hallo, schlechtes Gewissen

Luna1966
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hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Luna1966 »

Hallo ihr Lieben,

wer kennt es nicht, das liebe schlechte Gewissen, weil man wieder einmal nicht so funktioniert, wie es von einem erwartet wird.

Mir ging es die ganze letzte Woche nicht gut. Deutlich zu merken, an meiner "extrem guten Laune", an meiner "extremen Bewegungsfreude", an meinem "vermehrten Zeitaufwand beim morgendlichen Stylen" , äußerlich sprühe ich gerade nur so vor Kraft und ich sehe besser aus, als an guten Tagen - die Wand ist wieder mal aufgebaut. Der Druck kann sich anstauen...

Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis ich wieder "weglaufe" um für eine kurze Zeit nur ich sein zu können. Keine Erwartungshaltung, kein Druck.

Der Auslöser - eine Banalität:
Meine beste Freundin wird heute 50 Jahre alt. Wir sind seit über 30 Jahren befreundet. In letzter Zeit läuft es etwas holprig mit der Freundschaft aber das darf natürlich auch mal sein.
Sie hat mich natürlich heute eingeladen.
Aber ich will nicht hingehen das merke ich schon länger. Ich hatte bis zuletzt noch gehofft, dass sich meine Abwehr noch in Luft auflöst, aber alles in mir sträubt sich, heute auf ihre Party gehen zu müssen.

Ich habe deshalb gerade unter einen Vorwand abgesagt. Sie wird zwar böse sein, aber ich bin mir sicher, dass es der Freundschaft trotzdem nicht schaden wird. Ich werde ihr einfach ein nettes Wellnesswochenende mit mir alleine schenken.

Jetzt ist doch wieder alles gut, aber trotzdem spüre ich den Druck wie eine Flutwelle in mir aufsteigen.
Trotz des Wissens, was gerade wieder passiert, kann ich das Muster nicht durchbrechen. Ich fühle mich wie eine Marionette, die fremd gesteuert wird.

Wie oft müssen wir und unsere Lieben diese Dinge noch ertragen, bis es endlich wieder gut ist?
Anonymerin
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Anonymerin »

Hallo Luna,

das schlechte Gwissen im Moment nicht so zu funktionieren wie mal sollte, tja das kenne ich nur zu gut.
Meine Therapeutin sagte mir "Sie dürfen auch mal schwach sein und sind trotzdem eine starke Frau! Es ist ja nur für den Moment."
Trotzdem ist es nicht einfach. Am Samstag wollte ich nicht zu meine Eltern fahren, aber wir haben es gemacht und auch wenn es mir für eine Stunde leider nicht so gut ging, waren die anderen Stunden umso schöner.
Weiß deine Freundin über deine Krankheit bescheid? Ich glaube nicht das sie sauer ist, vielleicht nur traurig weil du nicht dabei bist.
Als ich mit meiner Freundin gesprochen habe und gesagt habe "Ich sage dir gerade wie es mir geht, aber gleichzeit habe ich Angst, dass du dir um mich zuviel Sorgen machst und ich eine Belastung bin!"
Sie sagte mir "Mach dir doch keine Sorgen, dass ich mir Sorgen mache. Sorgen sind das nicht sonder mitgefühl weil mir etwas an dir liegt und ich dich so sehr mag."
Das hat mir etwas geholfen, aber sehe mich im Moment leider doch eher als Belastung. Doch hoffe ich sehr, dass es auch wieder anders wird und unsere Lieben werden die schlechten Zeiten schneller vergessen als wir selbst.

LG
Luna1966
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Luna1966 »

Hallo Anonymerin,

lieben Dank für deine mitfühlenden Worte. Meine Freundin weiß nichts über die Depressionen, aber sie kennt die Ursache dafür. Das ich mich verändert habe, wird sie wohl auch bemerkt haben (denke ich).

Ich möchte auch gar nicht aus irgendwelchen Zwängen oder Ängsten nicht zur Feier gehen, ich habe gelernt zu funktionieren, sondern weil ich ihr Umfeld nicht so mag. Es wird bestimmt stundenlange, langweilige Geapräche geben und wie immer werde ich das Schild "sprich mich an, ich höre dir gerne zu, auch wenn mich das, was du erzählst nicht die Bohne interessiert" auf der Stirn stehen haben.

Ich bin in ihrem Umfeld immer ein gerngesehener Gast, aber ICH hasse es mit diesen Menschen, die so gar nichts mit mir gemein haben, zusammen zu sein. Deshalb will ich nicht hin.

Das ist das Dilemma - Engelchen und Teufelchen:
Ich fühle mich verpflichtet hinzugehen aber
ich will es nicht.

Genau das erlebe ich immer wieder - ich tue Dinge, die ich nicht machen möchte weil ich denke, es gehört sich so.
Wenn ich mich selber zwinge, dass zu tun, was ich selber möchte kommt dieser verdammte Druck, er baut sich von Tag zu Tag mehr auf und am Ende laufe ich weg. Dahin, wo ich das machen kann, was ICH will. Dorthin, wo ICH entscheiden kann, was ich tue.
Damit verletze und ängstige ich aber meinen Partner und meine Kinder.

Ein Kreislauf der niemals zu enden scheint :(
szegfue75
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von szegfue75 »

Hallo Luna,
mir geht es heute genauso. Ich habe mich bei der Arbeit krank gemeldet. Und das nach den Feiertagen und einer Woche Urlaub...
Aber ich bin berührt von deinem Beitrag, weil deine beste Freundin 50 wird. Oh man... 50 ist nicht 30, ist nicht 40, sondern ein halbes Jahrhundert. Überlege es dir nochmal.
Aber ok, ich kann dazu nicht viel sagen. Schließlich leide ich ja selbst und wenn ich nicht kann, dann sage ich auch alles ab. Und ja, wir Erkrankten sollten unsere Bedürfnisse ernst nehmen.
Aber, ich glaube, deine beste Freundin braucht dich heute. Magst du es dir nicht nochmal überlegen?
Alles Liebe,
szegfue
"Glücklichsein ist eine Angelegenheit rein persönlicher Anpassung an ihre Umgebung."
Zitat aus Cluny Brown auf Freiersfüßen
Pummelchen
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Pummelchen »

Hallo Luna,

ich habe auch darüber nachgedacht der 50. Geburtstag deiner besten Freundin ist schon was besonderes, ich glaube ich wäre schon traurig wenn du als gute Freundin nicht kommen würdest. Ich kann dich schon verstehen das es für dich schwierig ist und ich will dir auf keinen Fall ein schlechtes Gewissen einreden. Du sollst dich auch nicht unter Druck gesetzt fühlen, wenn du dich dort so unwohl fühlst unter den Leuten. Aber vielleicht könntest du kurz vorbeischauen, eben mit der Erklärung das du dich nicht gut fühlst, und sie drücken und gratulieren und alsbald wieder gehen.
Weisst du der Tag kommt nie wieder, vielleicht schaffst du es?? Mir geht es auch oft so das ich denke nein das möchte ich jetzt nicht, ich will daheim bleiben und meine Ruhe haben. Wenn ich mich dann überwunden habe, ist es oft sehr nett geworden und ich war abgelenkt. Aber letztendlich musst du das für dich entscheiden, wie du es schaffst. Wenns nicht geht dann gehts nicht und eine gute Freundin wird das sicherlich auch verstehen trotz momentaner Enttäuschung!

Alles Gute für dich! LG Pummelchen
Luna1966
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Luna1966 »

Hallo Ihr Lieben.

Vielen Dank für eure Antworten. Auch wenn es sich jetzt wirklich komisch für euch anhört, sie haben mir geholfen.

Ich habe vor vielen Jahren schon verlernt, dass zu tun, was ich will. Nein zu sagen, ist mir irgendwie nicht gegeben. Das führt dazu, dass ich mich niemals abgrenzen kann.
Trotz des Wissens dank Therapie ist es mir immer noch fast unmöglich, "nein" zu sagen und bei Gegenwehr bei einem "nein" zu bleiben.

So auch an diesem Geburtstag.
Ich hatte schon weit vorher meiner Freundin gesagt, ich würde, wie es bei uns immer üblich war, diesen Tag gerne mit ihr Vor- bzw. Nachfeiern. Aber abends möchte ich nicht zum Essen kommen. Doch natürlich bestand sie fest darauf,sie kennt ja meine Wankelmütigkeit zur Genüge

Eure liebevollen Antworten haben mir dermaßen gut getan. Klar habt ihr den objektive Tatbestand, dass es ein 50zigster Geburtstag ist, besonders gewürdigt. Aber eure nicht anklagenden oder beschimpfenden Worte haben mir das Schuldgefühl genommen.
Zumindest spüre ich gerade gar keinen Druck, bin auf dem Weg zur Arbeit und denke, ich werde ihn wider Erwarten heute gut schaffen.

Ist das zu fassen?????

Danke
Ziege04
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Ziege04 »

Hallo Luna,

oh ja, dieses schlechte Gewissen kommt mir leider nur zu bekannt vor!

Meine beste Freundin aus Schultagen, inzwischen über 30 Jahre, 200km Distanz,
doch wir haben regelmäßig Kontakt und sie weiß, um meine Erkrankung.

Letztes Jahr war Klassentreffen, für mich nur 25 km, sie kam, hatte auf mich gehofft, ich habe abgesagt, weil ich es einfach nicht konnte! Und ihr von meinem schlechten Gewissen erzählt.
Sie sagte, sie wäre zwar traurig, aber nicht nur, weil ich nicht da war, sondern weil es mir so schlecht geht!

Wir haben weitere Termine besprochen, Geburtstag, Hochzeitstag, zu denen wir uns treffen wollen, doch sie machte mir klar,
Freundschaft ist nicht an Termine gebunden, egal wie besonders diese sind!
Freundschaft ist eine tiefe, innere Verbundenheit!

Wenn es zwischen Dir und Deiner Freundin irgendwie eine solche Verbindung gibt, dann wirst Du entweder zu ihrem Geburtstag gehen, oder sie wird Dir nicht böse sein, falls nicht.

Und grundsätzlich, wäre es nicht denkbar, sie über Deine Krankheit aufzuklären?

Bitte verzeih mir, falls ich zu aufdringlich wurde. Es berührte mich gerade sehr!

Bleib bitte weiter guter Dinge!!!!!

LG Ziege04
Luna1966
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Luna1966 »

Guten Morgen, Ziege04.

lieb, deine Zeilen zu lesen und dein Interesse zu spüren.

Meine erste depressive Episode, in der ich mich einfach nur für Wochen ins Bett legte und nichts mehr tat, hatte ich erst vor wenigen Jahren. Danach folgte eine 1,5 jährige Psychotherapie einschließlich Krankenhausaufenthalt.

In dieser Zeit haben meine Kinder eine ganze Menge mit/abbekommen. Ich möchte es nie wieder erleben müssen, dass sich mir nahe stehende Personen solche Sorgen machen müssen.

Ich bin deswegen wohl irgendwie noch nicht bereit, diese Krankheit nach "außen" zu tragen (oder es ist simpel und einfach nur Scham).

Bei mir sind es meist solche Lebenssachverhalte wie der Geburtstag meiner Freundin, die mich routieren lassen. Gedankenkreisel, Schlaflosigkeit, Schuldgefühle - all das, hemmt mich, eine Entscheidung zu treffen. Dabei ist die Sache an sich doch so klein.

Wie gehst du mit deinen Schuldgefühlen um?
Hast du einen Weg gefunden, sie in geordnete Bahnen zu lenken?

Sei lieb gegrüßt

(Ich finde es super sympatisch, dass du auch eine langjährige Freundin hast in einer Zeit, wo man Freundschaft leider meist nicht mehr pflegt)
Luna1966
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Luna1966 »

Guten Morgen, Anonymerin, szegfue75, Pummelchen und Ziege04 und alle anderen Mitlesenden.

Komisch - wenn man mit Abstand seine Themen noch einmal durchliest, kommen sie einen fast "lächerlich" vor.
Natürlich ist meine Freundin gar nicht böse darüber, dass ich nicht auf ihre Geburtstagsfeier gegangen bin. Das war mir eigentlich auch vorher klar. Wir haben an einem anderen Tag miteinander nachgefeiert.

Was ich aber deutlich sehe ist, dass eine so kleine Sache wieder solch ein Gefühlschaos in mir auslösen konnte. Ich war wirklich und ehrlich sehr, sehr durcheinander und tatsächlich höchst verzweifelt.

Es macht mich traurig und wütend, dass Menschen, denen ohnehin einmal etwas Schlimmes passiert ist
(meiner Depressionserkrankung liegt ein traumatisches Erlebnis zugrunde)
Jahre später immer noch mit den Auswirkungen zu kämpfen haben. Ich habe meine „großen Baustellen“ erledigt, habe meinen Frieden gemacht mit dem, was mir passiert ist genauso wie mit demjenigen, der mir das angetan hat; habe seit einigen Jahren keine Panikattacken mehr und dennoch

falle ich angesichts einer so kleinen Entscheidung in ein tiefes, schwarzes Loch. Ich werde weiter hart an mir arbeiten müssen, damit die depressiven Gedanken nicht wieder aus einer Mücke eine Elefanten machen lassen.
Ich wünsche mir und jedem von uns, dass wir irgendwann wieder in der Lage sein werden, auch unangenehme Dinge erleben zu können, ohne mit depressiven Gedankengängen und Verhalten aus der Bahn geworfen zu werden. Mir hilft dieser Thread im „Nachlesen“ mich etwas mehr zu verstehen.

Danke noch einmal für eure Gedanken.
Sonnenblume14
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo Luna,

verlernt, nein zu sagen: das kenne ich auch. Das neu zu lernen, ist ein ganz langer Prozess, aus dem ich auch noch nicht raus bin. für dieses "nein" braucht man nämlich ein genaues Gespür für sich selber, für eigene Bedürfnisse un ddas entwickelt sich erst langsam. Interessant ist, andere zu beobachten, mit welcher Selbstverständlichkeit sie oft ihre eigenen Interessen wahren. Unsereins stellt jedes "nein" sofort wieder in Frage.

Mir half es, mir Zeit zu verschaffen. Vor Zusagen um Bedenkzeit zu bitten, um zu schauen, was ich selber möchte, wie viel mir an dem Termin liegt und um abzuwägen. Manchmal half das.

Etwas machte mich stutzig. Du schreibst von deiner besten Freundin und sie weiß nichts von der Depression? Warum nicht? Gerade unter Freunden hilft das Wissen, verständnisvoller miteinander umzugehen.

Ganz allgemein sei doch bitte nicht so hart mit dir selbst. Du wirst in dieser Phase des lernens hin und weider über das Ziel hinausschießen. Mal knallhart nein sagen und dann vor sich selber erschrecken. Hinterfragen: bin ich das überhaupt noch? Das gehört alles dazu, ist genauso normal wie der Rückfall in das nicht-nein-sagen hin und wieder. Es dauert, bis man da einen Mittelweg gefunden hat, der einem selber gut tut.

LG Sonnenblume
"Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern dafür, dass jemand zu lange zu stark sein musste" (Johnny Depp)

"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegaard
Luna1966
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Luna1966 »

Lieben Dank für deine Rückmeldung, Sonnenblume14,

mir hilft es meistens auch, wenn ich mich an Andere orientiere. Auf der Arbeit fällt es mir daher gar nicht mehr schwer, "nein" zu sagen - aber auf meiner Arbeit gibt es eben auch keine persönlichen Bindungen.

Und das ist es wohl auch, weshalb mein gesamtes Umfeld nichts von meinen Depressiven Verstimmungen weiß (bis auf meine erwachsenden Kinder, die meine "schlimmste" Phase leider live miterleben mussten und mich zu meinem Schutz einweisen lassen mussten). Ich weiß, dass Offenheit die Sache sehr erleichtern würde, aber soweit bin ich noch nicht. Und ich fürchte, dass ich das auch nicht mehr erreichen werde.

Insgesamt bin ich schon immer ein sehr verschlossener Mensch gewesen, nach außen immer nett, freundlich, humorvoll und daher meist recht beliebt aber stets unverbindlich und sehr gerne alleine. Eine Freundschaft mit mir zu haben, bedeutet für denjenigen nicht, mich jeden Tag zu sehen oder zu sprechen, es bedeutet eine zuverlässige, beständige Freundin (auch in der Not) an seiner Seite zu haben. Auch klage ich niemals, wenn rede ich nur positiv.
Das ist wohl die Strategie, die mich nicht "auffliegen" lässt.

Selbst mein Lebensgefährte, mit dem ich jetzt schon 1 Jahr lang zusammen wohne, weiß nichts von meiner Erkrankung. Er merkt wohl, dass ich manchmal etwas "anders" bin, aber er scheint sich damit abgefunden zu haben. Zumindest ist es schon lange kein Thema mehr zwischen uns.
Meine "Begründung": Ich bin wie ich bin, nimm mich so oder gar nicht
scheint ihm ausgereicht zu haben. Am Ende wissen aber alle meine Lieben, dass mir etwas schreckliches passiert ist und das gibt mir wohl - so seltsam es klingt - eine kleine Narrenfreiheit.

Deshalb bin ich ja so froh, dass ich auf dieses Forum gestoßen bin - es ist das erste Mal außerhalb von Therapiensitzungen, dass ich mich aussprechen kann ;)
Pummelchen
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Pummelchen »

Hallo Luna,

schön wieder was von dir zu hören! Ich kann dich da gut verstehen, bei mir sind es auch manchmal bloß Kleinigkeiten über die ich mir fürchterlich Gedanken mache. Aber wir können halt auch nicht aus unserer Haut.
Wir hatten hier schon mal einen Thread über Hochsensibilität, vielleicht hast du da auch mitgelesen?
Sowie du dich beschreibst werde ich von anderen auch beschrieben. Ich glaube viele würden aus allen Wolken fallen wenn sie von meiner Erkrankung wüssten, weil sie es bei mir nicht vermuten würden.
Hast du Angst es würde sich für euch etwas verändern wenn du deinem Lebensgefährten über deine Erkrankung erzählen würdest?
Bei mir wissen es mein Mann (der sich viel über die Krankheit Depressionen informiert hat) und eine sehr gute Freundin. Für mich ist es so in Ordnung. Anvertrauen kann ich mich meinem Psychotherapeuten und das Forum empfinde ich auch als sehr wertvoll. Ich denke das muss jeder nach seinem Empfinden machen!

Viele liebe Grüße Pummelchen
Botus
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Botus »

Hallo,

zum Beitrag von Luna möchte ich ergänzen, dass die Haltung der Empfänger hier den entscheidenden Ausschlag gibt. Wenn ich z.B. in einer Partnerschaft den gleichen Satz sagen würde (ich bin wie ich bin... nimm mich so oder lass es...) dann wäre das Ding in diesem Moment zu Ende und das Ereignis ließe sich auch nicht eine Woche später entschärfen oder wenigstens nochmal besprechen, denn da hat sie bereits einen anderen oder sie ist wieder mit dem Ex zusammen. Das ist auch früher schon so gewesen, egal ob Du jetzt die Zwanziger oder die Dreißiger bei mir durchkämmst.

Den Effekt, dass ein Gegenüber nach so einer klaren Ansage erstmal stutzt/abwägt/grübelt/überlegt, gibt es nicht, wenn an dessen Türe permanent irgendwelche gleichwertigen oder gar besser erscheinenden Alternativen klopfen. Das wäre in beruflichen Dingen genau das Gleiche. Auch hier wäre diese Position nur dann erfolgreich umsetzbar, wenn der Chef / der Arbeitgeber keinerlei Alternative für seinen Betrieb sieht, als sämtliche Bedingungen, die ihm ein Angestellter stellt, zu akzeptieren. Eine derart starke Position wäre auch bei Thema Freunde / Familie nötig, denn wenn die locker auf einen verzichten können, würde eine klare Ansage "nehmt mich so wie ich bin oder lasst es" dazu führen, dass die antworten "OK, dann tschüß". Bei vielen Betroffenen würde es vermutlich auf sowas hinaus laufen. Insofern sehe ich das etwas kritisch.

Andere geben bei dieser Haltung den Ausschlag. Man ist zwingend drauf angewiesen, dass sie die Haltung mittragen. Andernfalls würde es nicht funktionieren und Reaktionen wie "ok, dann tschüß" wären die Folge. Auf Dauer wäre sowas krankheitsverstärkend, somit vielleicht nicht jedem zu empfehlen (?)

Für mich ist das ein wichtiges Thema, aber leider fehlt mir jegliche Begabung, meinen Bezug dazu in die richtigen Worte zu bringen. Meine Erfahrungen sind so, dass andere in erster Linie an sich denken und wenn es mit irgendwem nicht wie gewünscht klappt, dann eben tschüß. Da wird nicht lange gefackelt.

Liebe Grüße vom Dobi
Zuletzt geändert von Botus am 29. Apr 2016, 11:46, insgesamt 1-mal geändert.
Südfrust
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Südfrust »

Das ist eine Einstellung, die mir völlig fremd ist.

Bei mir wissen es alle Leute in meinem Freundes- und Bekanntenkreis und die Verwandten, mit denen ich noch Kontakt habe. Müssen sie auch, da ich aufgrund der Krankheit berentet bin und spätestens bei der Frage, wovon ich lebe müsste ich mich sonst in absurden Lügen verwickeln.

Die einzige Kategorie, wo es mir Probleme macht ist bei Männern, die ich evtl für eine Beziehung attraktiv fände. Weil eine Frau, die offen dazu steht, wegen psychischer Krankheit berentet zu sein, die ist uninteressant.

Ich stehe auf dem Standpunkt, Leute, die meine Probleme und Biografie nicht abkönnen, da habe ich keinen Bedarf dran.

Beim Rest der Leute habe ich nie schlechte Erfahrungen gemacht damit

Ich habe als Kind irgendwann bemerkt, dass es mentaler Prostitution gleichkäme, wenn ich einen auf Muttis braves Mädchen mache, nur damit sie mich lieb hat, weil sie sowieso niemals MICH, den Menschen, lieben würde sondern nur die Rolle, die ich für sie spielen muss, damit sie ihre emotionalen Bedürfnisse an mir befriedigen kann. Seitdem ist mir ziemlich egal, was andere Menschen von mir denken. Ich bin ja kein Telepath. Wenn andere Leute schlecht von mir denken, weil ich irgendwas mache, was ihnen nicht passt, dann ist das deren Privatvergnügen, das ich nicht sehe oder höre. Die dürfen das, wenn sie wollen, ich bestehe nicht auf universeller Beliebtheit, die dürfen auch gerne wegbleiben, wenn sie mich so ätzend finden. Im Zweifelsfall fliegen Leute auch aus meinem Freundeskreis raus, wenn sie mich vorsätzlich nerven, manipulieren wollen oÄ, das wird aber nur extrem selten nötig.
qwertzuiopII
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von qwertzuiopII »

@Luna1966

"wer kennt es nicht, das liebe schlechte Gewissen, weil man wieder einmal nicht so funktioniert, wie es von einem erwartet wird."
Ich.
als ich klein war, war das anders, wird einem ja gerne eingeredet. mit der zeit verlor sich das. und seit dem klar ist, das meine mitmenschen mindestens mitverantwortlich sind, wenn nicht sogar ursache. ist mir das völlig fremd.
darann störren sich meine mit menschen gerade die möchtegern experten. pech gehabt. wer dekaden lang mist baut und mich patu nicht gehen lassen will, muss damit leben.
Wenn das Lichtspiel des Lebens keine Schatten mehr wirft
Botus
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Botus »

Ich kenne das, was Luna geschrieben hat, auch.

Man wird angerufen. Oder man soll irgendwo hin. Oder es gibt Besuch... Das nennt man Sozialkontakte. Aber die Gemeinsamkeiten sind Null und ich sehe auch nirgendwo ein zufriedenes oder wenigstens wohlwollendes Gesicht. Das Ganze wirkt auf mich wie ein einziger Krampf.

Ich habe bei solchen Begebenheiten nicht das Gefühl, als würde mit mir was nicht stimmen. Vielmehr denke ich, dass ein Spiel gespielt wird und das heißt Sozialkontakte. Keiner weiß, was das ist. Aber man will sowas. Unbedingt. Und ich soll mitspielen.

Dieses Gefühl hatte ich auch in Beziehungen. Mein Gegenüber weiß nicht, was das ist und wie sowas funktioniert. Das einzige, was vorhanden ist, ist ein extrem großer Wunsch nach einer Beziehung. Es wird erwartet, dass ich alles, was für eine Beziehung benötigt wird, mitbringe. Denn auf der anderen Seite ist nichts vorhanden.

Ich finde eine klare Trennlinie zwischen krank und gesund nicht unbedingt sinnvoll, denn wenn man einmal etwas genauer hinschaut, haben nahezu alle Menschen ab einem bestimmten Alter irgendwas. Das sieht man in den Gesichtern der Menschen, es bildet sich auch deutlich in deren Leben und ihren Biografien ab.
Zuletzt geändert von Botus am 30. Apr 2016, 10:20, insgesamt 1-mal geändert.
Luna1966
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Luna1966 »

Liebes Pummelchen,

es gibt auch bei mir Forianer, in deren Posts ich mich sehr wiederfinde. Deine Geschichte gehört zu denjenigen, die ich mir ähnlich empfinde.

In einer Therapiesitzung hat mein Terapeut einmal die These aufgestellt, dass ich mich nicht "oute", weil ich Angst hätte, man könne mir nicht glauben.
Ich selber denke eher, es ist die Angst, auf die Krankheit reduziert zu werden. In meinem Leben bin ich weniger mit dem Konflikt, nicht geliebt zu werden, konfrontiert worden, deshalb ist geliebt oder gemocht zu werden, weniger mein Thema. Ich weiß, dass mein Freund mich liebt, mich genauso lieben würde, wenn er den Namen zu meinem Verhalten kennen würde. Aber ich befürchte, dass er dann eher auf mich Rücksicht nehmen würde und das würde mich in meinem Kampf für eine Besserung behindern.

Ich schrieb ja schon, dass ich in dem letzten Jahr fast 20!!!! Kilo zugenommrn habe. Ich habe meinen Freund mit einer Kleidergröße 36 kennengelernt, nun habe ich 42. Es stört ihn nicht, er liebt mich eben schon als Mensch, nicht als Hülle. Häufig sagt er: "Du hast ja auch 3 Kinder geboren, bist jetzt 50 Jahre alt, du darfst auch etwas kräftiger sein.".

Durchaus sehr liebe Worte aber sie hindern mich bei meinem Kampf gegen das Gewicht. Ich verfalle öfter darin, lieber mit ihm auf dem Sofa zu liegen als ins Fitnesscenter zu gehen. Das ist eine Schwäche von mir - ich brauche ein wenig Druck um in die Puschen zu kommen. Im Übrigen gab es meine Kinder auch schon vor einem Jahr und da war ich ja auch nur 1 Jahr jünger. Das sind für mich keine erklärenden Argumente sondern eher Ausreden um sich nicht mit dem Thema befassen zu müssrn

Auf alle anderen Dinge möchte ich erst später antworten. Das Schreiben mit dem kleinen Handy fällt mir schwer, ich möchte hier keinen Kaudawelsch schreiben - ab Montag sitze ich wieder vor einem Computer.

Euch allen Danke für eure Meinungen und Auszüge aus eurem Privatleben. Ich bin so begeistert, wie offen in einem Forum über Gefühle, Empfindungen und Erlebtem geschrieben wird.
Ziege04
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Ziege04 »

Hallo Luna

2 Punkte möchte ich kommentieren:

1. Du befürchtest, auf die Krankheit reduziert zu werden -
Bezüglich Deines Freundes, solltest Du umdenken ; er steht zu Dir, nimmt Dich wohl auch, trotz Du nicht erklärst - ich sehe da, er nimmt Dich ja, wie Du bist und würde es weiter tun. Und vielleicht würde es ihm sogar Erleichterung geben, wenn er wüßte, warum Du manchmal bist........!!!!!

2. Ich habe auch ca 20 Kilo mehr als vor 2 Jahren. Belastet mich sehr, mein Freund reagiert wie Deiner, doch meiner weiß um den Hintergrund -
Hilft mir nicht, um meinen Hintern hoch zu kriegen, doch es verhindert, daß ich noch tiefer falle.......
Und er versucht für mich da zu sein, obwohl er selbst von mir Hilfe braucht.....

Ich weiß nicht, ob Dir das hilft aber Du bist nicht allein!

LG Ziege04
Luna1966
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Luna1966 »

Guten Morgen @all

@ Dobi
Du hast mir ja schon einmal einen kleinen Einblick in deine Biographie gewährt, und so kann ich das, was du sagst, sehr gut verstehen, wenn ich es so auch nicht für die Allgemeinheit stehen lassen möchte.

Du bist während einer sehr langen Zeit damit konfrontiert worden – das deine (Ex)Frau dir tagtäglich auf für mich sehr gemeine Art und Weise vorgelebt hat
“ nimm mich so, wie ich bin, sei besser als jeder andere sonst erhält der, der sich ebenfalls um mich bemüht den Zuschlag und du bist raus“. Am Ende warst du dann trotz aller Anstrengungen, Kämpfe und Bemühungen „raus“. Ich würde dazu ja sagen: KLASSE!!! dass du dir trotz des Preises, den du dafür zahlen musstest, selber treu geblieben bist. Aber ich lebe deine Trennung ja auch nicht, da ist es ziemlich leicht, klasse zu sagen.

Mein Satz soll eher ausdrücken: Ich will und werde mich für absolut niemanden mehr verändern, anpassen oder verbiegen. Mein Satz bedeutet nicht, dass es viele Bewerber geben würde, denen ich dann den Vorzug geben würde. Ich war vor dieser Beziehung 3 Jahre Single und das ganz ohne Partnersuche oder Beziehungsversuche. Aber ich möchte auch mit niemand zusammen sein, wenn es nicht passt. Weder für mich noch für den anderen.

Mein Partner ist mein Briefträger, den ich nach meinem Zuzug im August 2013 in seinen Zustellbezirk am Briefkasten kennenlernte. Im Dezember 2013 gingen wir dann das erste Mal aus – bis auf gelegentlichen Smalltalk an der Haustür hatten wir ansonsten keinerlei Kontakt. Bei diesem Treffen bekam er auch meine Telefonnummer und bis Januar 2014 hatten wir neben sehr gelegentlichen Kontakt bei öffentlichen Veranstaltungen auch schriftlichen Kontakt. Tja, und wie es der Zufall so will, habe ich beim Osterfeuer im April 2015, also gut 1,5 Jahre nach unserem Kennenlernen das erste Mal bespürt, dass ich mehr für ihn empfinde. Dann nahm alles ziemlich schnell seinen Lauf.

Ich fragte ihn mal warum er in der heutigen Zeit denn „am Ball“ geblieben wäre, es gäbe doch genügend beziehungswillige, potenzielle Partnerinnen, wozu auf die Eine und auf den RICHTIGEN Moment warten? Er erwiderte nur, er habe irgendwie einen Narren an mir gefressen, ich sei es ihm wert gewesen.
Mein Partner hat ein riesiges Feingefühl dafür, mit mir umzugehen. Hätte er nur im Ansatz gedrängt, wäre er heute nicht mein Partner.

Ich will dir mit meiner Geschichte zeigen, dass es nicht immer eines Konkurrenzkämpfes bedarf um sich ineinander zu verlieben und jemanden für sich zu gewinnen. Ich bin auch eine „komische Pflanze“ und sicherlich mag nicht jeder meine Art, aber ich muss ja auch nicht Jedem gefallen. Es gibt sie, diese kleinen Zufälle, die das Leben für jeden bereithält und den/die eine, die dich so mag, wie DU bist. Man muss leider nur abwarten können.

Ich hoffe nur (verzeih mir bitte diesen Hinweis), dass du nicht auch durch den täglichen Kontakt zu deiner Tochter (vielleicht auch unbewusst) zum ewigen „Hinterherläufer“ deiner Exfrau wirst und dich nicht in die Reihe der ewigen Bewerber einreihst.

@Südfrucht
Es macht mir immer wieder Mut, dass es Menschen gibt, die den Mut hatten, ihre Krankheit nach außen zu tragen. Gerade, wenn du schreibst, dass du dich als Kind angepasst hast, um gemocht zu werden, hast du jetzt schon ein großes Stück auf deinem Weg geschafft und ich wünsche dir, dass du trotz deiner Lebensumstände einen passenden Partner findest.

Ich persönlich fände eine Berentung angesichts einer Erkrankung ja nicht beziehungshemmend, aber ich weiß natürlich, dass das Leben mit einer Erkrankten nicht immer ganz einfach ist. Aber was ist in diesem Leben schon einfach und wer hat ab einem gewissen Alter nicht seine eigenen Einschränkungen die du dann ja auch mit leben müsstest.


@qwertzuiopll
Wer sich abgrenzen kann, Schlechtes aus seinem Leben verbannen kann, ist ganz klar im Vorteil. Glückwunsch, wenn du den richtigen Weg für dich schon gefunden hast.

@Ziege04
Liebe Ziege, ich lese ja schon länger in diesem Forum mit und daher weiß ich über das, was dich berührt ein kleines bisschen Bescheid.
Ein bisschen beschämt es mich, wenn ich so große Probleme lese wie deine, welch „Kleinigkeiten“ mich schon aus dem Ruder laufen lassen. Ich finde es fantastisch, wie du trotz eigener Erkrankung immer noch in der Lage bist, das alles irgendwie anzugehen.

Was meinen Partner anbelangt, hat er weniger Probleme mit den Auswirkungen MEINER Depression sondern vielmehr mit eigenen Gefühlen wegen SEINES bisher Erlebten. So stört ihn meine „Flucht“ nicht weil ich mich einige Tage räumlich zurückziehe, er ist schlichtweg einfach (nur) eifersüchtig (seine Ehe ist am Betrug seiner damaligen Frau gescheitert). Wir haben darüber gesprochen und einen Weg gefunden, damit er mehr Sicherheit bekommt. Ich glaube, das verschafft ihm schon ein wenig Erleichterung. Vielleicht gibt es einmal eine Zeit, in der ich mich öffne, aber ich glaube es fast nicht mehr.

Und bezügliche der Gewichtszunahme: Du glaubst gar nicht, wie sehr ich mit dir leide. Wenn ich ein „Geheimrezept“ gefunden habe, um die Pfunde wieder schmelzen zu lassen, werde ich es dir sagen. Am Freitag war ich zumindest mal wieder im Fitnessstudio – hat sogar richtig Spaß gemacht.



Ich wünsche euch insbesondere und daneben auch allen anderen Mitlesenden einen zufriedenen, ruhigen Wochenstart.
Botus
Beiträge: 2096
Registriert: 29. Mär 2014, 06:36

Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Botus »

Hallo Luna,

Deine Einschätzung ehrt mich. Sie lässt mich in dieser Angelegenheit emotional berührter da stehen als es der Fall ist. Meine positiven Gefühle und mein Interesse an dem Menschen (mit allem drum und dran) war sehr groß und ich kann nicht sagen, dass die Umstände und Ereignisse daran etwas geändert haben. Insofern hätte ich das natürlich am liebsten auch dabei belassen. Hätte sie eingesehen, das "mehr" nicht möglich ist, wären wir nie als Partner zusammen gekommen und könnten heute auf gute Jahre als Freunde / gute Bekannte zurück blicken.

Zur Entwicklung einer darüber hinaus gehenden Beziehung zwischen einer Frau und einem Mann kann es nicht kommen, wenn eine Frau bereits mehrere Männer hat, denen sie in dieser Hinsicht verpflichtet ist. Wenn sie eine Partnerschaft hat, schimpft der Vater ihres Kindes mit ihr. Auch andere Männer sagen, dass sie das nicht zulassen, sondern kämpfen. Sie schimpfen nicht nur, sie betteln, sie drohen, sie wüten (alles durcheinander) und sie brechen auch in Weinkrämpfe aus. Und das ist keine Sache, die nach ein paar Monaten vorbei ist. In ihrem Leben ist das ein dauerhafter, lebensbegleitender Umstand.

Ich will sowas nicht in meinem Leben drin haben, schon gar nicht, wenn es sich um völlig Fremde handelt, mit denen ich dann via "Fernstreit" gegenseitige Abwertungen und Beleidigungen austauschen soll. Das ist im Grunde alles. Wäre schön, wenn es irgendwelche üblichen Probleme gegeben hätte, aber die gab es nicht, wie denn auch. Eine Beziehung zwischen uns kam ja nie zustande. Das Ding blieb aufgrund dieser Umstände ewig in der Anfangsphase stecken. Insofern sind auch hinterher keine üblichen Gefühle im Spiel. Ich habe mich nicht von einer Frau getrennt, sondern von irgendwelchen Männern.

Aus meiner Sicht setzen Beziehungen zwischen zwei Menschen eine beiderseitige gewisse Aufmerksamkeit für den jeweils anderen voraus. Wenn ein Mensch über Jahre hinweg dauerhaft mit mehreren Partnern / Expartnern / Bewerbern parallel die selben beziehungsrelevanten Unterhaltungen führt, geht so etwas logischerweise irgendwann zu Lasten des Gehaltes. Irgendwann ist da nur noch dieses ständige Beziehungsgerede, aber in keinem einzigen dieser Gespräche ist noch irgendein Gehalt drin.

Liebe Grüße vom Dobi
Zuletzt geändert von Botus am 2. Mai 2016, 12:16, insgesamt 1-mal geändert.
Luna1966
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Luna1966 »

Hallo Dobi,

ich wollte dich nicht auf etwas "reduzieren", was nicht den Tatsachen entspricht. Ob du nun emotional tief betroffen bist, oder das Thema dich einfach nur etwas angeht, kann ich nicht beurteilen aber es spielt wohl auch keine große Rolle. Fakt ist, es "interessiert" dich sonst würdest du nicht darüber schreiben, oder?

Wenn du schreibst, du würdest mit deiner Frau, der du so wie sie ist immer noch mit positiven Gefühlen und Interesse entgegenkommst, freundschaftlich besser umgehen können als partnerschaftlich, dann geh das "Projekt" doch an. Was hindert dich daran?

Ich befürchte aber, dass deine Frau genauso wenig Rücksicht auf dein freundschaftliches Wohlbefinden bzg. der anderen Männer nehmen wird, wie bisher. Die Männer scheinen mir nämlich eher unbeteiligte Dritte, die zu einem derben Spiel herangezogen wurden – dumm genug, sich als Kampfhähne in den Ring ziehen zu lassen (deshalb schrieb ich ja, dass du hoffentlich den Abstand besser hin bekommst als deine Vorbewerber offensichtlich geschafft haben). Deine Frau hat die Störfaktoren zu Zeiten eurer Beziehung nicht eliminiert - weil es für sie eben KEINE Störfaktoren sind, warum sollte sie es jetzt tun, sofern sie jetzt überhaupt noch Störfaktoren sein würden.

Vielleicht kommst du mit den vermeidlichen Bewerbern oder Hassern deiner Frau in einem freundschaftlichen Verhältnis ja besser zurecht.

Eins möchte ich am Rande nur in eigener Sache bemerken:
Ein körperlicher Betrug kann für den einen genauso zerstörend sein, wie der häusliche Auszug eines erwachsenen Kindes einen anderen tief verletzt und beeinträchtigen kann. Die Beeinträchtigungen erfolgen nicht durch die Lebenssachverhalte, sondern durch die seelische Verletzung durch das Erlebte.

Äußerungen wie „wäre schön, wenn ich nur übliche Probleme gehabt hätte…“ implizieren auch eine geringe Wertschätzung gegenüber denen, die was anderes erlebt haben. Am Ende sitzen wir hier ALLE IM SELBEN BOOT, egal was der Einzelne erleben und ertragen musste (du meintest es vermutlich gar nicht so, wie es bei mir angekommen ist -aber ich musste einfach meine Empfindung dazu schreiben).
Zuletzt geändert von Luna1966 am 2. Mai 2016, 12:28, insgesamt 1-mal geändert.
Botus
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Botus »

Hallo Luna,

ich schätze sie nicht gering, ganz im Gegenteil. Ich trenne lediglich die Bereiche. Ich kann jemanden richtig toll finden, aber dennoch möchte ich keine Partnerschaft mit demjenigen. Muss es denn immer in ein Zusammensein münden ? Ich finde nicht. In meinen schönsten Jahren und meinen schönsten Erinnerungen spielen Frauen eine entscheidende Rolle. Das waren Freundinnen. Mehr war da nicht. Ich wünsche mir sowas auch für die Zukunft. Mit der Ex gibt es einen Nullkontakt und ich möchte, dass das so bleibt. Mir ist das schlichtweg zu riskant. Ich will nicht, dass hier nachts einer um`s Haus fährt. Sie zieht immer diese merkwürdigen Gestalten an, die entwickeln dann ein Eigenleben und sie ist nicht in der Lage, diese Art von Menschen dann noch zu kontrollieren. Ich finde, ich habe nach so vielen Jahren eine Befreiung davon verdient.

Liebe Grüße vom Dobi
Zuletzt geändert von Botus am 2. Mai 2016, 12:34, insgesamt 1-mal geändert.
Luna1966
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Luna1966 »

Ja, Dobi,
versuch die Ruhe so zu genießen, die durch eine Befreiung entsteht genauso wie du es verdient hast.

Meine persönlichen Erfahrungen als Frau hinsichtlich gemischter Freundschaften sind da ganz anderer Art.
Freundschaft zwischen mir und Männern gibt es nicht und hat es nie gegeben. Männer, die vorgaben, mit mir freundschaftlich verbunden zu sein, warteten lediglich auf ihre Chance, partnerschaftlich in Betracht gezogen zu werden. Ich distanziere mich daher von rein freundschaftlichen Kontakten zu Männern - Ausnahme natürlich, Männer, die mit meinem Partner genauso befreundet sind/sein wollen.

Es wäre aber trotzdem sehr schön, wenn ich irgendwann diese meine Meinung noch einmal ändern kann. Wer weiß, noch haben wir ja ein paar Jahre auf dieser Welt um eigene Vorurteile begraben zu können.
Botus
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Botus »

Hallo Luna,

es ist, wie Du sagst. Deine Einschätzung ist in diesem Punkt mit meiner identisch. Behalte die Einschätzung bloß bei. Ich bin ein Sonderfall in dieser Hinsicht. Das hat sicherlich auch ein bißchen damit zu tun, das ich von einer Frau erzogen wurde und die passte eher in die heutige Zeit, somit verstehe ich mich gut mit Frauen. Für mich sind das keine fremden Wesen vom anderen Stern, mit denen es nur eine einzige Verbindungsmöglichkeit gibt. Für mich sind sie etwas mehr als das. Der Lauf der Dinge zeigt ja auch in aller Deutlichkeit, was in ihnen sonst noch so alles steckt. Darauf kann man als Mann eigentlich nicht verzichten. In meinen Augen liegt in diesen Dingen ein größerer Gewinn als in irgendwelchen Paarungsgeschichten. Für mich ist Letzteres nicht so wichtig. Ich kann da locker drauf verzichten. Diesbezügliche Wünsche gehören für mich in die Zeit bis Ende 20. Danach geht es doch um andere Sachen und für die muss man entweder ein gutes Team sein oder -wenn sich niemand für ein solches Modell findet- allein bleiben. Aber das sieht jeder anders und das Beste ist, wenn es jeder so handhabt, wie er meint.

Liebe Grüße vom Dobi
Luna1966
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Re: hallo, schlechtes Gewissen

Beitrag von Luna1966 »

Dobermann hat geschrieben:Das sehe ich ja bei anderen Männern. Die sind oft geschädigt im Zuge irgendwelcher Beziehungssachen und trotzdem wollen sie danach wieder eine haben oder die frühere zurück. Ich kann das immer nicht verstehen. Man kann doch auf anderer Ebene zusammen kommen.

Eine Beziehung ist weitaus mehr als nur körperliche Anziehung. Deshalb ist es sehr wohl möglich, auf einer anderen Ebene zusammen zu kommen (sofern ich den Bezug jetzt richtig getroffen habe) oder meintest du aus einer Beziehung eine Freundschaft entstehen zu lassen
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