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Trauer und allein gelassen werden

Verfasst: 10. Apr 2018, 09:34
von Lisa63
Hallo
Ich lese schon eine ganze Weile hier in euerm Forum und habe einiges mitverfolgt. Jetzt habe ich mir endlich mal den Mut genommenen und wollte mal selber schreiben,weil es mir wirklich momentan sehr schlecht geht.
Ich bin 55 Jahre alt, leide schon jahrelang an Depressionen, bin berentet und habe auch schon stationäre Therapien hinter mir.
Es gab immer wieder Phasen, wo es mir auch wieder besser ging.
Doch jetzt, seit 1,5 Wochen hat sich die Welt für mich für immer verändert.
Meine Mutter ist verstorben. Ich bin unendlich traurig darüber.
Meine gesamte Verwandtschaft lässt mich alleine damit.
Auf die Beerdigung konnte ich nicht gehen, weil ich meinen Bruder nicht sehen wollte und auch keine Kraft dazu hatte. Ich bin sehr enttäuscht darüber, weil ich jahrelang immer alles gegeben habe.

Jetzt fühle ich mich alleine und würde mich sehr über Nachricht von Euch freuen.

Re: Trauer und allein gelassen werden

Verfasst: 10. Apr 2018, 10:02
von irma
Hallo Lisa,

Zunächst mein herzliches Beileid zum Tode deiner Mutter und sei herzlich willkommen hier.

Das gut mir unendlich Leid. Mit Depressionen hast du ja schon viel zu tun. Und jetzt ist deine Mutter noch gestorben und du warst oder konntest nicht zur Beerdigung. Das ist alles furchtbar.

Du schreibst leider nicht, warum es in deiner Familie so schief läuft. Konntest du deine Mutter vor ihrem Tod noch sehen?

Ich verstehe, dass du die Kraft nicht hattest nicht zur Beerdigung zu gehen, aber du als Tochter wirst doch gefehlt haben. Es wird doch Menschen geben, die dir ihr Beileid ausdrücken zu wollten. Diese Dinge sind wichtig für dich, um Abschied von deiner Mutter zu nehmen.

Kannst du nicht herausbekommen wo deine Mutter begraben liegt und mit einer Freundin zum Grab gehen um nachträglich Abschied zu nehmen? Das ist wichtig gür dich. Und da gibt es doch Möglichkeiten. Als Tochter hast du Rechte. Z.b. beim Friedhofsamt.

Ich will dich bestärken zu deinem Recht zu kommen. Gib nicht auf. Das hilf dir vielleicht auch in deiner Depression.
Was du im Moment durchmachen musst ist schlimm. Ich hoffe, ich konnte dir etwas helfen.

Liebe Grüße
Irma

Re: Trauer und allein gelassen werden

Verfasst: 10. Apr 2018, 10:16
von Bittchen
Liebe Lisa,

mein herzliches Beileid und willkommen im Forum .
Erlaube es bitte dich virtuell in den Arm zu nehmen und dich etwas zu trösten. .
Egal was vorher war ,es bleibt das Verlustgefühl.
Da du schon in Kliniken und Therapien warst, wirst du wissen um was es hier geht.
Da hoffe ich für dich, du kannst dich etwas öffnen und über deinen Kummer schreiben.
Einen guten Austausch wünsche ich dir.

Liebe Grüße
Bittchen

Re: Trauer und allein gelassen werden

Verfasst: 10. Apr 2018, 10:47
von anna1967
Hallo Lisa,

mein herzliches Beileid zum Tod deiner Mutter.
Obwohl wir uns nicht kennen, nehm ich dich tröstend in den Arm. Anteilnahme kann vieleicht ein klein bisschen helfen und Dir zeigen.... du bist nicht allein.
Abschiednehmen ist nicht einfach. Gerade in der Depression.
Da kommen zu viele Gefühle ins Spiel. Trauer, Angst, Wut und Hilflosigkeit.
Hast Du einen guten Therapeuten oder Freunde mit denen du reden kannst?
Oder du schreibst hier deine Gefühle und Gedanken auf.

L.G.Anna

Re: Trauer und allein gelassen werden

Verfasst: 10. Apr 2018, 13:22
von Katerle
Hallo Lisa,

Ersteinmal mein tiefstes Mitgefühl wegen deiner Mutter und verständlich, dass du traurig bist. Mutig von dir, hier zu schreiben. Kann ich auch nachempfinden, wie du dich momentan fühlst. Jedenfalls bist du nicht allein.
Ich war damals nach dem Tod meiner Mutter in die Klinik gegangen auf ärztliche Empfehlung. Mir ging es auch sehr schlecht.
Würdest du nochmal einen KlinikaufenthalT in Erwägung ziehen?

Alles Gute und ganz viel Kraft,
Katerle.

Re: Trauer und allein gelassen werden

Verfasst: 10. Apr 2018, 18:31
von Lavendel64
Hallo Lisa,

Du befindest dich in einer Ausnahmesituation, die selbst fitten Menschen den Boden unter den Füßen wegreißt. Die Trauer ist schlimm, aber sie ist auch notwendig, um mit einem Abschnitt abschließen zu können. Sie wird noch andauern, aber irgendwann kommen Momente, in denen Du dich erinnerst und merkst, dass du lächelst.

Wie Katerle schon sagte, wäre vielleicht ein Klinikaufenthalt eine Auszeit, die dir gut tun und ein wenig auffangen würde. Du weißt, wie es dort ist, du kannst am ehesten beurteilen, ob dir eine solche Zeit helfen könnte. Auf jeden Fall wärst du dort umsorgt.

Auch deine Verwandtschaft trauert vielleicht ... kannst du vielleicht auf jemanden zugehen, jemanden, zu dem du in "normalen" Situationen Vertrauen hattest? Aus innerfamiliären Diskrepanzen kannst du dich ja raushalten, es geht lediglich um Gemeinsamkeit, um gemeinsame Erinnerungen.

Ich fühle mit Dir, liebe Grüße
Lavendel

Re: Trauer und allein gelassen werden

Verfasst: 11. Apr 2018, 07:58
von punktine
Liebe Lisa,

auch ich möchte dir mein Beileid ausdrücken. Ich kann mir in etwa vorstellen wie du dich fühlst.
Meine Mutter ist auch vor drei Wochen gestorben.

Vorgestern hatte ich Geburtstag. Das war der erste Geburtstag ohne meine Mutter, die mir ja das Leben geschenkt hat. Das war schon traurig...

Ich hoffe, du hast keine Schuldgefühle weil du nicht auf der Beerdigung warst.

Fühl dich gedrückt, punktine

Re: Trauer und allein gelassen werden

Verfasst: 11. Apr 2018, 09:58
von Lisa63
Hallo
Erstmal ganz herzlichen Dank für die vielen Beileidswünsche. Das fand ich richtig schön, das sich so viele gemeldet haben.
Meine Mutter war 1,5 Jahre im Pflegeheim und wir hatten regelmässigen telefonischen Kontakt miteinander. Das war eine sehr schöne Zeit für mich.
Von meiner Verwandtschaft möchte ich momentan Abstand nehmen.
Ich bin viel alleine und brauche auch zur Zeit die Ruhe.
Eine Frau vom psychosozialen Dienst war schon zweimal bei mir und auch die Gemeindepfarrerin hatte mich besucht, und wir hatten ein tolles Gespräch miteinander gehabt.
Das Grab werde ich auf jeden Fall irgendwann besuchen, wenn es mir wieder besser geht.
So behalte ich erst Mal die schönen Erinnerungen, die mir geblieben sind.

Ganz liebe Grüße
von Lisa63

Re: Trauer und allein gelassen werden

Verfasst: 11. Apr 2018, 19:58
von RafaellaGA
Hallo,
ich bin neu unnd lese eure Meinungen, alles sehr interessant. Dennoch merke ich selbst,dass ich seit vielen Jahren vergeblich nach Neuem suche. Mir geht es ganz genauso und anfangs dachte ich an Heilung. Leider hat mich die Krankheit fest im Griff. Wenn ich n u r depressiv bin, kann ich es kaum aushalten. Wenn dann aber die Symptome meiner 2. Krankheit: PTBS dazukommen, dann geht es mir wirklich sehr sehr schlecht. Weiß nicht wie ich die10 Jahre überstanden habe?
Therapien habe ich schon einige hinter mir.
Wie geht es euch mit mehreren Diagnosen?
R.

Re: Trauer und allein gelassen werden

Verfasst: 11. Apr 2018, 20:08
von RafaellaGA
Liebe Lisa,

seit ich krank bin, haben sich meine Familienbindungen total verschlechtert. Auch bei mir haben sich nach dem Tod meines Vaters alle Bindungen in der Familie verändert. Meinen Bruder und meine jüngste Schwester nutzten das und spielten sich als Besserwisser auf. Ich solle mich nun endlich zusammenreißen. Dahinter klingt der Vorwurf, allen nur Ärger und Sorgen zu machen.
Es tat weh, aber ich habe für mich beschlossen nur noch den Kontakt zu meiner Mutter zu halten. Leider erzählt sie den beiden gleich alles. Manchmal mache ich dann einfach zu, will niemanden hören. Sehen will ich meine Verwandtschaft nicht mehr. Ich will mich dem nicht aussetzen.
Ich kann dich sehr gut verstehen, mach das was dir gut tut. >Mach es für dich!<

LG Rafaella

Re: Trauer und allein gelassen werden

Verfasst: 12. Apr 2018, 08:53
von Bittchen
Hallo Raffaela ,

auch dir ein herzliches Willkommen hier.
Wenn du dich hier etwas einliest ,wirst du sehen du bist nicht alleine.
Wenn du magst kannst du einen eigenen Thread eröffnen und da ist es leichter deine Situation zu schildern und es kann dir direkt geantwortet werden.

Liebe Grüße Bittchen

Re: Trauer und allein gelassen werden

Verfasst: 14. Apr 2018, 21:25
von Ziege04
Hallo Lisa
die Mutter zu verlieren ist sicher dass tiefgreifendste, was man als Verlust erleben muss. Daher hast Du meine volle Anteilnahme.

Vor einem Jahr starb mein Lebensgefährte/Freund nach fast 15 Jahren inniger Beziehung. In den ersten Tagen/Wochen war ich nicht Allein - doch das Interesse nahm schnell ab, nach 2-3 Monaten fragte auch der Letzte nicht mehr;
Ich hatte eine Einweisung für stationär, auf Depression/resp. Trauer.
Habe diese Möglichkeit aber bewusst nicht angenommen, weil 1. mir das spezifische Prozedere eines Aufenthalts zuwider war; und
2. klinische Struktur, welche auf einer vorherigen Indikation läuft, wie Depression, nicht, dem Freiraum der Trauer, wirklich Rechnung trägt.

Seitdem mir diese Erkenntnis kam, nehme ich an einem Trauertreffen teil. Dieses Angebot gibt es oft. Die Anbieter muss man sich für seine Umgebung mal suchen: es geht von kirchliche, Behörde, Hospiz auf Verein...
Die Suche lohnt sich, wenn man mit Gleichgesinnten vor Ort sich nicht Allein sehen will.

Mit diesem Hinweis und
LG ( auch an/für alle Mitleser)
Ziege04