Diskussionsforum Depression

Hi ihr alle,

ich selbst hab seit einigen Jahre (mittlerweile fast 4, glaub ich) Depressionen, mal schwer, mal mittelgradig, soweit ich das beurteilen kann Ist ja auch egal. Ich bin vor Kurzem 25 geworden und damit aus allen Versicherungen, die ich über meine Familie hatte, rausgefallen. Es ist schwierig und teuer, mit der Diagnose Versicherungen abzuschließen oder die Krankenkasse zu wechseln.
Mein Freund ist gesund, hatte aber überlegt, ob er auch eine Therapie anfangen soll, da er keine einfache Kindheit hatte und es natürlich Unterstützung im Umgang mit mir geben würde. Einige seiner Eigenschaften finde ich schon ein wenig besorgniserregend, wie z.B. seinen Kontrollzwang. Aber als er gesehen hat, wie schwierig es für jemanden mit Therapieerfahrungen ist, sich "vernünftig" abzusichern (Krankenkasse, Arbeitsunfähigkeitsversicherung o.ä.) hat er beschlossen, keine Therapie anzufangen. Was denkt ihr dazu? Ist das richtig, oder sollte seine Gesundheit vorgehen, selbst wenn es ihm momentan gut geht? Kann ich ihm sonst irgendwie helfen oder ihn speziell entlasten?

Liebe Grüße und vielen Dank im Voraus
Emily

Hallo Emily,

also ich würde an der Stelle deines Freundes erstmal keine Therapie machen (unter der Voraussetzung, dass es ihm aktuell gut geht), sondern würde erstmal alles mit den Versicherungen klären. Und wenn da alles geklärt ist, dann erst eine Therapie beginnen. Ob er wirklich eine Therapie machen sollte, kann ich nicht sagen, aber wenn er eine machen möchte und noch keine Diagnose wegen einer psychischen Krankheit hat, dann sollte er zuerst die Versicherungen abschließen.

Vor allem eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist SEHR wichtig! Ich habe auch eine abgeschlossen und danach die Diagnose Depression bekommen. Mittlerweile kann ich durch die Erkrankung nicht mehr arbeiten und bekomme eine gesetzliche Erwerbsunfähigkeitsrente von der Deutschen Rentenversicherung. Dadurch, dass ich noch eine private Berufsunfähigkeitsversicherung habe, bekomme ich auch noch eine private Rente. Und mit beiden zusammen kann ich gut leben. Ohne die private wäre ich etwas mehr über dem Hartz 4 Satz und davon zu leben wäre echt schwierig. Hartz 4 hatte ich auch mal, ich weiß also, wovon ich rede.
Ich kann euch wirklich nur raten, auf jeden Fall eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen.
Nachdem du ja schon die Diagnose hast, wird die dir in Bezug auf psychische Krankheiten nicht mehr ganz so viel nützen, weil wenn du schon eine Diagnose hast, wird die Psyche vom Versicherungsschutz ausgenommen. Wenn du also wegen der Depression arbeitsunfähig werden würdest, würde die Versicherung nicht zahlen. Wenn du allerdings wegen etwas anderem krank und arbeitsunfähig werden würdest, müsste die Versicherung die Rente zahlen. So weit ich weiß, wird bei bereits bestehender Diagnose entweder der entsprechende Körperteil ausgeschlossen oder man muss viel höhere Beiträge zahlen. Auch wenn die Psyche bei dir ausgeschlossen werden würde, würde ich mich trotzdem versichern. Es gibt ja noch tausend andere Krankheiten oder Unfälle, durch die man vielleicht nicht mehr arbeiten könnte. Von daher finde ich die Berufsunfähigkeitsversicherung sehr, sehr wichtig.

Im Prinzip finde ich, dass die Gesundheit vorgeht, aber solange er noch keine Diagnose hat und es ihm auch einigermaßen gut geht, sollte er sich erst richtig versichern. Danach steht einer Therapie ja nichts mehr im Wege.

Warum ist es denn so schwierig die Krankenkasse zu wechseln? Ich überlege auch, ob ich meine wechsle, weil die nur gut ist, wenn man nichts von ihr braucht. Werden da auch Vorerkrankungen abgefragt? Oder geht es da nur um Zusatzversicherungen? Ich dachte eigentlich, man kann einfach wechseln...

Zwecks "teuer": Bei mir war es so, dass die Versicherungen etwas billiger wurden, wenn ich mehrere Versicherungen beim gleichen Versicherungsunternehmen abgeschlossen habe. Das muss man dann halt abwägen, was wichtiger ist bzw. wie die Konditionen der verschiedenen Anbieter sind.
Ansonsten würde ich bei der BU-Versicherung drauf schauen, wie lange sie läuft, dass die Rente mind. über dem Hartz 4 Satz liegt (ansonsten muss man aktuell mit Hartz 4 aufstocken und landet auch beim Jobcenter oder Sozialamt und das ist richtig sch...), ob man Rente bekommt, wenn man seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, aber andere Arbeiten schon noch oder nur, wenn man überhaupt nicht mehr arbeiten kann. Mehr fällt mir nicht mehr dazu ein, es ist schon ein paar Jahre her, dass ich die Versicherungen abgeschlossen habe.

Naja, Versicherungen abschließen und sich damit beschäftigen müssen, ist immer ätzend. Aber es ist echt wichtig und man sollte wirklich dranbleiben. Ich wünsch dir viel Erfolg und gute Nerven dabei
Und im Prinzip ist eine BU-Versicherung auch etwas, was man für seine Gesundheit tut. Nur im Voraus halt.

Hoffe, ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen.

Liebe Grüße,
DieNeue

nur bei der PKV ist der Wechsel ein Problem. Bei den GKK spielen Vorerkrankungen keine Rolle im Gegenteil mit der Depressiosndiagnose bekommen die Zahlungen aus dem Strukturfond.

Was die BU angeht da musst du höllisch aufpassen und am besten gleich noch eine Rechtsschutzversicherung bei einem anderen Unternehmen abschließen.


Das Problem mit dem erstmal keine Therapie ist das es später nicht einfacher wird im Gegenteil. Wenn es im Aktuell gut geht sollten Wochen kein Problem sein, aber schon bei Monaten könnte es eines werden. Nicht zu letzt weil es ja nicht prompt einen Therapieplatz gibt.

Hallo ßßßß,

ßßßß hat geschrieben:nur bei der PKV ist der Wechsel ein Problem. Bei den GKK spielen Vorerkrankungen keine Rolle im Gegenteil mit der Depressiosndiagnose bekommen die Zahlungen aus dem Strukturfond.

Ah danke für die Erklärung.

ßßßß hat geschrieben: Was die BU angeht da musst du höllisch aufpassen und am besten gleich noch eine Rechtsschutzversicherung bei einem anderen Unternehmen abschließen.

Ja, das ist auch eine gute Idee. Ich musste damal bei meiner BU auch den Rechtsanwalt einschalten, weil in den Arztberichten etwas missverständlich formuliert war und die deshalb davon ausgegangen sind, dass ich sie über den Tisch gezogen habe, was ich aber nicht habe
Da ich damals Hartz 4 hatte, konnte ich das über den Beratungshilfeschein abwickeln. Ansonsten hätte ich das alles selber zahlen müssen. Und ohne Rechtsanwalt weiß ich nicht, ob ich das hingekriegt hätte (da ist man dann ja eh schon in nem schlechten Zustand). Von daher keine schlechte Idee.

ßßßß hat geschrieben:Das Problem mit dem erstmal keine Therapie ist das es später nicht einfacher wird im Gegenteil. Wenn es im Aktuell gut geht sollten Wochen kein Problem sein, aber schon bei Monaten könnte es eines werden. Nicht zu letzt weil es ja nicht prompt einen Therapieplatz gibt.

Ich meinte damit auch keine Monate, sondern ne relativ kurze Zeit, bis man eben die Versicherungen geklärt hat und alles hat, was man braucht, also höchstens ein paar Wochen.

Viele Grüße,
DieNeue

Kann der Freund nicht zu einer psychologischen Beratungsstelle der Stadt; Caritas etc. gehen? Die wird durch den Träger refinanziert und die KK erfährt nichts von seiner Beratung. In der Regel machen die keine Therapie, aber die Grenzen zwischen Therapie und Beratung sind meines Wissens fließend.Oder er bezahlt einige Therapiesitzungen aus eigener Tasche.Ich denke auch, daß man eine schwierige Kindheit durch Therapie, insbesondere Tiefenpsychologie,nicht verarbeiten kann. Wenn, dann traue ich noch am ehesten dem verhaltenstherapeutischen Ansatz, der nur auf die Gegenwart schaut und überlegt welche Gedanken- und Verhaltensmuster zu verändern sind. Im übrigen weißt Du sicher aus eigener Erfahrung, daß Psychotherapie nur begrenzt hilft.Sonst wärest Du Deine Depressionen komplett los.

Hey ihr alle, vielen lieben Dank euch schon mal für die tollen und ausführlichen Antworten! Ich werde auf jeden Fall mal schauen, wie das mit den Versicherungen und KK im Moment ist, und nach Caritas werde ich mich auch mal umschauen! Sehr gute Ideen von euch, ich danke euch vielmals

Also zu den Beratungsstellen: Diese sind meist bei den Kirchen ( du wirst da nicht religiös belabert), der Stadt und den Wohlfahrtsverbänden (Caritas, DPWV, Diakonie..) angesiedelt. Sie nennen sich psychologische Beratungsstelle oder Erziehungs-, Familien und Lebensberatungsstelle. Schau auch einmal auf die Homepage der Telefonsselsorge. Da sind deutschlandweit Seelsorgeangebote aufgelistet. Teils gehst Du direkt zu einer Stelle (Kirche etc.) und bekommst sofort ein Gespräch beim Seelsorger.

Nur mal zur Info, da ich nicht weiß, ob das etwas für Dich ist: Kürzlich las ich auch von einem Mann, der auch bei RTL vorgestellt wurde (kein Fachmann), der in Hamburg am U- Bahnhof einen Kiosk ohne Verkauf eröffnet hat und sich dort die Themen der Besucher anhört. Er will diese Geschichten in einem Buch anonym (?) veröffentlichen.

Ich werde einfach schauen, was die Zukunft bringt. Wir werden sowieso gemeinsam überlegen, und ich werde ihm alles sagen, was ihr Lieben mir hier berichtet habt Dann kann er entscheiden. Also, erneut vielen Dank euch allen!!!