Depressionen sichtbar machen

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Marlen-04
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Depressionen sichtbar machen

Beitrag von Marlen-04 »

Hallo zusammen

unter http://www.spiegel.de/wissenschaft/mens ... 33,00.html ist ein Artikel it dem Titel "Depressionen sichtbar machen" zu finden, in dem gesagt wird, dass man mit Hilfe eines Kernspintomographen durch Bestimmung der Gaba-Konzentration Depressionen nachweisen kann.

Grüße
Marlen
puks
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Re: Depressionen sichtbar machen

Beitrag von puks »

Hallo Marlen,

der Artikel ist recht interessant - allerdings ist meiner Meinung nach das Hauptproblem, dass man erst einmal darauf kommen muss, dass unter Umständen eine Depression vorliegt. Und dann wage ich zu bezweifeln, ob die Krankenkassen begeistert sind, Kernspintomographien zu bezahlen, soll heißen, nützt uns diese Erkenntnis im Enteffekt was?

Lieben Gruß,

puks
tomroerich
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Re: Depressionen sichtbar machen

Beitrag von tomroerich »

Hallo Puks,

einen Nutzen sehe ich deshalb darin, weil jeder körperliche Beweis für die Depression dazu verhelfen kann, die Depr. als echte Krankheit zu etablieren und ihr schlechtes Image als das Niedergedrücktsein der Schwachen und Faulen zu verbessern.
Blöd ist das sicherlich, aber auch der ungläubige Thomas brauchte was zum Anfassen. So auch hier.

Gruß von

Thomas
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
albert
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Re: Depressionen sichtbar machen

Beitrag von albert »

Hallo Marlen, Puks und Thomas,
ich würde mal gerne wissen, wieviel eine Kernspintomografie kostet. Wieviel Geräte stehen im Land? Werden die Krankenkassen bereit sein, das immer, oder in Ausnahmefällen zu bezahlen? Bisher weiß ich nur, dass die Diagnose Depression mit diesem Gerät ziemlich neu ist.
Gruß
Albert
Marlen-04
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Re: Depressionen sichtbar machen

Beitrag von Marlen-04 »

Guten Morgen zusammen

ob uns diese Erkenntnis was nützt, wird sich heraus stellen. Ich schätze aber auch, dass eine Kernspintomographie ziemlich teuer ist; gehe davon aus, dass genügend im Lande stehen.

Das Argument von dir @Thomas, finde ich sehr gut. Leider ist es doch noch immer so, dass selbst Leute, die davon betroffen sind, es als etwas betrachten, das man wieder "selbst in den Griff bekommt" bzw. "man sich nur zusammenreißen muss" und nicht akzeptieren, dass es physiologische Ursachen hat, die man medikamentös behandeln muss/kann. Ganz zu schweigen von denen, die es als "geisteskrank", "Krankheit der Schwachen/Frauen" oder "vor dem Leben/Arbeit drücken" ansehen.

Viele liebe Grüße
Marlen
artemis
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Re: Depressionen sichtbar machen

Beitrag von artemis »

Zumindest das abgebildete Gerät aus Bremen, das ansonsten aber nichts mit dem Artikel zu tun hat (ist einfach nur ein DPA-Bild zum Thema), ist ein Sondergerät für die Forschung. Sowas steht nicht in Kliniken und so weit ich weiß, gibt es in Deutschalnd nur dieses oder sehr wenige Geräte die 3 Tesla (magnetischen Fluß) in einer Öffnung erzeugen können die groß genug für einen menschlichen Kopf ist. Was ich nicht heraus bekommen konnte ist, ob ein solches oder vergleichbares Gerät für die zitierte Studie benutzt wurde oder ob dafür ein klinik-üblicher Kernspintomograph benutzt wurde.

Wurde aber ein "Hochleistungs-Headscanner" benutzt, wird es vorlaufig wohl so bleiben, daß mit den wenigen zur Verfügung stehenden Geräten erstmal die allgemeinen Mechanismen der Depression (und vieles andere) untersucht werden wird. In der Routinemäßigen Depressions-Diagnose sehe ich solche Geräte noch lange nicht, egal was eine Untersuchung damit kosten würde.

Liebe Grüße an alle
Arte
Caroline1
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Re: Depressionen sichtbar machen

Beitrag von Caroline1 »

Ist ja alles schön und gut, aber für mein Verständnis kann es nie soweit kommen, dass ein Kernspintomograph zur routinemäßigen Diagnostik einer Depression eingesetzt werden kann. Abgesehen von den enormen Kostengründen, die sowas verursachen würde. Das ist wirklich unrealistisch, sowas überhaupt nur in Erwägung zu ziehen, Verschwendung von Geldern, die man für die Gesundheit der Gesellschaft viel besser anlegen könnte. Ich kann ja verstehen, dass es einige Menschen sehr fasziniert, wenn sich bis jetzt unbekannte Phänomene, wie zB bestimmte Vorgänge im menschlichen Gehirn, visualisieren lassen, aber ich finde es nicht in Ordnung, wenn diese Spielereien mit öffentlichen Geldern bezahlt werden sollen.

Ansonsten empfehle ich, sich mal während einer akuten Depression in eine solche Röhre zu begeben. Dann relativiert sich vielleicht manches, denn auch wenn es nicht weh tut, diese Untersuchung schmerzt trotzdem sehr, in den Ohren und auch an der Seele!

Caroline
artemis
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Depressionen sichtbar machen

Beitrag von artemis »

als unrealistisch würde ich das für ferne zukunft nicht sehen, caro. aber es wird nicht innerhalb der nächsten 5 jehren eine reihenuntersuchung auf depression geben, wie früher für tb.
würden wir das überhaupt wollen???
nachdenkliche grüße von
arte
DYS-
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Bildgebende Untersuchungsverfahren

Beitrag von DYS- »

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Ich sehe wenig Sinn in der zweifelhaften Objektivierung von Depressionen.
Zweifellos ist es ein Fortschritt in der Medizin und die Doktoranden haben sich mit dieser Forschung ihren Dr. vor dem Hausnamen verdient.
Es ist auch für uns Depris gut zu wissen das Depressionen auch physiologisch nachgewiesen werde können. An der Therapie wird dies aber nichts ändern.
Ich habe in meinem Job sehr häufig Pat. mit schweren Symptomen eines Bandscheibenvorfalls gesehen, bei denen kein oder nur geringe Befunde auf den MRT Bildern zu sehen waren. Umgekehrt gibt es Menschen, bei dem man von den Bildern her annahm sie könnten sich kaum noch rühren, nur wenig Symptomatig zeigte.
In einer Forschungsreihe wird die Amygdala-Aktivität beobachtet.(Amygdala = „Mandelkern“; grauer Hirnkern vor dem Unterhorn des Seitenventrikels des Gehirns in dessen Schläfenpol; Teil des limbischen Systems)Der Mandelkern ist für die Verarbeitung von Gefühlen mitverantwortlich.

Bei Spinnenphobikern kann man eine Aktivität in der Amygdala feststellen, wenn sich diese Bilder von Spinnen anschauen. Nach einer Behandlung mit einer kognitiven behaviouralen Psychotherapie beobachtete man, dass sich die vorher abnormen Aktivierungen zurückgebildet hatten.
Ich zweifel aber sehr daran, das eine Objektivität bezgl. des Leidensdrucks erstellen lässt. Ich fände es einfach fatal, wenn jemanden mit einer geringeren Aktivität der Amygdala nachgesagt würde: "Sie haben keine übersteigerte Angst vor den Krabblern, schauen sie sich die Diagnosebilder an, sie bilden sich das nur ein."

Ich hoffe, daß es in Zukunft, evtl. aus diesen Forschungsergebnissen heraus, eine adäquate Therapie gegen Depressionen geben wird.
Liebe Grüße
DYS
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
Faustus
Beiträge: 690
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Depressionen sichtbar machen

Beitrag von Faustus »

Hallo,


ich moechte mich den Vorrednern insofern anschliessen, dass ich auch denke dass ein objektives Nachweisverfahren zwar ein essentielles Werkzeug sein kann, nicht jedoch alleiniges Mittel. Klar, Psychoanalyse ist extrem subjektiv und gerade als Naturwissenschaftler muss man da oft schlucken (selbst als Betroffener!), und so ist der Wunsch nach Objektivierung verstaendlich. Auch wird es sicherlich zur Therapiefindung nuetzlich sein, zerebrale Stoffwechselvorgaenge zu visualisieren.

Nur sind die Ursachen und Auswirkungen der Depressionen so unterschiedlich, der Parameterraum so gross, dass das dem pauschalen "Depressionen sichtbar machen" entgegensteht. Man denke nur mal an die individuellen Szenarien wie Geschichte der Depression, Ursache (rein organisch, Koerperchemie, erlittene Traumen, Erziehung etc), zeitliche Variablitaet, Leidensfaehigkeit und sicher vieles mehr, was mein Hirn jetzt nicht hervorkramt.

Nichtsdestotrotz bleibt es ein interessanter Ansatz fuer Forschung, Diagnose und Therapie. Nur sehe ich nicht den Arzt, der sich ueber einen Rechner beugt und nach kurzer Studie eine optimale Threrapie fuer den Patienten in der Hand hat. Depressionen sind eben kein Knochenbruch ...


Schoenes Wochenende an alle,


Faustus
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