stat. Klinik, Tagesklinik, ambulante Therapie?

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Petrini
Beiträge: 3
Registriert: 12. Sep 2017, 13:46

stat. Klinik, Tagesklinik, ambulante Therapie?

Beitrag von Petrini »

Hallo,
ich lese schon seit einiger Zeit mit, aber dieses ist mein erster Beitrag.
Seit dem Teenager-Alter habe ich Phasen in denen es mir über Monate hinweg sehr schlecht geht und ich mich von Freunden und Familie zurückziehe; die Maske aufrecht zu erhalten, dass alles in Ordnung sei, hat immer noch soweit gereicht, dass niemand bemerkt hat, wie es mir wirklich geht.
Jetzt mit 43 Jahren habe ich mir zum ersten mal Hilfe gesucht. Und bin von den verschiedenen Möglichkeiten überfordert. Nach langem Suchen habe ich jetzt einen Therapeuten gefunden (erst 3 Termine), der mir einen stationären Klinikaufenthalt in einer Psychotherapeutischen Klinik empfohlen hat. Meine Psychiaterin die mit mir die richtigen Medikamente sucht, hat mir zusätzlich auch eine Tagesklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik empfohlen.
Meinem Gefühl nach, tendiere ich aber zur ambulanten Therapie.?
Wie sind eure Erfahrungen, leidet die Partnerschaft sehr unter einem mehrwöchigem Aufenthalt? Ist dieser Abstand vom Alltag ehr positiv oder ehr negativ? Gibt es noch wichtige Aspekte, die ich mit in die Überlegungen mit einbeziehen sollte?

Liebe Grüße
aikido_1987
Beiträge: 1133
Registriert: 24. Jul 2011, 20:43

Re: stat. Klinik, Tagesklinik, ambulante Therapie?

Beitrag von aikido_1987 »

Mein Partner hat sehr unter meinen Klinikaufenthalten gelitten und das sagt er heute auch noch, wenn wir zufällig die alte Strecke fahren müssen. Aber ich war auch jedesmal 6 Monate weg.
Zum einen weil kein Leben in der Wohnung war, er alles Zuhause alleine bewältigen musste (Haushalt, Tiere, Schnee schippen, Garten), weil er mich liebt, weil er sich Sorgen gemacht hat wenn ich suizidal war und weil er zu der einen Klinik immer 1 Stunde Hin und dann wieder zurück fahren musste. Es war auch Stress für Ihn mich neben der Arbeit zu den Beurlaubungen abzuholen und wieder hinzubringen.
Er war aber auch immer nicht einverstanden mit der schulmedizinischen Behandlung meiner Erkrankung und es war oft ungewiss, ob er sich trennt, wenn ich in die Klinik muss und dort lange bleiben muss. Das war dann auch wieder Stress für mich.

Wenn du einen verständnisvollen Partner hast, der diesen schweren Weg mit dir geht und das auch egal wie lange es dauert, dann wird es kein Problem sein. Die meisten meiner Mitpatienten waren auch deutlich kürzer in der Klinik.

Wenn es dir möglich ist, jeden Tag zur Tagesklinik zu kommen und wieder nach Hause zu fahren, kann es ausreichend sein in die Tagesklinik zu gehen. Kommt eben auch auf die Erkrankung und die schwere der Erkrankung an. Hat den Vorteil du bleibst „draußen“ im Leben, kannst weiter deine Kontakte pflegen, deine Familie sieht dich weiterhin, du kannst im Haushalt helfen und die Nachbarn wundern sich nicht, wo du so lange bist.
Wenn die Behandler merken, dass Tagesklinik nichts für dich ist, würden Sie dich auch stationär aufnehmen, so war das bei mir.
In der Tagesklinik bist du freier und selbstbestimmter als auf Station. Es kassiert keiner dein Handy ein, du hast keine Ausgangssperre, musst die Tabletten nicht unter Aufsicht nehmen und wirst nicht 24 Std. nur beobachtet.

Ich will jetzt nichts falsches sagen, aber ich glaube, in der Tagesklinik muss man auch nicht jeden Tag 10 Euro Krankenhaustagegeld zahlen, aber ich weiß es nicht mehr ganz genau.
Petrini
Beiträge: 3
Registriert: 12. Sep 2017, 13:46

Re: stat. Klinik, Tagesklinik, ambulante Therapie?

Beitrag von Petrini »

Vielen Dank für deine Antwort.
Mir macht die Vorstellung einer Klinik insgesamt (stat. und Tageskl.) Angst. Ich fand die bisherigen 3 Termine jetzt schon sehr anstrengend und kann mir nicht vorstellen, wie ich damit klar komme, mich täglich mit der Bearbeitung der Ursachen der Depression zu beschäftigen.
Mein Mann ist sehr verständnisvoll, mein momentaner Zustand zehrt allerdings auch schon an seinen Nerven.

Haben dir die Klinikaufenhalte viel gebracht? Also deutlich mehr als eine ambulante Therapie?

Liebe Grüße
momadome
Beiträge: 614
Registriert: 2. Aug 2009, 15:03

Re: stat. Klinik, Tagesklinik, ambulante Therapie?

Beitrag von momadome »

Hallo Petrini,

ich kann deine Besorgnis bezüglich einer Klinik gut nachvollziehen. Auch ich habe lange gebraucht, bis ich die Krankheit akzeptiert und mich in Behandlung begeben habe. Da war ich ganz tief im Loch und wollte nur noch Hilfe.

Ich war in einem psychiatrischem Krankenhaus mit anschließender Tagesklinik. Und mir hat es sehr gut getan aus meinem normalen Umfeld raus zu kommen, mich ganz auf mich und meinen Umgang mit der Depression konzentrieren zu können. Es war auch sehr hilfreich für mich, dass in der Klinik immer jemand ansprechbar war, wenn ich mit der Verarbeitung der Therapieinhalte alleine überfordert war.

Meiner Familie hat der Abstand ebenso gut getan, da sie sich nicht mehr so verantwortlich für mich gefhlt haben und alle wieder Kraft schöpfen konnten.

Es war natürlich ein anstrengender und schwerer Weg, aber er hat sich gelohnt.

Zu Aikidos Post möchte ich noch anmerken, das ich Handyentzug, Ausgangssperre und ähnliches nur von der geschützten Station kenne, wo diese Maßnahmen auch durchaus begründet sind, zum Schutz für sich selbst. Auf einer offenen Station konnte ich mein Handy nutzen, das Krankenhaus nach Absprache verlassen und fühlte mich auch nicht überwacht. So meine ganz persönliche Erfahrung.

Alles Gute für deinen weiteren Weg, das wichtigste ist, dass du die ersten Schritte schon getan hast.
LG, jojoma
aikido_1987
Beiträge: 1133
Registriert: 24. Jul 2011, 20:43

Re: stat. Klinik, Tagesklinik, ambulante Therapie?

Beitrag von aikido_1987 »

Zu deiner Frage:
In den Zeiten wo ich so schwer krank war, dass es Zuhause nicht mehr ging, hat mir die Klinik sehr gut getan. Aber die Erkenntnis kam immer erst im nachhinein. Als ich da war, wollte ich wieder weg und hatte das Gefühl mir kann keiner helfen. (z.b. Momente wo es stetig bergab ging und ich nur noch gelegen habe, nicht mehr gegessen habe und tief depressiv war und auch nicht mehr duschen konnte und sowas)
In den Zeiten wo ich so krank war, dass ich auch mit ambulanter Hilfe zurecht gekommen bin, habe ich diese in Anspruch genommen.
Aber da haben die Psychiater einen guten Blick für, ob man auf Station oder in die Tagesklinik gehört, meiner Erfahrung nach.

Ich finde es jedesmal aufs neue schwer, mich auf Station einzuleben. Weil ich nie weiß, welche Station es wird, ob das Personal nett ist, ob der Psychologe berufserfahren ist, ob ich verstanden werde, ob der Bettnachbar verträglich ist, u.s.w.. Du arbeitest auch nicht den ganzen Tag in Gesprächen an einem bestimmten Konflikt. Es gibt auch viel Therapien wo das so beiläufig passiert wie z.b. Musiktherapie, Entspannung, Spazieren gehen, u.s.w..
Petrini
Beiträge: 3
Registriert: 12. Sep 2017, 13:46

Re: stat. Klinik, Tagesklinik, ambulante Therapie?

Beitrag von Petrini »

Vielen Dank für eure Berichte, sie konnten mir schon etwas Angst vor diesem Schritt nehmen.
Entschuldigt bitte auch, dass meine Reaktion so lange gedauert hat, ich habe es vorher einfach nicht geschafft zu schreiben.
Bei meinem letzten Termin bei meiner Psychiaterin, hat sie mir noch einmal sehr ins Gewissen geredet.
Manchmal wünschte ich mir, irgendjemand würde mir diese Entscheidung abnehmen.
Liebe Grüße
retrochallenge1
Beiträge: 71
Registriert: 14. Feb 2015, 14:35

Re: stat. Klinik, Tagesklinik, ambulante Therapie?

Beitrag von retrochallenge1 »

Liebe Forianer, ein sehr interessanter Thread ist das hier.
Ich habe meine 3 Depression seit Juni17, es geht jetzt seit ein paar Tagen endlich besser.
Ich war noch nie in einer Klinik.Egal wie schlecht es mir ging oder geht.Meine familiäre Situation lässt das nicht zu.Zudem möcjte ich nicht, dass ich mit meinen Kindern dieselben Fehler mache, wie meine Eltern mit mir.
Mein Mann ist manisch- depressiv.Wobei wir alsFamilie von seiner Depression nichts mitbekommen .Er ist dann eher normal.Der manischeZustand ist äußerst schwierig und ich kann meine jüngeren Kinder wg. seiner dann sehr hohen Agression und Risikobereitschaft nicht allein lassen.

Ich bin jetzt auch in meiner schwersten Phase ambulant zur Therapie gegangen Leider ging das nur alle drei Wochen, da ich bis Januar für eine erneute Therapie gesperrt war.
Nun habe ich am 4.Januar einen neuen Antrag über meinen Therapeuten gestellt.

Die Tagesklinik ist eigentlich auch nichts für mich, dennoch werde ich in der kommenden Woche dorthin zu einem Vorgespräch gehen.Ich werde dann sehen, wie lange die Wartezeiten sind und ob es was für mich ist.
Ich muss aber dazu sagen, dass ich selber seh rviel und andauernd an mir und den Depressionsgründen gearbeitet habe.Ich hatte quasi mit Hilfe meines Therapeuten, dieses Forums und auch durch die Bücher die ich gelesen habe, meine Fortschritte von zuhause aus gemacht.
Das ist sicherlich nicht jedem möglich.
Mich hatte es sehr schwer erwischt.Manchmal war mir selbst das Atmen zu anstrengend.
Von außen hat fast kein Mensch gemerkt, wie krank ich wirklich war.Selbst meinem sehr erfahrenen Therapeuten ist es erst durch bestimmte Testverfahren, um die ich ihn gebeten hatte, aufgefallen, wie nahe am Ende ich war.
Meine Ärztin wollte , das ich in die Klinik oder Tagesklinik gehe, aber ich hatte die ganze Zeit selber die Kraft mich zu entscheiden, ob ich dahin gehe oder nicht.
Ich wollte nicht, dass ein anderer Mensch auf mich Zwänge ausübt.
Dass es mir jetzt besser geht, habe ich auf jeden Fall nicht meiner Ärztin zu verdanken.Sie wollte mich nur 0815 behandeln, nicht individuell.
Viele Grüße retrochallenge
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