und danke, dass ich in diesem Forum als betroffene Angehörige untergekommen bin. Es erleichtert ungemein, wenn man mit den immensen Problemen nicht ganz alleine ist und diese Anlaufstelle hier ist mit Sicherheit mehr am akuten Geschehen als Beratungsstellen im RL, über die ich aber trotzdem sehr froh bin und die ich auch genutzt habe. Nur - helfen kann keiner. Das ist mir auch klar, aber es ändert nichts an der Tatsache, dass man als Angehörige so langsam aber sicher auch an die eigenen Grenzen kommt.
Ich (58) bin mit meinem Freund (53) jetzt ziemlich genau 2 Jahre zusammen, vor ein paar Wochen sind wir zusammengezogen. Da war er schon seit 7 Monaten krankgeschrieben und in dieser, für mein Dafürhalten "verschenkten" Zeit, hat er leider nicht viel getan oder nicht tun können, um einen Anfang zum Ausstieg aus der Misere zu finden. Von der Hausärztin verschriebene Tabletten, die zugegebenermaßen alle Nebenwirkungen generierten, hat er eigenverantwortlich abgesetzt, mit ziemlich heftigen Entzugserscheinungen. Von einer Psychotherapie wollte er nichts wissen, seit zwei Wochen ist er aber jetzt in einer Tagesklinik. Und darüber bin ich richtig richtig froh!
Ich genieße zum Beispiel einfach, dass ich tagsüber alleine in der Wohnung sein kann und nur für mich verantwortlich bin. Wenn ich sonst nach Hause kam (und ich hab einen körperlich und mental anstrengenden Job mit anderen Menschen) hatte ich immer das Gefühl, dass mich wieder ein kleineres Kind erwartet, Mami zu Hause und jetzt bin ich Blitzableiter, Alleinunterhalter oder sonst was.
Veränderungen in seinem Verhalten sind mir schon seit längerer Zeit aufgefallen, jetzt kann ich sie zuordnen. Das plötzlich ruppige Verhalten, kein Interesse an meinen Worten, netten Gesten, Geschenken, Unternehmungsplänen. Dauernd alles nur schwarz sehen, die Flaschen waren immer nur halbleer.
Und das im wahrsten Sinne des Wortes: bald war er fast jeden Abend angetrunken, zwar nur mit Bier und auch nicht übermäßig viel in der Menge, aber es reichte zu Wutattacken mit heftigen verbalen Angriffen und Beleidigungen und richtiggehend vulgärer Auftrittsweise. Darin eingebettet Weinkrämpfe und Suizidgedanken, mit dem Motorrad gegen eine Mauer fahren zu wollen. Phantasien, er sei am Tod seiner Mutter und seiner Schwester vor ein paar Jahren Schuld. Diese kämen nachts in sein Zimmer und wollten ihn zur Rechenschaft ziehen, deswegen konnte er nur noch mit laufendem Fernsehen und hellem Licht "schlafen".
So einige Male hab ich mir in dieser Weise die Nacht um die Ohren schlagen müssen, selbst völlig fertig, was ich in solchen Akutsituationen tun könnte. Notarzt anrufen? Einweisen lassen? Telefonseelsorge? Bei letzterer bin ich an eine sehr inkompetente Mitarbeiterin geraten, danach gings mir noch schlechter als vor dem Anruf. Immerhin hab ich dann durch Internetrecherchen herausgefunden, dass es psycho-soziale Beratungsstellen gibt, sogar in unserer Kleinstadt. Warum konnte ich darüber nichts von der Tante erfahren?
![Augen verdrehen :roll:](./images/smilies/icon_rolleyes.gif)
Ich muss in der Regel bis in die Abendstunden arbeiten und in jüngster Vergangenheit hab ich mich vor dem Heimkommen gefürchtet - wenn er dann evt. wieder angetrunken und zur Explosion bereit ist. Nur ein, in seinen Ohren, falsches Wort! Nicht, in seinen Augen, gebührende Aufmerksamkeit!
Ich habe keinen PARTNER mehr, ich muss einfach nur funktionieren in allen Belangen, in seinen und meinen. Aber ich bin auch schon mal hilfe- und anlehnungsbedürftig, brauche Schutz und Rat und Schulter. Ich bin selbständig und darf nicht krank werden und ausfallen.
![Traurig :(](./images/smilies/icon_e_sad.gif)
Ich weiß jetzt zum Glück, dass es die Krankheit ist, deswegen bin ich auch nicht böse auf ihn. Vorher habe ich mir so viele Gedanken über die Probleme in unserer Beziehung gemacht, wir haben mehrmals eine Partnerberatung aufgesucht, was uns beiden phasenweise sehr geholfen hatte. Hätte ich das damals schon alles gewusst.
![Überrascht :o](./images/smilies/icon_e_surprised.gif)
Was dazu kommt:
vor gut 20 Jahren hatte mich mein Ehemann verlassen. Nach der Diagnose Depresssion (?) war er acht Wochen in stationärer Behandlung, hatte sich da in eine Mitpatientin verliebt und beschlossen, mich nach Abschluss der Behandlung zu verlassen. Ich war dann allein mit vier kleinen Kindern.
etwas später lernte ich die große Liebe meines Lebens kennen. Er war manisch-depresssiv (ich verliebte mich in seiner "normalen" Phase in ihn) und hat sich in der depressiven Episode vor einen Zug geworfen. Beim Freigang in der Klinik. Wir wollten heiraten und meine Kinder waren regelrecht traumatisiert, weil sich alle so gut verstanden haben.
die nächste Beziehung war dann sehr schön. Aber er war trockener Alkoholiker, was wohl dazu beitrug, dass er die Beziehung nach 18 Monaten beendete, sei es aus Bindungsangst oder sonstwas. Und ließ mich mit gebrochenem Herzen zurück.
Und damit komme ich zur Betreffzeile, dass mir jetzt schon wieder so etwas passiert. Als hätte ich was auf der Stirn geschrieben. Immerhin hab ich so einiges an Erfahrung, vielleicht kommt mir die beim Durchhalten zu Gute. Alles ziemlich schwierig.
Wenns jemand liest, danke.
Cindy