Der Spalt im Kopf
Verfasst: 9. Jan 2017, 14:36
Die Überschrift mag ein wenig komisch klingen, aber genau so fühlt es sich im Moment für mich an. Ich glaube ich möchte einfach nur lesen, dass auch andere das kennen, vielleicht lesen, dass jemand da ne Lösung oder Verbesserung erfahren hat.
Auf Grund zweier Hiobsbotschaften in den letzten Tagen, Sorge um zwei mir wichtige Menschen, spürte ich Heute (wieder einmal), dass mir meine Alltagskontrolle zu entgleiten drohte. Ich lag nachts wach, hatte mit Angst und Wut zu kämpfen, konnte lange nicht schlafen. Erst als ich ein bisschen was aufschrieb, wurde es ruhiger im "Oberstübchen" und ich konnte einschlafen.
Heute Morgen spürte ich schon nach dem aufwachen, dass ich heute würde wachsamer mit mir umgehen müssen. Den Wecker hatte ich eine Stunde weiter gestellt. Den Termin beim Arzt Heute Morgen hätte ich gerne abgesagt - bin trotzdem gefahren. Ich bekämpfte die ganze Zeit den Wunsch, einfach im Bett liegen zu bleiben und mich meinen Sorgen hinzugeben. Decke über den Kopf. Nichts Hören, nichts sehen.
Ein klitzekleiner Grund mag darin liegen, dass Heute die Uni wieder losgeht, zeitgleich mit meinen Nebenjobs. Ich wusste vorher, dass mich das nervös machen würde, bin aber erschrocken, dass das ganze so auf meine Stimmung schlägt.
Ich weiß nicht wie - aber ich habe es geschafft, mich NICHT hinzulegen. Ohne Kämpfergeist, ohne Tatendrang. Habe halbherzig ein paar Angelegenheiten abgearbeitet, mit schlechtem Gewissen, weil - hätte ich ja früher machen können ("hätte"- ich liege nach wie vor VOLL im Zeitplan). Es dauerte ca. zwei Stunden, in denen ich einige Haken setzen konnte und ich spürte, dass sich die innere Lähmung, die tiefe Aggression, die Angst langsam lockerten. Es ist für mich immer wieder faszinierend zu beobachten wie - und DASS es funktioniert. Und genauso ernüchternd, dass es weder ein eindeutiges Rezept gibt um diese tiefe Traurigkeit, die lähmende Angst und die tiefe Wut einfach zu beseitigen. Das macht mich hilflos.
Um es bildlich zu beschreiben - ich war auf meiner inneren Leiter von ziemlich weit unten im mittleren Bereich angekommen. Das reicht mir für Heute - es gibt mir den Schub auch den Rest des Tages gut zu bewältigen - damit kann ich für Heute leben.
Dann entdeckt ich die Mail einer Professorin meiner Uni im Postfach. Ich hatte im letzten Semester eine Hausarbeit bei ihr abgegeben. Hausarbeiten sind für mich immer wieder der Horror: Bin ich zu nah am Text? Darf ich das so schreiben? Ist das relevant? Was will ich überhaupt sagen?
Die Professorin ist sehr anspruchsvoll, hat zu dem speziellen Gebiet über das ich geschrieben habe promoviert, forscht in dem Bereich und richtet immer wieder Ausstellungen dazu aus. Also man könnte sagen sie ist eine Koryphäe auf ihrem Gebiet. Das Thema war für mich schwer greifbar und ich habe mich mühsam durchgehangelt. Nach einem persönlichen Gespräch mit ihr ging ich ernüchternd raus und musste fast mein komplettes Thema umschmeißen. In Gesprächen mit anderen Studenten kamen wir überein, dass die Professorin sehr anstrengend sei, fast alle wären froh, einfach nur "durchzukommen". Ich halt auch. Ich habe mit nichts gerechnet, hätte mich aber über eine gute Note gefreut.
Nun schrieb sie, sie habe sich sehr über meine tolle Arbeit gefreut - ob ich in meinem zweitfach bereits zu diesem Thema geschrieben hätte. Sie sei sehr überzeugt von der Ausarbeitung und Analyse meines Themas
- und - jetzt kommt der Hammer(!!!) sie bot mir an, sollte ich Interesse haben - eine Abschlussarbeit zu diesem Thema zu betreuen. Vielleicht hätte ich sogar Interesse zu diesem Thema zu forschen
Normalerweise sucht man sich die Betreuer für seine Abschlussarbeit aus und hofft, dass jemand Zeit und Lust hat, sich mit dem Thema neben der eigenen Arbeit zu beschäftigen *schluck*
Ich bin zitternd zu meinem besten Freund gelaufen, habe ihm das Schreiben zu lesen gegeben und ihn gebeten, meine nächsten Hausarbeiten eins zu eins mitzubetreuen, weil ich Angst habe, ich hätte irgendwas übersehen, vielleicht nicht korrekt zitiert oder Quellenangaben unterschlagen.
Ich weiß, dass ich das nicht habe und selbst, wenn es in ein oder zwei Fällen der Fall wäre, würde sie mich nicht so gut bewerten - die Quintessenz muss also stimmen.
Trotzdem fühle ich mich wie ein Hochstapler.
Bisher konnte ich tatsächlich immer Ausreden finden: Die erste Hausarbeit war von einer Dozentin sehr gut bewertet worden, die selbst nicht wissenschaftlich arbeitet, eher praktisch orientiert ist. Andere Studenten sind ebenfalls mit einer sehr guten Note bewertet worden, ich konnte mir als glaubhaft einreden, dass ich gar nicht so gut sein kann, sondern sie einfach nur "seicht" bewertet. Auch bei anderen schriftlichen Arbeiten bin ich "so vorgegangen".
Und jetzt fühle ich mich gerade total überfordert - nicht nur, weil es nicht zu meinem Selbstbild passt - ich sehe eben all das, was ich ja eigentlich nicht kann, nicht hinkriege - und dann bringe ich so ne Arbeit zustande?! Welcher Teil in mir war das? Wo kommt das her?
Ich verzweifel zusätzlich an dieser krassen emotionalen Diskrepanz, die in mir vorherrscht. Bis zu dieser Nachricht war mein Denken eigentlich schon wieder davon ausgefüllt, dass ich meine Fächer eh nicht beherrsche. Und klar - mir wird auch immer bewusster - der eigentliche Härtetest wird später in der Praxis kommen. Aber im Grunde ist es tatsächlich so: Noch keiner hat mich bei irgendetwas shclecht bewertet. Das mache nur ich. Und laufe mit entsprechender Furcht durchs Studium.
Vielleicht lautet meine verdammte (allgemein in den Raum gesprochene) Frage einfach: "Wer bin ich, was kann ich wirklich und was sagt das jetzt über mich aus?"
Womit ich eben zur Überschrift zurückkomme: Meine innere Grundeinstellung und offensichtlich mein immer wiederkehrendes Bemühen, mich in diesem Glauben bestätigt zu sehen - und gleichzeitig im Grunde belegbare Gegenbeweise die ich gerade nicht integrieren kann. Wie ein Spalt im Kopf. Und Angst, weil ich mehrfach die Erfahrung gemacht habe (immer wieder mache) das nach guten Bewertungen der tiefe (selbst herbeigeführte) Aufprall kam.
Vielleicht mag mir jemand ein paar ermutigende Worte schreiben, oder kennt das auch?
Liebe Grüße,
Mim
Auf Grund zweier Hiobsbotschaften in den letzten Tagen, Sorge um zwei mir wichtige Menschen, spürte ich Heute (wieder einmal), dass mir meine Alltagskontrolle zu entgleiten drohte. Ich lag nachts wach, hatte mit Angst und Wut zu kämpfen, konnte lange nicht schlafen. Erst als ich ein bisschen was aufschrieb, wurde es ruhiger im "Oberstübchen" und ich konnte einschlafen.
Heute Morgen spürte ich schon nach dem aufwachen, dass ich heute würde wachsamer mit mir umgehen müssen. Den Wecker hatte ich eine Stunde weiter gestellt. Den Termin beim Arzt Heute Morgen hätte ich gerne abgesagt - bin trotzdem gefahren. Ich bekämpfte die ganze Zeit den Wunsch, einfach im Bett liegen zu bleiben und mich meinen Sorgen hinzugeben. Decke über den Kopf. Nichts Hören, nichts sehen.
Ein klitzekleiner Grund mag darin liegen, dass Heute die Uni wieder losgeht, zeitgleich mit meinen Nebenjobs. Ich wusste vorher, dass mich das nervös machen würde, bin aber erschrocken, dass das ganze so auf meine Stimmung schlägt.
Ich weiß nicht wie - aber ich habe es geschafft, mich NICHT hinzulegen. Ohne Kämpfergeist, ohne Tatendrang. Habe halbherzig ein paar Angelegenheiten abgearbeitet, mit schlechtem Gewissen, weil - hätte ich ja früher machen können ("hätte"- ich liege nach wie vor VOLL im Zeitplan). Es dauerte ca. zwei Stunden, in denen ich einige Haken setzen konnte und ich spürte, dass sich die innere Lähmung, die tiefe Aggression, die Angst langsam lockerten. Es ist für mich immer wieder faszinierend zu beobachten wie - und DASS es funktioniert. Und genauso ernüchternd, dass es weder ein eindeutiges Rezept gibt um diese tiefe Traurigkeit, die lähmende Angst und die tiefe Wut einfach zu beseitigen. Das macht mich hilflos.
Um es bildlich zu beschreiben - ich war auf meiner inneren Leiter von ziemlich weit unten im mittleren Bereich angekommen. Das reicht mir für Heute - es gibt mir den Schub auch den Rest des Tages gut zu bewältigen - damit kann ich für Heute leben.
Dann entdeckt ich die Mail einer Professorin meiner Uni im Postfach. Ich hatte im letzten Semester eine Hausarbeit bei ihr abgegeben. Hausarbeiten sind für mich immer wieder der Horror: Bin ich zu nah am Text? Darf ich das so schreiben? Ist das relevant? Was will ich überhaupt sagen?
Die Professorin ist sehr anspruchsvoll, hat zu dem speziellen Gebiet über das ich geschrieben habe promoviert, forscht in dem Bereich und richtet immer wieder Ausstellungen dazu aus. Also man könnte sagen sie ist eine Koryphäe auf ihrem Gebiet. Das Thema war für mich schwer greifbar und ich habe mich mühsam durchgehangelt. Nach einem persönlichen Gespräch mit ihr ging ich ernüchternd raus und musste fast mein komplettes Thema umschmeißen. In Gesprächen mit anderen Studenten kamen wir überein, dass die Professorin sehr anstrengend sei, fast alle wären froh, einfach nur "durchzukommen". Ich halt auch. Ich habe mit nichts gerechnet, hätte mich aber über eine gute Note gefreut.
Nun schrieb sie, sie habe sich sehr über meine tolle Arbeit gefreut - ob ich in meinem zweitfach bereits zu diesem Thema geschrieben hätte. Sie sei sehr überzeugt von der Ausarbeitung und Analyse meines Themas
![Erschüttert :shock:](./images/smilies/icon_eek.gif)
![Erschüttert :shock:](./images/smilies/icon_eek.gif)
Ich bin zitternd zu meinem besten Freund gelaufen, habe ihm das Schreiben zu lesen gegeben und ihn gebeten, meine nächsten Hausarbeiten eins zu eins mitzubetreuen, weil ich Angst habe, ich hätte irgendwas übersehen, vielleicht nicht korrekt zitiert oder Quellenangaben unterschlagen.
Ich weiß, dass ich das nicht habe und selbst, wenn es in ein oder zwei Fällen der Fall wäre, würde sie mich nicht so gut bewerten - die Quintessenz muss also stimmen.
Trotzdem fühle ich mich wie ein Hochstapler.
Bisher konnte ich tatsächlich immer Ausreden finden: Die erste Hausarbeit war von einer Dozentin sehr gut bewertet worden, die selbst nicht wissenschaftlich arbeitet, eher praktisch orientiert ist. Andere Studenten sind ebenfalls mit einer sehr guten Note bewertet worden, ich konnte mir als glaubhaft einreden, dass ich gar nicht so gut sein kann, sondern sie einfach nur "seicht" bewertet. Auch bei anderen schriftlichen Arbeiten bin ich "so vorgegangen".
Und jetzt fühle ich mich gerade total überfordert - nicht nur, weil es nicht zu meinem Selbstbild passt - ich sehe eben all das, was ich ja eigentlich nicht kann, nicht hinkriege - und dann bringe ich so ne Arbeit zustande?! Welcher Teil in mir war das? Wo kommt das her?
Ich verzweifel zusätzlich an dieser krassen emotionalen Diskrepanz, die in mir vorherrscht. Bis zu dieser Nachricht war mein Denken eigentlich schon wieder davon ausgefüllt, dass ich meine Fächer eh nicht beherrsche. Und klar - mir wird auch immer bewusster - der eigentliche Härtetest wird später in der Praxis kommen. Aber im Grunde ist es tatsächlich so: Noch keiner hat mich bei irgendetwas shclecht bewertet. Das mache nur ich. Und laufe mit entsprechender Furcht durchs Studium.
Vielleicht lautet meine verdammte (allgemein in den Raum gesprochene) Frage einfach: "Wer bin ich, was kann ich wirklich und was sagt das jetzt über mich aus?"
![Augen verdrehen :roll:](./images/smilies/icon_rolleyes.gif)
Womit ich eben zur Überschrift zurückkomme: Meine innere Grundeinstellung und offensichtlich mein immer wiederkehrendes Bemühen, mich in diesem Glauben bestätigt zu sehen - und gleichzeitig im Grunde belegbare Gegenbeweise die ich gerade nicht integrieren kann. Wie ein Spalt im Kopf. Und Angst, weil ich mehrfach die Erfahrung gemacht habe (immer wieder mache) das nach guten Bewertungen der tiefe (selbst herbeigeführte) Aufprall kam.
Vielleicht mag mir jemand ein paar ermutigende Worte schreiben, oder kennt das auch?
Liebe Grüße,
Mim