Was mir hilft besser damit umzugehen - als Angehöriger
Verfasst: 12. Mär 2018, 21:45
Hallo zusammen,
ich lese seit ein paar Tagen als Gast - da meine Partnerin kurz vorm Jahreswechsel "erkrankt" ist. Nach ca 4 Wochen Hausarzt, eine Woche später Psychiater, wiederum eine Woche später Beginn ambulante Therapie. Hat Sie sich selbst darum gekümmert. Letzte Woche dann stationäre Behandlung begonnen, nachdem Sie total am Boden war.
Ich möchte hier weniger auf unsere Situation und ihre spezielle Situation eingehen, als vielmehr was mir bisher auf dem Weg "neben ihr" geholfen hat den Mut nicht zu verlieren.
Warum distaniziert sie sich so extrem von mir, aber sucht Kontakt zu (engen) Freunden?
Das hat mich am meisten gequält, konnten wir doch vorher über alles reden. Es wollte nicht in meinen Kopf hinein, schon gar nicht konnte mein emotionales Empfinden auch nur Ansatzweise diesen Umstand tolerieren.
Es waren verschiedene Dinge, welche zusammen (mein) Puzzle gelöst haben:
Spiegel(Print) Artikel von dieser Woche (sinngemäß) "... der Partner kann kein Co-Therapeut sein. Das würde bei der betroffenen Person Scham und Wut auslösen und die Depression verschlimmern. Es wären keine gleichberechtigten Partner mehr"
Eine Freundin schrieb mir "...ich habe mit ihr telefoniert, sie schlägt sich tapfer". Ich konnte mehrere Stunden auf diese Nachricht nicht antworten, weil es mir (im Bezug auf meine Partnerin) so "nah" ging. Hier habe ich realisiert, das was Sie in mir auslöst, wenn das nur ansatzweise umgekehrt ist (in ihrem Zustand), kann ich verstehen dass Sie dem aktuell auf Teufel komm raus aus dem Weg gehen möchte. I.d.R. ist die Beziehung zum Partner die intensivste, nun fehlen aber auf einmal all die Emotionen (weil Fehlfunktion) und/oder es führt zum "emotionalen" Overkill. Was natürlich für (fast) alle anderen Personen nicht zutrifft...
Weiterhin hatte mir schon früher ein Freund (selbst depressiv gewesen aber zwischenzeitlich genesen) erzählt, warum ausgerechnet seine damalige Partnerin das "Problem" war. Sie war die einzige Person, welche sein künstliches Schutzschild durchbrochen hatte, welches ihn all die Jahre zuvor von den eigentlichen Problemen im Unterbewussten beschützt hatte.
All diese Teile haben mir geholfen zu akzeptieren bzw. eine blasse Ahnung zu bekommen, warum in ihr - unabhängig unserer bisherigen Beziehung - eine neue "Weltordnung" herrscht. Warum ihr Verhalten auf einmal (für mich) so irrational ist.
Warum kann Sie mit Freunden lachen (Bilder/Selfies) und in meiner Gegenwart nur trübsal?
Hier hat der ein oder andere Beitrag hier im Forum erwähnt, dass Betroffene oft in den meisten Bereichen des Lebens eine "Maske" aufsetzen bzw. das glückliche Schauspiel abliefern. Insgeheim strengt es sie aber doppelt und dreifach an.
Auch das hat sie jüngst selbst so bestätigt "Die Arbeit heute war ein Krampf, eigentlich wollte ich nicht. Das ganze Schauspiel hat mich soviel Kraft gekostet".
Es gibt sicher eine Vielzahl von möglichen Erklärungsversuchen warum dass dann ausgerechnet zuhause/beim Partner nicht stattfindet. Entweder weil schlicht die Kraft fehlt oder weil es ohnehin nichts bringen würde (oft kennt man sich dafür zu gut) oder, oder, oder.
Kann eine Depression für Angehörige etwas positives haben?
Sicherlich würden mich einige hierfür am liebsten Kreuzigen, ich wünsche es niemandem und wenn ich die Wahl hätte - ich würde diese freiwillig niemals treffen, aber...
Ich kann es nur negativ darstellen (genau die Hauptproblematik einer Depression): Warum ausgerechnet wir? Warum Sie/Er? Warum jetzt?
Oder ich kann die Positiven Dinge sehen:
- Das eigene Netzwerk kristallisiert sich auf einmal ganz anders heraus
- Freundschaften (wenn vorhanden) bekommen in vielen Fällen eine ganz neue Tiefe/Qualität - und wenn es nur "reden" ist
- Es ist eine Chance, danach (Genesung als Hoffnung) ein besseres/nachhaltigeres Leben zu führen
- Übersteht die Beziehung schweißt es m.E. noch mehr zusammen, übersteht die Beziehung nicht ist das zwar schmerzhaft, aber nicht das Ende aller Tage. Das Schlimmste für mich was schon immer Ungewissheit - und ein offensichtliches Ende ist alles andere als Ungewiss.
Ich habe Angst Sie/Ihn zu verlieren! Was kann ich dagegen tun?
Im Bezug auf den Betroffenen? Fast nichts... Abstand halten und wie so oft hier und überall anders: Auf sich achten, auch wenn man instant bereit wäre sein letztes Hemd für den Partner zu geben. Kontraproduktiv.
Ich kann es wieder nicht nachvollziehen, aber ich habe Ideen:
- Man möchte dem (gesunden) Partner nicht zur Last fallen (Scham?)
- Man möchte den (gesunden) Partner nicht runter ziehen
- Man möchte in dem Zustand nicht "gesehen" werden
- Es fehlt schlicht die Kraft ...
- oder
- oder
- oder...
Ich habe immer noch Angst Sie/Ihn zu verlieren - es lähmt mich regelrecht
Ja, das war meine erste Reaktion. Die ersten Tage waren schrecklich. Mir hat selbst für das Meiste der Antrieb gefehlt.
Nach einigen Gesprächen und Refklektion: Das ist nicht ihre Schuld, sonder meine ganz eigene Verlustangst. Das ist mein Problem (ja klar, durch Sie getriggert) - aber dafür kann Sie erstmal nichts.
Ich wollte es erst aufschieben, leider bin ich dann auch dieser Tage nachts aufgewacht und war froh darum, weil mir der Inhalt der Träume alles andere als Gefiel (Alpträume - wieder Verlustangst).
Selbst jetzt in der Klinik, habe ich Angst, Sie könnte sich in einen Leidensgenossen "verlieben" oder einfach nur einen "Seelenverwandten" finden und ich bin in Zukunft raus.
Das kann ich nicht ausschließen (gibt kein bisschen Extra-Hoffnung, verbessert auch nix) aber auch hier - die Diskussion/Gespräche mit Leidensgenossen (andere Angehörige oder selbst Betroffene) haben mir geholfen und helfen sicher auch Ihr. (z.b. Gruppentherapie u.a.).
Es ist für Sie wichtig, für mich nur deshalb ein Problem, weil mich meine Verlustängste quälen.
Es kommt vom Partner nichts (mehr). Ich komme damit nicht klar.
Hier bin ich schon früher zur "Weisheit" gelangt: Erwartungsmanagement!
Ich bin meines eigenen Glückes Schmied!
Blödes Gefasel? Mitnichten...
Wenn ich 100% erwarte und 80% bekomme bin ich enttäuscht.
Wenn ich 50% erwarte und 80% bekomme bin ich positiv überrascht.
Wer hat den Unterschied gemacht? Der Partner, der in beiden Fällen 80% kommuniziert oder ich, der die Erwartung geändert hat? Ihr kennt die Antwort.
Ich sage nicht dass das einfach ist bzw. sofort gelingt, aber man kann es lernen. Hilft auch bei vielen anderen Alltagssituationen viel glücklicher durchs Leben zu gehen.
Dann war ein Post hier im Forum ganz entscheidend, von einer selbst Betroffenen - warum man positive Dinge durchaus überbewerten darf, gar soll. Es war eine schöne Metapher bzgl eines Teichs/Sees.
In einem ölverseuchten, schmutzigen Tümpel ist eine einzelne, aufblühende Seerose etwas benennswert Schönes und darf auch als solches hoffnungsvoll betrachtet werden.
Keiner kann mir sagen wie lange das dauert. Es ist auf unbestimmte Zeit
Hier kann ich nur für mich / meine Annahmen sprechen bzw. die Hoffnung / Situation die wir haben (in stationärer Behandlung).
Voraussetzungen: Das Thema (Depression) ist erkannt. Es ist als "Problem" zugelassen. Man möchte es verbessern / ist in aktiver Behandlung.
Dann gibt es immer noch keine Leitlinie wie "10 Wochen Lieferzeit" aber auch hier ist der Groschen vor ein paar Tagen gefallen.
Wieder aus dem aktuellen Spiegel (sinngemäß): "...verläuft in Wellen von ~6-8 Monaten. Mit Behandlung im Schnitt ~4 Monate. Mag zwar auf dem Papier wie "nur" ein bisschen besser aussehen, aber für die Betroffenen gefühlte Lichtjahre weniger Leiden".
Ich weiss immer noch nicht ob ich die vergangenen 2 Monate anrechnen "könnte" oder nicht - spielt aber für mich nun keine Rolle mehr, da ich hoffe/erwarte dass mit den genannten Voraussetzungen ich einen überschaubaren Zeitraum überbrücken muss.
Danach wird nicht alles beim Alten (aus heutiger Sicht wohl wichtigste Erkenntnis, wieder bzgl. Erwartungsmanagement) sein... Menschen ändern sich, Beziehungen ändern sich und wenn die Liebe zum Partner stark genug ist, davon gehe ich aus, dann kann man sich neu aufeinander einspielen.
Hab ich auch was davon?
Ich weiss zwischenzeitlich dass z.b. bei der Hochzeit "in guten wie in schlechten Zeiten" nicht nur eine hohle Phrase ist, sondern ich meine es jetzt auch so. Ich kann es zu 1000% jederzeit neu unterschreiben. Und sollte Sie genesen (was ich natürlich inständig hoffe), so werde ich ihr zu gegebener Zeit einen neuen Antrag machen.
Was wäre wenn - Unklarheiten oder andere(s) Ängste
Was passiert im schlimmsten Fall? Klingt einfach, hilft aber.
Manche der worst-case Szenarien (für mich insbesondere Trennung) will ich nicht durchspielen, dennoch würde es helfen. Warum?
Vorfreude ist (oft) die schönste Freude. Gleiches Prinzip (nur im Negativen) gilt für die Angst. Man kann sie so schillernd und schrecklich ausmalen, dass einem schier Angst und Bange werden kann. Oder man überlegt was passieren könnte, was man tun würde und stellt fest - joa, ich bin immer noch da. Mir geht es (später) wieder gut. Die Erde dreht sich weiter... immer noch schmerzahft, aber viel weniger schrecklich.
ACHTUNG: Ich bin weder Therapeut noch Fachmann, man sollte halbwegs gesund sein / starkes Selbstwertgefühl, sonst könnte eine Auseinandersetzung mit solchen Szenarien einen runterziehen bzs. ins Gegenteil umschlagen.
Es hilft auch immens bei Entscheidungen - die leider trotz Depression nicht vertagt werden können. z.B. Jobwechsel, Hausbau etc. Es hängt sicher individuell von der jeweiligen Situation ab ob man sich für die Fortführung oder gegen eine Fortführung dieses Pfades entscheidet.
NEUE Entscheidung würde ich persönlich nach heutiger Erkenntnis "aussitzen" - diese sind (bei uns) oft wirklich willkürlich und leider kontraproduktiv. Auch hilft es hier bewusst Szenarien durchzuspielen, welche man sonst sofort von der Liste streicht z.b. Job nicht wechseln (ich war zwar unzufrieden, aber ich würde es auch dort noch aushalten), Hausbau abbrechen (sind zwar 30.000,- € oder mehr futsch - aber was ist das im Vergleich zum Verlust des Partners und man verkäuft das Haus dann 2-3 Jahre später ohnehin? Anders hätte man die Beziehung vielleicht retten können?etc.
Wir haben Urlaub (kürzlich) gebucht - sollen wir trotzdem hinfahren
ACHTUNG: Ich bin weder Therapeut oder Fachmann, hatte aber genau diese Situation und habe mich gemeinsam mit meiner Partnerin GEGEN den anstehenden Urlaub entschieden. Ich habe auch nach der Storno im Stillen lange gehadert. "soviel Geld für Storno/Anzahlung futsch" ... "hätten wir nicht warten sollen". Für mich: NEIN. Richtig gehandelt.
Urlaub ist i.d.R. zeitlich und räumlich sehr intensiv, genau kontraproduktiv für das gesteigerte Autonomiebedürfnis und (siehe oben - wegen dem Thema Maske/Schauspiel) doppelt und dreifach anstregend. Ich würde wieder stornieren.
Außerdem wäre es eine Frist gewesen, bis wohin eine Genesung den Urlaub "gerettet" hätte. Das wurde von vielen Stellen von Betroffenen als immenser Druck/zusätzlich belastend eingestuft = vermeiden!
Ich habe sicher noch das ein oder andere Vergessen (Achtsamkeit wenn einen die Emotionen überrollen - Innehalten, kontrolliert ausatmen - hilft mir meist gegen unverhoffte Tränen, die sind ja nicht immer passend...).
Weitere Ergänzungen sind natürlich gerne gesehen. Sicher ist in unserem Fall viel Glück dabei, da es vergleichsweise schnell in Behandlung etc. übergegangen ist.
Ich drücke allen direkt und indirekt Betroffenen die Daumen, dass mindestens Besserung eintritt, idealerweise eine Heilung stattfinden kann.
Mein (genesener) Bekannter sagt heute: Er fühlt sich vollständiger, bewusster, stabiler als zuvor - und er hat keine Angst dass es wiederkommen könnte, er hat ja alle Werkzeuge um damit auch alleine klarzukommen.
Danke fürs Lesen/zuhören.
ich lese seit ein paar Tagen als Gast - da meine Partnerin kurz vorm Jahreswechsel "erkrankt" ist. Nach ca 4 Wochen Hausarzt, eine Woche später Psychiater, wiederum eine Woche später Beginn ambulante Therapie. Hat Sie sich selbst darum gekümmert. Letzte Woche dann stationäre Behandlung begonnen, nachdem Sie total am Boden war.
Ich möchte hier weniger auf unsere Situation und ihre spezielle Situation eingehen, als vielmehr was mir bisher auf dem Weg "neben ihr" geholfen hat den Mut nicht zu verlieren.
Warum distaniziert sie sich so extrem von mir, aber sucht Kontakt zu (engen) Freunden?
Das hat mich am meisten gequält, konnten wir doch vorher über alles reden. Es wollte nicht in meinen Kopf hinein, schon gar nicht konnte mein emotionales Empfinden auch nur Ansatzweise diesen Umstand tolerieren.
Es waren verschiedene Dinge, welche zusammen (mein) Puzzle gelöst haben:
Spiegel(Print) Artikel von dieser Woche (sinngemäß) "... der Partner kann kein Co-Therapeut sein. Das würde bei der betroffenen Person Scham und Wut auslösen und die Depression verschlimmern. Es wären keine gleichberechtigten Partner mehr"
Eine Freundin schrieb mir "...ich habe mit ihr telefoniert, sie schlägt sich tapfer". Ich konnte mehrere Stunden auf diese Nachricht nicht antworten, weil es mir (im Bezug auf meine Partnerin) so "nah" ging. Hier habe ich realisiert, das was Sie in mir auslöst, wenn das nur ansatzweise umgekehrt ist (in ihrem Zustand), kann ich verstehen dass Sie dem aktuell auf Teufel komm raus aus dem Weg gehen möchte. I.d.R. ist die Beziehung zum Partner die intensivste, nun fehlen aber auf einmal all die Emotionen (weil Fehlfunktion) und/oder es führt zum "emotionalen" Overkill. Was natürlich für (fast) alle anderen Personen nicht zutrifft...
Weiterhin hatte mir schon früher ein Freund (selbst depressiv gewesen aber zwischenzeitlich genesen) erzählt, warum ausgerechnet seine damalige Partnerin das "Problem" war. Sie war die einzige Person, welche sein künstliches Schutzschild durchbrochen hatte, welches ihn all die Jahre zuvor von den eigentlichen Problemen im Unterbewussten beschützt hatte.
All diese Teile haben mir geholfen zu akzeptieren bzw. eine blasse Ahnung zu bekommen, warum in ihr - unabhängig unserer bisherigen Beziehung - eine neue "Weltordnung" herrscht. Warum ihr Verhalten auf einmal (für mich) so irrational ist.
Warum kann Sie mit Freunden lachen (Bilder/Selfies) und in meiner Gegenwart nur trübsal?
Hier hat der ein oder andere Beitrag hier im Forum erwähnt, dass Betroffene oft in den meisten Bereichen des Lebens eine "Maske" aufsetzen bzw. das glückliche Schauspiel abliefern. Insgeheim strengt es sie aber doppelt und dreifach an.
Auch das hat sie jüngst selbst so bestätigt "Die Arbeit heute war ein Krampf, eigentlich wollte ich nicht. Das ganze Schauspiel hat mich soviel Kraft gekostet".
Es gibt sicher eine Vielzahl von möglichen Erklärungsversuchen warum dass dann ausgerechnet zuhause/beim Partner nicht stattfindet. Entweder weil schlicht die Kraft fehlt oder weil es ohnehin nichts bringen würde (oft kennt man sich dafür zu gut) oder, oder, oder.
Kann eine Depression für Angehörige etwas positives haben?
Sicherlich würden mich einige hierfür am liebsten Kreuzigen, ich wünsche es niemandem und wenn ich die Wahl hätte - ich würde diese freiwillig niemals treffen, aber...
Ich kann es nur negativ darstellen (genau die Hauptproblematik einer Depression): Warum ausgerechnet wir? Warum Sie/Er? Warum jetzt?
Oder ich kann die Positiven Dinge sehen:
- Das eigene Netzwerk kristallisiert sich auf einmal ganz anders heraus
- Freundschaften (wenn vorhanden) bekommen in vielen Fällen eine ganz neue Tiefe/Qualität - und wenn es nur "reden" ist
- Es ist eine Chance, danach (Genesung als Hoffnung) ein besseres/nachhaltigeres Leben zu führen
- Übersteht die Beziehung schweißt es m.E. noch mehr zusammen, übersteht die Beziehung nicht ist das zwar schmerzhaft, aber nicht das Ende aller Tage. Das Schlimmste für mich was schon immer Ungewissheit - und ein offensichtliches Ende ist alles andere als Ungewiss.
Ich habe Angst Sie/Ihn zu verlieren! Was kann ich dagegen tun?
Im Bezug auf den Betroffenen? Fast nichts... Abstand halten und wie so oft hier und überall anders: Auf sich achten, auch wenn man instant bereit wäre sein letztes Hemd für den Partner zu geben. Kontraproduktiv.
Ich kann es wieder nicht nachvollziehen, aber ich habe Ideen:
- Man möchte dem (gesunden) Partner nicht zur Last fallen (Scham?)
- Man möchte den (gesunden) Partner nicht runter ziehen
- Man möchte in dem Zustand nicht "gesehen" werden
- Es fehlt schlicht die Kraft ...
- oder
- oder
- oder...
Ich habe immer noch Angst Sie/Ihn zu verlieren - es lähmt mich regelrecht
Ja, das war meine erste Reaktion. Die ersten Tage waren schrecklich. Mir hat selbst für das Meiste der Antrieb gefehlt.
Nach einigen Gesprächen und Refklektion: Das ist nicht ihre Schuld, sonder meine ganz eigene Verlustangst. Das ist mein Problem (ja klar, durch Sie getriggert) - aber dafür kann Sie erstmal nichts.
Ich wollte es erst aufschieben, leider bin ich dann auch dieser Tage nachts aufgewacht und war froh darum, weil mir der Inhalt der Träume alles andere als Gefiel (Alpträume - wieder Verlustangst).
Selbst jetzt in der Klinik, habe ich Angst, Sie könnte sich in einen Leidensgenossen "verlieben" oder einfach nur einen "Seelenverwandten" finden und ich bin in Zukunft raus.
Das kann ich nicht ausschließen (gibt kein bisschen Extra-Hoffnung, verbessert auch nix) aber auch hier - die Diskussion/Gespräche mit Leidensgenossen (andere Angehörige oder selbst Betroffene) haben mir geholfen und helfen sicher auch Ihr. (z.b. Gruppentherapie u.a.).
Es ist für Sie wichtig, für mich nur deshalb ein Problem, weil mich meine Verlustängste quälen.
Es kommt vom Partner nichts (mehr). Ich komme damit nicht klar.
Hier bin ich schon früher zur "Weisheit" gelangt: Erwartungsmanagement!
Ich bin meines eigenen Glückes Schmied!
Blödes Gefasel? Mitnichten...
Wenn ich 100% erwarte und 80% bekomme bin ich enttäuscht.
Wenn ich 50% erwarte und 80% bekomme bin ich positiv überrascht.
Wer hat den Unterschied gemacht? Der Partner, der in beiden Fällen 80% kommuniziert oder ich, der die Erwartung geändert hat? Ihr kennt die Antwort.
Ich sage nicht dass das einfach ist bzw. sofort gelingt, aber man kann es lernen. Hilft auch bei vielen anderen Alltagssituationen viel glücklicher durchs Leben zu gehen.
Dann war ein Post hier im Forum ganz entscheidend, von einer selbst Betroffenen - warum man positive Dinge durchaus überbewerten darf, gar soll. Es war eine schöne Metapher bzgl eines Teichs/Sees.
In einem ölverseuchten, schmutzigen Tümpel ist eine einzelne, aufblühende Seerose etwas benennswert Schönes und darf auch als solches hoffnungsvoll betrachtet werden.
Keiner kann mir sagen wie lange das dauert. Es ist auf unbestimmte Zeit
Hier kann ich nur für mich / meine Annahmen sprechen bzw. die Hoffnung / Situation die wir haben (in stationärer Behandlung).
Voraussetzungen: Das Thema (Depression) ist erkannt. Es ist als "Problem" zugelassen. Man möchte es verbessern / ist in aktiver Behandlung.
Dann gibt es immer noch keine Leitlinie wie "10 Wochen Lieferzeit" aber auch hier ist der Groschen vor ein paar Tagen gefallen.
Wieder aus dem aktuellen Spiegel (sinngemäß): "...verläuft in Wellen von ~6-8 Monaten. Mit Behandlung im Schnitt ~4 Monate. Mag zwar auf dem Papier wie "nur" ein bisschen besser aussehen, aber für die Betroffenen gefühlte Lichtjahre weniger Leiden".
Ich weiss immer noch nicht ob ich die vergangenen 2 Monate anrechnen "könnte" oder nicht - spielt aber für mich nun keine Rolle mehr, da ich hoffe/erwarte dass mit den genannten Voraussetzungen ich einen überschaubaren Zeitraum überbrücken muss.
Danach wird nicht alles beim Alten (aus heutiger Sicht wohl wichtigste Erkenntnis, wieder bzgl. Erwartungsmanagement) sein... Menschen ändern sich, Beziehungen ändern sich und wenn die Liebe zum Partner stark genug ist, davon gehe ich aus, dann kann man sich neu aufeinander einspielen.
Hab ich auch was davon?
Ich weiss zwischenzeitlich dass z.b. bei der Hochzeit "in guten wie in schlechten Zeiten" nicht nur eine hohle Phrase ist, sondern ich meine es jetzt auch so. Ich kann es zu 1000% jederzeit neu unterschreiben. Und sollte Sie genesen (was ich natürlich inständig hoffe), so werde ich ihr zu gegebener Zeit einen neuen Antrag machen.
Was wäre wenn - Unklarheiten oder andere(s) Ängste
Was passiert im schlimmsten Fall? Klingt einfach, hilft aber.
Manche der worst-case Szenarien (für mich insbesondere Trennung) will ich nicht durchspielen, dennoch würde es helfen. Warum?
Vorfreude ist (oft) die schönste Freude. Gleiches Prinzip (nur im Negativen) gilt für die Angst. Man kann sie so schillernd und schrecklich ausmalen, dass einem schier Angst und Bange werden kann. Oder man überlegt was passieren könnte, was man tun würde und stellt fest - joa, ich bin immer noch da. Mir geht es (später) wieder gut. Die Erde dreht sich weiter... immer noch schmerzahft, aber viel weniger schrecklich.
ACHTUNG: Ich bin weder Therapeut noch Fachmann, man sollte halbwegs gesund sein / starkes Selbstwertgefühl, sonst könnte eine Auseinandersetzung mit solchen Szenarien einen runterziehen bzs. ins Gegenteil umschlagen.
Es hilft auch immens bei Entscheidungen - die leider trotz Depression nicht vertagt werden können. z.B. Jobwechsel, Hausbau etc. Es hängt sicher individuell von der jeweiligen Situation ab ob man sich für die Fortführung oder gegen eine Fortführung dieses Pfades entscheidet.
NEUE Entscheidung würde ich persönlich nach heutiger Erkenntnis "aussitzen" - diese sind (bei uns) oft wirklich willkürlich und leider kontraproduktiv. Auch hilft es hier bewusst Szenarien durchzuspielen, welche man sonst sofort von der Liste streicht z.b. Job nicht wechseln (ich war zwar unzufrieden, aber ich würde es auch dort noch aushalten), Hausbau abbrechen (sind zwar 30.000,- € oder mehr futsch - aber was ist das im Vergleich zum Verlust des Partners und man verkäuft das Haus dann 2-3 Jahre später ohnehin? Anders hätte man die Beziehung vielleicht retten können?etc.
Wir haben Urlaub (kürzlich) gebucht - sollen wir trotzdem hinfahren
ACHTUNG: Ich bin weder Therapeut oder Fachmann, hatte aber genau diese Situation und habe mich gemeinsam mit meiner Partnerin GEGEN den anstehenden Urlaub entschieden. Ich habe auch nach der Storno im Stillen lange gehadert. "soviel Geld für Storno/Anzahlung futsch" ... "hätten wir nicht warten sollen". Für mich: NEIN. Richtig gehandelt.
Urlaub ist i.d.R. zeitlich und räumlich sehr intensiv, genau kontraproduktiv für das gesteigerte Autonomiebedürfnis und (siehe oben - wegen dem Thema Maske/Schauspiel) doppelt und dreifach anstregend. Ich würde wieder stornieren.
Außerdem wäre es eine Frist gewesen, bis wohin eine Genesung den Urlaub "gerettet" hätte. Das wurde von vielen Stellen von Betroffenen als immenser Druck/zusätzlich belastend eingestuft = vermeiden!
Ich habe sicher noch das ein oder andere Vergessen (Achtsamkeit wenn einen die Emotionen überrollen - Innehalten, kontrolliert ausatmen - hilft mir meist gegen unverhoffte Tränen, die sind ja nicht immer passend...).
Weitere Ergänzungen sind natürlich gerne gesehen. Sicher ist in unserem Fall viel Glück dabei, da es vergleichsweise schnell in Behandlung etc. übergegangen ist.
Ich drücke allen direkt und indirekt Betroffenen die Daumen, dass mindestens Besserung eintritt, idealerweise eine Heilung stattfinden kann.
Mein (genesener) Bekannter sagt heute: Er fühlt sich vollständiger, bewusster, stabiler als zuvor - und er hat keine Angst dass es wiederkommen könnte, er hat ja alle Werkzeuge um damit auch alleine klarzukommen.
Danke fürs Lesen/zuhören.