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Meine Geschichte Depression und Soziale Phobie& Panikstörung

Verfasst: 31. Mai 2017, 14:54
von Delorion87
Hallo zusammen. :hello:
Ich möchte euch meine ganz persönliche Geschichte vorstellen. Zum Ende des Jahres 2013 fiel ich während der Prüfungsphase meines Ingenieur- Studium in eine schwere Depression mit heftigsten Panikattacken. Das Studium Stand kurz vor dem Abschluss. Die Anzeichen der Erkrankung und die Hilfeschreie meines Körpers waren mir schon lange bewusst. Jedoch fühlte ich mich im Hamsterrad Studium so sehr gefangen, dass ich mich zu dieser Zeit kaum noch mit mir selbst und meinen Bedürfnissen beschäftigte. Ohne auf mich zu hören machte ich einfach immer weiter. Ich merkte schon seit ich 16 war (Ende 2013 war ich 25/Nun 29), dass mit mir und meinen Ängsten irgendwas nicht stimmte. Ich ging den Leuten eher aus dem Weg als auf sie zu, Ich fühlte mich nie wach, ich hatte Schwindelgefühle und Ängste in Situationen mit anderen Menschen. Ich habe mir immer selbst gesagt, dass ich mich doch nicht so anstellen sollte und dass dies andere doch auch haben. Im Prinzip habe ich mir dadurch nur in die eigene Tasche gelogen. Nach Außen war ich immer stark, nicht angreifbar, unverletzlich. In mir drin sah es jedoch ganz anders aus. Geredet habe ich bis dato mit niemandem darüber. Wie bereits gesagt bekam ich dann durch verschiedene Stressereignisse (Prüfungsstress, Probleme mit der Studentenwohnung, Beziehungsprobleme, Streit mit der Familie) einen heftigen Nervenzusammenbruch, bei dem ich das Gefühl hatte, meine Nerven und mein Gehirn würden brennen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich in meiner Studentenbude auf dem Bett saß, sich alles um mich herum drehte, ich Panikanfälle hatte und zum ersten Mal im Leben dieses grausame Gefühl hatte Weinen zu müssen, aber nicht zu können. Gefühlstechnisch habe ich mich so verdammt leer gefühlt. Es war das berühmte Gefühl der Gefühlslosigkeit. Am nächsten Morgen stand die letzte Klausur an. Ich weiß bis heute nicht, wie ich es geschafft habe dort hinzugehen. Mit Panikattacken saß ich im Klassenzimmer. Hatte so Konzentrationsschwierigkeiten, dass ich nicht mal mehr anständig lesen konnte. Nach 20Minuten gab ich ab. Ich konnte nicht mehr, war komplett am Ende. Danach radelte ich zu meiner Wohnung, packte meine Sachen zusammen und fuhr mit meinem Auto die 200km in die Heimat. Dreimal musste ich anhalten und mich übergeben. Zuhause Angekommen sagte ich erstmal niemandem was. Ich schloss mich im Zimmer ein, und hab nur noch die Decke angeschaut. Ich hatte Angstanfälle vor allem Möglichen… Nicht einmal mehr TV konnte ich schauen. Dieses Gefühl der Gefühlslosigkeit hat mich zum Zombie gemacht. Nach drei Tagen konnte ich nicht mehr. Ich ging mit letzter Kraft und gefühlten 100 Panikattacken zum Hausarzt und schilderte ihm die Symptome. Ich habe ihm gleich gesagt, dass ich das Gefühle habe, dass ich mein Gehirn abgeschossen habe. Dass ich Medikamente gegen diese Panik und Gefühlslosigkeit brauche. Dass ich es nichtmehr aushalten würde. Er hörte sich meine Geschichte an und verschrieb mir Johanniskraut und meinte ich sollte 4-6 Wochen warten. Jeden Tag wartete ich auf eine Wirkung. Nichts passierte. Schlafen ging gar nicht mehr. Nach 3 Wochen hielt ich es nicht mehr aus und ging erneut zum Hausarzt. Ich sagte ich brauche etwas Stärkeres. Er verschrieb mir Citalopram 20mg (Serotoninwiederaufnahmehemmer(SSRI). Er sagte, dass die Wirkung ab 2 Wochen eintreten sollte. Ich wartete und wartete… Habe mich von Tag zu Tag gequält. Ach ja, nebenbei begann ich noch eine Psychotherapie, bei der ich lernen sollte, wie ich Achtsam mit mir umgehe usw. Für mich war diese Therapie ein Horror. Der Therapeut war von sich so überzeugt, dass er nicht sah, wie schlecht es mir ging. Jede Woche hat er mich hingehalten und immer wieder vertröstet, dass ich doch mehr Achtsamkeitsmeditation machen solle (Was ich täglich mehrmals machte). Ein gutes halbes Jahr verging und nix besserte sich. Ich entschied mich mit Hilfe von Angehörigen einen neuen Therapeuten zu suchen. Parallel stellte ich mich zum ersten Mal bei einem Psychiater vor. Dieser verschrieb mir Mirtazapin für die Nacht. Endlich konnte ich mal wieder schlafen. Was ein Segen! Die Bleierne Tagesmüdigkeit hat sich bereits nach 3 Tagen stark gebessert. Stimmung und Angst blieben jedoch leider auf dem Nullpunkt. Ein weiteres halbes Jahr später entschied ich mich stationär zu gehen. 10 Wochen war ich in einer Fachklinik für Psychosomatik. Mehrmals habe ich es zu Beginn fast abgebrochen, da die Panikanfälle so heftig waren, dass ich kaum mehr Kraft hatte aus dem Zimmer zu gehen. Ich drohte in der 6ten Woche mit Abbruch, da ich einfach nicht mehr konnte. Ich lag im Flur und hab nur noch geschrien, dass ich es nicht mehr aushalten würde. Mein Arzt entschied sich zusammen mit der Oberärztin mir Sertralin zu geben. Nach 1.5 Wochen spürte ich dann zum ersten mal seit einer Ewigkeit, dass sich der Vorhang leicht öffnete und dass die Gefühle etwas mehr durchkamen. Jedoch stellte sich mit der Sertralineinnahme ein permanenter Magenschmerz in Verbindung mit Durchfall ein. Ich konnte die Uhr danach stellen. 2Std nach der Einnahme musste ich auf Toilette. Mir war es egal. Ich sagte zu den Ärzten, solange das Medi die Wolke nur ein bisschen fernhält, so nehme ich den Durchfall in Kauf. Danach waren die 10 Wochen Klinik vorbei. Die Klinik gab mir eine Überweisung zu einem Facharzt für Psychiatrie mit auf den Weg, den ich unbedingt in der gleichen Woche besuchen sollte. Also ging ich zu ihm und erzählte wie so oft schon meine Geschichte. Dieser setzte mich auf Venlafaxin (Serotonin/Noradrenalinwiederaufnahmehemmer). Er sagte ich solle unbedingt durchhalten und wir relativ hoch dosieren würden. Also hieß es wiedermal abwarten. Die Einschleichzeit war echt heftig. Ich lag mit Schweißausbrüchen und Panikattacken im Bett und wartete auf die Wirkung. Alle 3 Wochen musste ich mich bei meinem Psychiater vorstellen, wobei wir schon nach 5 Wochen auf 225mg waren. Nach 8 Wochen spürte ich zum ersten Mal eine Wirkung vom Venlafaxin. Ich hatte das Gefühl, dass die Traurigkeit nicht mehr so stark vorhanden war und dass die Panikattacken nicht mehr so durchbrechen würden. Der Arzt entschied sich auf 262,5mg hoch zu dosieren. Ich spürte, wie die Panikattacken von Monat zu Monat weniger wurden. Wie die Gefühle wieder mehr zurückkamen. Heute (1.5 Jahre nach der Ersteinnahme) bin ich immer noch auf 262,5mg eingestellt. Ich fühle mich relativ gut und stabil mit der Dosis. Mein Arzt meinte, dass es sein könnte, dass ich das Medikament mein ganzes Leben lang nehmen müsse und ich wohl einfach eine Krankheit wie Diabetes oder Bluthochdruck habe. Wahlweise werde ich es evtl. in Zukunft in niedrigerer Dosierung nehmen. Ich habe mich mittlerweile mit dem Venlafaxin angefreundet. Ich wüsste nicht, wo ich ohne dieses Medi heute wäre. Letztendlich muss jeder selbst für sich entscheiden, ob er Medis nehmen will oder nicht. Ich habe meine Krankheit akzeptiert und Für mich überwiegen Definitiv die Vorteile. Achja, Psychotherapie mache ich nebenher natürlich immer noch. LG :mrgreen: :mrgreen:

Re: Meine Geschichte Depression und Soziale Phobie& Panikstö

Verfasst: 31. Mai 2017, 15:17
von malu60
Hallo Delorion,
Was für ein Weg.Bin richtig erschüttert.Du hast es so gut beschrieben.Toll,wie Du Dich durchgekämpft hast.
Du hast meine Hochachtung.Wie schön,dass Du endlich ein Medikament gefunden hast,dass Dich ins Leben
zurück geholt hat.Es ist schwer,zu akzeptieren,dass Medikamente vielleicht ein Leben lang genommen werden müssen....Aber wer weiß....Die erste Therapie war wohl auch ein Witz.

Achtsamkeit ist wohl auch so ein "Modeding".Heute,wo Du Dich rausgelämpft hast,ist es bestimmt ein guter
Weg.Doch wenn man so fertig warst wie Du,kann ein arroganter Therapeut soviel kaputt machen.
Du brauchtest doch erstmal Jemand der Dir zuhört,dem Du vertrauen kannst.

Heute ist es doch bestimmt besser in Deiner Therapie....
Schön,dass du hier soviel Hoffnung ins Forum bringst.Ich bin schon sehr lange erkrankt,aber von
Panikattacken bin ich Gottseidank nicht betroffen.

Gut,dass Du schreibst,dass eben Medikamente manchmal wirklich sein müssen!!!
Körperliche Erkrankungen,vielleicht ist es bei uns ja auch das Gehirn,die Rezeptoren?,Wirkstoffes bedürfen eben einer Medikametierung nimmt ja keiner leichtfertig,wie Du ja auch schriebst,hast Du
selbst sehr belastende Nebenwirkungen in Kauf genommen!!!

Alles Gute für Dich,und einen guten Austausch hier. malu

Re: Meine Geschichte Depression und Soziale Phobie& Panikstö

Verfasst: 31. Mai 2017, 15:51
von Delorion87
Dankeschön Malu :)

Re: Meine Geschichte Depression und Soziale Phobie& Panikstö

Verfasst: 31. Mai 2017, 16:28
von Deprella
Hallo Delorion,

Oh man... Das war ja wirklich ein harter harter Weg den du gemeistert hast und mit gemeistert meine ich das ernst. Du hast nicht aufgegeben und hast weiter gekämpft damit es dir besser geht obwohl einige nicht an deine Genesung gedacht haben sondern an andere für ihn wichtigere sachen. Du bist wirklich eine starke Person und hast dir Hilfe geholt als du gemerkt hast dass es nicht mehr geht und vorallem Hilfe geholt als du gemerkt hast dass es dich nicht voran bringt. Das ist sehr sehr wichtig. Viele in deiner Lage hätten vielleicht nicht den Mut gehabt den Therapeuten zu wechseln oder so oft das Medikament zu wechseln. Vielleicht ist es sogar nicht mal der fehlende Mut sondern viel mehr das Vertrauen an den Arzt. Viele denken sich meistens ja der Arzt wird schon wohl recht haben und machen so weiter obwohl keine Besserung in Sicht ist. Das finde ich echt toll dass du auf dich und deine Seele, Körper gehört hast während deiner Therapie. Ich bin mir sicher dass du es auch weiterhin meistern wirst und bin froh zu hören dass es dir besser geht. Ich wünsche dir regen Austausch hier.

Gute Besserung und liebe Grüße
Deprella

Re: Meine Geschichte Depression und Soziale Phobie& Panikstö

Verfasst: 2. Jun 2017, 11:01
von Katerle
Hallo Delorion, Hut ab, wie du diesen schweren Weg für dich gemeistert hast, ohne aufzugeben. Weiter so und wünsche dir Kraft und das es noch weiter aufwärts geht bei dir. LG Katerle