Nicht an Besserung glauben können...

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Philosophin
Beiträge: 390
Registriert: 26. Jan 2015, 12:42

Nicht an Besserung glauben können...

Beitrag von Philosophin »

Hallo zusammen!

ich bin mir nicht sicher, ob mein Thema hier gut aufgehoben ist, oder ob es mehr unter die Kategorie "Psychotherapie" fällt....

Wahrscheinlich kennen das Problem hier viele:

Es heißt ja immer, um gesund zu werden, muss man ganz allgemein erstmal an den Heilungserfolg glauben! Hm... irgendwie nachvollziehbar! Aber wie soll das mit Depressionen gehen? Glauben?

Ich bin völlig hoffnungslos, seit 4-5 Jahren fast durchgehend erkrankt, schul- und arbeitsunfähig. Ich habe etliche Klinikaufenthalte hinter mir, ambulante Psychotherapien, bin mehrmals umgezogen und habe den äußeren Rahmen meines Lebens mehrmals verändert... aber es hilft nicht!

Ich habe mir mein Leben ganz anders vorgestellt, war früher zielstrebig und diszipliniert und habe alles geschafft, was ich wirklich schaffen wollte. Seit ich an Depressionen leide, scheitere ich nur noch, egal was ich mir vornehme. Ich halte nichts lange durch und resigniere schnell- weil ich nach dieser langen Zeit mit Depressionen sowieso nicht mehr daran glauben kann, dass es eines Tages besser werden wird.

Ich weiß es nicht! Vielleicht, weil ich auf ein Wunder hoffe, weil man sein Leben nicht so einfach wegwirft und ich mir erst sicher sein will, dass es wirklich nicht besser wird. Mir ist bewusst, dass das eine furchtbare Lebenseinstellung ist, eigentlich ist es gar keine... aber ich weiß nicht, wie ich das ändern kann!

Wenn ich morgens aufstehe und mir vornehme, es noch einmal ernsthaft mit dem leben "wollen" zu versuchen, ist das ein einziger Selbstbetrug. Ich kann diesem Leben nichts abgewinnen, dank meiner Depression, die mich nicht loslässt.

Ich weiß nicht, was ich noch tun soll... :cry:

Hat hier jemand vielleicht einen Rat für mich, wie man wieder ernsthaft leben "wollen" kann/will? Es gibt ja überhaupt keine Motivation, wenn sich nie ein kleiner Erfolg einstellt, es keinen Tag gibt, an dem es mir mal etwas besser geht, ich mich ein bisschen freuen kann/Hoffnung habe/Spaß an etwas empfinden kann... es ist immer nur alles grau und leer.

Muss ich überhaupt an "Heilung" glauben müssen, um gesund zu werden? Oder ist es für den Moment auch in Ordnung, z.B. meine Psychotherapie weiter zu machen, obwohl es mir zurzeit nicht gelingt, meine Einstellung zu ändern?

Ganz viele liebe Grüße und herzlichen Dank im Voraus!
Philosophin
Succubus
Beiträge: 357
Registriert: 9. Aug 2016, 06:44

Re: Nicht an Besserung glauben können...

Beitrag von Succubus »

Hallo Philosophin,
Philosophin hat geschrieben: Muss ich überhaupt an "Heilung" glauben müssen, um gesund zu werden? Oder ist es für den Moment auch in Ordnung, z.B. meine Psychotherapie weiter zu machen, obwohl es mir zurzeit nicht gelingt, meine Einstellung zu ändern?
Wie so oft gibt es hierbei - so denke ich - kein richtig oder falsch.
Was würde denn in deinen Augen dagegen sprechen es mal zu versuchen, ohne den Druck des "ich muss daran glauben damit es klappt"? Akzeptanz ist doch irgendwie ein großes Thema in der Depression, wieso nicht auch die depressiven Anteile in einem akzeptieren und ihnen einen gewissen Raum lassen und sie nicht auslöschen wollen?

Ich selber kann dir z.B. auch nicht sagen ob ich an eine Heilung glaube...ich hoffe dass es mir irgendwann wieder gut geht und glaube dass es mir auf jeden Fall wieder besser(!) gehen wird. Aber glaube ich an Heilung? Eher nicht...
Ich gehe wöchentlich zur Therapie und merke auch dass diese mir hilft, manchmal sofort, manchmal erst später. Doch es hilft. Und ich lebe einen Tag nach dem anderen, mehr geht momentan einfach nicht. Seit ich das so für mich annehmen konnte, wird es aber bei mir auch besser.

Liebe Grüße
Don't feed the troll :-)
DeaStern
Beiträge: 141
Registriert: 20. Feb 2018, 21:23

Re: Nicht an Besserung glauben können...

Beitrag von DeaStern »

Hallo Philosophin.

Ich bin zwar neu im Forum und nicht hier, weil ich noch krank bin und Hilfe benötige, sondern deshalb, weil ich viel Lebenserfahrung habe und weil ich mit meiner Erfahrung Hilfestellungen anbieten möchte.

Es ist aber nicht immer bei mir so rosig gewesen und ich kann sehr gut nachempfinden wie es dir zurzeit geht. Es tut mir voll leid, dass du so depressiv und hoffnungslos bist.

Ob man an Heilung glauben muss?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wir Menschen genau das leben was wir denken.
Wenn ich an Heilung glaube, dann bekomme ich, dass ich immer an Heilung glaube! Weißt Du was ich meine? Das ist wörtlich gemeint. So wie wir denken, so leben wir.
Ich habe gewusst, dass ich eines Tages gesund werde - das ist die Einstellung gewesen, die mir geholfen hat und die mich kerzengerade ans Ziel geführt hat. Aber ich habe 15 Jahre dafür alles gegeben und am Ende hat es geklappt.
Es scheint eine lange Zeit zu sein, aber je mehr man in sich investiert, desto mehr bekommt man am Ende.
Ich weiß, es ist furchtbar schwer so eine Einstellung zu gewinnen, besonders dann wenn man depressiv ist. Aber wenn man es nicht tut, dann ändert sich nichts.

Nach Innen gehen ist der einzige Weg, der zu Änderungen führt, so meine Erfahrung.
Ich habe mir angeschaut was ich lebe und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich immer dasselbe lebe, was ich schon als Kind gelebt habe. Dann habe ich festgestellt, dass ich nicht nur mein Tun, sondern auch mein Denken, mein Fühlen und mein Sein ändern muss, wenn ich aus der Depression herausfinden will. Die Gedanken, die mich geprägt haben, aber auch all das herum, das Tun, der Sein Zustand, die Emotionen, die hab ich ändern müssen. Ein sehr mühsamer Prozess, der am Ende zum Ziel führt.

Kurz zu dem Sein Zustand; Wenn ich ein Mensch bin, der nicht leben mag, dann werde ich genau das leben. Ich habe mich entschieden ein Mensch zu sein, der aus vollem Herzen leben will und so bin ich zu dem Mensch geworden, der voll gerne lebt - das meine ich damit. Es genügt nicht die Gedanken anzupassen und sein Tun ändern. Die Emotionen zu entsprechenden Gedanken zu ändern ist voll wichtig. Und vor allem das Sein, dann passt es.

Egal wie lange es dauert, egal was du dafür tun musst, gib nicht auf! Es lohnt sich zu leben und wie! Das sage ich, obwohl ich mein Kind verloren habe und noch einiges mehr erlebt habe was sehr schlimm gewesen ist.
Ich habe verstanden, dass nur ich diejenige bin, die für mein Leben, für das was ich lebe, verantwortlich ist. Dann habe ich mich für das Leben entschieden und habe nicht aufgegeben.
Und, bevor ich erkannt habe, dass sich Erfolge eingestellt haben, haben das alle anderen erkannt. Es dauert sehr lange, bis man selbst erkennt, dass sich etwas verändert hat.

Freude ist bei mir dann wieder gekommen, als ich mich entschieden habe mich wieder freuen zu wollen. Ich habe so getan als ob ich mich freue und irgendwann habe ich bemerkt, dass ich es tatsächlich tue.

Eine Therapie kann immer eine gute Stütze sein, ich würde sie nicht aufgeben. Du kannst ja immer noch an dir selbst arbeiten und versuchen eigene Lösungen zu finden.

Und noch was - alle "negativen" Erfahrungen sind da, damit wir erkennen können wie es auch anders geht. Das was man erlebt hat ist der wertvollste Schatz den man besitzt.

Ganz viele liebe Grüße zurück und feste Umarmung
Katerle
Beiträge: 11383
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Nicht an Besserung glauben können...

Beitrag von Katerle »

Hallo Philosophin,

Ich sag mal so. Depressionen sind gut behandelbar, so dass man lernen kann damit umzugehen und sein Leben meistern kann. An eine vollständige Heilung glaube ich nicht, doch du kannst es beeinflussen, dass Rückfälle vermieden werden können, in dem man seine Gewohnheiten ändert und es beim nächsten Mal anders macht.

Ausserdem bin ich heute stolz, es trotz vieler Schwierigkeiten bis hierhin geschafft zu haben. Alles Gute für dich und Zuversicht. Liebe Grüße Katerle
Neti84
Beiträge: 56
Registriert: 23. Sep 2017, 20:42

Re: Nicht an Besserung glauben können...

Beitrag von Neti84 »

Liebe Philosophin,

es tut mir leid, wie du dich fühlst und dass du schon mehrere Jahre in einer depressiven Episode bist.
Hoffnungslosigkeit, negative Gedanken sind Symptome der Depression. Wenn du in der Depression drin bist, ist dies schwer zu sehen. Aber so wie du aktuell denkst und dich fühlst, das bist nicht du sondern die Krankheit.
Regelmässig zur Therapie zu gehen sollte schon helfen und hat auch den Vorteil, dass du unter Kontrolle bist und dass bei einer Verschlechterung deiner Situation schnell reagiert werden kann.
Depressionen gehen vorbei; aber es braucht viel Geduld, Ausdauer und Arbeit.
Bitte gehe weiter. Solltest du nicht Leben, wärst du nicht geboren worden!
Vielleicht hilft es dir, an dein früheres Ich zu denken. Das warst du und so wirst du mit der Zeit wieder sein können, auch wenn du im Moment vielleicht glaubst!
Precious Angel
Beiträge: 22
Registriert: 30. Mär 2016, 06:49

Re: Nicht an Besserung glauben können...

Beitrag von Precious Angel »

Hallo Philosophin,

ich bin eben beim Lesen über diese Textstelle bei dir gestolpert :

Zitat "Ich mache eine ambulante Psychotherapie aber gehe sowieso davon aus, dass ich mich nach Abschluss der Therapie umbringen werde. Warum mache ich die Therapie dann überhaupt? Ich weiß es nicht! Vielleicht, weil ich auf ein Wunder hoffe, weil man sein Leben nicht so einfach wegwirft und ich mir erst sicher sein will, dass es wirklich nicht besser wird. Mir ist bewusst, dass das eine furchtbare Lebenseinstellung ist, eigentlich ist es gar keine... aber ich weiß nicht, wie ich das ändern kann! " Zitatende

als ich das ist mir eingefallen was mir vor Jahren mal ein Therapeut an den Kopf geworfen hat.:

"So lange Sie sich dieses Hintertürchen (Suizid) noch aufhalten, nehm ich Sie nicht zur Therapie an, das ist nämlich zwecklos"

ich dachte "So ein Arsch...das ist meine einzige ÜBERLEBENSstrategie! Nur so halte ich das Leben überhaupt aus."

So dachte ich damals und tu das wohl auch heute noch. es ist eine Art Notausgang wenn gar nichts mehr geht. Erstaunlicherweise war es dann immer so wenn es WIRKLICH übel ausgesehen hat, Scheidung/Heftigste Depression/Heftige Manie/Job weg und was es noch an anderen Nettigkeiten gab, ich in dem Moment immer zu sehr damit beschäftigt war die Lage zu klären als mich dem Suizid zu ergeben.

Worauf ich hinaus will ist folgendes....
du schreibst "Wozu Abi/Studium etc. wenn ich mich sowieso umbringen werde" wie wär es wenn du ne Nummer kleiner anfängst? Nicht gleich einen ganzen Garten anlegen, erstmal mit nem Gänseblümchen im Topf anfangen? Du schreibst du hast schon ganz viel geändert, dein Leben, deinen Wohnort also hast du durchaus etwas geleistet in dieser Hinsicht. Der Erfolg aus meiner Sicht ist: du lebst noch, du hast dich nicht ergeben. Das ist ne verdammte Menge. Ich kenn das hoffnungslose Gefühl dass du beschreibst, nach Jahren der Krankheit keine Aussicht auf Besserung zu sehen aber wer weiß was noch kommt? Bis dahin : weiteratmen. Du warst früher anders? wer weiß wie du in fünf Jahren sein wirst? Vielleicht gesund?
Ich merke grade es geht mit mir durch, sorry... Aber man muss nicht daran glauben damit sich etwas ändert, manchmal passiert es einfach....

gib nicht auf, weiteratmen...ok?
"Demons run when a good man goes to war"
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Nicht an Besserung glauben können...

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Philosophin,

ich denke, dass du eigentlich leben möchtest.
Ich fühle viel Verzweiflung in deinen Worten.

Vielleicht könnte es dir helfen, wenn du möglichst wertfrei deinen derzeitigen Zustand anerkennen könntest, ohne diesen mit "Gewalt" ändern zu wollen?

Wenn du schon viel erreicht hast in den letzten Jahren, dann wird es nochmal besser werden, da bin ich ziemlich sicher.

Vielleicht steckst du einfach in einer Krise, die Heilungsverläufe so an sich haben.
Da hilft meist nur, einfach weiter machen, ohne (vorerst) Wunder vollbringen zu wollen.

LG Gertrud
morgenstund
Beiträge: 48
Registriert: 25. Jan 2018, 17:32

Re: Nicht an Besserung glauben können...

Beitrag von morgenstund »

Hallo Philosophin,

ich kann Dir leider momentan keinen Rat geben. Möchte Dir nur sagen, daß ich Deine momentane [Denkweise sehr gut nachvollziehen kann. Glaub mir, Du bist nicht alleine damit. Du hast auch gute Seiten.

Alles Gute
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