Depressionen und die Flucht in den Schlaf

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Michael-T
Beiträge: 71
Registriert: 16. Feb 2018, 15:11

Depressionen und die Flucht in den Schlaf

Beitrag von Michael-T »

Hallo zusammen

möchte gerne mal wissen was ihr macht wenn es euch richtig schlecht geht und keine Medikamente mehr helfen? Ich versuche dann in den Schlaf zu flüchten. Das Problem ist nur, ich kann über den Tag nicht schlafen und sehne mich nach der Nacht. Was dann noch dazu kommt, wache mehrmals in der Nacht auf und kann ganz schlecht wieder einschlafen, trotz Medikamente. Am Morgen wenn ich dann wieder aufwache bricht die ganze Welt über mich zusammen und möchte den Tag nicht erleben. Sicher die Symptome einer schweren Depression.

Gruß Michael
DeaStern
Beiträge: 141
Registriert: 20. Feb 2018, 21:23

Re: Depressionen und die Flucht in den Schlaf

Beitrag von DeaStern »

Hey Michael.

Ich bin zwar ganz neu hier im Forum und im Grunde habe ich noch keine Erfahrungen mit Foren, aber eine große Lebenserfahrung, weshalb ich mich hier angemeldet habe. Mir geht es heute ausgezeichnet, aber auch ich habe eine Zeit hinter mir, die alles andere als wünschenswert gewesen ist.

Wenn es mir wirklich ganz dreckig gegangen ist, dann habe ich dem Zustand getrotzt (ich bin auch ein sehr trotziger Mensch gewesen ;) .
Ich habe darauf geachtet, dass ich - egal wie ich beieinander bin, egal wie schlecht es mir geht - gerade gehe und die Mundwinkel nach oben ziehe, sprich immer lächle - trotzdem! Es dauert sehr lange, bis der Kopf aufhört gegen diese Mimik zu protestieren, aber es hilft und wirkt Wunder, bei mir ist es so gewesen.
Ich habe früher eine schlechte Haltung gehabt, weshalb ich angefangen habe Gymnastik zu machen, damit meine Haltung schön wird. Und dann hab ich gerade dann, wenn es mir schlecht gegangen ist, gelächelt und hab auf die Haltung geachtet.

Und dann hab ich noch angefangen Sport zu machen. Es hat lange gedauert, bis ich herausgefunden habe was ich am liebsten machen will und was mir wirklich gut tut. Früher bin ich gelaufen, was mir irgendwie langweilig gewesen ist, weil die Hände unbeschäftigt waren. So bin ich auf Nordic Walking umgestiegen und gehe jetzt 6 Mal die Woche in etwa eine bis eineinhalb Stunden mit Musik in den Ohren und einem Lächeln im Gesicht. Bei jedem Wetter, ich geh einfach immer und konsequent.
Seit einer Woche brauche ich keine Schlaftabletten mehr, obwohl ich ohne diese einfach nicht hab einschlafen können egal was ich getan habe. Ich muss dazu sagen, dass ich unter anderem deshalb nicht geschlafen habe, weil ich Erstickungsanfälle gehabt habe und die Angst davor war riesig.

Ich hab mir erlaubt dann, wenn es mir schlecht geht, zuerst einmal, dass es mir schlecht geht. Diese Situation an sich hab ich akzeptiert und hab aufgehört zu kämpfen. Und dann hab ich auf die Haltung und Mimik geachtet und bin Nordic Wolking gegangen. Mir hat das geholfen.

Leider habe ich feststellen müssen in der Zeit, wo ich an meiner Heilung intensiv gearbeitet habe (gute 15 Jahre), dass man sehr viele Sachen ausprobieren muss, bevor man auf etwas stößt, das hilft, weil jeder von uns anders tickt. Ich hoffe sehr, dass du etwas findest was dir hilft.

Liebe Grüße, DeaStern
BeJu
Beiträge: 58
Registriert: 16. Feb 2013, 22:09

Re: Depressionen und die Flucht in den Schlaf

Beitrag von BeJu »

Hallo Michael,

das liest sich sehr schlimm. Ich kann die Sehnsucht etwas Ruhe zumindest im Schlaf zu finden sehr gut nachempfinden. Entspanntes Schlafen ist auch bei mir zu einem Sehnsuchtsort geworden. Mir geht es derzeit ähnlich. Ich schlafe NIE tagsüber, um wenigstens in der Nacht einigermaßen zu schlafen, derzeit mit Hilfe von Mirtazapin und einem Schlafmittel. Ich habe beim Aufwachen ähnliche Gedanken.

Ich spüre GsD an manchen Tagen schon mal einwenig Entspannung und dann schreibe ich mir jede gelungene Aktivität mit positiven Befinden auf, die mir etwas Erleichterung gebracht hat. Wenn es geht, schmücke ichdieses Schriftstück bunt und Dick.
Wenn sich mein unerträglicher Spannungszustand gepaart mit Unfähigkeit irgendetwas zu tun wieder einholt, schaue ich mir wenigstens mein Geschreibsel an und sehe, dass nicht jeder Tag, jede Stunde gleich schlecht war. Manchmal hilft das, um die Hoffnung nicht aufzugeben.

Und dann - ich weiß, dass das jetzt wie Worthülsen ankommt - versuche Dich an Dinge zu erinnern, die Dir ansonsten gut getan haben, vielleicht eine heiße Dusche, fußmassage, vertraute Menschen treffen, keine Ahnung, dass kann ja alles mögliche sein und mach dies, wenn es Dir gerade möglich ist. Es fühlt sich bestimmt nicht so an, wie ohne Depressionen, aber es könnte etwas in Richtung Besserung bewirken.

Ganz allgemein hoffe ich für Dich, dass Du in ärztlicher und/oder therapeutischer Beahndlung bist. Wenn nicht, dann hol Dir Hilfe.
Hast Du liebe Menschen um Dich?

Dies für jetzt und hier
BeJu
Neti84
Beiträge: 56
Registriert: 23. Sep 2017, 20:42

Re: Depressionen und die Flucht in den Schlaf

Beitrag von Neti84 »

Lieber Michael-T,

ich kenne es gut, dass ich mich während Depressionen gefreut habe, dass der Tag vorbei war und ich schlafen gehen könnte. Ich hatte eigentlich kaum Probleme mit durchschlafen; jedoch bei meiner letzten Episode von Sept-Okt das erste Mal. Morgens bin ich jeweils oft schweißgebadet um ca 5.30 aufgewacht und konnte dann nicht mehr richtig weiterschlafen.
Ich bin vorsichtig mit dem Ausdruck, sich in den Schlaf zu flüchten. Kann es selbstverständlich sein, jedoch ist es für mich sehr wichtig, dass ich genügend schlafe. Und während einer depressiven Episode noch umso mehr. Für den Heilungsprozess ist es für mich ein unabdingbares Element.
Die Mörgen waren bei mir besonders schwierig; wenn ich gesund bin, bin ich am Morgen schlecht gelaunt, und während einer Episode geht es mir um ein Vielfaches schlechter. Ist ja auch ein klassisches Symptom der Depression.
Mir half, meine Routinen so gut es ging, beizubehalten und Verpflichtungen wahrzunehmen, auch wenn es mir schlecht ging. Aber für mich war es besser, als abzusagen und zu flüchten. Trotz Krankheit könnte ich Kräfte mobilisieren, um mich zu pushen, etwas zu tun. Nicht weil ich die Lage nicht akzeptieren wollte, sondern weil ich wusste, dass ein gewisses Aktivitätslevel förderlich für die Heilung sein kann. Am Morgen z.B. half es, aufzustehen, auch wenn ich unter Umständen noch ein paar Stunden im Bett hätte bleiben können. Aber dadurch wurde ich am Abend auch müder.
Meine Depressionen waren aber auch nicht so schwer, dass nichts mehr möglich war; bei schweren Depressionen denke ich, befindet man sich in einer anderen Krankheitsdimension).
Liebe Grüsse und alles Gute, jede Depression geht vorüber!!
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