Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Ziege04
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Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Ziege04 »

Hallo Ihr,

da mein ursprünglicher Thread gesperrt wurde, habe ich diesen eröffnet.

Es geht mir gerade mies, habe Schuldgefühle, bin Verzweifelt.

Anlaß ist eine Diskussion mit meinem Sohn, er warf mir vor, zu wenig zu tun, um, nach 1 1/2 Jahren Tagesklinik und Reha, und jetzt Rente seit 1 Jahr, wieder hochzukommen.

Er meinte, es wäre nur eine Frage des " Wollens", seinen Hintern zu bewegen und wieder gesund zu werden!

Grundsätzlich hat er ja Recht, doch als ich ihm sagte, ich tue doch, was ich kann, Haushalt, mein Freund, und komme so oft, schnell an meine Grenzen, da meinte er, das wäre kein Wunder, da ich ja nur das mache, was früher nebenher lief. Ich wäre einfach nur faul, es bräuchte nur einen Tritt in den Ar...!

Jeder Versuch, ihm zu erklären, daß ich ja will. aber es geht nicht, wies er ab. Als ich erklärte, daß ich im eigenen Kampf, oft die wenigen Dinge, die ich tue, gegen meine Erschöpfung bis zu Tränen fortgeführt habe, eben weil ich es will, ließ er das nicht gelten.

Ich sagte ihm, er soll nochmal die Hintergründe von Depressionen Googlen.

Doch das tat mir heute sehr weh, ich fühle mich schuldig, nicht genug zu tun, um diese dämliche Depri - Schei.... zu bekämpfen!

Das Gefühl, nutzlos und bloß eine Belastung zu sein, ist wieder riesig!

Das ich hier sein darf, und darum jetzt schreibe, verdrängt meine dunkelsten Gedanken!

Laßt Euch bitte nicht von mir runterziehen, aber

Wie seht Ihr das, mit dem "Wollen" in diesem Zusammenhang?

Und wie kann ich mich so erklären, daß es verstanden wird?

Danke vorneweg.
Und einen lieben Gruß Euch!

Eure Ziege04
Alina66
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Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Alina66 »

Guten Abend Ziege04,

darf ich Dir meine Gedanken dazu mitteilen, auch wenn ich Dich, Deinen Sohn und Dein Leben nicht kenne ?
Vielleicht wünscht er sich einfach nur die "alte" Mama wieder und hat sich natürlich in seiner Wortwahl vergaloppiert......doch ich hoffe mal, daß er Dich damit nicht verletzen wollte.

Bis vor ungefähr zwei Jahren habe ich ähnlich über manche Menschen gedacht :
"Was jammert der/die denn bloss so rum ? Hat ein Leben, von dem andere nur träumen
und lässt sich jetzt so hängen......."
"Gehe mal raus und hacke Holz, dann kommst du auch wieder auf andere Gedanken."
und anderes.....

Heute sehe ich vieles mit anderen Augen, mache mir mehr Gedanken zu den Menschen
und (natürlich) sehr viele Gedanken um mich.
ICH WILL - auch so Vieles.......
ICH KANN - gerade nur das, wozu meine Kraft reicht.
Manchmal sehe ich mich mit einem "gnädigen Auge", manchmal (sorry) kotze ich mich selber an.

Diese Gefühle können manchmal sehr schnell wechseln, es reicht ein Satz, ein Blick, ein Gedanke.
Und immer da, ist diese Angst, daß das Leben, das ich mir wieder erkämpft habe, wieder kaputtgemacht wird (von mir, von meiner Unfähigkeit gewisse Dinge anzugehen).

Hab eine gute Nacht,
Alina
Leben, das ist das Allerseltenste in der Welt, die meisten Menschen existieren nur. – Oscar Wilde
Cyranoo
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Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Cyranoo »

Liebe Ziege,

es tut mir sehr leid, wie schlecht es dir geht.

Als ich ein Kind war, waren wir arm. Das habe ich meinen Eltern oft vorgeworfen und sie damit wahrscheinlich auch verletzt. Warum ich das gemacht habe? Weil ich ein dummer Junge war. Weil ich undankbar war für das, was sie mir gegeben haben. Und weil ich mit mir selbst unzufrieden war, denn ich habe selbst nichts auf die Reihe gekriegt. Ich hatte nicht das Recht, meine Eltern in dieser Weise zu kritisieren und bereue es heute zutiefst.

Bitte verzeih, aber dein Sohn kommt mir in dieser Hinsicht auch vor wie ein dummer Junge. Mit welchem Recht greift er dich in dieser Weise an? Was leistet er? Was, außer dir zusätzlichen Schmerz zuzufügen, wo du doch Verständnis und Unterstützung bräuchtest.

Anstatt seinen eigenen Frust an dir auszulassen, indem er dich mit Vorwürfen bombardiert, sollte er an seinen eigenen Schwächen arbeiten, ich bin sicher, es gibt genug.

Bitte lass dir nicht alles gefallen.

Wenn er dir deine Depression als Faulheit auslegt, ist das eine dumme, unreife und verletzende Beleidigung. Gegen so ein borniertes Vorurteil kannst und sollst du gar nicht anreden. Bitte lass die Vorwürfe nicht so sehr an dich ran. Lass ihm seine selbstzufriedene Sicht. Wir beide und viele Betroffene und Mediziner wissen es besser. Die Depression ist eine schwere Erkrankung, die Erschöpfung, ein Gefühl der Überforderung, Antriebslosigkeit und zuletzt Resignation auslöst. Und die durch ungerechte Vorwürfe verschlimmert wird. Wenn er das nicht versteht, lass ihn links liegen. Irgendwann wird er es vielleicht verstehen. Und dann wird er bereuen, so wie ich heute bereue.

Lass dich auf keine solche Diskussion mehr ein, sie bringt nichts. Er will nicht verstehen. Deshalb musst (kannst) du nichts erklären. Konzentriere dich auf dich. Ich bin sicher, du tust, was du kannst. Jeder hier weiß, wie unglaublich schwer es ist, aus dem Gefängnis der Depression zu entkommen.

Du bist nicht nutzlos. Du bist wertvoll, sehr wertvoll. Das wird dein Sohn eines Tages begreifen.

Viele Grüße und alles Gute.

Cyranoo
Ziege04
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Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Ziege04 »

Danke Alina und Cyrano!

Doch zur Ergänzung:

Mein Sohn (19), hat seit 10 Jahren seine eigenen Probleme, wir haben diverse Hilfen durch, und er war und ist eigentlich derjenige welcher, der mich unterstützt (im Gegensatz zu meiner Tochter, 23, wir 3 leben zusammen).

Da mein Sohn, er hat jetzt Abschlußprüfung (BFS), immer Verständnis zeigte, trifft mich dieser heutige Angriff doppelt.

Okay, vielleicht ist es sein Stress, doch....

Wie werde ich das Schuldgefühl los?

LG Ziege04
Cyranoo
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Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Cyranoo »

Liebe Ziege,

okay, der Prüfungsstress wäre eine Erklärung, aber keine wirkliche Entschuldigung.

Gerade, wenn er auch schon so lange Probleme hat, sollte er weiter Verständnis zeigen.

Gegen die Schuldgefühle mach dir bitte bewusst, dass du nicht schuld bist an deiner Erkrankung. Du hast sie dir sicher nicht ausgesucht und du leidest sehr stark unter ihr. Wenn du dich selbst mit Vorwürfen quälst, wird die Spirale nur noch verschlimmert. Du brauchst Hilfe und Entlastung, keinen zusätzlichen Druck.

Ich wünsche deinem Sohn viel Erfolg für seine Prüfung und ich hoffe, dass ihr schnell wieder da hin kommt, dass ihr euch gegenseitig unterstützt. Das würde euch beiden gut tun.

Von Herzen alles Liebe.

Cyranoo
mime
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Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von mime »

Hallo Ziege04,

deinen anderen Thread habe ich nicht verfolgt, weiß also nichts weiter von Hintergründen & Co., doch einige "Vorposter" haben es schon geschrieben, dass das keine passende Aussage deines Sohnes war.

Was mir spontan bei deiner Überschrift eingefallen ist: ich habe mir so oft schon selbst diese Frage gestellt und stelle sie mir immer noch - obwohl es keinen direkten Auslöser von Außen gibt.

Ich glaube, dass das vielen an Depression Erkrankten so geht; dieses Hadern mit sich selbst, ob es am nicht WOLLEN oder am (wollen und) nicht KÖNNEN liegt, dass Dinge, die früher nebenbei erledigt wurden, heute zum Problem und Kraftakt mutieren.

Was ich aus deinen Aussagen so lese: Du tust doch etwas auf deinem Weg zur Gesundung! 1 1/2 Jahre Tagesklinik und Reha sind kein Zuckerschlecken gewesen und die Verrentung (ich nehme an, auf Zeit, d. h. befristet) bekommt man doch auch nicht "einfach so". Das nur mal zur Argumentation der Fakten.

Was die Vorwürfe deines Sohns betreffen, kann ich dir nur empfehlen, dich von solchen Aussagen nicht treffen zu lassen. Sie waren, so wie du sie schilderst, taktlos und unwahr. Andererseits: Manchmal sagt man auch etwas in Rage, das sehr verletzend ist für den anderen. Hast du denn jemanden, mit dem du darüber reden könntest? Vielleicht in einem therapeutischen Gespräch, falls du zur Zeit in Therapie bist?

Es gibt sicherlich manchmal eine Zeitlang Verständnis von Angehörigen für die Erkrankung, aber irgendwann möchten diese (verständlicherweise), dass es wieder "gut" wird, so wie früher eben.
Dass das ohne Weiteres so nicht möglich ist, und dass das ggf. auch andere akzeptieren können, ist ein längerer Prozess.

Was ich gelernt habe ist, mich möglichst nicht mehr (oder nicht mehr so sehr) von Aussagen der anderen verletzen zu lassen bzw. wenn sie mich doch treffen, das irgendwie anzusprechen (mal mit dem Betroffen selbst oder mit der Therapeutin, um das mal von anderer Sicht zu beleuchten usw.).

Wir stoßen mit der Erkrankung eben oftmals auf Unverständnis (das kenne ich von einer Angehörigen auch). Da schwebt schnell der unausgesprochene Vorwurf im Raum, dass man sich nur anstrengen müsste, soundsoviele Zeit der Therapie/Reha/Klinik doch endlich Wirkung zeigen müssten usw. usw.

Lass dich davon nicht beirren.

Der Weg aus der Depression ist eben oftmals ein lang angelegter Weg - und wir können manchmal auch nur kleine Schritte gehen. Doch ich bin überzeugt, dass auch diese kleinen Schritte notwendig und hilfreich im Fortkommen auf diesem Weg sind. Wir brauchen Geduld mit uns (und unsere Angehörigen auch), an uns können wir arbeiten, an den anderen nur bedingt.

Ich denke, dass das zu lernen wichtig ist - sich etwas unabhängiger zu machen von der Meinung der anderen. Wenn ich für mich weiß, dass ich sehr wohl etwas tue, was die Erkrankung betrifft und meinen Weg gehe - auch wenn es ggf. langsamer ist als ich es erwartet habe - dann muss ich den (verletzenden) Aussagen der anderen weniger Wert beimessen.

Alles Gute für dich und
viele Grüße
Mime
Wir müssen lernen,
die Menschen weniger auf das, was sie tun und unterlassen,
als auf das, was sie erleiden, anzusehen.

(Dietrich Bonhoeffer)
Sieglinde1964
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Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Sieglinde1964 »

"Wollen will ich schon, aber können kann ich nicht."

Diesen Satz hatte ich mal vor uriglanger Zeit in der Schule gesagt in Bezug auf Mathe. :D
Aber ich denke, das passt auch in die Situation als Depressive/r. Ich habe in den schlimmsten Phasen meiner Depression so vieles tun wollen, wie Haushalt, die Kinder versorgen. Sich mit den damals noch jüngeren Zwillingen beschäftigen. Es ging nicht! So viel ich mich auch angestrengt habe. Alles Wollen hat nicht geholfen. Ich fninde die Reaktion deines Sohnes auch unpassend. Tust du doch schon so viel für ihn. Mach dir keine Vorwürfe. Ich weiß, das ist leichter gesagt als getan. Wenn man depressiv ist, kann man nicht so, wie man will. Das ist, als wenn man einem Lahmen sagt, reiß dich zusammen und lauf.
Es gab Zeiten, da lag ich die meiste Zeit im Bett. Meine Mutter hatte dafür überhaupt kein Verständnis.
Ziege04
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Registriert: 1. Feb 2016, 17:56

Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Ziege04 »

Hallo Cyrano und Mime

Lieben Dank für eure Antworten.

Ich dachte ja, daß ich gelernt hätte, mich besser von Angriffen zu distanzieren. Bei ferneren Personen klappt das ganz gut ( so sie informiert sind), doch von meinem Sohn, das zog mich sehr runter.

Er hat, seit Beginn meiner Behandlung, durch Tagesklinik, einen Kontakt zu einer Psychologin, bis heute. Ich sagte ihm, er soll beim nächsten Termin fragen nach Info über Depression.
Doch er meinte, er hätte die Informationen, doch er sieht nicht, daß es bei mir weiter geht.
Ich versuchte ihm meine kleinen Schritte zu erklären, wie Haushalt, Pflege/Betreuung meines Freundes, doch er sah und sieht nur die kleinen Schritte, kann es nicht als Leistung erkennen.
Und ich, die selbst damit hadert, versuche es zu erklären......

Das kann doch nur schief gehen!

Mein Rückhalt ist mein Freund. Mit ihm kann ich darüber reden, auch wenn er mit seiner Krankheit genug zu tun hat. Er kennt die Hintergründe seit 13 Jahren.
Wenn es ihm mal zuviel ist, setzt er klare Grenzen.
Doch wir sehen uns nur einmal täglich.
Fûr Ereignisse dazwischen, die mich aktuell belasten, mag ich ihn nicht auch noch anrufen - selbst, wenn ich das darf.

Auch wenn ich weiß, die kleinen Schritte zählen, ich mich bemühe, Alltagsarbeit zu leisten, über meine Grenzen, bis ich manchmal vor Erschöpfung in Tränen ausbreche, und trotzdem kaum was geschafft (gemessen an Früher)-

Ich fühle mich schlecht!

Wie geht es Euch im Umgang damit?

Mit Euch und gegenüber, ja, erstmal denen, die mit Euch zusammen leben (müssen)?

Vorherrschend ist das Schuldgefühl, ich strenge mich nicht genug an!

Ich grüße Euch herzlich
Ziege04
PS: Danke Sieglinde
Zwiebelchen
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Registriert: 16. Jan 2016, 09:09

Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Zwiebelchen »

Hallo Ziege,

bei mir ist auch das Schuldgefühl das Problem (auch ohne wirklichen Anlass von Außen) - aber zum Glück macht mir keiner aus dem Umfeld Vorwürfe.

Akzeptanz ist so schwer, es geht dir selbst schon so schlecht, da kannst du das "drauf treten" von Außen nicht gut gebrauchen. Du kannst nur lernen für dich selbst zu sorgen. Du weißt doch, du machst alles was du kannst (und noch viel mehr...?), das musst du dir immer wieder versuchen überzeugend zu sagen. Dein Sohn hat selbst psychische Probleme wie ich meine gelesen zu haben, er kann gar nicht immer das Richtige sagen, was dir gut tut. Vielleicht ist es seine Art sich abzugrenzen, das Leid was du erträgst nicht zu sehen.

Wenn es mir sehr schlecht geht, leidet auch der Kontakt zu den Mitmenschen, ich bin dann selbst nicht mehr so freundlich wie sonst. Aber das ist bei dir ja eher nicht so, lese ich aus dem was du schreibst.

Du trägst nicht die Schuld für diese Krankheit, die sich so oft wie Stillstand anfühlt! Das ist ja gerade der Mist, das Schlimme daran.

Bitte achte gut auf dich. Der schärfste Kritiker ist man sich meist selbst, so meine Erfahrung.

Wenn du stabiler bist, tut es auch deinem Umfeld gut. Lass dir nichts vorwerfen - er weiß es nicht besser.

Dich versuchen gedanklich und gefühlsmäßig abgrenzen, dir Gutes tun, das wäre wohl wichtig. Nicht zu viel tun für deine vom Alter her erwachsenen Kinder. Wenn sie dir dann etwas vorwerfen, ist da nur weil sie merken, dass ihre Komfortzone schrumpft. Aber du musst halt auch an dich denken, auch wenn es schwer ist.
Viele Grüße,
Zwiebelchen
Alogia

Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Alogia »

Hallo,

leider kan ich das sehr gut nachvollziehen.
Meine Familie hatte nie Verständnis. Nicht mal als ich eine Therapie machen wollte. "Das ist nur was für Verrückte", "Du bist doch nur zu faul um arbeiten zu gehen".

Als sich das in meiner letzten Beziehung wiederholt hat, wurde es nur schlimmer.
Ich habe es gerade noch geschafft zur Arbeit zu gehen, kam aber dauernd zu spät, war unkonzentriert .... Haushalt habe ich gar nicht gemacht, blieb dann alles an meinem Partner hängen.
Ich habe mich getrennt, als ich dazu in der Lage war. Das war die beste Entscheidung.

Mir hat es auch damals nur geholfen, den Kontakt zu meiner Familie großteilig abzubrechen, bzw. auf ein Minimum zu begrenzen.

Meine Schwester leidet mittlerweile selbst an Depressionen. Jetzt kann sie es verstehen und frag sogar nach Rat.
Manchmal kommt die Einsicht spät, aber besser als nie.

Dein Sohn ist 19, es steht ihm frei sein eigenes Leben zu führen, nach seinen Möglichkeiten und Ansichten.
Über Dein Leben zu urteilen steht ihm aber nicht zu.

Das Dich das trifft ist verständlich.

Das schlimme ist doch, dass viele Menschen nicht verstehen wie es sich anfühlt, depressiv zu sein.
Ich hoffe Ihr könnt den aktuellen Konflikt aufarbeiten und wieder eine gute Basis für Euer Miteinander finden.
Ziege04
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Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Ziege04 »

Hallo Zwiebelchen

Dir auch Danke.

Ich versuche ja immer zu sehen, wo ich bin, wo ich stehe, was ich tun kann und was mehr.....

Doch die Frage:

Wie erkläre ich mich? Gerade meinem Sohn (auch meiner Tochter) gegenüber?
Wir müssen zusammen leben.

Wie erkläre ich diese sch.. verd.... Krankheit, mein eigenes hadern, meine Bemühungen.....

Es lief jetzt eine Zeit lang, ohne diese Fragen, ich war dankbar dafür.

Diese Konfrontation durch meinen Sohn, wirft mich irgendwie raus.

Auch wenn wir heute Abend " normal " wieder miteinander umgingen, ist das nur auf Zeit.

Und ans Ende der Rente, ( was Mime erwähnte) mag ich gar nicht denken.

Oh, sorry, ich fühle mich so verkorkst, und möchte da so gerne raus!!!

LG Ziege04
PS: Danke Alogia
Katerle
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Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Katerle »

Liebe Ziege,

dass dich das trifft von deinem Sohn, ist verständlich. Mir wurde damals, als ich krank wurde auch null Verständnis entgegengebracht von einigen. Zum Glück nicht von meinen Kindern, denn ich versuchte ja trotz Erkrankung mein Bestes zu geben. Leider gelang/gelingt mir nicht mehr alles so, wie vor meiner Krankheit, aber damit hatte ich ja schon selbst zu kämpfen.

Meine T. hatte mich auch mal angesprochen, warum ich nicht mehr arbeiten ginge, ob ich denn wolle? Ich versuchte es ihr zu erklären und ich denke, sie hatte es verstanden. Das Problem ist ja auch, man sieht es uns nicht an, wenn es uns schlecht geht. Auch das habe ich zu verstehen gegeben und was mir Fachleute aus der Klinik empfohlen hatten bzw. meine Therapeutin.

Würde an deiner Stelle nochmal das Gespräch mit deinen Kindern suchen. Ich habe z. B. auch meinen Kindern klargemacht, dass ich auch an mich denken muss. Natürlich denke ich an sie und es ist auch wichtig, mir was Gutes zu tun. Vielleicht könntest du ihnen das so verständlich machen.

GLG Katerle
Ziege04
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Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Ziege04 »

Danke Katerle

Was Du beschreibst, habe ich durch und versuche es weiter.

Mit jedem Tag, jeder Woche, Monat, immer mit neuer Ansicht gespickt.

Und auch, wenn ich für mich neue Erkenntnisse gewinne, wie gebe ich es weiter, so dass eben meine Kinder es verstehen?

Oder geht das bei meinen Kindern auch auf " Wollen" ?????
Wollen sie nicht verstehen?

So wie ich mich frage: ,WILL ich nicht genug, um was zu ändern? "

LG Ziege04
ranu
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Registriert: 13. Feb 2016, 22:37

Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von ranu »

Liebe Ziege

würde dir sooo gerne einen guten Rat geben, aber ich habe mit meinen Kindern die selben Probleme und wir kriegen das momentan auch nicht hin.
Ich drück dich mal und schick dir ganz viel Kraft.

mit ganz liebem Gruß

Ranu
Katerle
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Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Katerle »

@ Ziege

So hart wie es klingt, bei manchen kann man sich erklären, wie man will. Da wird man einfach nicht verstanden und das würde mich ebenfalls sehr hart treffen, wenn ich von meinen Kindern nicht verstanden werden würde.

Es ist eben nicht immer eine Frage des "Wollens", seinen Hintern zu bewegen und wieder gesund zu werden. Sag das mal so deinem Sohn und lasse es so stehen.

Ich musste mir jahrelang anhören von einigen in meiner Umgebung, dass ich nicht "wollte" und das ich ein schlechter Umgang wäre für meine ... ... zum Glück nahm mich meine ... in Schutz, als Beispiel. War dann auf Abstand gegangen, weil ich den ihr Gefasel nicht mehr ertragen konnte und es geht mir besser. Erkläre mich auch nicht mehr und umgebe mich nur noch mit Leuten, die mir guttun.

LG
mime
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Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von mime »

Hallo Ziege,

du hast nach dem Umgang mit den Schuldgefühlen gefragt... hm, da habe ich auch kein Patentrezept. Ich versuche dann, mich irgendwie von diesen Gedanken abzulenken, die mir Schuldgefühle bereiten. Das klappt nicht immer, klar, aber manchmal.

Mir haben Therapeutin und Psychiater vor einigen Zeiten das Bild mitgegeben: Würdest du einem Menschen mit Gipsbein vorwerfen, dass er nicht richtig laufen kann? Wohl kaum. So kann man sich selbst nicht vorwerfen, dass man als an Depression Erkrankte(r) nicht wunschgemäß für andere (oder sich selbst) "funktioniert".

Was deine Situation angeht: Könntest du mit deinem Sohn vielleicht vereinbaren, dass ihr das Thema "Depression" bzw. das "Nichtvorankommen" in den Augen deines Sohnes mal für eine Zeitlang aus euren Gesprächsthemen streicht? So unter dem Motto: "Du, wir haben über das Thema schon so oft diskutiert, und mich belastet das sehr. Lass uns doch bitte das Thema mal ausklammern."

Das klappt nicht von heute auf morgen. Ich habe meiner Angehörigen irgendwann zu einem bestimmten Thema nur noch gesagt: "Ich diskutiere mit dir über dieses Thema nicht mehr. Wir haben schon oft darüber gesprochen, doch es führt zu nichts." - und zwar nicht nur einmal, sondern mehrmals. Das ist zwar hart, aber irgendwann hat es auch gefruchtet.

Du könntest vielleicht deinem Sohn auch einmal deutlich mitteilen, dass du dir von ihm mehr Respekt wünschst. Schließlich bist du seine Mutter, und ihr 3 lebt in einer Gemeinschaft, in der es ohne gegenseitige Akzeptanz nicht funktioniert.

Es mag sein, dass er einiges an dir zu kritisieren hat (das würde aber vielleicht auch im umgekehrten Fall zutreffen, dein Sohn wird auch seine Besonderheiten haben, die dir gegen den Strich gehen), aber Akzeptanz und Respekt sollte man sich weiterhin zollen.

Du hast es einfach nicht verdient, herabgewürdigt zu werden, schon gar nicht innerhalb deiner Familie! Und erst recht nicht deiner Krankheit wegen.

Dein Sohn steht zur Zeit vor Prüfungen. Wäre es ggf. in Zukunft auch denkbar, dass er nach bestandener Prüfung sein eigenes Geld verdient bzw. von zu Hause auszieht? Manchmal kann eine gewisse räumliche Distanz gut tun, und man kann dann wieder sachlicher aufeinander zugehen.

Was das Erklären betrifft: Du hast es doch schon zum wiederholten Male versucht. Wenn deine Erklärungen sowieso nicht fruchten, kannst du es auch lassen oder beschränke sie auf das Minimum.

Es hat keiner in dein Leben hineinzureden, deine Kinder sind erwachsen und zunehmend für sich selbst verantwortlich.

Ein weiterer Punkt, der mir bei längerer Überlegung, so einfällt:

Falls ihr aus finanziellen Gründen weiter zusammen wohnen müsst: jeder trägt seinen Teil, den er zur Zeit zu leisten vermag, bei. Dass das bei einer Rente kein großer Geldbetrag sein kann, ist einfach so. Das wäre bei Arbeitslosengeld oder Grundsicherungsleistungen ähnlich. Es gibt nun einmal Situationen, in denen es einfach nicht möglich ist, durch Arbeitsleistung Geld zu verdienen. Würdest du nicht an einer psychischen Erkrankung leiden, sondern an einer körperlichen, könnte dir auch keiner Vorwerfen, dass du nicht arbeiten kannst.

Ich weiß nicht, ob da eure Situation zusätzlich für Angespanntheit sorgt und ob da vielleicht eine Beratungsstelle Abhilfe leisten könnte; vielleicht wäre das eine denkbare Möglichkeit, einem Teil der gereizten Stimmung beizukommen. Keine Ahnung.

Vielleicht liegt der Fokus der Gereiztheit deines Sohnes vordergründig auf deiner Erkrankung, im Hintergrund liegen vielleicht auch andere Sorgen, die erst einmal herausgefunden und klar benannt werden müssen.

Wenn dein Sohn Kontakt zu einer Psychologin hat - wäre es denkbar, das ihr beide (du mit deinem Sohn) mal ein Gespräch zusammen führt? Oder bist du evtl. noch in therapeutischer Behandlung, dass ihr ein Gespräch dort führen könnt? Vielleicht steckt hinter der Wut deines Sohnes ein anderes Problem, dem man in einem gemeinsamen Gespräch beikommen könnte?

Doch das ist vielleicht erst ein zweiter oder dritter Schritt.

Wichtig fände ich, dass du dir keine Schuldgefühle machst oder einreden lässt. Du kannst nichts für deine Erkrankung und du tust momentan dein Möglichstes bzw. Bestes.

Was die EM-Rente betrifft: Es gibt auch die Möglichkeit, sie verlängern zu lassen, wenn du weiterhin erwerbsgemindert bist, und so wie ich das einschätze, hast du noch etwas Zeit, bis die Befristung endet. Vielleicht setzt du dir einen bestimmten Termin, ab dem du dich dahingehend wieder kümmern müsstest (und bis dahin streichst du mal die Gedanken an das Ende der Rente möglichst raus). Wenn der Termin dann kommt, kannst du dich immer noch rechtzeitig kümmern.

Das könnte evtl. auch eine gewisse Entlastung für dich bringen.

Viele Grüße
Mime
Wir müssen lernen,
die Menschen weniger auf das, was sie tun und unterlassen,
als auf das, was sie erleiden, anzusehen.

(Dietrich Bonhoeffer)
Luna1966
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Registriert: 15. Dez 2015, 09:38

Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Luna1966 »

Vielleicht habe ich jetzt wieder eine zu große "Mutti-Beschützeransicht" aber der Bengel ist gerade mal 19 Jahre alt und als Angehöriger persönlich betroffen.

In meinem Umfeld/Arbeitsumfeld gibt es Menschen, die wesentlich mehr Lebenserfahrung haben und zudem nicht betroffen sind und die können mit dieser Krankheit nicht ungehen. Was erwartet man von einem liebenden, jungen, sich sorgenden Sohn?

Und genau das würde ich im Falle von Diskussionen machen - ihm Verständnis für SEINE Situation entgegenbringen und es nicht als Angriff sehen. Seine generelle Meinung ist doch anders, wenn es ihm auch gut geht (schriebst du ja mehrfach schon). Ich finde, auch er darf mal "jugendlich" klagen. Und entsprechend seines Alters sind manchmal eben die Worte wohl etwas weniger "gepuffert" und überlegt. Das kenne ich so auch von meinenKids, deshalb geatehe ich denen auch mal kritische Worte zu und versuche, dass nicht so an mich heranzulassen. Klappt bei mir eigentlich ganz gut.



Es grüßt

Luna
Ziege04
Beiträge: 1329
Registriert: 1. Feb 2016, 17:56

Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Ziege04 »

Hallo ihr Lieben

@ ranu
Danke für den lieben " Drücker " und die Kraft - da Du ja mitliest, kannst Du vielleicht was aus den Antworten mitnehmen....

@ Katerle, Mime, Luna

Vorneweg ein liebes Dankeschön!

Es ist wie die Spitze eines Eisbergs -
Das, was jetzt aktuell ist, ist über Wasser, ich erkunde es gerade neu.
In der Tiefe kenne ich Bereiche, doch ZU tief gehe ich erstmal nicht.

Der Alltag hat sich jetzt wieder beruhigt. Mein Sohn und ich sind zur Zeit im " Normalmodus ". Erstmal.

Fûr ihn zählen Pläne und Wünsche, der Weg ins eigene Leben.
Er hadert damit, daß wir, auch als ich noch arbeitete, am Existenzminimum leben. Er sieht bei Anderen, die bekommen Vieles. Er muß sich vieles selber erarbeiten. Meine Worte, daß Selbst geschafftes einen höheren Wert hat, kann er nur begrenzt annehmen.
Er sieht, daß Andere ihren Nebenverdienst für sich behalten, weil Eltern die Grundkosten zum Lebensunterhalt bezahlen.
Ich muß, seit Rente, vom Teilzeitjob meiner Tochter, Geld von ihr nehmen, um die laufenden Kosten und Verpflegung für meinen Sohn und mich zu decken. Ich nehme nur ein Minimum (ca 15% ihres Einkommens). Trotzdem werde ich angegriffen.
Nun sorgt sich mein Sohn, wenn er im Herbst eine Ausbildung beginnt, er bekommt ca 500€ ,hiervon bräuchte ich dann auch ca 10-15%.

Dann wären wir aus ergänzenden Leistungen raus, und ich würde nur gerne unsere Wohnung und alles erhalten wollen...

Ja, es läuft alles auf Schuldgefühle hinaus, denn würde ich arbeiten, wäre ich nicht auf die Gelder meiner Kinder angewiesen, um unser Leben zu finanzieren.

So, jetzt möchte ich noch anmerken, das hört sich alles sehr nach finanziellen Gründen/Interessen an-
Vor zwei Jahren habe ich mal, ich weiß nicht genau wo, diese Fakten angeführt, und ich bekam eine negative Antwort, da ich mich ja auf wirtschaftliche Gründe festgelegt hätte.

Also, dieser Post bezieht sich zwar vorrangig darauf, doch es ist nur eine Seite.

Da meine Konzentration schwächelt, schicke ich das jetzt, mit der Option auf Ergänzung.

LG Ziege04
Alina66
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Registriert: 30. Dez 2015, 00:01

Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Alina66 »

"Fûr ihn zählen Pläne und Wünsche, der Weg ins eigene Leben."

Liebe Ziege, ich kann deine Sorgen und auch die Gedanken die dein Sohn hat nachvollziehen.
Mein Kleiner ist im ähnlichem Alter und auch wir sind nicht "auf Rosen gebettet". Seit Jahren
bin ich alleinerziehend und das Thema GELD war immer alltagsbegleitend.

Ich habe dich (s.o.) zitiert, weil das bei uns auch oft zur Sprache kam und ich meinem Sohn
dann so einen Weg ganz klar aufgezeigt habe : was kostet eine eigene Wohnung, Nebenkosten,
Lebensmittel, kleine Extras (Ausgehen, Reisen,etc.) ? Vom eigenen Auto ganz zu schweigen....

Er hat sein Studium begonnen, verdient manchmal etwas dazu und ich bin zur Zeit wieder in der Lage
in Vollzeit zu arbeiten, doch wenn zuviele finanzielle "Einschläge" erfolgen, dann sieht es wieder
schlecht aus mit Extraspässchen.

10-15% vom Einkommen deiner Kinder sind, wie ich finde, nun wirklich nicht viel, wenn diese dafür
ein Dach über dem Kopf, eine warme Dusche und leckere Nudeln bekommen (verzeih´meine Ausdrucksweise......ich kann manchmal nicht anders).

Aber so gelassen denke auch ich nicht immer - die Mama, eher das Muttertier in mir will auch nur
das Beste fürs Küken - dann bin ich verzweifelt, dass ich bestimmte Dinge einfach nicht finanzieren
kann (diese Verzweiflung merkt mir aber keiner an).

Ich weiss jetzt gar nicht so genau, wie ich mich ausdrücken soll.....
Also, das Leben lernt man am besten unter teils widrigen Umständen, den Wert der Dinge kann man
erst ermessen, wenn man weiss, wieviel Mühe es kostet sie zu bekommen.
.....denke gerade daran, wie mein kleiner Bub vor vielen Jahren mit mir vor dem Bankomat stand
und sich freute, dass da Geld heraus kam......"toll, so ein Gerät!!!"......lächel.

Ich wünsche dir Kraft !

Alina
Leben, das ist das Allerseltenste in der Welt, die meisten Menschen existieren nur. – Oscar Wilde
Ziege04
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Registriert: 1. Feb 2016, 17:56

Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Ziege04 »

Danke Alina

Ich ergänze einen Teil, den der Mutter, auch bzgl Luna

Die Kinder suchen ihren Weg ins Leben!
Meine Tochter findet ihn nicht, mein Sohn hat seine Pläne.....

Mir tut es als Mutter so weh, wegen Krankheit emotional sowie leistungsmäß und daraus folgenden finanziellen Aspekten, meinen Kindern nicht das bieten zu können, was ich auch auf niedrigstem Niveau gerne würde.
Nein, im Gegenteil, ich bin auf deren Unterstützung angewiesen!
Allein diese Tatsache trifft mich!

Ich fragte meinen Sohn , als er erneut die Diskussion, Andere haben aber..... aufleben ließ, ob denn diese Anderen auch nur eine Mutter haben, welche allein seit Jahren für jegliche Verantwortung einsteht......

Da kam er ins Grübeln.....

Sicher, ich sollte daraus das Positive ziehen, habe ich auch, die ganzen Jahre, doch jetzt mag es nicht mehr funktionieren,

Liegt es an meinem Freund, fûr den ich in seiner Erkrankung da bin? - Das liefe auch nebenbei.
Liegt es an mir, daß ich die Nebensachen nur noch mit großer Anstrengung schaffe?

Ja, wie Mime schrieb, ein Beinbruch stände außer Frage -
Doch Depression/resp psych Erkrankungen, sieht man nicht, darum kann man (oder andere Personen) sich den Mund fusselig reden.....

Dieser Psychologe bei meinem Sohn, hat uns seit 2 Jahren begleitet, d.h. es gab immer Kontakt zu mir und gemeinsame Gespräche.

Am Ende sehe ich nur, jeder muß allein klarkommen.
Fûr meine Kinder: den jeweiligen Weg finden, die Verantwortung für sich selbst übernehmen.
Fûr mich: wenn ich mich, meine Identität finde, stehe ich dafür ein.
Dazwischen: versuche ich, trotz Allem, meine Kinder in ihr Leben zu bringen.

Soweit jetzt.

Ergänzung wieder optional.

LG Ziege04
Clank60
Beiträge: 33
Registriert: 8. Mai 2016, 04:04

Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Clank60 »

Hallo Ziege
Ich kann mich in deine Sorge gut hineinversetzen bin aber der festen Überzeugung das dir Zeit Gelassenheit und mehr Selbstwertgefühl da raus helfen wird , dein Sohn ist wie einige vorher schon geschrieben haben noch sehr jung und manches solltest du dir gar nicht so zu Herzen nehmen(ich weiß das sagt sich immer so leicht) meine Kinder sind noch 17 und noch 19 haben beide im Juni noch geb . Deswegen kenn ich auch diese Vorwürfe der Kinder aber dann auch die selbstzweifel und das eigene kleinmachen . Aber wenn ich lese das dein Sohn bald seine Ausbildung anfängt seine Schule gemacht hat kannst du auch bei ihm so viel nicht verkehrt gemacht haben. Und das du dich noch nebenbei um deinen Kranken Freund kümmerst (was hat er denn ? Wenn ich das fragen darf?) dann gehörst du für mich jedenfalls zu den Menschen wovon es hier in Deutschland mehr geben sollte
Zwiebelchen
Beiträge: 601
Registriert: 16. Jan 2016, 09:09

Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Zwiebelchen »

Liebe Ziege,

sorry, das weißt du selbst und hilft dir nicht weiter, aber ich finde du liebst deine Kinder, du tust so viel für sie - das ist mit Geld nicht aufzuwiegen.

Es tut mir leid, dass du solch finanzielle Probleme hast. Aber wenn dein Sohn älter ist, wird er vielleicht irgendwann merken, dass die wichtigsten Dinge im Leben unbezahlbar sind.

Bitte versuche für dich einzustehen, Mitgefühl und Verständnis für DICH zu haben, das kommt dann auch den Kindern zu gute, wenn es der Mutter etwas besser geht.

Sie sind vom Alter her erwachsen, du bist nicht mehr für alles zuständig, auch wenn sie das gerne hätten. Aber ziehe dir diesen Schuh nicht an, du tust alles was du kannst und wenn sie es nicht immer so sehen können, musst du wenigstens zu dir stehen.
Viele Grüße,
Zwiebelchen
Luna1966
Beiträge: 784
Registriert: 15. Dez 2015, 09:38

Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von Luna1966 »

Guten Morgen, @all
guten Morgen, Ziege.

Wundert es dich wirklich, Ziege, dass du bei deinem Lebenslauf depressiv wurdest? Wundert es dich wirklich, dass deine Seele nach all der Anstrengung und Verletzung irgendwann nach einer Auszeit verlangt hat?

Uns schmerzt doch nur das, was für uns ein Thema ist.

Es ist keine Seltenheit, dass erwachsene Kinder Geld zuhause abgeben. Es ist egal, ob du es nimmst und damit deinen Lebensunterhalt mitfinanzierst oder es auf ein Sparbuch einzahlst - es ist ein übliches Vorgehen in ganz vielen Familien.
Und ich denke, kein junger Mensch auf dieser Welt schreit: "Juhuu" und daher versucht jeder erst einmal seinen Besitz zu verteidigen.

Mir scheint, du haderst selber am meisten mit deiner Erkrankung, so dass das eine sehr empfindliche Stelle in dir ist. Wirft dein Sohn dir wirklich vor, erkrankt zu sein oder beziehst DU seine Vorwürfe nur auf deine Erkrankung und hoffst auf Verständnis um selber Verständnis für dich haben zu können? Und wenn er es wirklich mal formuliert hat, meinte er es denn auch so oder sagte er es nur aus einer Wut oder Enttäuschung heraus?

Also, ich war nicht auf das Geld meiner Kinder angewiesen, trotzdem haben sie ihren Anteil an den Lebenshaltungskosten abgeben müssen. Das sehe ich als eine Vorbereitung auf ein eigenständiges Leben in dem gerade junge Erwachsene lernen müssen, dass der Geldautomat nur begrenzt Geld ausspuckt und das Leben nun mal finanziert werden muss. Die Diskussionen um dieses Thema kenne ich natürlich auch - eben mit anderen Argumenten. Ich denke, das ist ein ganz normales Verhalten und hat absolut nichts mit deiner Depression zu tun.

Du bist verberentet wegen Krankheit und sowas erhält niemand einfach nur so und dafür muss sich auch niemand rechtfertigen, entschuldigen oder schuldig fühlen. Du hast eine Menge geleistet und leistest noch jetzt eine ganze Menge. Wäre es nicht schön, wenn du dir deines Wertes selber mehr bewusst wärst? Wir hier sehen ihn zumindest.

Sei herzlichst gegrüßt

Luna

Kleiner Nachtrag noch:

Mir hat es immer geholfen, in andere Familien zu "gucken" um zu sehen, ist das Verhalten meiner Kinder in dieser Situation jetzt wirklich so untypisch oder ist es ein ganz normal vorkommendes Problem. Vielleicht hast du eine Bekannte/Freundin, die ähnliches erlebt (hat) und mit der du dich darüber austauschen kannst um vielleicht zu erkennen, dass nicht alles nur an deiner Erkrankung liegt. Viele Menschen haben wenig Geld (auch wenn sie keine Depression haben), da ist die Hilfe innerhalb der Familie wichtig.
mime
Beiträge: 1319
Registriert: 6. Sep 2013, 13:28

Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von mime »

Hallo Ziege04,

es ist klar, dass das Finanzielle EIN Aspekt (von vielen anderen) ist. Doch ich kann durchaus nachvollziehen, dass das eben ein Dauerthema hinsichtlich Schuldgefühlen, Angespanntheit usw. sein kann, insofern ist es doch berechtigt, das zu erwähnen.

Wie es schon andere gepostet haben zwischenzeitlich, so sehe ich es auch. Wenn man in einer Gemeinschaft zusammenlebt, ist es doch durchaus legitim, dass jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten etwas dazu beisteuert - es geht ja auch um eure gemeinsam bewohnte Wohnung. Da sollte jeder ein Interesse daran haben, sie halten zu können.

Das mit den Schuldgefühlen kann ich verstehen. Nur, was bringt es? Du bist berechtigt, weil es eben nicht anders geht, Rente & Co. zu beziehen, und zwar OHNE Schuldgefühle. Du hast doch sicherlich auch eine Zeitlang auch in die Rentenversicherung eingezahlt; dafür ist das soziale Sicherungsnetz doch auch da: dass man für eine gewisse Zeit abgesichert sein kann.

Wenn es dir wieder dauerhaft besser geht und du möglicherweise auch wieder arbeiten kannst, kannst du evtl. noch etwas dazuverdienen. Aber jetzt ist es nunmal so, dass es nicht geht.

Was hast du dir denn da vorzuwerfen? Ich finde nichts.

Dass du als Mutter in verschiedenen Bereichen nicht das leisten kannst, was evtl. gesunde Mütter anders können, und dass dich das belastet, kann ich mir vorstellen. Doch du kannst nichts dafür, dass du eben nicht 100 % leistungsfähig bist. Du tust momentan dein Möglichstes. Das muss eben auch mal reichen. Das heißt ja nicht, dass es dauerhaft so bleibt.

Solange es dir nicht gut geht, kostet alles, der normale Alltag, der Haushalt usw. schon viel Kraft. Wenn es dir wieder besser geht, wird auch das leichter. Wenn es wieder leichter wird, wird bestimmt auch mehr Energie für Weiteres da sein.

Was die finanzielle Abgabe der erwachsenen (bzw. selbstverdienenden) Kinder angeht: Das finde ich durchaus normal. Ich habe in jüngeren Jahren auch einen bestimmten Betrag zu Hause abgegeben (auch wenn er lediglich eher eine symbolische Bedeutung hatte), als ich mein eigenes Geld verdient habe - das war mein kleiner Beitrag zum Zusammenleben, auch wenn er von meinen Angehörigen nicht unbedingt gebraucht wurde.

Und ja, du hast recht, als du das mit deinen Sohn diskutiert hast und er auch ins Grübeln kam: Es geht in anderen Familien vielleicht anders zu, das mag sein. Doch ihr 3 seid eine Bedarfsgemeinschaft, in der du quasi Alleinerziehende bist (oder warst, deine Kinder sind ja mittlerweile erwachsen). Das ist eben ein anderer Fall, als wenn es noch einen mitverdienenden Vater geben würde - als Alleinerziehende kann man nunmal keine großen Sprünge machen.

Das mit dem gemeinsamen therapeutisch begleiteten Gespräch war ja nur so eine Idee, die evtl. deeskalierend hätte wirken können. Du hast recht, dass jeder im Endeffekt alleine klarkommen muss, doch man kann ja trotzdem von einem vermittelndem Gespräch profitieren.

Wie schaut es denn bei dir mit Medikamenten und sonstigen (therapeutischen oder sozialen) Angeboten aus? Gibt es da etwas für dich, was hilfreich wäre? Hast du die Möglichkeit, vielleicht ab und zu an etwas teilzunehmen, was dir ein bisschen Freude machen könnte? Ich weiß z. B. von manchen auch nach außen hin offenen Einrichtungen, in denen man bastelmäßig etwas gemeinsam tun kann. Vielleicht täte dir da ein bisschen Abwechslung oder Ablenkung ganz gut, keine Ahnung.

Ich war z. B. schon mal bei einem Kurs für Armbänderknüpfen, da habe ich 1 Euro zahlen müssen für das verbrauchte Material, aber ansonsten war der Kurs unter Anleitung kostenlos. Vielleicht gibt es da auch ähnliche Angebote in deiner Nähe, an denen du teilnehmen könntest, wenn du wieder etwas mehr Kraft hast.

Ich denke, dass es wichtig ist etwas zu finden, was einem guttut. Das muss auch nichts sein, was viel Geld kostet.

Es gibt viele Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht viel Geld zur Verfügung haben, doch wir sind deswegen keine "Menschen zweiter Klasse". Ein Bekannter von mir geht z. B. zu einer kirchlichen Einrichtung, die günstiges Mittagessen anbietet. Mit Sicherheit war ihm das anfangs sehr unangenehm, dort hinzugehen (und davon zu erzählen) - doch, wieso sollte man das nicht annehmen, wenn es angeboten wird?

Es gibt Menschen in momentan evtl. schwierigen Situationen, die auf unterstützende Einrichtungen (beispielsweise auch bei der "Tafel" oder Kleiderkammern z. B. beim roten Kreuz oder anderen Institutionen) angewiesen sind. Kostenlos ist zwar da auch nicht alles, doch für recht wenig Geld zu haben.

Man nimmt damit niemandem etwas weg: die meisten Institutionen finanzieren sich durch Spenden (Geld- oder Sachspenden), von Leuten, denen es zur Zeit gut geht, und denen abzugeben nicht weh tut. Was ich damit sagen möchte: Ich glaube, dass niemand ein schlechtes Gewissen haben muss, weil er finanziell nicht so gut dasteht und / oder Unterstützendes in Anspruch nimmt.

Ich finde, dass es zum menschenwürdigen Leben dazugehört, für sich sorgen zu können, ganz egal ob mit Unterstützung oder ohne. Jeder Mensch ist würdig in jeglicher Hinsicht.

Hm, jetzt habe ich lange genug geschrieben, vielleicht auch am Thema vorbei, keine Ahnung. Falls irgendetwas Passendes dabei ist, würde es mich freuen, wenn nicht, überlies es einfach, OK?

Viele Grüße
Mime
Wir müssen lernen,
die Menschen weniger auf das, was sie tun und unterlassen,
als auf das, was sie erleiden, anzusehen.

(Dietrich Bonhoeffer)
IchBinHier
Beiträge: 50
Registriert: 9. Apr 2016, 10:27

Re: Eine Frage des " Wollens "? - Depression und Selbstwert

Beitrag von IchBinHier »

Ich bewundere deine Selbstreflexion und dein Einfühlen in deine Kinder. Sie scheinen dir sehr wichtig zu sein und du tust, was du kannst.
Ich kenne das auch. Das Gefühl, dass die Krankheit von anderen nicht verstanden wird, dass sie nicht nachvollzogen werden kann. Das Gefühl vermittelt zu bekommen, dass man doch nur müsste... tut weh. Andererseits finde ich es, aus der Perspektive der anderen, auch irgendwie verständlich. Man sieht es uns ja nicht an.
Du hast ja schon geschrieben, dass dein Sohn dich viel unterstützt hat. Auch wenn es toll wäre, wenn er auch jetzt Verständnis dir gegenüber haben könnte, so ist es irgendwie auch nachvollziehbar, dass das für ihn jetzt irgendwie nicht geht. Wahrscheinlich musste er, wie viel Kinder psychish kranker Eltern, oft zurückstecken, einiges ausgleichen... Er ist 19 und muss sich und seinen Weg finden. Er wird selbstständig, das macht vielen Angst und wenn das ind das Gefühl hat, sich nicht auf seine die Mutter stützen zu können, kann das Frustration auslösen. Da kannst du natürlich nichts dafür, aber ich finde, die Reaktion deines Sohnes nachvollziehbar. Ich würde es eher als "gesunde" Reaktion betrachten. Er will sich abgrenzen von dem Gefühl, für dich da sein zu müssen. Vielleicht rebelliert er ein bisschen "Jetzt mach doch einfach, stell dich nicht so an." Das ist super schmerzlich, weil du dein Bestes gegeben hast. Er wird das auch wiedr anders sehen können. Vielleicht ist es nur gerade jetzt wichtig für ihn, sich auf diese Weise abzugrenzen. Ich würde ihn also ein Stück weit lassen und versuchen, es nict persönlich zu nehmen. Auch wenne r natürlich Unrecht hat, denn wir Depressiven wissen, wie es ist zu wollen, aber einfach nicht zu können, so ist dieses Unrecht haben an der Stelle auch einfach OK. ich würde es so stehen lassen. Ich würde ihm sagen: "Du darfst das denken. Ich kann verstehen, dass du das denkst, weil du viel abbekommen hast von meiner Krankheit. Es ist nicht leicht, eine depressive Mutter zu haben. Ich würde an deiner Stelle vielleicht auch eine Riesenwut bekommen und sagen 'Verdammt, reiß dich doch zusammen'. Wenn du Fragen hast, wie das so ist mit der Depression, wie sich das wirklich anfühlt, warum vieles nicht geht, dann kannst du mich jederzeit fragen." Du musst dich nämlich gar nicht erklären, und schon gar nicht rechtfertigen. Ich denke, das weiß dein Sohn auch. Alles, was du ihm jetzt erklärst, wird wahrscheinlich nicht ankommen. Ich würde wirklich erst einmal Verständnis für seine Situation entgegenbringen. Dann kommt er bestimmt auch wieder von alleine.
"Das haben wir noch nie probiert, also geht es sicher gut." (Pippi Langstrumpf)
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