Rückversichern

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Sette
Beiträge: 22
Registriert: 31. Okt 2016, 15:40

Rückversichern

Beitrag von Sette »

Hallo,

leide seit 3 Jahren an Depressionen. Mir geht es auch über längere Zeiträume gut, manchmal bin ich total symptomfrei.

Meine Depression begann durch Stress und eine Schilddrüsenüberfunktion. Als Depression im üblichen Sinne ist sie erst nach längerer Zeit diagnostiziert worden. Ich habe mich zu Anfang, als ich noch nicht wusste, was los war, durch rückversichern (geht das wieder weg?) abgesichert, war über lange Zeit täglich im Haushalt meiner Schwägerin, die in der Psychiatrie arbeitet. Es wurde besser aber eben nicht richtig gut. Ich hatte immer wieder kleinere Rückfälle, auch da habe ich mich immer wieder rückversichert obwohl ich auch selber wusste, dass es wieder besser werden würde.

Im letzten Jahr, nach einer psychosomatischen Reha, als es mir erst sehr gut ging, bin ich dann nochmals in ein ganz tiefes Loch gefallen. Geholfen hat auch da wieder meine Schwägerin, mein Mann, mein Umfeld und eine ganz tolle Therapeutin, die mein Problem des Rückversicherns sehr abgebaut hat. Sie wurde dann schwanger und fiel plötzlich im Juni 2016 wegen der problematischen Schwangerschaft aus. Zu der Zeit ging es mir dank der Therapie gut. Rückversichern war out! Ich habe erst versucht, ihre Abwesenheit zu überbrücken mit den Mitteln, die ich bis dahin gelernt hatte - und mit wenig rückversichern. Aber mir ging es schlechter und damit stieg der Rückversicherungsbedarf. Leider kam sie dann nicht, wie abgesprochen, schnell nach der Geburt des Jungen wieder. Ich konnte mich nicht stabilisieren, so dass ich mir einen neuen Therapeuten (Verhaltenstherapie) suchen musste. Zur Erklärung: ich bin Patientin in einer Gemeinschaftspraxis und hatte das Glück, dass ich im Oktober bei einem anderen Therapeuten, diesmal einem Mann, unterkommen konnte.

Dieser setzt sehr auf Selbständigkeit - rückversichern ist so gar nicht sein Ding. Mein Kopf sieht ja auch ein, dass dies auf lange Sicht der richtige Weg ist, fällt mir aber superschwer.

Kennt ihr das auch und wie geht ihr damit um? Vielleicht habt ihr ja gute Gedanken und Strategien, die mir weiterhelfen können.

Danke euch, Sette
M1971
Beiträge: 731
Registriert: 26. Apr 2014, 17:39

Re: Rückversichern

Beitrag von M1971 »

Hallo Sette, zu diesem Thema gibt es sicher viele Meinungen. Für mich klingt es so, als hat Deine Therapeutin zu viel Raum eingenommen und es ist eine Art Abhängigkeit entstanden. Sowas halte ich für absolut nicht zielführend. Ich befürworte die Vorgehensweise von Therapeuten, die auf ein Weg zur Eigenständigkeit hinarbeiten.
Das ist zwar unbequemer, aber wichtig um wieder auf eigenen Füßen zu stehen
Gruß
M
Tink
Beiträge: 419
Registriert: 6. Jan 2016, 09:54

Re: Rückversichern

Beitrag von Tink »

Hi Sette
Für mich zeichnet sich noch nicht ganz so ab was dich beschäftigt. Was genau die Fragestellung ist. Magst du es nochmal ausführen?
Gruß Tink
Sette
Beiträge: 22
Registriert: 31. Okt 2016, 15:40

Re: Rückversichern

Beitrag von Sette »

Hallo,

erst einmal danke für eure Beiträge.

Was ich gern wissen würde wäre, ob ihr euch auch solche falschen Strategien wie mein "Rückversichern" im Laufe eurer Depression angeeignet habt und was ihr gemacht habt, um umzulernen. Ich "zwinge" mich jetzt meistens dazu, diese entsprechende Fragen hier zu Hause, beim Therapeuten oder anderen vertrauten Personen zu unterdrücken. Das fühlt sich oft nicht gut an, ich hoffe aber, dass ich im Laufe der Therapie wieder lerne, mir selbst mehr zu vertrauen - dann sind diese Mechanismen bestimmt nicht mehr so wichtig.

@M1971: Das stimmt, meine Therapeutin hat mich sehr eng begleitet, wir hatten den "Abnabelungsprozess" gerade begonnen als sie dann ausfiel. Für mich wohl zu früh aber mein neuer Therapeut arbeitet anders mit mir, sicher auch, weil es mir grundsätzlich besser geht.

Ich wünsche euch einen schönen Abend,

Sette
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Rückversichern

Beitrag von Zarra »

Hallo Sette,

vielleicht wäre es hilfreich, wenn Du genauer schreibst, was Du unter "Rückversichern" verstehst und wie das abläuft.

... so Fragen wie: "Meinen Sie, daß es mir je wieder besser geht?!??!" (*) Oder was?

Weißt Du, keiner ist ein Hellseher, selbst bei Virusinfekten der oberen Atemwege gibt es Unterschiede (und bei entsprechendem Befund allerdings vielleicht noch etwas treffsicherere Wahrscheinlichkeiten als bei Psychischem) und bei Depressionen erst recht.

Klar macht die Depression noch unsicherer, doch irgendwie klingt mir das eher nach einem Angst- oder Unsicherheitssymptom; - doch ich bin kein Arzt und kein Therapeut, und Depressionen können sich ja auch ganz unterschiedlich äußern.

(*) Und ich denke, daß so etwas auch eine Frage des Ausmaßes ist. Mal ist solche eine Frage bei gegebener Situation sicher okay; wenn das dauernd hintereinander kommt (weil bei einem selbst gefühlsmäßig halt gar nichts ankommt!), stelle ich mir das schon extrem nervig für andere vor.

LG, Zarra
Tink
Beiträge: 419
Registriert: 6. Jan 2016, 09:54

Re: Rückversichern

Beitrag von Tink »

Hey Sette,
Zu einem gewissen Maß kenn ich das auch.
Für mich kommt das aus der Unsicherheit u dem an schlechten tagen quasi gar nicht vorhandenen Selbstbewusstsein.
Wo möglich gönne ich es mir und frag. Da ich auch aus der Unsicherheit heraus andere stark beobachte merke ich an der Reaktion schnell wann ich anfange andere zu irritieren u schluck es runter.
Natürlich kommt es immer auf die Ausprägung drauf an aber zu nem gewissen maß finde ich Rückversichern nicht schlimm. Im Gegenteil lieber einmal zu viel gefragt als irgend n blöden Fehler wegen einem Missverständnis.
Gruß Tink
monimoni
Beiträge: 246
Registriert: 6. Sep 2015, 15:12

Re: Rückversichern

Beitrag von monimoni »

Hallo Sette,

ich glaube, ich weiß, was du meinst. Ich habe mich auch über Jahre an andere geklammert, deren Beruhigungen. Ich habe allen anderen mehr vertraut als mir selber. Dann kam eine Veränderung bei der Arbeit (neuer Chef, nicht am Ort, neue Kollegen im Team in anderen Städten, kaum persönlicher Kontakt) , mein Mann hat mich verlassen, ich musste mir eine neue Wohnung suchen, meine damalige Therapeutin hat mich aus der Therapie gekickt (ich weiß nicht mehr, was ich mit ihnen machen soll, nun müssen sie alleine weiter gehen)... in der Tagesklinik nimmt mich auch keiner an die Hand ;-) .
Das alles hat bewirkt, dass ich mich in einem tiefen Loch befinde. Ängste wie noch nie.

Was ich damit sagen will: Eigenverantwortlich ist unheimlich wichtig. Ich habe das nie gespürt, mich immer an anderen orientiert, und jetzt stehe ich alleine da. Es ist wie ein Schock. Sei froh, dass der neue Therapeut mit dir daran arbeiten will.

LG
Moni
Sette
Beiträge: 22
Registriert: 31. Okt 2016, 15:40

Re: Rückversichern

Beitrag von Sette »

Hallo,

Danke für die Antworten.

Gerade deine, Monimoni, hat mir nochmals gezeigt, wie wichtig das jetzt ist, durchzuhalten. Ich finde rückversichern wie"ja, alles wird gut", "ja, es wird besser"... ist wie ein"Notfallmedikament", das zwar kurzfristig hilft aber langfristig nicht weiterhilft. Ich verkneife mir das jetzt, wann immer ich kann und versuche, mir die Antworten (nach Überprüfen der Fakten) selbst zu geben. Ist aber verdammt schwer!

Vielen Dank, bin weiterhin offen für andere Mechanismen, die euch bei dieser Thematik weitergeholfen haben.

Einen schönen Sonntag und dir, Monimoni: ich glaube, wir sitzen beim Rückversichern im "selben Boot", alles Gute, Sette
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