Happy End bei Büchern über Depression

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haike1956
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Happy End bei Büchern über Depression

Beitrag von haike1956 »

Hallo,

die Überschrift klingt etwas merkwürdig. Ich habe in den ersten Jahren meiner Erkrankung viele Berichte/ Bücher über Depressionen gelesen und die allermeisten hatten einen positiven Schluss. Der betreffenden Person ging es nach Therapie und vielleicht auch Medikamenteneinnahme wieder gut. Natürlich kommt ein anderes Ende nicht so gut an.
Bloß ich hatte dann immer das Gefühl, wieso schaffen die es alle und ich komme einfach nicht mehr raus. Ich habe immer geglaubt, ich mache etwas verkehrt, bin unzulänglich usw.
Inzwischen kenne ich sehr viele Menschen mit chronischen Depressionen und kann akzeptieren, dass es eben auch solche Verläufe gibt.
Bücher müssen Auflagen erreichen und so werden sie auch geschrieben.
Vielleicht hat sich inzwischen etwas in den Büchern geändert, seit einigen Jahren lese ich diese Bücher nicht mehr.

Liebe Grüsse

Haike
somebody
Beiträge: 221
Registriert: 3. Jul 2014, 10:55

Re: Happy End bei Büchern über Depression

Beitrag von somebody »

Hallo Haike,
ich finde du sprichst da ein ganz wichtiges Thema an. Natürlich werden fast immer positive Berichte in die Öffentlichkeit gestellt, man will ja auch Mut machen, dass Betroffene sich Hilfe suchen.
Andererseits gehts mir ähnlich wie dir. Ich lese zwar keine Bücher, aber auch so finden sich fast auschließlich Happy Ends. Das frustiert mich derzeit auch ungemein. Mir geht es seit ca. 4 Jahren deutlich schlecht und verzweifle fast daran, dass es nicht so viel besser geworden ist mit meiner Therapie. Ich sehe die ganzen anderen Berichte a la "Ich habe dieses und jenes verändert/gemacht und nach einem Jahr gings mir wieder gut". Da neige ich auch dazu, mich zu fragen: Was mache ich falsch?
Auf der anderen Seite bekomme ich hier im Forum auch mit, dass es bei einigen auch chronisch wird. Damit möchte ich mich mit meinem noch jungen Alter aber auch nicht abfinden...
Nun ja, das waren meine Gedanken dazu..
liebe Grüße,
somebody
DieNeue
Beiträge: 5463
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Happy End bei Büchern über Depression

Beitrag von DieNeue »

hallo ihr beiden,

mir gehts da wie euch. Ich find es auch frustrierend, immer wieder zu hören, dass Depressionen ja so gut behandelbar sind und in Reportagen/Lebensberichten etc. es eigentlich immer gut endet. Bei mir geht es jetzt schon seit 8 Jahren so und es scheint nicht so, dass es jemals wieder wirklich gut wird. Ich hatte auch immer das Gefühl, ich mache zu wenig dagegen.
Vor allem beim Sport wurde ich unter Druck gesetzt... immer mehr machen, immer mehr... hat bei mir gar nichts geholfen, nur noch mehr frustriert.

Besonders ätzend finde ich solche Aussagen wie: "Ich hatte zwei Monate lang Depressionen, das war sooooooo schlimm... Gott sei Dank ist jetzt alles wieder vorbei!" Da kann ich mitterweile nur noch müde lächeln. Auch wenn das vielleicht gemein ist.

Dass körperliche Erschöpfung so krass sein kann und das auch zur Depression gehört, hab ich auch erst sehr spät erfahren. Vorher habe ich immer gedacht, ich bin die einzige, bei der es gar so schlimm ist, weil es bei allen anderen, die ich kennengelernt habe, überhaupt nicht so war. Von daher war ich ganz froh, als ich hier im Forum gelesen habe, dass es anderen Leuten auch so geht. Aber sowas liest man nicht offiziell. Klar schon, dass man erschöpft ist, aber so krass... In "offiziellen" Berichten geht die Erschöpfung dann ja wieder weg...

Und auch überhaupt, dass Depressionen richtig chronisch werden können, hab ich jahrelang nicht gewusst und mich immer gewundert, warum es nicht wieder besser wurde. Ich will nicht sagen, dass gar nichts besser wurde, aber von dem, wie ich früher war, bin ich meilenweit weg und ich steh immer noch gleich neben dem Abgrund und muss aufpassen, dass ich keinen falschen Schritt mache.

Ja, ich frage mich auch, was ich falsch mache... oder ob ich mir das alles nur einbilde.
Ich will mich auch nicht damit abfinden, dass meine Depression jetzt chronisch sein soll. Ich bin auch noch jung und irgendwie muss man doch was machen können. Aber im Prinzip wurde alles schon gemacht.

Liebe Grüße
DieNeue
DieNeue
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Re: Happy End bei Büchern über Depression

Beitrag von DieNeue »

Ich möchte allerdings nicht wissen, wie die Leute reagieren würden, wenn Depressionen als schlecht heilbar und chronisch etc. in den Medien dargestellt werden würden...
Mit "gut behandelbar" und Berichten über positive Verläufe wirkt man halt schon eher der Stigmatisierung entgegen.
somebody
Beiträge: 221
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Re: Happy End bei Büchern über Depression

Beitrag von somebody »

Mittlerweile denke ich, das die Heilbarkeit auch zu sehr großen Teilen an den Ursachen liegt. Jedenfalls fürchte ich das. Und vllt auch daran, ob und wie lange man vor "Eintreten" der Depression gesund gelebt hat. Bei mir zumindest fehlt es teils an sehr grundlegenden Dingen und ist nicht wie in den meisten Berichten. :(
liebe Grüße,
somebody
DieNeue
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Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Happy End bei Büchern über Depression

Beitrag von DieNeue »

Hallo somebody,

was meinst du denn mit "grundlegenden Dingen"?

Bei mir habe ich mittlerweile den EIndruck, dass ich seit ich meine Medikamente mal zu früh abgesetzt habe und deshalb einen Zusammenbruch hatte, völlig ausgeknockt wurde und seitdem nichts mehr geht. :-(

Viele Grüße,
DieNeue
somebody
Beiträge: 221
Registriert: 3. Jul 2014, 10:55

Re: Happy End bei Büchern über Depression

Beitrag von somebody »

Liebe DieNeue,
DieNeue hat geschrieben:was meinst du denn mit "grundlegenden Dingen"?
hmm, ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. Mir fehlt iwie die Grundlage, die ein gesunder Erwachsener als Kind bekommen haben mag. Meine Eltern (die selbst seit meinen Kindertagen depressive Symptome haben, sich aber nie gute Hilfe geholt haben) waren vermutlich deutlich bessere Eltern, als meine Großeltern das ihnen gegenüber gewesen sind. Und doch kann man das Verhalten meiner Eltern mir gegenüber als psychischen Missbrauch einstufen. Ich habe mich dann leider auch mit keinen besonders guten Leuten umgeben, die das Wett machen hätten können.
Typisch depressives wie fehlender Selbstwert kam nicht erst mit der Depression, sondern es wurde mir von Geburt an vorgelebt und vermittelt. Vieles steckt so tief in mir drin, dass ich es laut Therapeutin vermutlich nie ganz losbekommen werde. Es ist vielleicht etwas anderes sein Selbstwertgefühl wieder zu entdecken, wenn man es mal hatte. Nur so als Beispiel.
Und diesbezüglich wäre es natürlich mal interessant zu wissen, ob da andere vllt herausgefunden haben und mit ähnlicher Kindheit heute glücklich sind? In den meisten Berichten über Depression/Burn out kommt sowas halt eher weniger vor.
DieNeue hat geschrieben:seit ich meine Medikamente mal zu früh abgesetzt habe und deshalb einen Zusammenbruch hatte, völlig ausgeknockt wurde und seitdem nichts mehr geht.
:( Hast du seitdem nochmal Medikamente genommen oder eine Therapie gemacht?
Liebe Grüße,
somebody
monimoni
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Re: Happy End bei Büchern über Depression

Beitrag von monimoni »

Mich persönlich richten positive Erfahrungsberichte sehr auf. Ja, ich fühle mich dann oft stundenlang besser: Hoffnung!
Ich gehe aber auch davon aus, dass ich immer etwas "nachbehalten" werde, immer sehr auf mich achten muss. Ich habe ja auch schon in der Kindheit Symptome gehabt, diese aber natürlich nicht einordnen können.
Es würde mich auch interessieren, ob es Betroffene gibt, die seit ihrer Kindheit Probleme mit sich rum schleppen, Grundlegendes nicht gelernt haben (Urvertrauen, auch sich selbst gegenüber, Bedürfnisse spüren...) und denen es besser geht.
RezDep
Beiträge: 498
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Re: Happy End bei Büchern über Depression

Beitrag von RezDep »

Vllt findet ja schon eine Selektion dadurch statt, dass die Leute, denen es schlechter geht, gar nicht in der Lage sind Bücher zu schreiben? Wenn man einen Depression überwunden hat oder es einem besser geht läßt es sich vermutlich besser schreiben als wenn man schon die grundlegendsten Sachen im Alltag nicht gebacken kriegt - wie da noch schreiben?
somebody
Beiträge: 221
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Re: Happy End bei Büchern über Depression

Beitrag von somebody »

Hallo RezDep,
ich denke, da hast du nen wichtigen Punkt genannt. Andererseits gibt es auch Leute, die weniger antrieblos sind und im Nnachhinein eines sagen: "Schreiben konnte ich eigentlich fast immer und es hat mir geholfen." Das könnte ich von mir nicht behaupten.
liebe Grüße,
somebody
Zuletzt geändert von somebody am 5. Okt 2016, 21:13, insgesamt 1-mal geändert.
DieNeue
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Re: Happy End bei Büchern über Depression

Beitrag von DieNeue »

x
Zuletzt geändert von DieNeue am 12. Mai 2019, 23:37, insgesamt 1-mal geändert.
somebody
Beiträge: 221
Registriert: 3. Jul 2014, 10:55

Re: Happy End bei Büchern über Depression

Beitrag von somebody »

Liebe DieNeue,
DieNeue hat geschrieben:Mir ist dazu gerade eingefallen, dass je länger die Krankheit dauert, die Leute sich immer mehr wundern und mich fragen, warum denn jetzt nicht endlich mal was vorwärtsgehe. Das muss sich doch mal ändern... Hat man (=hast du) da nicht endlich die Ursache gefunden... Ist deine Therapeutin vielleicht doch schlecht...
Andere haben mir gegenüber das nicht verlauten lassen, allerdings frage ich mich selbst mittlerweile diese Fragen, ob ich was in der Therapie falsch mache? Oder ob es an der Therapeutin/therapeutischen Beziehung liegt? Wenn diese Fragen von außen kommen, ist es aber sicher noch viel schwerer. Da fühlt man sich ja eher unter Druck gesetzt nach dem Motto "wann funktionierst du wieder wie früher?"
DieNeue hat geschrieben:Vorher war es vielleicht eine leichte Depression, da war ich auf jeden Fall noch leistungsfähiger und belastbarer. Aber durch den Zusammenbruch wurde es dann eine schwere Depression und es war nie wieder wie vorher.
oje :( :( Das tut mir ebenfalls leid für dich.

Ich hatte mal die Diagnose mittelschwere, rezidivierende Depression... aber wenn ich so lese, passt eig keine Diagnose so ganz auf mich. Manches mag einfach situations-/kindheitsbedingt und gar nicht depressionsbedingt sein. Manchmal habe ich glaub ich eher leichte Depris und hin und wieder auch Tage/Wochen, an denen es fast schwere Depris sein könnten. Aber ich bin dazu auch nicht ausgebildet und meine Thera kein Fan von Diagnosen ;) Ich hoffe jedenfalls, dass es doch noch iwie besser wird und ich damit leben kann.
DieNeue hat geschrieben:Das tut mir leid, dass du so eine Kindheit hattest. Ja, das ist wahrscheinlich schon ein Unterschied, wenn man etwas wieder aktivieren kann, was schon mal da war und nur verschütt gegangen ist, als etwas neues zu schaffen. Grad beim Selbstwertgefühl hängt auch viel vom Außen ab. Wieviel positive Rückmeldung man bekommt. In der Klinik hat mal eine Oberärztin gemeint, man könnte auch ein gutes Selbstwertgefühl entwickeln, wenn man überhaupt kein Lob und keine Anerkennung/Komplimente bekommt. :roll: Nachdem ich dann nachgebohrt hab, hat sie dann doch gemeint, dass es mit Lob/Anerkennung/Komplimenten schon viel einfacher wäre. Ohne Rückmeldung von außen ist das doch echt schwierig.
Ja theoretisch ist das sicherlich möglich :lol: :lol: ;) Aber mit dem passenden Umfeld wird das dann schon deutlich einfacher und realistischer.
DieNeue hat geschrieben:Ich hoffe, du hast mittlerweile so ein Umfeld, das dein Selbstwertgefühl fördert.
Leider nein. Ich versuche neben meinem "was will ich beruflich und wie komme ich da auf nen grünen Zweig", mein Umfeld zu verändern. Familie kann man sich ja leider nicht aussuchen, Freunde/Partner habe ich derzeit keine. Ich bemühe mich, echte Freunde zu finden, welche mir gut tun. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass eich es mit einem guten Umfeld deutlich realistischer schaffe.
Für mich gilt beruflich wie privat: mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. Ich kann nur hoffen, dass ich bis zur letzten Therapiestunde (in ca. 1 Jahr) private Kontakte gefunden habe, die mir dauerhaft gut tun und ich mir selbst besser helfen kann oder meine berufliche Richtung wenigstens Form angenommen hat. Wenn nicht, muss ich mir was überlegen, wie ich 2 Jahre Therapiesperre überbrück ;) ;)
liebe Grüße,
somebody
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