Hallo Katerle,
Ich kann dich sehr gut verstehen. Solche Aussagen verletzen mich auch und machen mich wütend. Das schlimme ist, dass sich die Aussagen oft sehr stark in meinem Kopf festsetzen.
Katerle hat geschrieben:jemand auf Arbeit sei durchgedreht und hatte sich selbst einweisen lassen und sei jetzt in der Klapse... Sowas könne man nicht brauchen... Das war völlig abwertend und hatte mich verletzt, da ich ja nun auch schon selbst in einer Klinik war.
Allein schon die Wortwahl und dann auch noch dieses herablassende gnadenlose Verurteilen von Leuten, die nicht so sind, wie sie (in deren Augen) sein sollen ist verletztend.
Eine frühere sehr gute Freundin (hat sogar Soziale Arbeit studiert!) hat auch mal gemeint, eine andere Freundin arbeite in einer Einrichtung für psychisch Kranke, also "bei den Verrückten". Hab dann gefragt, "Bei solchen wie mir, oder was?". Da kam dann auch nur "Neeee, du weißt schon wie ichs mein..."
Ja, ne, schon klar. Ich fühl mich gar nicht angesprochen.
Ne Entschuldigung hab ich dafür nie bekommen.
Manchmal frag ich mich, ob sie über körperlich Behinderte auch so reden würde, und kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass sie da sagen würde "die arbeitet bei den Krüppeln... du weißt schon wie ichs mein, ne?"...
Katerle hat geschrieben:Es hatte sich sogar schon mal jemand lustig darüber gemacht und nur dumme Kommentare abgegeben vor anderen, weil ich auf Hörgeräte angewisen bin und das öfters.
Ich verstehe es nicht, wie man sich über sowas lustig machen kann. Kommen die Leute eigentlich nicht drauf, dass sie genau das gleiche Problem auch haben könnten?
Katerle, hast du da was dagegen gesagt oder hat die Person von selber aufgehört?
Glaube, manchmal muss man schon mal auf den Tisch hauen und sagen, was einem nicht passt. (Der andere sagt ja auch lautstark seine Meinung! Und wer so austeilt, kann meiner Meinung nach auch mal was einstecken) Und ich finde, sich über jemanden lustig zu machen, nur weil er Hörgeräte hat, ist einfach kindisch. Das ist meiner Meinung nach einfach nicht das Niveau eines Erwachsenen und es ist nicht nur verletzend, sondern auch einfach nervig. Hörgeräte sind jetzt auch nichts so Ungewöhnliches, da muss man nicht ständig drauf rumreiten.
Katerle hat geschrieben:Das war völlig abwertend und hatte mich verletzt, da ich ja nun auch schon selbst in einer Klinik war. Ich wollte was dazu sagen, traute mich aber dann doch nicht, weil ich wohl in dieser Gemeinschaft wieder mal alleine dastehen würde mit meiner Meinung.
Wissen die denn, dass du Depressionen hast und in einer Klinik warst? Gibt es in der Gruppe noch andere Leute, die sich nicht dazu geäußert haben? Vielleicht denken die auch wie du. Vielleicht könnte man sich besser in nem Zweiergespräch ein bisschen an das Thema rantasten... wie z.B. mal ner einzelnen Person sagen, dass es für die Person bestimmt nicht leicht war, sich selber einzuweisen. Oder dass es ihr bestimmt ganz schön schlecht ging... bissl mehr auf das Leid der Person richten und erst mal gar nicht gleich von dir erzählen. Ist vielleicht einfacher als in der großen Gruppe.
Katerle hat geschrieben:Manche lassen einen auch nicht zu Wort kommen, weil sie einen einfach übertönen mit ihrer Stimme und den Ton angeben oder einfach dazwischen reden. Wenn das so abläuft, ist es ja auch kein Wunder, dass man zurückbleibt in einer solchen Gemeinschaft und sich einsam fühlt irgendwo.
Solche Leute finde ich auch immer schwierig. Vor allem, wenn sie den Ton angeben, nur weil sie am lautesten reden
. Ich bin ziemlich introvertiert und dachte immer, introvertiert sein ist schlecht und viel zu reden wäre das non plus ultra. Aber Leute, die ständig reden, reden ohne vorher zu denken und immer am lautesten schreien, sind auch sehr anstrengend.
Magst du die Leute denn sonst so? Du schreibst ja, dass es eigentlich ganz schön war.
MagicMops hat geschrieben:In diesen Momenten wünschte ich, er würde mal eine depressive Phase durchmachen. Natürlich will ich das nicht, aber dann würde er nicht so einen Stuss reden.
Das denke ich mir ehrlich gesagt auch manchmal. Ja, und ich wünsche es eigentlich auch niemandem, aber ich glaube, es würde manchem vielleicht die Augen öffnen (zumindest ein ganz kleines bisschen...). Wenn ich sowas denke, dann denke ich mir meistens aber auch gleichzeitig, dass solche Leute dann wahrscheinlich nicht ankommen und sich für ihr Verhalten und fehlendes Verständnis entschuldigen würden, sondern rumposaunen würden, wiiiiiiieeee schlecht es ihnen doch in den zwei Wochen superleichter Depression ging.
Vielleicht etwas gemein sowas zu denken... oder einfach depressiver Pessimismus...
MagicMops hat geschrieben:Das Schlimmste ist einfach diese unglaubliche Arroganz, sich anzumaßen ein Urteil über etwas fällen zu können, von dem man keine Ahnung hat!
Sehr gut ausgedrückt!
MagicMops hat geschrieben:
Einer Bekannten mit Depressionen wurde mal von Ihrer Verwandtschaft gesagt, dass Menschen wie sie früher "vergast wurden und das nicht ohne Grund"
Unglaublich. Das ist echt erschütternd.
Ich glaube, ich wäre am Boden zerstört gewesen und würde mit jemandem, der mir sowas sagen würde, nichts mehr zu tun haben wollen. Aber das ist natürlich schwierig bei der Verwandtschaft. Bei manchen Sprüchen bleibt einem echt nur der Mund offen stehen und man weiß gar nicht, was man sagen soll, weil man nicht im Geringsten damit gerechnet hat, dass jemand sowas überhaupt denken, geschweige denn sagen würde.
Das Blöde ist, finde ich, dass man sich als Depressiver schon grundsätzlich schlecht wehren kann, eben weil man angeschlagen und labil ist (keine Kraft hat, sich zu streiten/man nicht vor anderen losheulen will/vergisst, was man sagen will, weil man sich nicht konzentrieren kann etc.). Und viele Leute, die Depressionen haben (mich eingeschlossen), haben es auch nicht gelernt, sich selbstbewusst zu wehren.
Morbus hat geschrieben:Damals als es um den Flugzeugabsturz ging meinte mein Stiefvater, dass alle Depressiven quasi Gebrandmarkt werden sollten und alle Arztberichte mit Diagnose an den Arbeitgeber gehen sollten. Er sah Depressive als potentiele Amokläufer und gefährlich und das nur wegen der Berichterstattung. Er verstand nicht einmal, dass auf einer Krankmeldung die Krankheit nicht angegeben ist und der Arbeitgeber dies nicht zu wissen braucht.
Ich verstehe nicht, warum Menschen sich plötzlich so auf irgendeine potenzielle Gefahr fixieren...
und dann irgendwie anscheinend auch noch ihren gesunden Menschenverstand ausschalten und null darüber nachdenken, was die Konsequenzen für alle wären, wenn man das machen würde, was sie fordern. So ein Verhalten kann ich irgendwie nicht nachvollziehen. Ich weiß nicht, woher es kommt, dass Menschen sich so beeinflussen lassen... liegt es einfach an der mangelnden Intelligenz oder dass sie in der Schule nicht gelernt haben, Dinge kritisch zu bewerten und selber zu denken? Oder sind sie zu oberflächlich, um sich mit Dingen genauer zu befassen?
Wusste dein Stiefvater denn von deiner Krankheit?
Vielleicht ist es manchmal auch ein bisschen so wie bei dem Beispiel von meiner Freundin über die Verrückten... Sie wirft alle Depressiven in einen Topf und sämtliche Vorurteile dazu, aber sie checkt nicht, dass sie mich im Prinzip da mitreinwirft, weil ich ihrer Meinung nach ja nicht verrückt bin, also nicht so bin, wie "alle" anderen Depressiven...
Versteht ihr, was ich mein? Also bei deinem Stiefvater wäre das dann so, dass er sagen würde, alle Depressiven sind potenzielle Amokläufer und hochgefährlich, aber bei dir würde er sagen "Mein Stiefkind? Neeeeeeee, niemals! Das würde niemaaaaals jemandem was tun!"
Ich frage mich manchmal, ob es wirklich notwendig ist, dass man selber mal so richtig in der Sch... gesessen hat und in seinem Leben Schlimmes durchmachen muss, um andere Leute zu verstehen.
Ich denke, ich konnte mich schon immer einigermaßen in andere Leute reinversetzen und hatte in Gruppen oft auch einen Blick auf die Außenseiter. Meine Eltern haben mir auch sehr eingeimpft, dass man andere Menschen nicht für etwas verurteilt, für das sie nichts können. Aber ich glaube, durch die Depression bin ich auch etwas gereift (auch wenn sich das vielleicht arrogant anhört
). Ich kann mich in Probleme anderer Menschen schon mehr hineinversetzen, auch wenn es nicht die gleichen sind, und weiß auch, dass es hinter einem Verhalten, das ich nicht verstehe, meistens auch einen Grund gibt. Aber andererseits finde ich, dass selbst wenn man was nicht versteht, kann man sich wenigstens bemühen, den Anderen zu respektieren.
Katerle hat geschrieben:Naja, übers Knie brechen möchte ich nichts, aber es stört mich halt, wenn so verurteilt wird und abgestempelt. Irgendwann ist auch hier das Maß voll...
Ich finde es auch schwierig, Leute auf sowas anzusprechen und seine Meinung zu sagen.
Manchmal braucht es erst genug Wut, bis man den Mut bekommt, sich zu wehren. Meine Erfahrung mit blöden Therapeuten in der Klinik
Katerle hat geschrieben:Jedenfalls habe ich mir geschworen, wenn mal wieder sowas kommen sollte, dass ich meine Meinung dazu sagen werde, egal was die anderen dazu sagen...
Ich finde es gut, dass du dir vorgenommen hast, in Zukunft was zu sagen! Ich finde da geht es auch nicht nur um dich, sondern auch allgemein um diese Art andere Leute zu verurteilen. Man muss nicht selbst betroffen sein, dass einen sowas stört. Ich wünsche dir viel Mut, wenn das nächste Mal sowas passiert!
Viele Grüße,
DieNeue
P.S. Wollte nur noch ergänzen, dass ich auch sehr viele Leute kenne, die sehr verständnisvoll sind und mich so akzeptieren wie ich bin. Es gibt nicht nur blöde Nicht-Depressive ; ) Ich bekomme relativ selten blöde Bemerkungen hingeklatscht (arbeite aber auch nicht mehr, da wäre es vllt auch anders) und so heftige Sachen wie mit dem Vergasen würde in meinem privaten Umfeld mit Sicherheit auch niemand sagen, aber was man im Internet so über Depressive liest, das reicht mir manchmal schon. Und bei manchen Leuten, wie der Freundin von oben, häufen sich halt auch viele „harmlose“ Kleinigkeiten an.