Und wieder mal ein neues Tief

dieRuth
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Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von dieRuth »

Ein freundliches Hallo in die Runde!

Immer wieder erwischt mich die Depression. Und in den letzten Jahren kam sie jeweils "aus dem Nichts". Na ja, vielleicht nicht ganz. Einmal war es eine schwere Grippe, im Jahr drauf ein Umzug und dieses mal vermutlich eine Cortisonbehandlung. Und zack, Dinge, die vor 2 Wochen noch mein Herz erfreuten und Spaß machten, sind völlig uninteressant. Ich stehe in meiner Küche, in der ich vor ein paar Wochen noch mit Freude gekocht habe und könnte nur heulen. Ich schaue meine geliebte Gitarre an und habe keine Lust auf üben. Ich gehe durch die Straßen, wo ich vor kurzem noch mit den Nachbarn nett geplaudert und gelacht habe und alles ist grau. Ich verstehe das nicht und fühle mich dieser Stimmung so machtlos ausgeliefert. Ich warte, dass es dunkel wird und ich endlich die Decke über meinen Kopf ziehen kann. Und hoffe, dass es morgen besser wird.

Vielleicht hat jemand etwas Trost für mich?
Bittchen
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von Bittchen »

Hallo liebe Ruth,

sehr gut kann ich mich an dich erinnern.
Wenn ich schreibe, schön von dir zu lesen meine ich nicht ,dass ich dein erneutes Tief nicht
bedauer.
Es erinnert mich auch ,auf welch dünnem Eis ich mich selber bewege.
Herbst und Frühjahr sind bei mir immer kritische Zeiten.
Diesen Herbst habe ich auch immer mal kleine Tiefs und Schwankungen,aber ich komme immer wieder raus und stürze nicht so ganz ab.
Cortison ist bekannt dafür Depressionen auszulösen zu können.
Im Frühjahr hatte ich das von Magentabletten,auch da ist es bekannt,dass es passieren kann.
Auf Nebenwirkungen reagiere ich empfindlich.
Wenn ich das Medikament absetzen konnte ging es mir bald besser.
Du kennst ja sehr gut die Strategien ,die dir helfen aus dem Loch raus zu kommen.
Warst du schon bei deinem Psychiater?
Oder bist du nicht mehr in Behandlung?
Wir sind ja nicht ganz machtlos,sondern die kleinen Aktivitäten auch ohne Freude helfen uns.
Manchmal gehe ich raus wenn ich meine Nachbarin sehe und spreche ein paar Worte,sie weiß um die Krankheit und ist selbst betroffen.
Auch ein kleiner Gang mit dem Hund geht immer mal.
Geduld haben und trotzdem die kleinen Freuden wahrnehmen und das immer wieder üben.
Tue dir immer wieder was Gutes,kleine Dinge die dich in guten Zeiten erfreut haben.
Ein einfaches Stück auf der Gitarre spielen ,oder ein leckeres Gericht kochen,ohne viel Aufwand.
Kochen tue ich sehr gern,wenn ich das nicht mehr mache ,weiß meine Familie sofort ,es ist wieder so weit.
Bleibe zuversichtlich ,es wird wieder besser,auch dieses Mal kommst du raus aus der Krise.

Gute Besserung und liebe Grüße von Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
M1971
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von M1971 »

Hallo Ruth, die Krankheit hat gerade saisonale Hochsaison. Mein Tipp ist es, jeden Tag raus zu gehen. Auch wenn es früh dunkel und kalt ist. Wenn Dir das nicht zusagt, könntest Du auch in ein Sportstudio gehen.
Bewegung ist wichtig
Gruß
M
dieRuth
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von dieRuth »

Hallo Bittchen, schön, von dir zu lesen. Ich habe, auch wenn es mir gut ging, hier immer mal im Forum gelesen, auch deine Beiträge. Schön, dass du gute Zeiten hast. Weisst du, ich war so froh, dass ich über ein Jahr depri frei war. Ich bin jetzt seit Juli im Krankenstand wegen einer Kalkschulter, das waren höllische Schmerzen und ich war trotzdem guten Mutes und froh, dass die Psyche stabil blieb. Tja, die Schulter heilte unter der cortisonbehandlung und ich sollte eigentlich letzte Woche zurück in den Job. Die Depression kam so 2-3 Wochen nach dem Absetzen von Cortison. Die Neurologin, die auch in die Schultersache mit eingebunden war, vermutet ein Steroidentzugssyndrom und begleitet mich sehr eng (sie ist auch Psychiaterin und Psychotherapeutin) und ihr Vorschlag war, zunächst cortison wieder in kleiner Dosis zu nehmen und dann langsam, ganz langsam abzudosieren. Falls das nicht innerhalb von 2 Wochen einen Aufwärtstrend bringt, gibt es ein AD dazu. Klingt vernünftig. Die kleinen Tipps versuche ich zu befolgen, mal geht es, mal nicht
dieRuth
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von dieRuth »

Hallo M1971, danke für die Nachricht. Fitness geht gar nicht, da nach der kalkschultersache der Arm nur sehr eingeschränkt beweglich ist. Raus gehe ich, wenn ich es schaffe. Ich hatte mich so auf die Arbeit gefreut, da laufe ich hin und ein geregelter Tagesablauf tut gut. Aber daran ist im Moment nicht zu denken.
M1971
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von M1971 »

Hallo Ruth, es muss kein Fitness sein. Schon Ein regelmäßiger Spaziergang ist wohltuend.
Gruß
M
dieRuth
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von dieRuth »

Ich weiss. Aber heute ging gar nichts. Ich fühle mich so furchtbar. Klar, das mit dem Cortison ist eine Erklärung. Aber ich tue mich so unendlich schwer damit, dass mir wieder mal alle Lebensfreude abhanden gekommen ist. Es war so lange alles in Ordnung. Und nun drehe ich mich immer weiter rein in die Deprigedankenspirale. Ich kann das nicht stoppen. Habt ihr da irgendwelche Tipps?
Zuletzt geändert von dieRuth am 1. Nov 2016, 17:55, insgesamt 1-mal geändert.
M1971
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von M1971 »

Nimm Dir ein gutes Buch zur Ablenkung. Dazu ein leckeres Heißgetränk nach Wahl.
Gruß
M
Bittchen
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von Bittchen »

Liebe Ruth,

Tipps gegen die Spirale nach unten habe ich auch nur was so allgemein bekannt ist.
Eine Kalkschulter ist sehr schmerzhaft,alleine das ist schon genug ,dass es dir nicht gut geht.
Schmerzen sind für mich immer ein Grund für dunkle Gedanken und Gefühle.
Deine Schulter beweglich zu halten und Physiotherapie zu machen hat jetzt Vorrang.
Das sind auch Aktivitäten die du für dich tust und fordern dich auch.
Aber ich versuche dann mich nicht noch selber runter zu ziehen und mache nur Dinge die ich gerne mache,oft ist das sehr wenig.
Wenn ich schlafen will ,dann mache ich das.
Vorwürfe so brach zu liegen mache ich mir nicht,denn ich akzeptiere dann krank zu sein.
Auch meine Psyche braucht Ruhe.
Mir geht es im Moment recht gut,aber die Angst wieder abzustürzen ist immer da.
Da hoffe ich ,dass mich das schützt nicht zu viel zu machen.
Auch positive Dinge sind für mich anstrengend.
Gute Besserung und denke nur an dich,denn du bist körperlich und seelisch angeschlagen.

Liebe Grüße von Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
dieRuth
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von dieRuth »

Guten morgen, Bittchen. Das fatale daran ist, dass die Schmerzen, die wirklich über monate höllisch waren, nach der cortisonbehandlung weg waren. Der Arm ist noch recht unbeweglich und ich mache Physio. Was mir das ganze so schwer macht: während der Monate mit Schmerzen war die Psyche stabil. Nun sind die schmerzen weg und ich rutsche in die Depri. Andersherum hätte ich es verstanden, aber so? Nun gut, vielleicht liegt es wirklich am zu schnellen absetzen des cortison. Die Neurologin meinte, das käme gar nicht so selten vor, das sogenannte kortisonloch. Wir haben vor gut einer Woche wieder mit 2 mg begonnen, die nun langsam, ganz langsam ausgeschlichen werden, damit der Körper selbst wieder cortisol produziert. Sie hat mir das so erklärt, dass die nebennierenrinde, die das cortisol produziert, unter einer länger dauernden, hoch dosierten Menge von Cortison, ihre Tätigkeit einstellt. Wenn man das dann zu rasch absetzt (ich habe mich strikt an den Plan gehalten, der aber für mich wohl doch zu fix war) springt die Produktion nicht mehr an und cortisolmangel führt genau wie cortisolüberschuss zu Depression. Nun führt man von aussen wieder cortison zu, in kleinen Mengen, und reduziert langsam, dann merkt die nebennierenrinde "aha, da kommt zwar was, reicht aber nicht" und beginnt wieder mit ihrer Arbeit. Soweit, so logisch. Nun nehme ich das aber schon seit über einer Woche und es geht mir nicht besser. Die Neurologin sagt, so fix geht das nicht. Geduld. Klar, wie beim einschleichen vom AD. Aber ich muss das Aushalten. Das fällt so schwer. Aber klar, ich muss in die Trickkiste greifen und aktiv bleiben und trotzdem die Dinge tun, die ich eigentlich mag. Das finde ich aber gerade umso frustrierender. Dass das, was vor 3 Wochen noch Freude machte, nun einfach nur öde ist. Versteht ihr, was ich meine?
anna54
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von anna54 »

Hallo Ruth
ich kann gut nachfühlen,wie das ist,wenn wieder eine Phase kommt,wo die Depression zuschlägt.
Der Begriff Abwärtsspirale erklärt es gut,scheinbar gibt es keinen Weg nach oben.
Bei mir kommt dann ein großes Bedürfnis nach Schlaf und Ruhe.
Dann ist der langsame Weg zurück zu den normalen Aktivitäten irgendwann wieder möglich.
Oft sind es auch kleine Ziele,die ich mir bewußt aussuche----Bücherei,ein Bummel durch die Stadt---immer der Weg durch die Natur.

Es braucht Zeit---und es muss sein dürfen---wie es ist.
Keine Zwänge,keine Vorwürfe,kein Drängen von außen.
Impulse kommen wieder,Lust auf Dinge,die dir gut tun----das ist der Anfang der Wende.

Wie Ebbe und Flut,wie Tag und Nacht---.
Nicht daran glauben können,es nicht fühlen können----so tief zu fallen,besonders nach einer guten Zeit----das macht es ungeheuer schwer.
Die Gefahr einer Kortisonbehandlung ist ja reichhaltig bekannt,ich habe es auch selbst erfahren,aber es ging vorbei----die Behandlung war absolut notwendig.

Immer kann ich nicht an die guten Zeiten glauben,wenn es mich umwirft----bin nach der Wende immer erstaunt,wie tief ich gefallen bin.
Aber es geht vorbei---immer.
Manchmal sind scheinbare Zufälle meine wichtigsten Impulsgeber,immer finde ich sie,wenn ich wieder unter Menschen gehe.
Viel Kraft,viel Zuversicht,von Herzen alle guten Wünsche
anna54
dieRuth
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von dieRuth »

Vielen Dank für euren Zuspruch. Es tröstet, dass ich nicht allein bin mit diesen Gefühlen. Und dass cortison nach dem absetzen solche depressionen auslöst, damit hab ich einfach nicht gerechnet. Ich wusste, dass es während der Einnahme so sein kann, aber nach dem Absetzen? Nun ja, irgendwie muss ich da nun durch. Und die Gewissheit, dass es wieder besser wird, ja, die habe ich. Es ging aus jeder Phase auch wieder raus. Schlimm ist nur, dass ich weiss, was hilft, es aber manchmal nicht schaffe, das umzusetzen
Herd04
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von Herd04 »

Liebe Ruth,

wie gut kann ich mir das vorstellen, was du gerade beschreibst.
Nach einer relativ beschwerdefreien Zeit kam vor etwa 2 Wochen ein Tief in der Stärke, die ich nur von meinen ganz schlimmen Episoden 2003/2004 und 2010/2011 kenne.

All deine Gedanken und Erfahrungen hätten auch von mir und von so vielen anderen hier im Forum sein können.
Die Unfassbarkeit, dass mit einem Mal alles Gute, das eben noch da war, wie weggelöscht ist, ist so quälend. Man will und kann es einfach nicht verstehen.

Und genau da liegt der Ansatz, der mir ein wenig hilft. Mein langjähriger Psychiater, der nun mit 75 in Rente gegangen ist, meinte mal zu mir: "Grübeln Sie nicht über das Warum. Die Depression kommt und geht auch wieder."
Natürlich ist das überhaupt nicht einfach umsetzbar. Bei dir ist es das Cortison bzw. das Absetzen dieses, was eine Ursache sein könnte. Aber eben nur könnte....

Vielleicht hilft es dir ein wenig, dich nicht zu sehr an den Gedanken zu klammern und abzwuwarten, bis nun endlich die Wirkung einsetzt. Das macht nur Druck.

Du hast, wie ich, die Erfahrung gemacht, dass es auch wieder besser wird. Ich glaube nicht nur daran, ich weiß es. Alles, was rational möglich ist, habe ich getan und du sicher auch. Wir haben Ärzte an unserer Seite, sind medikamentös eingestellt usw.

Es ist schon komisch, dass die Depression oft zuschlägt, wenn man glaubt, etwas überwunden zu haben. Bei dir sind die Schmerzen weggewesen, die Depression dagegen ist da. Bei mir war es 2010 zum Beispiel so, dass monatelang nach den Ursachen starker Schmerzen und schlechter Blutwerte gesucht wurde und dann irgendwann die Diagnose Rheuma feststand. Ich war zumindest darüber froh, dass ich nun eingestellt werden konnte. Und als das alles abgeschlossen war, kam die Depression.
Es gibt schon einen Zusammenhang, aber ich suche nicht mehr bewusst.

Ich versuche jetzt in dieser Phase, ganz bewusst an Positives zu denken. Man glaubt zwar, das geht gerade nicht. Aber es geht. Ich sitze da und kann mich zu nichts aufraffen (es wird aber schon besser bei mir), aber ich sage mir z.B.:Wenn das weg ist, kann ich mit M.(mein großer Enkel) in den Zoo gehen.......oder mich mit einer Freundin treffen......oder:Es ist schön, dass wir dieses Jahr mit dem Anstreichen unserers Hauses fertiggeworden sind. Das sind so ganz kleine Gedanken, zu denen ich mich zugegeben auch zwingen muss. Aber es ist etwas, was bei mir ein bisschen funktioniert. Alles andere kommt nach und nach von allein.
Wenn du es heute vielleicht schaffst, eine Seite zu lesen, dann denke nicht daran, wie toll es war, dass du noch letzte Woche ein Buch gelesen hast, sondern wie gut es ist, dass wenigstens eine Seite geht. Bald wird es mehr.

Ich hoffe, lieb Ruth, ich kann dir (und mir selbst) ein wenig helfen.

Liebe Grüße, Edda
dieRuth
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von dieRuth »

Danke, Edda. Ja, das Wissen darum, dass es wieder besser wird ist hilfreich. Ich hatte auch schon eine Phase, da dachte ich, es wird nie wieder besser. Zumindest diese Angst hab ich derzeit nicht. Positiv denken geht zur Zeit gar nicht. Ich bin einfach entsetzt. Und kriege kaum etwas auf die Reihe. Also, ich bin schon geduscht, geschminkt, der Haushalt läuft. Ich habe ja meinen Sohn, den ich versorgen muss. Der ist 10. Ich bin alleinerziehend. Aber diese Traurigkeit ist wie Blei.
haike1956
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von haike1956 »

Ihr Lieben,

auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn eine belastende Situation zu Ende ging, ich dachte jetzt geht es wieder aufwärts. Pustekuchen, die Depression verstärkte sich wieder.
Depression kann nicht nur durch negativen Stress ausgelöst werden, sondern auch durch positiven. Das kam auch beim Forentreffen in Bad Bevensen zur Sprache.
Wenn ich früher in einer schlechten Phase war, konnte ich mir nicht mehr vorstellen, wie es vorher war. Und wenn ich wieder raus war, konnte ich mir nicht mehr vorstellen, wie ich mich in der Phase gefühlt habe.
Ruth, Du schreibst die Traurigkeit ist wie Blei. Ich habe es damals auch körperlich so erlebt. Bei jedem Schritt, jeder Stufe waren die Beine schwer wie Blei. Das wurde während der medikamentösen Behandlung dann deutlich besser.
Alles Gute wünscht euch

Haike
dieRuth
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von dieRuth »

Haike, das ist ganz interessant und geht mir genau so. Wenn ich aus einer Phase raus bin, kann ich mir überhaupt nicht mehr vorstellen, wie ich mich in der Depression gefühlt habe. Und jetzt ist alles wieder da, die Bilder und Empfindungen aus den letzten Phasen sind überdeutlich. Das ist so ein elendes Gefühl. Ich sehe mich wieder in der psychosomatischen Klinik, wo ich 16 Wochen war und ich in schlechterem Zustand wegfuhr als zu Beginn der Zeit dort (lag nicht an der Klinik, die war gut, nur halt eben nicht für mich). Damals dachte ich, jetzt hab ich alles probiert, Medikamente, super Klinik mit wirklich toller Bezugstherapeutin...Das hat alles nicht geholfen. Und nun? Ich glaubte, alles zu verlieren, Job, mein Kind, und für immer depressiv zu bleiben. Und doch wurde es besser. Und zumindest das hat sich verändert und hilft mir gerade sehr. Ich weiss, es geht vorbei. Und ich weiss theoretisch ganz genau, was ich jetzt vermeiden muss und was mir helfen kann. Noch kriege ich es nicht umgesetzt. Aber ich werde es schaffen. Vielleicht fehlt mir im Moment noch die krankheitseinsicht. Ich will das nicht wahr haben und suche nach einer Erklärung. Aber selbst wenn es eine geben würde...Ausser jetzt dieses Ding mit dem Cortison..Sie nützt mir ja nichts. Falls das der Auslöser sein sollte, gut, dann bin ich auf dem Weg, medizinisch das richtige zu tun. Falls es das nicht ist, nehme ich auch gerne wieder ein Antidepressivum dazu. Aber auch da gilt, ich muss mit dem Medi mitgegehen. Da hocken und auf Wirkung warten ist das verkehrteste, das ich tun kann. Ich muss Geduld haben, mich von dem Schock erholen und dann etwas tun. Selbst die beste Verhaltenstherapie bringt nichts, wenn ich das erlernte nicht umsetze. Gesund beten kann mich niemand. Ich danke euch für eure Impulse hier. Es tut gut, nicht allein zu sein mit diesen Gefühlen.
dieRuth
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von dieRuth »

In Absprache mit der Neurologin schleiche ich jetzt wieder paroxetin ein. Das Cortison sollte ohnehin jetzt langsam wieder ausgeschlichen werden. Paroxetin hat mir schon mal sehr geholfen. Ich bin diese ständigen Depri Phasen so leid. Nimmt hier noch jemand Paroxetin und wie geht es euch damit?
Bittchen
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von Bittchen »

Liebe Ruth,

Das Medikament habe ich noch nicht genommen,aber wenn es dir schon mal geholfen hat,wird es auch jetzt richtig sein.
Escitalopram nehme ich ,jetzt habe ich mal 5 mg langsam reduziert,aber ganz absetzen werde ich nicht mehr.
Das geht bei mir immer nach hinten los.
Auslöser finde ich immer ,ob es dann daran liegt weiß ich nie.
In der letzten schweren Phase konnte ich mein Medikament nicht mehr erhöhen ,da es schon die Höchstdosis war.
Gewechselt habe ich auch nicht.
Auch dunkle Gedanken haben mich erwischt und ich sollte in die Akutklinik oder Tagesklinik.
Die Tagesklinik war mir zu anstrengend,die Akutklinik habe ich so von einem Tag auf den Anderen vor mir her geschoben und wie es etwas besser wurde,eine Reha beantragt.
Das war eine gute Entscheidung.
Mir hat es geholfen,aber die Schwankungen habe ich immer wieder.
Mittlerweile habe ich akzeptiert dass ich krank bin.
Es gelingt mir immer besser auf mich aufzupassen,aber wenn meine Stimmung im Keller ist,kann ich die Theorie auch nicht umsetzen ,das habe ich gestern gemerkt.
Oft weiß ich nicht ,ist es berechtigte Trauer oder drifte ich wieder ab.
Gestern habe ich mich ausgeruht und hatte dabei aber traurige Gedanken.
Auch jetzt merke ich,es geht mir nicht gut.
Da müsste ich raus gehen ins Grüne ,aber ich kann mich nicht aufraffen,
denn ich will eigentlich nicht und sitze hier und schreibe.
Auch ich habe immer gehofft das das Medikament bald hilft.
Da war ich immer sehr ungeduldig.
Das letzte mal fiel diese Hoffnung ja weg und ich zweifelte ob es überhaupt eine Wirkung gibt.
Mein Arzt meinte:" Sie wissen nicht wie es ohne wäre."
Der Therapeut in der Reha hatte diese Meinung auch.
Na ja,es wurde dann ja besser,aber alleine auf ein Medikament baue ich nicht mehr.
Auch habe ich die Empfehlung wieder in Therapie zu gehen .Aber erst mal ist es schwierig eine Platz zu finden.Mein Therapeut,mit dem ich gut zurecht kam,ist 80 Km einfache Fahrt weg.Da scheue ich mich noch etwas ,da bin ich 5 Jahre hin gefahren.
Mein Psychologe in der Institutsambulanz befürwortet eine Therapie ,kann mir bei der Suche aber nicht helfen.
Wir wollen das aber noch mal besprechen,er hat alle 8 Wochen auch immer gut Zeit für mich.
Nächste Woche habe ich wieder einen Termin.
Gute Besserung für dich,du weißt ja ,dass es dir beim Einschleichen noch mal etwas schlechter gehen kann,das geht vorbei,wenn es überhaupt auftritt.

Passe auf dich auf und liebe Grüße von Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
dieRuth
Beiträge: 400
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von dieRuth »

Ach Bittchen, dir geht es nicht gut und doch versuchst du, mir Mut zu machen. Vielen Dank dafür. Ich bin in den letzten Zügen einer Verhaltenstherapie und eigentlich wollten wir das Auslaufen lassen mit Terminen alle 6 Wochen. Ich habe den Therapeuten angerufen und er hat mir gleich für Dienstag einen Termin gegeben. Und mir auch gesagt, dass ich bitte aufpassen soll, mich nicht da rein zu steigern. Und aus einem medikamentbedingten Tief gleich wieder eine neue Depression herbei zu denken. Ach, wie gut er mich doch kennt. Ich habe heute mit einem guten Freund gesprochen, der geht ab Montag mit mir jeden morgen eine Stunde spazieren, egal in welcher Verfassung. Nun denn, ich hab alles gegeben für heute und bin froh, dass der Tag vorbei ist.

Geht es dir besser zum Abend hin?
Pummelchen
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von Pummelchen »

Liebe Ruth,

ich nehme seit ca. 10 Jahren Paroxetin. Lange Zeit habe ich prophylaktisch nur 10 mg genommen, das hat mir ausgereicht. Durch das Paroxetin habe ich schon das Gefühl stabiler zu sein ,und nicht mehr so weit abzurutschen. Jetzt nehme ich schon länger 20mg, da ich im Sommer wieder eine leichte depressive Phase hatte und es mir zur Zeit durch den Tod meines Bruders psychisch nicht sehr gut geht. Ich habe auch unterstützend eine Psychotherapie. Ruth ich wünsche dir sehr das dir das Paroxetin gut hilft und du wirst sehen es kommen wieder bessere Zeiten. Das kann ich dir sehr gut nachfühlen das du die Depri-Phasen leid bist.
Alles Gute für dich! LG Pummelchen
dieRuth
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von dieRuth »

Ich nehme paroxetin jetzt seit 7 Tagen, zuerst 10, seit 2 Tagen 15 mg. Besser geht es mir nicht. Klar, das dauert. Aber ich weiss nicht, wie ich die Geduld aufbringen soll bis zum Wirkeintritt. Und vielleicht hilft es ja auch gar nicht mehr? Ich hab solche Angst
Birko
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von Birko »

Hallo liebe ruth
So einen rückfall hatte ich auch schon. Ein rückfall fühlt sich immer sehr schlimm an. Meiner war letztes jahr so im mai 2015. Meine tochter war erneut schwanger. Ich konnte mich nicht einmal freuen. Ich hatte mich zu einem sportkurs angemeldet, auf den hatte ich mich soooo gefreut. Nichts ging mehr. Ich war leer und fertig. Ich ging sofort zum arzt und fing wieder mit citalopram an. Die ersten vier wochen tat sich nichts. Ich war nur fertig und schlafen ging auch nicht. Nahm zopiclon. Im juni stand die bedrohung urlaub an, ich hatte nur angst.
Auf einmal wurde der tunnel lichter es ging bergauf. Konnte sogar in urlaub. Freute mich über kleinigkeiten und schlich ganz behutsam zopiclon aus. Endlich.
Sei geduldig es wird besser. Ich habe es auch immer mal aber schwächer. Verliere nicht den mut. Es kann bis zu 6 wochen dauern bis es wirkt.

Grüsse birko
Melde dich wieder. Hier bist du richtig.
dieRuth
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Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von dieRuth »

Danke, Birko, für deine Worte. Warum hattest du
Citalopram denn abgesetzt und wie lange hat es nach dem Absetzen gedauert, bis die Depression zurück kam?
dieRuth
Beiträge: 400
Registriert: 23. Nov 2014, 15:49

Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von dieRuth »

Ich hatte ja schon mal das Problem, dass ein antidepressivum, das ich abgesetzt hatte (cipralex) bei erneuter einnahme nicht mehr wirkte trotz 8wöchiger einnahme. Dafür konnte mir niemand eine Erklärung geben. Alle Fachleute waren übereinstimmend der Meinung, was einmal half wird es auch wieder tun. Einzig der Amtsarzt (psychiater) hatte eine Erklärung...Das cipralex habe ich damals bekommen, als ich schon über 5 Monate in der Depression steckte...Er meinte, dass es auch gut sein kann, dass die Depression damals ohnehin auf dem Weg der Besserung war und mir das cipralex nie geholfen hat. Bei paroxetin kann ich sagen, dass es mir damals nach 4 Wochen geholfen hat. Da hatte mich die Depression gerade mal 2-3 monate im Griff. Man, das ist alles ein Mist. Ich hatte gedacht, ich habe es geschafft und bin durch mit dem Depressionsthema. Und zack, geht es wieder los
malu60
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Registriert: 28. Dez 2014, 11:31

Re: Und wieder mal ein neues Tief

Beitrag von malu60 »

Hallo ,liebe Ruth,
wir haben auch schonmal geschrieben,ich erinnere mich sehr gut an Dich.Ich bin jetzt fast 2 Jahre im Forum.Am 1.Nov 14 bin ich,letztmalig für 4 Monate von jetzt aufgleich in diesen "starren Zustand "gekommen.Hab einfach nichts mehr machen können,ich weiß genau wie Du Dich jetzt fühlst,ich war auch fassungslos,das bin ich jedesmal,wenn es los geht.


Du musstest auf die Wirkung von Paroxetin vertrauen,weil Dein bewährtes nicht mehr half.
Warst Du auch "Hohes Cholesterin unter Paroxetin)?

Ich hatte 3 Monate null Medi,mich total isoliert,und als älterer, alleinlebender pensionierter,Mensch war ich sehr verzweifelt,als ich das Forum fand und las,und las........

Jemand vom Ehrenamt,wo ich arbeitete,war dann mein Engel,schaute bei mir vorbei und da ich
in einer Kurstadt lebe,Privatpatient bin,ging es dann ganz schnell.Sie schleppte(so war,s), mich zum Arzt,ich bekam Paraxetin,Aufdosiert,wie Du es jetzt aushalten mußt.


In 4 Wochen wurde ich 60J,da war ich schon aus dem Gröbsten raus,machte schon VT Erstkontakt als Hausbesuch,draussen auf Terasse. Den Geburtstag mit 2Nachbarn auch
auf der Terasse,erschöpft zwar,aber froh und dankbar.Zum Chinesen bin ich sogar auch,hab ich gewollt spontan.3 Leute nur,aber ich war wieder raus,aus dem tiefen Loch.


Dies wird bei Dir auch so kommen,lies was Du damals geschrieben hast.Es handelt sich noch um
Tage,dann wird es wirken.Es ist toll,dass Du raus gehst,egal wie,mit Deinem Freund.
Da passiert auch etwas,allein das ,Gehen,Regen Wind ,Du wirst es ja schon merken.------

Ich bin erst durch den Arztbesuch,und die Gespräche,er hat über 1 Stunde mit mir gesprochen...an die Luft gekommen....ein Wunder,hab aus meiner Einzelhaft rausgefunden.

Dannach ist es auch nicht toll,wie sonst im Wald ,oder Schnee,wie Du es ja alles kennst....

Es ist wie Überlebenstraining,Mütze an raus,weil es jetzt sein muß,dadurch wirkt das Mittel auch besser.Ich war ja nur im Bett,allein,wie abgestorben.
Hatte das Forum gefunden und eine Chorfreundin,die mir Lebensmittel rangeschleppt hat.Sie kennt Depri,s garnicht und war immer ganz traurig,wenn sie mich so sah.Dabei war sie 1x in der Woche meine Struktur ,mein Halt.Für sie duschte ich ,Gott sei Dank bin ich andern gegenüber schon immer voller Scham gewesen.

Ich schreib wieder Zuviel,doch aus dem Grund,weil ich Dir Mut machen will,Du hast es bald,halt durch,lenk Dich ab,mit einfachen Dingen,es ist auch gut,dass der 10J.Sohn nach der Schule
eine Ma erwartet,ich kenn das,für seinen Sohn holt man nochmal eine Portion Leben aus
irgendeiner Zelle.

Der Arzt hatte mir immer gesagt,ich dürfe Ruhe halten,solle viel trinken und wenn es nicht geht,
raus oder anderes,dann auch alles lassen...(Chor,Ehrenamt,Garten,Kochen,soll mich nicht zwingen kein Druck machen....aber dem Kleinsten Impuls,dem soll ich nach gehen.

So bin ich als erstes raus zu den Frühlingsblumen,hab auch Sonne im Gesicht wieder gespürt,hab mal gesummt....verrückt,aber so gings los.......Nicht nur Brot Yougurth,
Banane,sondern 1Ei gebraten,weil ich "Lust"drauf hatte......(dies werd ich nie mehr vergessen,
seither mach ich das immer noch,ich spür,wo es mich hinzieht,und mach da was aus dem Bauch.

Nicht weil ich muß,auch noch ohne viel Willen,denn mein Antrieb,der ist immer noch ein Rest-
Problem.Die ganze Schreiberei soll niemand und Dich,erst recht nicht triggern,

Ich will sagen,seither 1 1/2J nehme ich durchweg 40 mg Paroxetin,hab ca.30 VT(Jetzt alle 3-4W)

Mein Leben ist voller Freude,ich fotografiere,zur Zeit mach ich viel in meiner Wohnung,war
mit dem Forum in der Lüneburgerheide,war die 1.Novemberwoche mit Leuten an der Küste....

Mir geht,s wie Bittchen,die Angst sitzt mir auch im Nacken und dieser November nötigt
mir Respekt ab.Dunkel ,kalt,Trauertage,da ist es auch für Alle etwas "Moll"

Hier im Forum hab ich mit Hilfe von Bittchen aufgehört zu rauchen,viele gute Tips,auch Abnehm-
Bemühungen verfolgt,und ich bin so froh,dass ,besonders,auch im Kaminzimmer man
einfach mal sein kann und in den Arm genommen wird,verstanden wird,bei aller Unterschiedlichkeit.Ob alt ob jung,Mann Frau,Single oder in Familie hier finden sich immer
ähnlich Fühlende und Strampelnde.Für eine Zeit,denn das Leben will in echt gelebt werden.

Da ich im Bett Entlastung finde,und hier verstanden wurde,das hat mich so
getröstet.Das ist meine Art es auszuhalten,ein anderer lebt in höchster Lebensgefahr,was
ich nie in 30 Jahren Depri erleben musste,es ist einfach große Sch....,sowas zu haben....
Lebendig begraben ,oder todmüde,so empfinde ich es........

Nur Mut,Du bist in der Zielgeraden........Was wäre.wenn:: der Spuck vorbei wäre.
Freu Dich,diese Ruth hat hier tolle Sachen geschrieben
,
Selea schrieb mal,man könne immer wieder anknüpfen,wenn die Depri sich verzieht.......
Ich ,chron.Erkrankte,behaupte,und komm mir immer ein Stückchen näher und verändere in
Minischritten.Aber falle (wann?)auch wieder und steh auch dann wieder vor dem Rätsel.Warum

Ich hab auch meinen Sohn ab 7.Lebensjahr alleine erzogen,voll gearbeitet,er ist jetzt 40J und das
Beste,was mir passieren konnte.Er ist ein sehr reflektierter,toller Mann geworden Dachte,meine Depressionszeiten würden ihn krank machen.Im Gegenteil,von den vielen Therapien die ich machen musste,hat auch unsere Beziehung eine Echtheit und er durfte sich immer auch
schützen vor dem Leid,dass dann die ganze Familie lähmt.Er war auch wütend,dass ich so rum
lag wurde laut und mit 22Jahren zog er aus in eine WG,alles richtig,so wollte ich es immer.Die Depression macht viel Leid,aber es geht vorbei,hier scheint jetzt sogar die Sonne,bestimmt auch für Alle,denen es "dunkel" ist.Liebe Grüße an Dich und ein Päket-Hoffnung wünscht Dir malu
Leben ist mehr
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