Job macht mich psychisch fertig

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Butterfly1
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Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von Butterfly1 »

Hallo,

Ich fühle mich zurzeit nicht wohl bei der Arbeit.

Ich muss die Arbeit für 3 Leute machen, alles ist unstrukturiert, keiner weiß was zu tun ist.
Wir blamieren uns einfach nur vor den Kunden und das seit einem Halben Jahr.

Es wird immer schlimmer und ich habe auch beschlossen eine neue Arbeit zu suchen. Nur habe ich bis jetzt noch keine gefunden.

Ich habe Bauchschmerzen und Kopfschmerzen, bei jedem geringsten Kleinigkeit muss ich mich zusammenreisen dass mir nicht die Tränen kommen.
Seit 2 Wochen ca. habe ich zurückgeschraubt und mache keine Überstunden mehr, jetzt nach zwei Wochen habe ich aber das Problem das ich mich überhaupt nicht mehr konzentrieren kann, ich Google im Netz und schreibe während der Arbeit Stellenansuchen...
Mich lässt es einfach nicht an die Arbeit ran.

Auch zuhause denke ich ständig an die Arbeit und schaff nicht mich abzulenken.

Keine Ahnung innerlich rege ich mich sooo dermaßen auf, mir drückt es ganz auf die Brust.

Weiß mir iwie nicht mehr zu helfen, da ich ja noch keinen anderen Job habe kann ich hier noch nicht kündigen=/

bin verzweifelt...
ralfiboy
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Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von ralfiboy »

Hallo Butterfly1,

vielleicht ist es eine Lösung den Chef zu fragen, ob er zusätzliche Leute einstellt. Oder du könntest Urlaub beantragen oder dich notfalls auch krankschreiben lassen. Bevor du Dir deine Gesundheit komplett ruinierst, wäre das vielleicht erstmal eine Lösung.

Liebe Grüße
ralfiboy
Butterfly1
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Registriert: 12. Apr 2016, 09:39

Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von Butterfly1 »

Ja seit 3monaten sagen Sie sie stellen Leute ein, jedoch wollen Sie nicht wirklich, keine anzeigen in den zeitungen oder auf portalen...
Sie machen einem durchaus etwas vor.
Hatte mich vor3-4wochen 2tage krankgeschrieben, aber das war nicht besser, da hab ich den ganzen Tag geheult und wusste nicht warum:/
Galaxis
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Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von Galaxis »

Hallo Butterfly1,

wenn Du Dich gesundheitlich nicht in der Lage fühlst die Arbeit zu erledigen, dann kannst Du auch ein Attest Dir vom Arzt ausstellen lassen und damit zum Arbeitsamt gehen. Ich meine, wenn Du selbst kündigen möchtest und keine Sperre vom Arbeitsamt bekommen möchtest. Das hat mir damals eine Dame vom Arbeitsamt gesagt, dass man das machen kann, wenn man gesundheitlich den Job nicht mehr ausführen kann. Am besten würde ich zu einem Psychiater gehen, der kann das am besten begründen.

Ich denke, dass Du eine längere Auszeit benötigst, um Dich zu erholen. Ich weiß selbst, wie es ist, wenn einem die Arbeit über den Kopf wächst und vom Arbeitgeber überhaupt nicht ernst genommen wird!

Alles Gute für Dich und gute Besserung!

LG Galaxis
StandingStrongAgain
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Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von StandingStrongAgain »

Erster Weg sollte zum Vorgesetzten sein - der/ die hat eine Fürsorgepflicht.
Ich weiß jetzt nicht, wie groß das Unternehmen ist, in welchem Du arbeitest: aber gibt es eine Betriebliche Sozialberatung oder einen Betriebsrat, an welchen Du dich wenden kannst?
Buttercup
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Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von Buttercup »

Hallo,

zu diesem Thema wurde schon länger nichts mehr geschrieben aber der Titel passt genau zu meiner Situation.

Kurz zu mir: ich leide seit frühester Kindheit unter extremen Angststörungen und nun auch seit vielen Jahren an immer wiederkehrenden Depressionen.

Seit fast 16 Jahren arbeite ich nun schon bei einer Firma und es geht mir dort sehr schlecht. Die Arbeit ist extrem anstrengend und nervenaufreibend, man muss Arbeiten für 10 erledigen, wird ständig beobachtet und massiv unter Druck gesetzt. Ohne den Namen dieser Firma nennen zu wollen sage ich nur soviel: man sagt, sie gehören Scientology an und meine Erfahrung dort in den ganzen Jahren zeigt auf jeden Fall sektenähnliche Strukturen. Alle haben sich lieb und duzen sich aber wehe, man passt nicht ins "System" und vertritt seine Meinung: dann steht man ganz schnell auf der Abschussliste und wird systematisch isoliert und gemobbt. Man warnt andere Mitarbeiter mit einem zu reden und droht mit Konsequenzen, falls man es doch tut. Da ich mich diesem System nie unterordnen wollte, stehe ich seit Jahren auf der "schwarzen Liste" und werde entsprechend behandelt.

Nun hatte ich vor 8 Monaten einen schweren Autounfall und war bis heute krankgeschrieben. Die Wiedereingliederung wurde von meinem Arbeitgeber natürlich abgelehnt. Heute habe ich meinem Arbeitgeber nun mitgeteilt, dass ich wieder arbeitsfähig bin und die Reaktion hat mich mal wieder völlig aus der Bahn geworfen. Mir wurde gesagt, dass ich das sowieso nicht schaffen werde und das viele Mitarbeiter krank sind oder im Urlaub und das ich mich warm anziehen soll und das sie vollen Einsatz von mir erwarten und keine Rücksicht auf mich nehmen werden und mir harte, körperliche Arbeit zuteilen werden.

Die Krankenkasse hat den medizinischen Dienst eingeschaltet und mich für arbeitsfähig erklärt.
Ich habe Druck von allen Seiten und Panik vor der Arbeit. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll.
Meine Ängste und meine Depression stehen mir so im Weg. Ich schaffe es einfach nicht, mich nach einer anderen Stelle umzusehen. Ich habe panische Angst vor Veränderungen. Auch wenn mir mein Verstand sagt, es kann eigentlich nur besser werden. Aber gleichzeitig sagt mir meine Angst, dass es auch schlimmer werden kann. Mir geht es zu schlecht um mich irgendwo gut zu "verkaufen". Ich glaube, bei einem Vorstellungsgespräch könnte ich nicht überzeugen, da ich selbst nicht überzeugt von mir bin. Ich fühle mich minderwertig seit ich denken kann und strahle das auch aus. Und dann die Angst vor Absagen, die mich nur darin bestätigen würde ein Versager zu sein.

Menschen, die nicht depressiv sind verstehen mich nicht. Es kommt immer nur: "Dann such Dir doch endlich mal was anderes."

Aber wie denn, wenn einem Kraft, Mut und Selbstvertrauen fehlen? Gleichzeitig raubt mir mein Job all das noch zusätzlich.

Ich bin seit Jahren in diesem Teufelskreis und finde einfach nicht heraus.

Geht es jemandem ähnlich?
Ich freue mich über Antworten.

Viele Grüße
Glauben
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Registriert: 2. Nov 2013, 14:16

Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von Glauben »

Hallo Leute,
bin hier neu, und daher bitte ich um Verständnis für meinen so späten Beitrag. Wie sehr einen der Job zusetzen kann, weiß ich leider nur zu gut. Bei mir waren es die ersten Jahre die Seniorchefin. Damals bin ich oft weinend heim, weil sie mich laufend nieder machte. Dann eine Kollegin, die meinte mit Wirtshausumgangston kann man im Verkauf in einem fachlich anspruchsvollen Bereich punkten. Aber wenn die Qualität entsprechend der großen Klappe hinterher hängt, dann wird das nichts. Kunden spüren sofort, ob man ehrlich berät, oder nur hohles zeug quatscht. Dann endlich eine wirklich fähige junge Kraft. Durch viele private Schicksalsschläge dann Überdosis Schlaftabletten um vermeintl. Frieden zu finden. REHA und dann versucht in meinem Leben neu durchzustarten. Aber irgendwie blieb ich bis heute des Schicksals Liebling. Trennung meines Chefs und seiner Frau, der ich freundschaftlich verbunden bin. Aber sie ist immer noch im Büro. Seit 1 1/2 Jahren seine Neue zusätzlich mit im Verkauf. Was für eine Situation. Hat eine riesen Klappe, kann sich nichts merken, und hat ein grauenhaftes Deutsch. Für private Gespräche ohne weiteres ausreichend. Aber geschäftl. eine Katastrophe. Jedesmal, wenn die da ist, muß ich zusätzlich zu meinem Verkaufsgespräch auch mit halben Ohr und Auge bei ihr sein, um schlimmsten Falls einzugreifen, um ein Fiasko zu verhindern. Ganz zu schweigen davon, daß sie große Töne spukt, wie toll sie alles sauber hält und dann doch in allen Ecken Staub liegt, Spinnweben sich bilden. Das kostet so viel Kraft. Allein der Geräuschpegel, wenn in unserem kleinen Laden 3 Leute beraten, auf Nachfragen reagieren und dann noch Kopfrechnen müssen. Dann noch ewiges Telefon. Und ein Chef, der einem das Gefühl gibt, immer und überall die Augen haben zu müssen, keinen Fehler machen zu dürfen, niemanden zu lange warten zu lassen und zu allem immer nur lächeln. Und gleichzeitig wird in der Werkstatt nicht mit mir gesrpochen. Ich weiß nicht wirklich warum. Der Kollege dort, wir sind beide am längsten im Betrieb, ist oft launischer als eine Frau. Einerseits bin ich froh, dann hab ich meine Ruhe, aber gleichzeitig ist das doch belastend. Eine Stimmung, wo ich mir schon manchmal denk, was wird er hinter meinen Rücken sagen. Und morgen Abend will unser Chef mit uns Essen gehen. Hab seit Tagen schon Bauchschmerzen. Wenn ich nein sag, ist es blöd. Und wenn ich hingeh, schade ich mir selbst.
Vielleicht ist der Beitrag total bescheuert, und interessiert keinen (was ich auch gewohnt bin), aber andererseits, ich mußte mir mal luft machen.
Reiseonkel87
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Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von Reiseonkel87 »

StandingStrongAgain hat geschrieben:Erster Weg sollte zum Vorgesetzten sein - der/ die hat eine Fürsorgepflicht.
Ich weiß jetzt nicht, wie groß das Unternehmen ist, in welchem Du arbeitest: aber gibt es eine Betriebliche Sozialberatung oder einen Betriebsrat, an welchen Du dich wenden kannst?
Das habe ich damals auch gemacht, habe meine Teamleitung eingeweiht, was war, ich hab als Dank der Offenheit die Kündigung bekommen.

Aber das ist normal, die Firmen wollen immer Personal haben, was zu 101% Leistung bringt, um das persönliche befinden, interessieren die meisten sich nicht.

Ich hoffe Du hast es anders erlebt als ich.

LG
LG von der Küste
=============
Reiseonkel
Pupszessin
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Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von Pupszessin »

Hallöchen,

bei mir war es auch so ähnlich. Aber es hätte mir eigentlich damals eine Warnung sein müssen, als ich erfahren habe, das meine Vorgänger alle gleichzeitig gekündigt haben.
Alles hat sich nur noch um die Arbeit gedreht, und als ich meinen Chef gebeten habe mir doch jemand zur Seite zu stellen wurde ein Azubi eingestellt. Tolle Hilfe, aber war ja günstiger als eine Fachkraft die mir wirklich hätte helfen können.
Ende vom Lied war dann letztes Jahr ein Zusammenbruch: Ich betrat morgens mein Büro, sah meinen Schreibtisch (mit dem riesen Berg an Arbeit) und bin in Tränen ausgebrochen.
Dann folgte die Krankschreibung und da ich nicht auf das "Angebot" (eigentlich war es eine Forderung) meines Chefs eingegangen bin folgte dann die Kündigung. Mein Chef wollte, dass ich wenigstens den halben Tag da bin. Allerdings war ich damals endlich an dem Punkt an dem mir meine Gesundheit und meine Lebensqualität, die nicht mehr vorhanden waren, wichtiger. Also bekam ich die Kündigung.
Nun streite ich mich mit der Krankenkasse, aber auch das werde ich schaffen.

Lange Rede kurzer Sinn: Die Erkrankung "Depression" wird einfach noch nicht ernst genug genommen. Wir sind nicht arbeitsfaul, bilden uns das alles nur ein etc.... es muss in der Gesellschaft endlich ankommen das Depression eine ernstzunehmende Krankheit ist!!!
Ich bin seit der Diagnose sehr offen damit umgegangen und musste leider feststellen, dass man wie ein Aussätziger behandelt wird. Habe viele meiner Freunde verloren. Aber das ist egal, es waren sowieso die falschen.
Auch muss man endlich begreifen, dass es eben nicht nur die eine Behandlung gibt. Jeder reagiert anders. Dem einen helfen Tabletten recht gut, der nächste braucht viele Gespräche. Der eine ist nach einem halben Jahr wieder fit und der nächste braucht sogar 3 Jahre.

Ich finde es erschreckend, dass es so viele Menschen betrifft, quer durch alle Schichten, dieses Thema aber so totgeschwiegen wird.
In der Firma meines Mannes fängt so langsam eine Veränderung an: Sie haben die Depression als Krankheit anerkannt. Wow!!

Ich könnte mich noch stundenlang über dieses Thema auslassen. Aber für heute reicht es.

Sonnige Grüße aus dem sonnigen Süden....
Reiseonkel87
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Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von Reiseonkel87 »

Hey Pupszessin, hört sich ja auch spannend bei Dir an.

Ich kann Dir da nur recht geben, diese Krankheit, wird leider noch zu sehr belächelt. Man könnte zb. das Stichwort Robert Enke in den Raum werfen. Hab ich damals auch bei meinen ehemaligen Arbeitgeber gemacht, da hieß es nur, ich sei kein Profifußballer, ich sei nur ein Reiseverkehrskaufmann, das könnte man nicht vergleichen. Schwachsinn! Ich kann nur sagen, das was mir alles widerfahren ist, in diesem Beruf, ist ohne Worte, das Problem war nicht der Job, das Problem war und ist der Kunde/Mensch!

Aber das ist ein anderes Thema.

Tabletten hab ich nach gut nen Jahr in die Ecke geschmissen. Hat nichts mehr so sehr gebracht und ich hab leider nen bisschen viel an Kilos dazu gewonnen.

Das mit den Freunden kenne ich auch leider. Habe zzt. warte ich muss nachzählen, keinen einzigen! Ich hab nur meine Frau und die Familie, also Eltern und Schwiegereltern. Klar hat man auch zu seinen "Kumpels" Kontakt, aber so wie früher ist es das alles nicht mehr, seit ich die über meine Krankheit eingeweiht habe.

In diesem Sinne, wir müssen versuchen stark zu bleiben/sein.

Beste grüße aus Lübeck

PS: die Sonne sorgt gerade in Travemünde ganz besonders, das den Leuten das Hirn wegschmilzt, alle bisschen aggressiv und unterbelichtet.
LG von der Küste
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Reiseonkel
Pupszessin
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Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von Pupszessin »

Hey Reiseonkel87,

ja, das Thema Freunde... so gut wie jeder wendet sich ab wenn man gesteht...
Glauben
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Registriert: 2. Nov 2013, 14:16

Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von Glauben »

Hallo Leute,

ich fürchte, daß wir alle Opfer unserer eigenen Generation sind. Mal ganz abgesehen von persönlichen Schicksalsschlägen, Traumas oder sonstigen Auslösern einer Depression. Unsere derzeitige Gesellschaft macht uns, die wir alle schlicht sehr sensibel, einfühlsam sind und über äußerst gute Sensoren verfügen, doch auch kaputt. Wir sind nicht für die momentan vorherrschende Ellbogensituation geschaffen. Die Raffgier, die tägl. Machtspiele und vor allem immer erreichbar sein und GewehrbeiFuß stehen, daran allein schon gehen wir kaputt. Welcher Chef schon sieht in uns erst den Menschen, mit all seinen Sorgen und Nöten?
Reiseonkel87
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Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von Reiseonkel87 »

@Glauben, Du bringst es genau auf dem Punkt. "Damals", so vor 10 Jahren, da war das noch nicht so extrem mit dem social Media und WhatsApp usw.

Selbst wenn man zum Arzt möchte, mein Vater hatte letzte Woche den Fall, was macht man, wenn man starke schmerzen hat? Richtig man geht zum Arzt, da wirst angemacht, weil man vorher nicht anruft! Ich meine Hallo? Fragt der schmerz mich vorher? Schickt er mir vorher eine Freundschaftsanfrage auf Facebook?

Es ist wirklich eine Ellenbogengesellschaft geworden. Ich finde es ist in ganz Deutschland sehr extrem geworden. Aber am meisten fällt es mir im Norden auf. Bei uns sind eh alle meist so "kühl" und stur. Im Gegensatz zu Düsseldorf, da sind die alle sehr viel lockerer und entspannter. Kommt mir zumindest so vor.

Aber was sollst, als Kranker wirst eh gleich abgestempelt.
LG von der Küste
=============
Reiseonkel
Glauben
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Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von Glauben »

Hallo Reiseonkel87,

muß Dir leider sagen, hier im Süden ist es nicht anders. Ganz speziell in meiner Heimatregion galt von je her schon die Devise "nicht geschimpft, ist gelobt genug". Allerdings waren die Menschen immerhin noch ehrlich. Aber heutzutage, in dieser Bussi-Bussi Welt, muß man zusätzlich bei jedem, der nett ist, Angst haben, ob er einem nicht das Messer in den Rücken rammt.
Derzeit hab ich ein paar Tage Urlaub. Bin leider auch völlig fertig und hab wieder über meine Kräfte hinaus gearbeitet. Für was? Ein kleiner Handwerksbetrieb, in dem ich seit 17 Jahren den Verkauf größtenteils allein schmeiße. Aber mein Chef meint immer noch, mich wie einen Lehrling kontrollieren und beobachten zu müssen. Immer wenn er selbst Streß hat, warum auch immer, läßt er es an mir aus. Neuerdings bin ich in meinem Umgangston plötzlich zu laut, berate nicht gut genug. Das tut verdammt weh, plötzlich soll grundlegendes falsch sein? Aber das ich immer da bin, auch jegliche Putzarbeiten schon gemacht hab, wird ganz schnell vergessen. In schwachen Momenten überleg ich schon, alles hinzuschmeißen. Aber mit 50 neu anfangen, dann hab ich jetzt 10 min. Fußweg, nein, das kann ich nicht.
Aber, wie lange halte ich das Psychisch durch?
M1971
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Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von M1971 »

Hallo, meiner Meinung ist es zu kurz gefasst, alles mal eben auf die moderne Gesellschaft zu schieben.
Das Mißverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gab es schon immer. Früher haben sich die Menschen eher körperlich die Gesundheit ruiniert und heute ist es seelisch. Mir fällt in den letzten Jahren verstärkt auf, dass sich Arbeitnehmer ohne Rücksicht auf die Kollegen gerne mal mit Lapalien krank melden. Die Last tragen dann diejenigen, die da sind. Die Kollegialität war früher aus meiner Sicht besser.
Aber so schlecht ist die Arbeitsmarktlage ja aktuell nicht. Man kann sich relativ problemlos verändern. Aber den idealen Arbeitgeber wird es wohl nicht geben. Irgendwas ist immer.
Gruß
m
Bright
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Registriert: 25. Apr 2016, 21:46

Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von Bright »

Hallo M1971,

es ist richtig, früher lag der Fokus mehr auf physischer Belastung, mit der Wissensgesellschaft bzw. hin zur Dienstleistungsgesellschaft hat sich das aber wie Du richtig schreibst verlagert zu psychischer Belastung/Überbelastung.

In der Gesellschaft gibt es zwar immer noch viele Vorbehalte und Tabus bzgl. psychischer Erkrankungen, aber die vielen Krankmeldungen und Berichte der Krankenkassen sagen ja einiges darüber aus...

Statistisch lassen sich nicht mehr Leute krank schreiben als früher, das Auf u. Ab bezieht sich mehr auf die jeweilige Konjunktur und nicht auf die heutige Arbeitseinstellung.

Es ist doch so, wir haben in allen Unternehmen immer mehr Verdichtungen von Arbeit, und gleichzeitig weniger Personal, der "Rest" der ist doch in Sippenhaft genommen, und traut sich doch schon gar nicht mehr bei Krankheit daheim zu bleiben, weil man ja weiß was dem Rest dann bevor steht, und das geht dann so lange bis es dann gar nicht mehr geht....
Latinwoder
Beiträge: 32
Registriert: 26. Sep 2015, 20:25

Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von Latinwoder »

Ich verstehe immer besser, warum so viele Menschen Angst haben, Ihrem Arbeitgeber mitzuteilen, dass sie an Depressionen erkrankt sind. Und zwar weil die Arbeitnehmer selbst mit ihrer eigenen Depression nicht umgehen können bzw. sie für Schwäche/Versagen oder ähnliches halten.

Hier wurde soviel Unsinn geschrieben, dass ich gar nicht auf alles eingehen kann.
Dabei ist die Fakten- und Rechtslage total einfach:

Wer Depressionen/depressive Episode/Burnout/Angst- oder Panikattacken bekommt, der ist einfach nur "krank" oder anders ausgedrückt: "arbeitsunfähig". Punkt.
Wer krank ist meldet sich so früh wie möglich bei seinem Arbeitgeber und teilt ihm mit, dass man wegen Erkrankung nicht kommen kann. Die Dauer weiß man meist erst nach einem Arztbesuch, aber man kann ja versuchen eine Prognose abzugeben, dass man "mindestens" die nächsten drei Tage krank ist. In der Zwischenzeit geht man zum Hausarzt. Schilder die psychische Erkrankung und bespricht mit ihm wie es weiter geht. Er schreibt als erstes ein Attest (Höchstdauer hier im Normalfall erstmal 4 Wochen) und versucht dann direkt mit Medikamenten das schlimmste einzufangen und verweist ansonsten zu einem Psychiater.

Das alles kann man, muss man aber nicht dem Arbeitgeber sagen. Auf dem Attest für den Arbeitgeber steht keine Diagnose.

Die Erkrankung wegen Depressionen kann auch länger dauern und evtl. mit einem stationären Aufenthalt in einer Akut- oder "Motto"-Klinik einhergehen. Während all dieser Zeit ist man krankgeschrieben und erhält 6 Wochen Lohnfortzahlung. Danach springt die Krankenkasse mit Krankengeld ein.

Unabhängig davon ob die Arbeit, der konkrete Arbeitsplatz oder die Arbeit in der gesamten Firma ein Teil der Krisenauslöser sind, besteht überhaupt keine Notwendigkeit irgendwie mit der Arbeitsamt in Kontakt treten zu müssen. Warum auch ? Man hat ja einen Job. Man ist halt nur krank.Punkt.

Falls man während der Therapie merkt, dass man nicht mehr zum alten Arbeitgeber zurück kommen kann, ohne dass die psychischen Probleme ebenfalls zurückkommen, hat man alle Zeit der Welt sich vielleicht nach einer anderen Arbeit umzusehen. Die Jobbörse der Arbeitsagentur wäre hier die erste Anlaufstelle.
Glauben
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Registriert: 2. Nov 2013, 14:16

Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von Glauben »

Servus Latinwoder,

machst Du es Dir nicht etwas zu einfach? Mag sein, daß die Rechtslage wie beschrieben ist.
Aber zwischen Recht und Realität ist eine große Kluft!
Bist Du inzwischen so genesen, oder aufgrund Erfahrungen so abgebrüht, daß Dich Reaktionen in der Firma kalt lassen? In beiden Fällen beneide ich Dich. Bin von derartigen Gefühlen noch Lichtjahre entfernt.
Ganz abgesehen davon, in einem kleinen Betrieb, wo Zahnrädchen in Zahnrädchen greift und man gegenseitig aufeinander angewiesen ist, zählt einerseits noch der Mensch! Hat aber auch den gravierenden Nachteil, daß man die Arbeit, oder auch durch Überstunden die Arbeitszeit der Kollegin auffängt. Mit 50 Nein zu sagen, ist da nicht mehr einfach.
Latinwoder
Beiträge: 32
Registriert: 26. Sep 2015, 20:25

Re: Job macht mich psychisch fertig

Beitrag von Latinwoder »

Glauben hat geschrieben: Bist Du inzwischen so genesen, oder aufgrund Erfahrungen so abgebrüht, daß Dich Reaktionen in der Firma kalt lassen? In beiden Fällen beneide ich Dich. Bin von derartigen Gefühlen noch Lichtjahre entfernt.
Solche Denkweisen sind mir bestens vertraut. Ich selbst habe genau aus diesem Grund gearbeitet, bis ich umgefallen bin. Wenn Kollegen ausfallen, müssen die anderen es auffangen. Da sitzen alle einem Boot und man versucht sich gegenseitig so gut zu helfen, wie es nur geht. Aber genau das ist das Problem. Es ist nicht die Aufgabe der Mitarbeiter, für Ausfälle anderer einzustehen. Das ist das alleinige Problem des Arbeitgebers. Das Gesetz, die Moral und die Notwendigkeit sind alle auf Seiten des Erkrankten. Die eigene Gesundheit geht vor allem anderen. Diese Rechte mussten einst schwer erkämpft werden. Leider haben die Menschen aufgehört für ihre Rechte einzustehen und lassen sich sogar unbezahlte Überstunden gefallen. Etwas dass vor 25 Jahren undenkbar erschien. Wenn jeder Mitarbeiter anfängt an sich selbst zu denken (der Arbeitgeber macht es ja auch) und dann alle krankheitsbedingt ausfallen, dann muss der Arbeitgeber eben mehr Personal einstellen, damit die Mitarbeiter nicht mehr ständig 120% geben müssen.
Allerdings ist mir immernoch nicht klar, was daran so schwer sein soll, sich wegen Depressionen krankschreiben zu lassen. Depression ist eine sehr schwere Krankheit, die unbehandelt tödlich enden kann (sogar auch trotz Behandlung). Egal wie groß oder klein oder familiär, wenn man ernsthaft krank ist, kann man nicht arbeiten. Da muss man sich selbst denken. Anderer denken nicht für einen.....

Ganz abgesehen davon, in einem kleinen Betrieb, wo Zahnrädchen in Zahnrädchen greift und man gegenseitig aufeinander angewiesen ist, zählt einerseits noch der Mensch! Hat aber auch den gravierenden Nachteil, daß man die Arbeit, oder auch durch Überstunden die Arbeitszeit der Kollegin auffängt. Mit 50 Nein zu sagen, ist da nicht mehr einfach.[/quote]
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