräch ist mir wichtig. Vielleicht bin ich hier am richtigen Ort und ihr kennt das Problem auch. Meint ihr eine Selbsthilfegruppe könnte hilfreich sein? Habt ihr Erfahrungen?
Viele Grüße
artofblue
Kann das total nachvollziehen. Vielleicht fragen wir mal unsere Freunde, was mit ihnen ist, oder warum sie sich zurückgezogen haben? Es könnte ja auch sein, dass es ihnen nicht gut geht usw., was vorgefallen ist. Ich vermisse sie auch...

Jedenfalls liegt mir nichts daran, mich verärgert zurückzuziehen oder beleidigt zu sein. Aber traurig macht mich das schon. LG
Katerle
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Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von Katerle »

Habe halt auch das Gefühl, dass sich von den obengenannten Freunden keiner mal und mehr für mich interessiert. Einer hatte ich sogar mal gesagt, dass es wir uns abwechseln mit anrufen. Damit ich nicht immer den Anfang machen muss und das mich das sehr freuen würde. Seitdem kam nichts mehr. Da stellt sich für mich auch die Frage, wie ihr euch eine Freundschaft vorstellt?

Denke eine Freundschaft muss gepflegt werden, wenn sie auf Dauer Bestand haben soll. Und da ist es doch wünschenswert, dass dies beiderseits geschieht oder wie seht ihr das?

Mich beschäftigt das halt, aber das solls gewesen sein, dazu.

Wünsche euch einen schönen Sonntagnachmittag,
Katerle
Lavendel64
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Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von Lavendel64 »

Nein, wahre Freunde zeigen sich in schlechten Zeiten. Sie sind da ... haben allerdings auch ein eigenes Leben mit eigenen Problemen. Können nur soweit stützen wie sie momentan zu geben bereit und in der Lage sind. Das ist mal mehr, mal weniger.

Nichts erwarten ... das ist die Essenz aus meiner Therapie. Ein guter Freund definiert sich nicht zwangsläufig darüber, dass er zu tag und nachtzeit zuhört. Sondern als Partner in einer Freundschaft muss ich auch mal mit Abweisung klar kommen.

Ich teile mit meiner Freundin das halbe Leben, wir kennen uns knapp fünfzig Jahre. Da geht nix mehr zwischen und dafür bin ich dankbar. Es gibt Zeiten, da hören wir wochenlang nichts voneinander. Dann wieder telefonieren wir täglich, weil einer eine schwere Zeit durchmacht.

Während der Depression war sie da - hörte mir zu, korrigierte Gedanken, fragte nach. ABER plötzlich wurden auch andere Bekanntschaften wichtig. Ich hatte eine lockere Bekannte, die plötzlich zum besten Gesprächspartner wurde. Unvermutet. Andere haben sich verabschiedet und zurückgezogen.

Auch im Leben kommen und gehen Freundschaften. Einige bleiben für immer - das sind die wirklich wertvollen, die leider nicht jedem vergönnt sind.

LG Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
Katerle
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Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von Katerle »

Danke liebe Lavendel für dein Feedback.

Bin auch ganz froh, dass ich noch zwei Freundschaften habe, wertvolle und eine neu hinzugewonnene. Das baut auf. LG
artofblue
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Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von artofblue »

Danke Euch für das Feedback!
Ich bin also nicht allein.

Ich finde es sehr schwer, neue Freundschaften zu knüpfen, weil ich gleich anfangs überlege, ob ich etwas von meiner Krankheit erzählen soll oder nicht. Denn ich bin ja viel mehr als die Krankheit. Doch irgendwann zeigt sie sich halt.

Besonders schwer finde ich es, als vor einem Monat ein langjähriger Freund plötzlich sagte, er möchte einen Kontaktstop, aber nur als ich fragte, warum er sich nicht mehr melde. Wir hatten zuvor einen steten Mailaustausch und regelmäßige Treffen. Auf meine Anfrage, warum er das möchte, antwortete er nicht. Dann kann ich aber eben auch nicht reflektieren, was schief lief. Das macht mich traurig. Würdet ihr nachhaken und noch mal um eine Aussprache bitten?

artofblue
Akazie
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Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von Akazie »

hallo artofblue
also ich würde das schon wissen wollen, warum ein langjähriger Freund sich ohne Antwort zurück zieht.
Lg Akazie
Peter1
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Registriert: 15. Apr 2018, 12:06

Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von Peter1 »

Hallo artofblue
Ich würde mich zurückhalten. Wenn er ein richtiger Freund ist, wird er sich zu gegebener Zeit melden. Dann kann auch eine Aussprache erfolgen. Meldet er sich nicht, war er auch kein Freund, und du kannst ihn getrost vergessen.

VlG Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Katerle
Beiträge: 11272
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Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von Katerle »

Blöd ist das schon, wenn man nicht weiß, warum jemand keinen Kontakt mehr will.

Jedenfalls habe ich meine langjährige Freundin nun doch angerufen und es kam nach zwei Tagen eine Reaktion und sie rief mich zurück. Darüber freute ich mich natürlich sehr. :) Aber ich fragte auch, warum sie sich nicht mal gemeldet hatte, ich dachte es sei was passiert und das ich sie vermissen würde. Und da erzähte sie mir, was vorgefallen war und zum Schluss meinte sie, dass sie mir verspreche, dass wir uns bald mal wieder treffen werden, wenn sie mal wieder in meiner Nähe ist, denn sie hat dort Verwandte, die ich auch seit damals kenne. Ich meinte darauf, auf das Versprechen warte ich heute noch (scherzhaft) und sie musste lachen, ich auch. Naja, die Entfernung ist ja etwas weit, von daher ist es auch nicht so einfach. Wie gesagt, sie hatte zurückgerufen und das zeigt ja doch, dass sie mich nicht ganz vergessen hat und ich hoffe, dass es bald mit einem Wiedersehen klappt. Jedenfalls hatte sie drauf geantwortet, warum sie sich lange nicht gemeldet hatte, das ist viel wert, denke ich.

Liebe Grüße
Katerle
Zuletzt geändert von Katerle am 23. Jul 2018, 12:00, insgesamt 1-mal geändert.
Akazie
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Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von Akazie »

Also das ist doch mal schön Katerle! Das freut mich zu lesen :) Ich denke eben auch, manchmal sollte man es doch wenigstens versuchen, den Dingen auf den Grund zu gehen. Es kann alle möglichen Gründe geben, warum er nicht mehr antwortet und bevor man sich das Hirn zermartert warum der andere so plötzlich keinen Kontakt will ( artofblue- hat er denn auch Depressionen?) kann man doch zumindest mal vorsichtig nachfragen und dann sieht man weiter.

LG Akazie
Katerle
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Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von Katerle »

Genau so sehe ich das auch, Akazie.
Katerle
Beiträge: 11272
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Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von Katerle »

Akazie hat geschrieben:hallo artofblue
also ich würde das schon wissen wollen, warum ein langjähriger Freund sich ohne Antwort zurück zieht.
Lg Akazie
Ich auch und selbst wenn doch eine Absage kommt, hat mans wenigsetens versucht, der Sache auf den Grund zu gehen und weiß, woran man ist. LG
Lisa Marie
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Registriert: 27. Dez 2017, 20:45

Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von Lisa Marie »

Hallo Zusammen,

ich versuche auch was zu schreiben. Ich kann das Thema sehr gut verstehen. Ich habe ebenfalls einige Freundschaften während der Depression bzw. während der letzten Jahre verloren. Es ist schwer während der Erkrankung Freundschaften aufrecht zu erhalten. Viele Alltagsthemen erscheinen so unwichtig und banal. Freunde schauen befremdlich wenn ich versuche ganz vorsichtig ein klein wenig zu erzählen wie es mir geht. Ich habe gerade wieder eine Freundin verloren und fühle mich sehr einsam. Ich kenne die Freundin aus einem Klinikaufenthalt. In den letzten 2 Jahren haben wir uns häufig gesehen, mindestens einmal in der Woche. Ich fühlte mich irgendwie angekommen. Und jetzt haben sich ihre Lebensumstände geändert. Sie ist halbtags berufstätig und kümmert sich jetzt zusätzlich um ihre Enkelkinder. Und seit neuestem auch noch um ihre Eltern. Ich habe großes Verständnis. Sehe aber auch dass sie sich wieder zuviel zumutet und befürchte, dass sie diese enorme Belastung auf Dauer nicht aushalten kann und wieder in die Klinik muss. Das heißt natürlich, dass sie jetzt keine Zeit mehr für mich hat. Nachdem wir in den letzten Jahren soviel zusammen gemacht haben und uns jetzt gar nicht mehr sehen, habe ich starke Verlassenheitsängste. Ich habe es ihr gesagt. Sie sagte dazu, dass es ihr leid tut, dass es mir schlecht geht. Sie habe andere Freundinnen die sie auch lange Zeit nicht sieht und dann doch irgendwann mal wieder ein Treffen stattfindet. Es ist sehr schwer für mich das zu verstehen. Wie gesagt, ich verstehe, dass sie sich um die Enkelkinder und die Eltern kümmern möchte. Aber ich fühle mich enttäuscht und sehr allein
Bei einer anderen Freundin habe ich im Moment auch das Gefühl dass sie sich zurückzieht. Ich habe das Gefühl dass ich zu oft frage ob wir uns treffen können.
Im Moment falle ich ständig in starke Verlassenheitsgefühle. Es ist ganz schwer auszuhalten.
Ich habe mich nach einer Selbsthilfegruppe für Alleinstehende erkundigt, Da kann ich in 14 Tagen hin. Ich hoffe, dass diese Gruppe eine Möglichkeit ist um aus der Einsamkeit rauszukommen. Ich brauche dringend Menschen die mich etwas verstehen und bei denen ich mich halbwegs angenommen fühle. Ich bin ein sehr ruhiger Mensch und brauche sehr lange bevor ich mich etwas öffne und darüber spreche wie es mir geht. Das führt häufig dazu, dass ich mich auch in Gesellschaft sehr einsam fühle. Es führt auch häufig dazu, dass Menschen mir sehr intensiv von ihren Problemen erzählen und ich es nicht schaffe ihnen zu sagen, dass es zuviel ist und mich belastet und mich anschließend ganz schlecht fühle.
Ich wünschte ich wäre ein wenig oberflächlicher, etwas kommunikativer und nicht so depressiv und einsam. Trotz Burnout und Depression nimmt die Arbeit bei mir immer noch den meisten Platz in meinem Leben ein. Ganz oft bin ich zu müde um noch mit irgendjemanden zu telefonieren.
Könnt Ihr das verstehen?
Liebe Grüsse

Lisa Marie
Katerle
Beiträge: 11272
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von Katerle »

Hallo Lisa Marie,

natürlich kann ich das verstehen. Habe auch versucht, auch wenn ich krank bin, meine Freundschaften weiter aufrechtzuerhalten, was wirklich nicht so einfach ist.
Solche Verlassenheitsgefühle sind mir bekannt. Vor allem, wenn sich meine langjährigen Freunde nie melden. Freue mich aber, wenn dann eine Rückmeldung kommt, nachdem ich mich bei ihnen gemeldet habe. Obwohl das ja auch mal schön wäre, wenn sie mich wenigstens mal anrufen könnten oder schreiben, ohne das ich den Anfang machen muss.

So ne Selbsthilfegruppe ist viel wert und ich wünsche dir viel Mut zu diesem Schritt, dorthinzugehen. Ich habe in meiner Gruppe eine neue Freundin gefunden, die auch mal Zeit für mich hat und ich für sie. Das ersetzt natürlich nicht meine langjährigen Freunde, aber es hilft, sich nicht so verlassen zu fühlen...
Sowas kannte ich auch, sich in Gesellschaft sehr einsam zu fühlen, wie du beschrieben.

Liebe Grüße
Katerle
Ani123
Beiträge: 44
Registriert: 29. Mär 2018, 22:04

Re: Verlust von Freundschaften wegen Depression

Beitrag von Ani123 »

Bei mir ist es auch so. Ich habe während der Depression gemerkt wer wirklich zu mir steht und wer nicht. Leider sind da auch Personen gegangen wo ich da nicht mit gerechnet hatte. Das tat/tut weh, aber da muss/musste ich durch. Inzwischen bin ich soweit, dass ich das akzeptieren kann und auch hinnehme.
Es gibt immerhin auch Personen welche geblieben sind.Das sind wahre Freunde, welche mir zuhören, mit denen ich lachen kann, die mich nicht ausschließen.
Natürlich gibt es such oberflächliche Freundschaften. Ist nun mal so, sind im Freundeskreis mit drin.
Aber es gibt auch welche die sich komplett von mir distanziert haben.
Warum? Weil sie vermutlich mit meiner Depression nicht umgehen können, aber auch, weil ich ihnen nicht wichtig genug bin.
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