Wenn man kein Land mehr sieht

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Bine82
Beiträge: 3
Registriert: 9. Jun 2017, 16:56

Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von Bine82 »

Hallo zusammen,

auf der Suche nach Antworten und Hilfe zu meiner Situation habe ich dieses Forum entdeckt.

Ich bin mir unsicher, ob ich mit meinen Problemen hier richtig bin.

Zu mir:
Ich bin 34 Jahre alt, alleinstehend und arbeitslos. Seit einigen Monaten bin ich auf Jobsuche. Ein für mich schwer zu ertragender Zustand. Ich habe eine Ausbildung gemacht und einige Jahre in meinem Beruf gearbeitet, aber leider nie wirklich Fuß fassen können. Aufgrund vieler befristeter Arbeitsverträge musste ich immer wieder umziehen. Um meine Situation zu verbessern, habe ich ein Studium absolviert. Mein Privatleben habe ich in dieser Zeit vollkommen zurückgestellt. Das Studium hat mich nicht nur finanziell, sondern auch psychisch belastet (2. Bildungsweg, Eigendruck). Als Berufsanfängerin musste ich für meinen Job das Bundesland wechseln, weg von Freunden und Familie. Nach 11 Monaten dann ein weiterer Umzug, in ein anderes Bundesland, aufgrund des befristeten Vertrags. Nach 1 1/2 Jahren konnte ich innerhalb der gleichen Stadt endlich eine unbefristete Stelle antreten. Dort wurde ich noch in der Probezeit vor die Tür gesetzt. Mein Vorgesetzter weigerte sich mit mir zusammenzuarbeiten. Nach vielen Demütigungen und etlichen Gesprächen wurde ich in dessen Beisein vom Leiter gekündigt. Es war so erniedrigend und beschämend. Nun stehe ich hier und weiß nicht wie es weitergehen soll. Ich arbeite im Öffentlichen Dienst. Man kennt sich untereinander... In meiner Stadt werde ich zu keinem Vorstellungsgespräch eingeladen. Nun bewerbe ich mich deutschlandweit, doch auch hier werde ich kaum eingeladen. Selbst wenn, werde ich immer wieder auf diese unglückliche Situation angesprochen.

Die ersten Wochen nach der Kündigung waren hart. Nachts habe ich geträumt, dass mich jemand erschlägt. Es war furchtbar. Mein Hausarzt meinte nur, dass ich die Situation verdrängen müsste und hat mir Schlafmittel verschrieben. Das habe ich dann auch irgendwie geschafft, aber es ging nicht lange gut. Wenn ich an meine Zukunft denke bekomme ich Angst und Panik. Doch ich kann nichts dagegen tun. Es gibt Tage da könnte ich nur weinen. Nachts bekomme ich vor Nervosität kein Auge zu. In vier Monaten endet mein Anspruch auf Arbeitslosengeld. Ich habe auf Bafög studiert und bin verschuldet.

An manchen Tagen schaffe ich es nicht einmal aus dem Bett. Mir fehlt die Energie um durch den Tag zu kommen, mich zu motivieren Bewerbungen zu schreiben. Meine Eltern belastet diese Situation sehr. Sie wissen nicht wie sie mir helfen können. Ohne sie hätte ich die letzten Monate nicht überstanden. Freunde und Bekannte haben sich abgewandt. Die vielen Umzüge haben dazu geführt, dass ich sehr isoliert lebe. Ein wirkliches Zuhause habe ich nicht. Ich frage mich dann, wozu das alles noch? Ich wünsche mir Freunde und eine eigene Familie, aber ich führe ein Leben als Reisende. Warum komme ich im Leben nicht an?

Ich weiß einfach nicht wie es weitergehen soll und fühle mich so unendlich müde...

Gibt es jemanden der in einer ähnlichen Situation ist oder war und vielleicht einen Rat hat?

Vielen Dank fürs Zuhören!
Bine
janedoe
Beiträge: 556
Registriert: 6. Mai 2017, 21:17

Re: Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von janedoe »

herzlich Willkommen Bine,

ich bin nicht in der selben situation, ber ich kenne einige Symptome, wenn auch aus arbeitstechnischer Sicht. Schlafstörungen und Albträume, weil ich arbeiten will und darf.
Ich finde es super, dass Du Dich nicht so einschränkst und nur in einem Gewissen Umkreis bewirbst. Sich deutschlandweit zu bewerben halte ich für eine gute Idee. Ich bin mir sicher, dass es nicht mal an Dir liegt, wenn Du nicht eingeladen wirst. Hast Du mal einen Profi über die Bewerbung schauen lassen? ist vlt. Dein Arbeitszeugnis nicht so gut geschrieben? Fotos vom Profi und nicht aus dem Automaten oder von Fotokette... hast du schon mal versucht, Dich branchenfremd zu bewerben oder vlt. über ein ehrenamt in einen Job zu rutschen?
Es gibt viele Fehlerquellen. Mir wurde auch mal während der Probezeit gekündigt, was sich hinterher als Glücksfall herausgestellt hat, denn ich konnte mich intensiv um meine schwer kranken Eltern kümmern. Ich habe die dazugehörige arbeitslosenzeit in der Bewerbung als Familienzeit angegeben und hätte auch ehrlich geantwortet, aber es hat nie jemand danach gefragt.

Schlafmittel als Übergangslösung sind eine Möglichkeit, aber auf Dauer, wie du selbst sicher schon bemrkt hast, keine Lösung. ich würde den Hausarzt wechseln, wenn er mich so im Regen stehen lassen würde, da erwarte ich zuerst eine körperliche Abklärung, also zumindest mal die Schilddrüsenwerte checken lassen, einen Hinweis auf die Möglichkeit der Psychotherapie und wenn Du möchtest eine Überweisung dazu....

Zum Zuhause fühlen kann ich nur sagen, dass Du dir deine Wohnung so gemütlich einrichten solltest, dass Du Dich wohlfühlst. Das müssen nicht unbedingt die teuersten Möbel sein, Grünpfanzen, Kerzen, ein kleiner Teppich, ein kleiner gemütlicher Sessel mit einer Leselampe, eine Bildergalerie....

Ich bin insgesamt 13 mal umgezogen und immer noch nicht angekommen, aber nur, weil mein Herz an einem Ort hängt, der unerreichbar ist.

Liebe grüße

Janedoe
Katerle
Beiträge: 11307
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von Katerle »

Hallo Beine, herzlich willkommen auch von mir.
Weiß wie sich das anfühlt, kein Land mehr zu sehen. Deine Eltern können dich dabei unterstützen, einen neuen Hausarzt zu finden. Verdrängen ist Gift auf Dauer und Schlafmittel auch. Kann dich verstehen, dass du angst vor der Zukunft hast. Ich begab mich damals auf Empfehlung meines Arztes in die Klinik. Danach zur stat. Psychotherapie und später zur reha. Mir wurde so weitergeholfen. Du bist nicht allein. Alles gute für dich und verliere nicht den Mut. Es gibt Hoffnung. Liebe grüße Katerle.
Katerle
Beiträge: 11307
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von Katerle »

Hallo bine sollte das heißen...sorry
Bine82
Beiträge: 3
Registriert: 9. Jun 2017, 16:56

Re: Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von Bine82 »

Liebe Janedoe,

danke für deine Nachricht!

Einen Profi habe ich noch nicht über meine Bewerbung schauen lassen. Da werde ich mal beim Arbeitsamt nachfragen, ob es die Möglichkeit gibt, dass jemand drüber schaut. Meine Zeugnisse sind einwandfrei und trotzdem werde ich nicht eingeladen. Allerdings ist das letzte nur ein einfaches Zeugnis. Mehr war nicht zu erreichen. Ob das abschreckt? Aber was lässt sich daran ändern? Das Foto ist vom Profi. Ich habe mich in meinem ersten Beruf (Bürokauffrau) beworben und im Verwaltungsbereich des Öffentlichen Dienstes. Im ÖD heißt es immer, dass mir der entsprechende Abschluß fehlt. Mein letzter Job als Bürokauffrau liegt 8 Jahre zurück.

Leider gibt es in meinem zweiten Beruf nur wenige Stellen, so dass man flexibel sein muss. Vor einigen Wochen hat mein alter AG zwei Stellen ausgeschrieben, doch ich wurde nicht einmal eingeladen bzw. meine Bewerbung wurde einfach ignoriert. Man kennt sich untereinander,
auch deutschlandweit. Ich habe den Eindruck, dass etwas über mich in Umlauf gebracht wurde, was nicht der Wahrheit entspricht. Alleine dieses Gefühl, sich nicht wehren oder etwas richtig stellen zu können, macht mich panisch. Ich fühle mich wie gebrandmarkt, nach dem Motto: "Die dürft ihr nicht einstellen, sonst habt ihr nur Ärger".

Mir fällt es schwer über meine Situation zu sprechen. Meine Probleme mache ich meistens mit mir selbst aus. Ich will damit niemanden belästigen. Doch nun bin ich an einem Punkt in meinem Leben angekommen, der mich einfach überfordert. An therapeutische Hilfe habe ich noch nicht gedacht. Wie geht man so etwas an? Sollte ich meine Betreuerin beim Arbeitsamt ansprechen?

Viele Grüße
Bine
Bine82
Beiträge: 3
Registriert: 9. Jun 2017, 16:56

Re: Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von Bine82 »

Hallo Katerle,

danke für deine Nachricht!

Meine Familie lebt leider 500 KM von mir entfernt, so dass ich auf mich alleine gestellt bin.
Bislang war das auch kein Problem. Ich hatte meine Arbeit, aber das ist nun alles weg. Meine
Eltern sind über meine Situation informiert. Sie unterstützen mich wo sie können. Mein Hausarzt
ist eigentlich ok. Er ist wahrscheinlich davon ausgegangen, dass ich kurzfristigen Stress durch
die Kündigung habe. Ich spreche einfach nicht gerne über meine Probleme, weil ich niemanden damit belästigen möchte. Doch nun bin ich an einem Punkt in meinem Leben angekommen, der mich einfach überfordert.

Liebe Grüße
Bine
janedoe
Beiträge: 556
Registriert: 6. Mai 2017, 21:17

Re: Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von janedoe »

Liebe Bine,

den Betreuer vom Arbeitsamt ansprechen, es gibt Bewerbungstrainings und dort ist bestimmt auch jemand, der mal über Deine Bewerbung schaut. das AA müsste Dir doch auch Stellen anbieten, selbst wenn sie Dir im ersten Moment nicht zusagen, es ist wieder ein Einstieg. Vltt. ist auch ein zusätzlicher Kurs möglich, der Dich verwaltungstechnisch auf Vordermann bringt, sodass Du dWissen aufholen kannst, was in den 8 Jahren sich erneuert hat..
Ob die Personaler deutschlandweit einen Buschfunk haben, kann ich nicht sagen, aber es gibt einige Formulierungen in Arbeitszeugnissen, die negativ interpretiert werden können, die sind nicht erlaubt.
Und immer auch Branchenfremd bewerben, in Firmen, die nicht zum öD gehören, Verwaltung an Uni, FH oder sowas.
Therapeutische Hilfe läuft über den HA, mit einer Überweisung. Und dann musst Du Dir die Finger wund telefonieren. Es gibt wenig freie Termine. Durch die Änderung des Psychotherapeutengesetzes zum 1. April müssen Psychologen Sprechstunden und Beratungsgespräche anbieten.

-->Psychotherapeutische Sprechstunde: niedrigschwelliger Zugang und
erste diagnostische Abklärung / Erwachsene bis zu sechs Gespräche à
25 Minuten (insgesamt bis zu 150 Min.) / Kinder und Jugendliche bis zu
zehn Gespräche (insgesamt bis 250 Min.) / Zugangsvoraussetzung zur
weiteren ambulanten psychotherapeutischen Versorgung ab April 2018
-->Akutbehandlung: schnelle Intervention bei akuten Krisen, Vorbereitung
auf Psychotherapie / bis zu 24 Therapieeinheiten à 25 Minuten (insgesamt
bis zu 600 Min., Mindesteinheit: 25 Min.) / anzeigepflichtig / zu verrechnen
mit gegebenenfalls anschließender Kurz-/Langzeittherapie

Vlt. brauchst Du gar nicht mehr.

Liebe Grüße

Janedoe

Du bist nicht allein, wenn Du schreibst, dass Du nicht gern über Deine Probleme sprichst, aber manchmal hilft es sich zu sortieren, herauszufinden, wo die Reise hingehen soll und in Zukunft auf solche "Abstürze" schnell reagieren zu können.
Bittchen
Beiträge: 5430
Registriert: 2. Feb 2013, 18:02

Re: Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von Bittchen »

Liebe Bine,

herzlich willkommen hier.
Erst einmal einen ganz praktischen Vorschlag.
Lasse dich krank schreiben,dann bleibt dein Anspruch auf Arbeitslosengeld
erhalten, du lässt dann deinen Anspruch nicht einfach so verstreichen.
Denn du hörst dich nicht so an als ob du jetzt einen Job ausüben könntest.
Nach 6 Wochen bekommst du Krankengeld.
Du bist krank,da stehst du dem Arbeitsamt nicht zur Vermittlung zur Verfügung.
Dein Hausarzt sollte eine echte Diagnose stellen,oder dich zum Facharzt überweisen.
So schlecht wie du dich jetzt fühlst kannst du ja keine neue Arbeitsstelle antreten.
Du solltest erst mal wirklich wissen,was dir fehlt.
Das muss auch körperlich abgeklärt werden.
Aber auch ob eine Depression besteht, sollte erst einmal diagnostiziert werden.
Für dich selbst kannst du im Netz einfache Tests machen.
Für eine ambulante Psychotherapie brauchst du eine Überweisung, aber einen Therapeuten zu finden kann länger dauern.
Bei deiner Krankenkasse kannst du telefonisch erfragen wer für dich da in Frage käme.
Auch Medikamente können hilfreich sein,aber einfach Schlaftabletten verschreiben geht da gar nicht.
Lese viel über die Erkrankung Depression und du wirst Wege und Hilfen finden auch wieder aus dem Loch raus zu kommen.
Hier sind wir für dich da und wenn du Fragen hast beantworten wir die gerne.
Deine Gesundheit ist dein wichtigstes Gut,mache nicht den zweiten Schritt vor dem Ersten.

Gute Besserung und sei herzlich gegrüßt von Bittchen
kaizer
Beiträge: 79
Registriert: 21. Jul 2016, 14:30

Re: Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von kaizer »

Hallo Bine,

ich kann deine Sorgen verstehen, ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schrecklich Existenzängste sind. Ich konnte mein Angestelltendasein wegen meiner Erkrankung nicht fortführen und hab mich dann notgedrungen selbstständig gemacht. Mein großes Glück ist, dass meine Eltern mich immer finanziell unterstützen konnten (so unangenehm das auch mitunter ist), sodass ich nicht fürchten musste, völlig durchs Netz zu fallen, aber trotzdem haben mich die Ängste oft verrückt gemacht und beschäftigen mich in schlechten Phasen auch jetzt noch.

Ich würde dir dringend zu einem Therapeuten raten, da hast du jemanden, der dir ein bisschen die Sorgen abnimmt und vielleicht auch manche übertriebene Angst mit neutralem Blick geraderücken kann. Die Idee mit den Schlaftabletten halte ich für ziemlich gefährlich, klingt eher nach einer Taktik aus früheren Jahrzehnten...

Manchmal dauert es mit der Jobsuche leider, ich drücke alle Daumen. Ich kann das natürlich nicht im Detail beurteilen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass dein Name deutschlandweit und branchenweit "verbrannt" ist, das halte ich für eine übertriebene Sorge. Die haben doch im Alltag sicher andere Sorgen, um sich über einzelne Mitarbeiter auszutauschen, mit denen es mal Stress gab - da hätten die Verantwortlichen ja nix anderes mehr zu tun. :)

Alles Gute und viel Kraft, es wird sich finden, auch wenn es momentan fast aussichtslos scheint.
Katerle
Beiträge: 11307
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von Katerle »

@ Bine

Nun wenn dein Hausarzt okay ist, dann versuche dich mehr ihm zu öffnen, auch wenns dir schwerfällt. Verdrängen ist trotzdem keine gute Lösung. Ich kam damals durch meinen Arzt zum Psychiater/Neurologen und war erstmal krankgeschrieben. War dann in die Klinik gegangen, wo mir dann weitergeholfen wurde. Ausserdem begab ich mich ambulant in Therapie. LG
Luna1966
Beiträge: 784
Registriert: 15. Dez 2015, 09:38

Re: Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von Luna1966 »

Guten Morgen, Bine82,

herzlich willkommen hier im Forum.

Auch ich kann sehr gut nachempfinden, wie es dir gerade geht. Nach all dem Einsatz, dauernden Umzügen, Fort- bzw Weiterbildungen bist du wieder auf Arbeitssuche - das ist zermürbend und frustrierend, wenn man dann auch noch nicht einmal zum Gespräch eingeladen wird.

Ich würde dir raten wollen, eine kleine Auszeit zu nehmen. Kannst du vielleicht ein paar Tage deinen Akku bei deinen Eltern aufladen, dich dort mal richtig verwöhnen lassen, oder gibt es eine alte Freundin, die du schon längst mal besuchen wolltest? Ein paar Tage Urlaub von den Sorgen kann nicht schaden.

Mir hilft es immer sehr, mich erst einmal zu erden und zu sortieren bevor ich anstrengende Dinge wieder in Angriff nehme. Meist klappt danach alles mit neuer Kraft viel besser.

Liebe Grüße

Luna
Melisse
Beiträge: 58
Registriert: 30. Jun 2016, 09:32

Re: Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von Melisse »

Unterstützung gibt es viel, wie aus Deinen Zeilen, liebe Bine, zu lesen ist. Manchmal wirkt eine Situation unübersichtlich, eingleisig oder verschlossen. Wo und wie einen Anfang finden? Mit dem Wissen aus den erlernten Berufen, Deinen Neigungen und Interessen, bieten sich da noch ganz unerkannte Möglichkeiten für Dich an? Mal in einem noch fremden Berufsfeld einsteigen, übergangsweise oder auch länger, dort wo es auf andere Kompetenzen und Talente ankommt?
Gelegentlich bringt es einem zum Schmunzeln, wenn eine studierte Philosophin ihren Broterwerb bei der Post verdient, ein Mediziner lieber Lastwagen fährt, eine japanische Akademikerin in Deutschland das Konditorhandwerk erlernen will; oder ein Ökonom den Leuten lieber aufs Dach steigt, um Schornsteine zu reinigen, als in einem Büro zu sitzen. Damit ist die mehrdimensionale Veranlagung des Menschen angesprochen. Letztens las ich von einem Rabbiner, der sein Amt als Gemeinderabbiner aufgab, da er damit nicht mehr zurecht kam. Auch er musste erstmal ins Jobcenter, Beratungsgespräche führen, um schließlich wieder einen beruflichen Einstieg zu finden. So gesehen, viele Menschen stehen plötzlich - aus den unterschiedlichsten Gründen heraus - vor einer ähnlichen Situation wie Du. Jede Unterstützung ist dabei eine wunderbare Hilfe.
Zuletzt geändert von Melisse am 14. Jun 2017, 23:11, insgesamt 1-mal geändert.
Katharina72
Beiträge: 168
Registriert: 10. Jun 2017, 00:24

Re: Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von Katharina72 »

hallo Bine,
ich bin selber erst ein paar tage in diesem forum, aber trotzdem bzw. vielleicht gerade deswegen
möchte auch ich Dich hier willkommen heissen - so wie es bei mir auch war durch melly.
auch mir fällt es schwer mich zu äussern, wahrscheinlich aus den gleichen gründen wie bei Dir.
Ich denke das wird sich ändern mit der zeit.
Deine zukunftsängste kann ich sowas von verstehen, sie sind ja real und von existenzieller bedrohung
für Dich! Und dass Du nach der ganzen odyssee mittlerweile "schwarz siehst" ist für mich auch
nachvollziehbar.
Ich weiss Dir im augenblick keinen ratschlag anzubieten.
Aber die "alten Hasen" hier haben Dir soviele mögliche ratschläge und lösungsvorschläge
geschrieben, ich finde dass da etliche gute und praktische sachen dabei sind.
Ich wünsch Dir glück und wiedere hellere tage
ganz liebe grüsse von mir :hello:
Katharina
"Sich selbst zu lieben ist der Beginn einer lebenslangen Romanze" (Oscar Wilde)
Ich weiss noch nicht wie, aber ich fang damit gleich an ;-)
Katharina72
Beiträge: 168
Registriert: 10. Jun 2017, 00:24

Re: Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von Katharina72 »

hallo an alle hier,
sorry dass ich euch sowas banales fragen muss:
Ich will eine andere email adresse für dieses forum
benutzen (den grund können sicher viele von euch erahnen ...)
Könnt ihr mir bitte sagen wie das geht???
"Sich selbst zu lieben ist der Beginn einer lebenslangen Romanze" (Oscar Wilde)
Ich weiss noch nicht wie, aber ich fang damit gleich an ;-)
Holgi
Beiträge: 753
Registriert: 28. Okt 2006, 19:43

Re: Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von Holgi »

Moinsen Bine82

Tja, Antworten.
Das ist so´ne Sache.
Welche Antworten wären denn die richtigen auf deine Situation bezogen?
Nimm ein Blatt Papier und schreibe darauf was dich ankotzt an deinem Leben.
Lasse zwischen jedem "Ankotztext" viel freien Platz.
Dann pack das oder die Blätter in eine Schublade und vergiss sie.
Wenn DU einen positiven Tag oder nur eine Stunde hast, hol sie raus und schreibe deine Antworten drauf.
Du findest selber die Antworten und die Kraft das dann auch umzusetzen.

Hmm, Hilfe.
Da ist schon die andere Sache.
Aus meiner Betrachtung ist deine Lebenssituation im Augenblick nicht tödlich für dich.
Unangenehm, stressig, zum Kotzen, nervenaufreibend, ausweglos, nicht Ziel führend.
Mit anderen Worten, Scheiße hat schon mal besser gestunken.

Ich verstehe deine Situation nur zu gut.
Habe das auch alles durch nur in anderer Form.
Aber die Ausgangspositionen sind die selben.

Ich weiß wie schwer es ist aus dem Bett zu kommen und das ich oftmals eine Reiszwecke brauche die in meinen Arsch gestoßen wird, damit ich das Bett verlassen kann.
Ich bin auch nicht glücklich über meinen Job, obwohl ich jetzt eigentlich alles habe, um glücklich zu sein.

Ich denke das DU mal dem vertrauen solltest was DU kannst und weißt.
Und lass die Gedanken über Schulden und Geld.
Das tötet dich nur.

Ein Job oder auch Geld sind wie ein Schmetterling.
Du kannst ihm nachjagen und versuchen ihn zu fangen, oder du setzt dich auf einen Stuhl und er wird zu dir kommen.

Ich wünsche dir alles Gute

Holgi
------------------------------------------------
Gibt es ein Leben nach dem Tod?
Ist das Leben vor dem Tod anders?
Katharina72
Beiträge: 168
Registriert: 10. Jun 2017, 00:24

Re: Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von Katharina72 »

hallo Bine82,
mir ist da noch was eingefallen:
Wie wäre es wenn du dir mal bei einer MOBBING-beratungsstelle hilfe holst?!
Nach dem was Du geschildert hast geht das was da mit dir geschieht zumindest klar
in die richtung.
Dieses Gefühl der ohnmacht und des Ausgeliefertsein ... du kriegst keinen fuss mehr zwischen
die tür in puncto arbeit ... das kenn ich zur genüge und ich sag dir, das kann einen menschen verzweifelt und regelrecht kaputt machen.
Bei mir ist das schon lange her, in der zeit kannte man den begriff mobbing noch gar nicht, ich hatte keine erklärung was da mit mir geschah., es war meine erste stelle nach dem studium und ein paar jahren arbeitslosigkeit. Meine denke war: Wenn Du das hier vergeigst kriegst du nie wieder einen job deiner stadt, die
chefin war in meiner stadt ratsfrau, hatte somit ein/en gewissen status und prestige ...
Im nachhinein kann ich dir sagen, dass mir das psychisch unendlich geschadet hat.
Hätte es damals eine mobbingberatungsstelle gegeben, dann hätte ich zumindest gewusst was da mit mir abläuft
und ganz wichtig: ich hätte EINE ERKLÄRUNG dafür gehabt.
Ich weiss nicht im einzelnen was da arbeitsmässig bei dir abläuft, aber denk mal drüber nach, schaden kann es dir nicht und vielleicht kannst du da mit der mitarbeiterin/mobbingstelle etwas herausfinden was dir zumindest mal sowas wie eben jene erklärung gibt nach der du ja verzweifelt suchst, so mein eindruck.
Du hättest dann zumindest erst mal einen menschen an deiner seite der dich stützt.
Ich weiss nicht ob du psychologische brauchst, wenn ja, dann nix wie hin ...
Ich wünsch dir, dass du die "richtige" entscheidung für dich findest
Ich grüss dich mal ganz lieb :hello:
Katharina72
PS: Ich glaube übrigens dass Du eine ganz starke frau bist
und starke frauen dürfen auch mal schwach und verzweifelt sein.
Eines tages wirst du auch wieder stark sein und dann zeigst es :shock: denen ... ;-))
"Sich selbst zu lieben ist der Beginn einer lebenslangen Romanze" (Oscar Wilde)
Ich weiss noch nicht wie, aber ich fang damit gleich an ;-)
Chinle
Beiträge: 15
Registriert: 14. Apr 2017, 18:26

Re: Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von Chinle »

Hallo Bine,

ich kann sehr gut nachvollziehen, wie du dich fuehlst. Keine Arbeit zu haben ist zum kotzen. Arbeitest du in einem Feld, in dem die Jobs rar sind? Bestuende vielleicht die Moeglichkeit eine Zusatzausbildung dranzuhaengen um die Chanchen auf dem Arbeitsmarkt zu erhoehen? Du scheinst ja schon viel Erfahrung auf deinem Gebiet gesammelt zu haben.

Dieses nicht aus dem Bett kommen, kommt mir mehr als bekannt vor. Ich habe im Moment taeglich das Gefuehl, dass es sich fuer nichts lohnt. Morgens ist es wirklich am Schlimmsten. Ich versuche dann den Tag wenigstens mit einem guten Fruehstueck zu beginnen und mir Dinge vorzunehmen, die ich wirklich erledigen muss.
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Wenn man kein Land mehr sieht

Beitrag von Zarra »

Hallo liebe Bine,

so blöd und banal es klingt: Ich denke, daß Dein "Werdegang" bzw. dessen Begleitumstände ("dauernde", häufige, Ortswechsel) einen Teil Deines Problems ausmachen - und daß es mehr als an der Zeit wäre, irgendwo "anzukommen". Das hattest Du ja wohl auch vor. Und statt dessen: DAS, diese Kündigung in der Probezeit.

Als kleiner, wenn auch geringer Trost: Du bist nicht die einzige, der so etwas passiert. Wenn ich so in meinem engeren, aber vor allem auch entfernteren Bekanntenkreis mich umsehe: Das passiert. Aus unterschiedlichen Gründen. Wichtig: Den Mut nicht aufgeben! Weiter nach einer passenden Stelle suchen! Es liegt nicht immer an Dir, wenn Du nicht eingeladen oder nicht genommen wirst, es kommen da oft viele Faktoren zusammen. Und man braucht da leider einen langen Atem.

Du hast mich aber auch an ein unglücklich verlaufenes Bewerbungsgespräch von mir erinnert (allerdings nicht aus Arbeitslosigkeit heraus). Ich habe mein "Herz" und meine (damals noch undepressive, sondern nur alltagsnormale) Befindlichkeit zu sehr auf der Zunge getragen. Und negative Einstellungen gegenüber etwas anderem machen sich auch nicht gut. U.a.
Selbst wenn, werde ich immer wieder auf diese unglückliche Situation angesprochen.
Auch wenn es für Dich sehr, sehr unangenehm ist: Damit ist zu rechnen (!) und genau darauf solltest Du Dich einstellen, u.U. möglichst mit kompetenter Unterstützung, Vorbereitung. Denn Du solltest darauf so reagieren können, daß es für das neue Gegenüber "stimmig", halbwegs ehrlich und vor allem passend hinsichtlich einer zukünftigen Zusammenarbeit wirkt.
Mein Vorgesetzter weigerte sich mit mir zusammenzuarbeiten. Nach vielen Demütigungen und etlichen Gesprächen wurde ich in dessen Beisein vom Leiter gekündigt. Es war so erniedrigend und beschämend.
Wenn Dein Vorgesetzter als "Kotzbrocken" bekannt ist, kann man das ja dezent andeuten. Sonst macht sich das leider nicht gut, selbst wenn es der Wahrheit entspricht. Also wirst Du andere Formulierungen finden müssen. Auch "Lügen" ist erlaubt, wenn es plausibel klingt (und sich nicht leicht das Gegenteil beweisen läßt).

War nur dieser Vorgesetzte das Problem? - Und wie reagierte der Leiter, konnte er so gar nicht vermitteln oder war es ihm einfach egal?
Allerdings ist das letzte nur ein einfaches Zeugnis. Mehr war nicht zu erreichen. Ob das abschreckt?
Es wirft Fragen auf. Siehe oben. - Keine Ahnung, ich habe mich schon lange nicht mehr beworben, bin natürlich auch nicht in genau Deiner Situation, doch u.U. könntest Du auch im Anschreiben etwas zur Beendigung des letzten Arbeitsverhältnisses schreiben. (In einem Fall in meinem Bekanntenkreis hat bei jemandem tatsächlich etwas einfach nicht gepaßt, war ein ungeliebtes Tätigkeitsfeld tatsächlich zu ausgeprägt und derjenige weder willig noch fit genug dafür. Da wurde nach seinem Weggang die Stelle aber z.B. dezidiert leicht anders ausgeschrieben.) Alles, was nicht nachprüfbar ist, könntest Du natürlich auch passend für Dich "umdichten".
Ich habe mich in meinem ersten Beruf (Bürokauffrau) beworben und im Verwaltungsbereich des Öffentlichen Dienstes. Im ÖD heißt es immer, dass mir der entsprechende Abschluß fehlt. Mein letzter Job als Bürokauffrau liegt 8 Jahre zurück.
8 Jahre raus - wenn man es faktisch nimmt, ist es lang. Dann: Überqualifizierung macht sich nie gut. Da fragt sich jeder, warum Du das machst und ob Du nicht bei der nächsten Gelegenheit weg bist. Diesen Wunsch "zurück" müßtest Du schon "begründen", ihn für die anderen positiv nachvollziehbar machen. (So verständlich Dein "eine Arbeitsstelle!" ist, will der Arbeitgeber hören, daß Du genau ihre Stelle willst!)
Ich kenne mich da nicht so aus, doch wenn in der Ausschreibung einer ÖD-Verwaltung nicht steht, daß sich jemand mit einer gleichwertigen Ausbildung bewerben kann, dann ist es wohl nichts.

Die anderen hatten ja auch diesen und jenen Tipp!

Vor allem: Verkriech Dich nicht. Es ist keine Schande. Es kann im Prinzip jedem passieren. Rede mit anderen darüber.

Eine psychologische Beratungsstelle könnte auch noch eine Anlaufstelle sein.

Und ggf. eine Selbsthilfegruppe (vielleicht am ehesten hinsichtlich der Arbeitsplatzsitutaion, die zur Kündigung führte), auch wenn es Dir schwerfällt.

Alles Gute!

Zarra
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