Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

chimera

Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von chimera »

Liebes Forum,

hier nun also die Fortsetzung.

Alle schleimtriefenden Maschinen-Menschen mit narzißtischer Persönlichkeitsstörung und frühkindlicher Verweigerungshaltung mögen sich hier willkommen fühlen.


Link zum ersten Teil:

http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1084809582
chimera

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von chimera »

@ Data

Daß es an den Genen liegen soll halte ich für eine Ausrede bzw. Kapitulation. Zumindest bei mir ist es eindeutig nachvollziebar, daß es durch die (mangelnde) Erziehung bedingt ist. Ohne ein gewisses Maß an Struktur geht es tatsächlich nicht, erprobt im jahrelangen Selbstversuch.


@ sabrina

Das kommt meiner narzißtischen Persönlichkeit selbstverständlich entgegen. Danke schön! Ich lege allerdings Wert darauf, daß wir Waagen nicht rumschleimen, um etwas zu bezwecken. Wir empfinden das, was wir sagen, und wollen es zum Ausdruck bringen, weil wir uns darüber freuen.
chimera

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von chimera »

Liebes Forum,

da ich es für sehr interessant und sehr entscheidend für die Problemlösung halte und nicht möchte, daß es im alten Thread versumpft, kopiere ich hier die beiden Postings von Thomas hinein. Werde es nicht als Zitat (in kursiver Schrift) ausweisen, wäre dann so schlecht lesbar.


[Zitat Anfang]

posted 2004-22-05 19:14- by Thomas:

Hallo Chimera,

ich finde, du musst dich gar nicht immer wieder selbst so in Frage stellen. Ich meine Sätze wie "ausnahmsweise konstruktiv" oder "zumüllen". Dein Thread ist in sehr kurzer Zeit sehr stark gewachsen und erntet viel Interesse. Ich sehe hier sich ein Muster abzeichnen, das nach meiner Meinung darauf beruht, dass du mit offenen Augen (du siehst alles sehr genau und kannst es prima analysieren) ins Unglück rennen möchtest und die Leute hier bemühen sich, dich davon abzuhalten. Aber weil du nun mal darauf beharrst, dass alles sinnlos ist, machen sich nun Frustrationen breit, bei SuMu z.B.

Deine Ausführungen unter 1.) sind gut und treffend, ich würde sie gerne um einen Gedanken ergänzen.
Gedanken und Gefühle haben nur dadurch Macht über uns, dass sie mit einer Art von seelischen Energie geladen sind. Ich kann z.B. jetzt denken "heute entführe ich ein Kind". Aber das wird keinerlei Konsequenzen haben weil keine Energie damit gekoppelt ist. Bei jemand anderem mag das aber ganz anders sein und der wird dann vielleicht anfangen, mit dieser Energie auch gleich die Tat zu planen.
Wenn du Gedanken denkst und Gefühle fühlst, die deine Weigerungshaltung begleiten, dann steckt eine ziemlich große Energie dahinter, die dich lähmt und deine Kräfte bindet. Du hast schon Recht, man muss nicht unbedingt darauf hören aber ob man sich überwinden kann oder nicht, hängt ausschließlich von den Energien ab, die diese Gedanken und Gefühle hervorrufen.
Man ist sich in der Regel nicht bewusst darüber, wo sich diese Energien befinden, woher sie kommen und wie man sie steuern kann und ihre Mächtigkeit erfährt man immer nur dann, wenn man versucht, etwas anders zu machen. Solange man ihnen klein beigibt und sich brav steuern lässt, scheint alles normal zu sein und vor allem bequem. Stemmt man sich aber dagegen, erfährt man meist ziemlich perplex, dass diese Energien sehr viel mächtiger sind als der eigene Wille und oft sind die guten Vorsätze dann schnell vergessen- man zieht es vor, sich lieber steuern zu lassen und lieber nicht so genau hinzuschauen.
Das Forum hier ist voll von Äußerungen wie "Ich möchte so gerne etwas ändern, aber es gelingt mir nicht" oder "Immer wieder falle ich in die gleichen Verhaltensweisen zurück, ich verzweifele noch". Das ist die Realität- und zwar von allen Menschen, nicht nur von Depris. Die Notwendigkeit, sich selbst zu verändern ist das Schwerste, was einem im Leben begegnen kann. Manche ziehen es deshalb auch vor, lieber den Mt.Everest zu besteigen. Trotzdem sind die meisten Menschen felsenfest davon überzeugt, Herr ihres Lebens zu sein und frei bestimmen zu können, wie ihr Leben verläuft.

Ich bin deshalb auch einer von denen, die der viel gepriesenen Willensfreiheit des Menschen äußerst skeptisch gegenüber steht. In den meisten Fällen ist es so, dass der Wille von Menschen Ausdruck ihrer Energien sind, deren Quelle sie nicht kennen und nicht so, dass sie etwas wollen und das dann mit Energie in die Tat umsetzen. Menschen, die einen eigenen, kraftvollen Willen besitzen, den sie unabhängig einsetzen können, sind äußerst selten. Ich glaube an den Satz "Niemand tut etwas, alles geschieht".

Das zu ändern, dazu gibt es nur einen Weg: Selbsterforschung. Man muss die Maschine Mensch kennenlernen und verstehen, wie sie funktioniert. In deinem Fall musst du eben herausfinden, welche Energie dich daran hindert, dein Leben aktiv zu gestalten und es anzunehmen. Deine Weigerung ist in meinen Augen sehr viel mehr als nur die Weigerung, etwas zu leisten. Ich glaube, es ist das Verbot, zu leben, was dich hindert. Ohne die Erlaubnis zu leben ist eben alles sinnlos.

So wie ich das sehe, bist du ein ziemlich begabter Mensch. Du bist zweifelsohne intelligent, anscheinend kreativ und du hast auch einiges an ethischem Bewusstsein zu bieten. Wahrscheinlich bist du überdurchschnittlich und die Leute hier spüren das und setzen sich für dich ein. Aber was nützt das alles, wenn man nicht kann, weil man nicht wollen kann? Dann sind alle die schönen Begabungen ohne Kraft und vergeudet. Dabei könnest du sie so gut einsetzen, um deinen Teil dazu beizutragen, dass die Welt ein Stück besser wird und reicher. Ich finde, nichts macht mehr Sinn als das.
Versuche herauszufinden, was dich am Leben hindert und wer und was dir verboten hat, kraftvoll zu sein.

Lieben Gruß

Thomas



posted 2004-23-05 00:03- by Thomas:

Hallo Alle,

ja, eine Maschine genannt zu werden, das gibt immer einen Aufschrei. ICH? EINE MASCHINE? FRECHHEIT!! Schaut euch doch mal um, wie Menschen sich verhalten. Sind das bewusste, freie Menschen, die da rumkonsumieren wie die letzten Idioten, sich gegenseitig vor lauter Angst, nicht genug zu bekommen mobben, in Kriegen vernichten, sich gegenseitig die Achtung versagen? So verhalten sich verrückte Maschinen aber keine Menschen. Und was ist dann, Rabe, wenn wir so erzogen worden sind? Haben wir dadurch eine ewig gültige Entschuldigung für unser Verhalten, sind wir dann sozusagen unschuldige Maschinen? Du sagst es doch selber: Wir sind so erzogen worden und das heißt, man hat uns programmiert. Wie eine Maschine. Was ist eine Maschine in diesem Zusammenhang? Ein Organismus, der nicht eigenen, sondern vorgegebenen, fremden Impulsen gehorcht; in dem ein Programm sich abspult und sei es noch so komplex. Ständig spulen sich diese Programme ab, ein ewiges Reagieren auf äußere Reize. LEBEN ist ein großes Wort, wer kann mir erklären, was es bedeutet? Wann darf ich etwas lebendig nennen? Wenn es sich fortpflanzt, wenn es spricht oder Gefühle hat? Dass eine Maschine Gefühle hat und sich fortpflanzt ist kein Beweis für Leben. Bevor wir wirklich anfangen können zu leben, müssen wir zuerst frei werden. Als Menschen verfügen wir über so viel mehr und könnten so viel sein aber wir ziehen es vor, uns wie Maschinen zu benehmen.

Alexandra, du hast es, glaube ich, verstanden, wie ich es meinte. Wir Menschen sind wunderbare Wesen, wir verbinden Himmel und Erde. Wenn ich sage, dass wir die Maschine Mensch kennenlernen müssen, dann meine ich damit, dass wir über uns selbst, wie wir funktionieren, alles lernen müssen (wir ziehen es aber vor, alles über unsere Außenwelt zu lernen). Vorher können wir nicht aufhören, wie Maschinen zu denken und zu handeln. Dass wir dazu in der Lage sind, uns selbst zu verstehen, dass ist das, was uns zu Menschen macht und was eine völlig neue Dimension in der Natur eröffnet. Ist es nicht eigentlich ein schlechter Witz, dass wir Psychologen benötigen die uns erklären, wie wir sind und wie wir funktionieren? Warum wissen wir es selbst nicht? Wir brauchen einen Fachmann, der uns über uns selbst aufklärt! Kann man das einen freien und bewussten, einen lebendigen Menschen nennen? Ich meine nicht etwa, dass dies ein Kennzeichen psychisch kranker Menschen ist sondern das betrifft einfach jeden Menschen (mit Ausnahme derer, die den schwierigen Weg des "erkenne dich selbst" gegangen sind). Eher ist es so, dass psychisch kranke Menschen sehr viel weniger mechanisch funktionieren als die gesunden, weil sie gezwungenermaßen schauen müssen, warum sie krank sind.

Aber wenn ich z.B. beobachte, dass ein Mann seinem Kind eine runterhaut und ich frage ihn dann, warum er das getan hat, was wird er antworten? So etwas wie "Weil das Kind frech war" oder "DAS GEHT SIE EINEN SCHEISSDRECK AN !!!" Aber er wird mit Sicherheit nicht in der Lage sein, den Weg von der Wahrnehmung seines Kindes bis zur Tat zu erklären (wenn er es wäre, hätte er nicht geschlagen). Das muss der Psychologe tun. Und so ist es mit allem. Mit unserem Ärger über andere, unserer Wut, unserer Lust, unserer Freude. Es ist nicht so, dass wir uns ärgern im Sinne einer bewussten Handlung sondern "es ärgert in uns" und wir können kaum etwas dagegen tun.

Das meine ich damit, dass wir wie Maschinen funktionieren und wenn wir das nicht mehr wollen, müssen wir die Maschine verstehen und uns ihre Funktionen aneignen. Aber solange wir daran glauben, gar keine Maschinen zu sein sondern etwas viel viel Besseres, Erhabeneres und Edleres, solange haben wir nicht den Hauch einer Chance. Die Leute hier, die sagen "Ich will mich ändern, ich will es nicht mehr so wie es ist und doch kann ich es nicht", die sind ihrem Maschinenwesen bereits begegnet und fangen an, zu verstehen.
Und zum Schluss will ich, nur zur Sicherheit, noch sagen, dass ich Menschen durchaus nicht auf Maschinen reduzieren will sondern dies nur als Bild benutze, um die Mechanisiertheit auszudrücken, die es in uns zweifellos gibt und die uns daran hindert, wirkliche Menschen zu sein.

Thomas

[Zitat Ende]
HopeW
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Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von HopeW »

Hallo an Alle.

Ich lese hier seit einigen Tagen mit und habe mich nun registriert. Eigentlich ist es so, dass mein RÜCKZUG von der Menschheit fast komplett ist. Ich habe höchstens noch Bekannte aber keine Freunde mehr. Anfänglich fand ich das gut – da gibt es keine Enttäuschungen mehr. Aber soweit funktioniert mein Kopf noch, dass ich verstehe, das kann kein guter Weg sein und es reicht nicht, sich soweit unter Kontrolle zu haben, um mit der Kassiererin im Supermarkt ein paar nette Worte zu wechseln. Auch ich brauche Kontakte. Und so traue ich mich nun hierher. Dieses : ich TRAUE mich, ist schon sehr ernst, denn eigentlich wage ich keinen persönlichen Kontakt mehr.
Jedoch, es ist fast eine Erleichterung, dem Thread hier zu folgen. Mit dem, wie es mir geht, was mir fehlt, was ich getan habe, stehe ich nicht alleine da.
In der Depression habe ich vor mehr als 2 Jahren meinen sicheren Arbeitsplatz gekündigt. Es geht mir jetzt erst durchs Lesen auf, dass das eine Aktion aus der Depression heraus war und nicht die vielen auch realen Fakten. Hammerhart finde ich, dass ich damals in Therapie war und mein Therapeut mich in keinster Weise darauf aufmerksam gemacht hat. Meine Firma hat mir nämlich die Chance gegeben, die Kündigung zurückzuziehen und mir sogar einen anderen Arbeitsplatz angeboten. Ich empfinde jetzt ein gutes Stück Wut auf diesen Therapeuten – hätte er nicht wenigstens mit mir reden sollen?
Kurz und gut, ich war so „verrannt“ und bin stückweise sozial abgestiegen. Ich habe keine Ahnung, wie es weitergeht. Nein, wirklich nicht. Dieser Tage bin ich soweit stabil, dass ich denke, ich habe noch eine Chance, wieder Fuß zu fassen. Besonders beeindruckt haben mich hier die Aussagen zu den STRUKTUREN. Ich habe auch fast keine Struktur mehr. Freitag Vormittag habe ich mir das erste Mal wieder einen kleinen Ablaufplan gemacht und war abends sehr stolz, alles erledigt zu haben. Viel wars ja nicht aber es ist ein Anfang. gestern habe ich es wieder nicht ganz geschafft und heute ? na ja, es ist noch früh am Tag.
Es wäre sehr schön, wenn auch ich hier Feedback bekomme. denn, ich glaube, es ist wirklich ganz arg wichtig für mich, wieder Anschluß an Menschen zu finden.

HopeW
(Hoffnung Weiblich soll das heißen)
HopeW
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Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von HopeW »

PS
Ich bin eine Perfektionistin bis zum Erbrechen und dabei im Grunde ineffektiv. Das habe ich aber erst in der Arbeitslosigkeit begriffen.Man kriegt auf diese Weise viel zu wenig geregelt. Seit ich das erst mal verstanden habe, weiß ich, wie groß mein Eigendruck war. Ich schüttele heute noch fassungslos den Kopf, was ich jahrzehntelang in der Lage war zu leisten. Was ich heute tue, ist der reinste Witz dagegen. Ich kann nicht arbeiten, ich will nicht arbeiten. Ich komme nicht damit klar, das Pensum von einst wieder zu schaffen. Und mit der Reduzierung von Leistungensmerkmalen komme ich auch nicht klar. Also tue ich lieber NICHTS. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es ist, „unordentliche“ Arbeit abzuliefern.
HopeW
Data

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von Data »

Hallo Hope,

du sprichst mir vollkommen aus der Seele.

Ich bin eine Perfektionistin bis zum Erbrechen und dabei im Grunde ineffektiv.

Genaus so ist es. Aber man kann irgendwie nichts dagegen tun, es ist wie eine Sucht. Und dabei vergeht wahnsinnig viel Zeit und das Resultat ist meistens kaum der Rede wert, nur sehr selten lohnt es sich wirklich. Das merkwürdige ist, bei anderen Menschen sehe ich genau das Problem und das Verhängnis (mein Onkel z.B. ist der schlimmste Perfektionist unter der Sonne, total krank, wenn ich das mal so sagen darf, u.a. deswegen die Vermutung mit den Genen, Chimera), aber bei mir selbst...sehe ich das Problem auch manchmal, merke, wie ich optimiere und optimiere...die Zeit zerrinnt zwischen den Fingern...aber ein Zurück gibt es nicht, denn dann wäre alles, was man vorher getan hat, umsonst gewesen. Beste Beispiele sind geschriebene Worte, also Schriftstücke aller Art, aber auch Mails oder Postings. Manchmal klappt das ganz gut: Hinschreiben - KURZ durchlesen und korrigieren - absenden. Aber manchmal...*händeübermkopfzusammenschlag* Kennt das noch jemand?

Viele Grüße und danke für den neuen Thread.

Data

PS: Ja, die Strukturlosigkeit ist neben dem Perfektionismus wohl mein Hauptproblem, vielleicht sogar das noch gravierendere und folgenreichere. Eigentlich weiss ich das schon länger, aber ich wollte es mir nicht eingestehen. Thomas hat es auf den Punkt gebracht.
HopeW
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Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von HopeW »

Da hier niemand ist, um mir zu antworten – wahrscheinlich hat noch jeder die Struktur: SONNTÄGLICHES MITTAGESSEN – gebe ich mir selbst eine Antwort bzw. frage mal an, ob ich mit folgenden „zu arg um die Ecke rum“ denke:
Perfektionismus in allen Lebensbereichen erzeugt Druck.
Druck kann u.A. in die Depression führen oder eine vorhandene verstärken
Mit dem ureignen Perfektionismus gehen wir jetzt auch in die Arbeitsverweigerung und leben die Depression perfektionistisch.
Einmal vorausgesetzt, man ist nicht im tiefsten Tief und sucht nach Lösungsmöglichkeiten, um raus aus der Depression zu kommen
könnte man doch gerade FÜRS RAUSKOMMEN den Hang zum Perfektionismus nützen ????????
Versteht mich jemand?

Hi Data,
ich schreibe nicht online, sondern kopiere von WORD rüber und lese jetzt deinen Beitrag. So also die Frage an dich -
könnten wir SO unseren Perfektionismus nützen?

Gruß
HopeW
chimera

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von chimera »

"Hallo Thomas,
Deine Sicht der Situation von Chimera, dass er anscheinend keine Erlaubnis zu leben hat, hat mir sehr geholfen, ihn zu verstehen. Ich las seine Beiträge mit wachsender Aggression, und die ist seitdem einfach weg. Ich glaube inzwischen, dass meine Depression hauptsächlich darauf zurückgeht, dass ich überzeugt bin, keine Existenzberechtigung zu haben. Es ist sehr schwer, sich diese Erlaubnis zu leben nachträglich selbst zu geben.
Gruss von Christiane"


Hallo Christiane,

interessant, jemanden zu treffen, der auch meint, keine Existenzberechtigung zu haben. Darf ich Dich nach Deiner "Geschichte" fragen?


Grüße
Data

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von Data »

Hallo Hope,

ich bin so strukturlos, dass ich noch nicht mal Kaffee getrunken (der steht seit 'ner Stunde auf der Maschine und wird immer saurer, aber jetzt hole ich mir eine Tasse, und zwar sofort...mhh...) oder gefrühstückt geschweige denn zu Mittag gegessen habe.

Nein, ich glaube nicht, dass man den Perfektionismus zum Herauskommen aus einer Depri nutzen kann. Und wenn ich so darüber nachdenke, habe ich den Eindruck, dass mir mein Perfektionismus noch NIE einen den Aufwand übersteigenden Nutzen gebracht hat. Manchmal habe ich durch das Optimieren und Perfektionieren sogar einen negativen Nutzen erreicht, also z. B. etwas so lange in die optimale Position gebogen, bis es durchs häufige Biegen abbrach, sowohl im wörtlichen wie auch im übertragenen Sinne.

Und nun schlägt meine Struktur- bzw. Disziplinlosigkeit wieder zu: Ich hab jetzt keinen Bock mehr zum Schreiben, obwohl ich eigentlich noch nicht fertig bin, aber es wird mir schon wieder zu mühsam, und deswegen höre ich jetzt auf. So.

Viele Grüße

Data
chimera

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von chimera »

Hallo Hope, Hallo Data,

ich bin fassungslos, ich sprecht mir beide total aus der Seele. Kann gerade kaum antworten, aber jedes Wort nachempfinden.


Liebe Grüße
HopeW
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Registriert: 23. Mai 2004, 10:38

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von HopeW »

Hi Chimera,

du meintest also, du seist "allein" mit dem Anspruch keine Existenzberechtigung zu haben? Und Christiane ist nun die erste, die du triffst?
Ist das nicht sehr repräsentativ als Lebensgefühl/einstellung für Depressive?
chimera

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von chimera »

Hallo Hope,

ja, ich meinte, ich wäre alleine mit meinen Problemen. Das alles hier gerade von Euch zu lesen bringt mich deswegen auch total aus der Fassung (im positiven Sinne). Es ist sehr repräsentativ für uns, ja.

Viele liebe Grüße
HopeW
Beiträge: 368
Registriert: 23. Mai 2004, 10:38

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von HopeW »

Ja Chimera, mir tut es auch gut zu lesen.
1. ich stehe damit nicht allein auf der Welt
2. es regt meinen Gedankenapparat an
3. leise Hoffnung regt sich, daß ich vielleicht doch wieder meinen Kopf nützen kann.
Möglicherweise höre ich mich gar nicht "so krank" an.Das ist ein Teil von mir. Ich kann die ICH BIN NORMAL Rolle saugut spielen. Deswegen käme im realen Leben keiner auf die Idee, ich sei depressiv.
Tatsächlich bin ich so bekloppt, daß ich sehr perfektionistisch "meine Auflösung" geplant habe.
Während ich mir mein Mittagessen machte, Hurra den Strukturen
fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
Auch da habe ich wieder perfekt, vernagelt nach rechts und links geplant.
Kurz und schmerzlos - ich habe ein Testament, meine Kleider und die Tassen im Schrank *g* aber: es gibt keine Bilder mehr, keine Briefe, keine Aufzeichnungen, NICHTS MEHR, was mich als Mensch identifiziert.Ich habe ein Jahr daran gearbeitet. Alles perfekt aufgeräumt und organisiert.Und eigentlich käme jetzt das Finale-aber weißt du was: Weiter runter geht es nicht mehr!!!!Und als ich eure Beiträge las, stellte ich fest, daß ich so VIELES schon hinter mir habe, daß ich auch eigentlich was NEUES anfangen könnte! Raus aus der Depression, mit genau derselben starken Intention, wie rein in sie.
Daß hinter meiner Depression jedeMenge Lebensgeschichte steckt und viele tragische Ereignisse versteht sich von selbst.
Gruß Hope W
HopeW
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Registriert: 23. Mai 2004, 10:38

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von HopeW »

Chimera, Data,

ich klinke mich jetzt auch aus.Keine Ahnung, was ich mache, aber die vielen erledigten Kleinigkeiten von heute vm haben mich erledigt....nee es ist anders. Das, was ich mir jetzt vorgenommen hatte, WILL ich nicht machen. Ich wollte eine Bewerbung schreiben, seufz........nee, noch schlimmer. Ich müßte sie NUR AUSDRUCKEN und kuvertieren. Aber der Text ist mir nicht gut genug. Sch....
chimera

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von chimera »

Hallo Hope,

lese gerade auch Deinen ersten Beitrag. Den Total-Rückzug und sozialen Abstieg habe ich auch schon hinter mir. Vergiß das mit dem Therapeuten, ist unwichtig. Du hast aus Deiner Verzweiflung heraus den Abstieg gesucht. Ebenso wie ich.

Du mußt das Leben "neu lernen". Es genießen, nicht perfekt zu sein. Perfektionsverpflichtung erzeugt Druck, Angst und Verkrampfung, lähmt und tötet. Sie gestattet Dir nicht, zu leben. Ich weiß, es ist schwer, aber ich spüre, daß neues Leben entstehen kann, wenn wir diesen Druck von uns nehmen. Erst dann können wir leben und spielen. Perfektionsverpflichtung entsteht nicht nur aus Freude an der Perfektion, sie entsteht aus Angst vor Kritik, sie entsteht aus einem falschen Selbstverständnis. Perfektion hat nichts mit Lebendigkeit zu tun.

Ich kann mich übrigens über mich selbst kaputtlachen, auch während einer Totaldepression. Das schockiert mich. Ich glaube, wir haben keinen Kontakt mehr zu unserer Seele und unserem Körper.

Daß Du Deine "Auflösung" geplant hast, hört sich nicht gut an. Ich hoffe, Du möchtest lediglich Dein "Altes Ich" auflösen... Auch aus dem Mut der Verzweiflung kann positives entstehen. War auch für mich der Anlaß, in diesem Forum zu schreiben. Bin auch erst kurzem hier und texte mir seitdem meine Verzweiflung von der Seele. Es hilft.



Liebe Grüße
Lene
Beiträge: 11
Registriert: 18. Mai 2004, 10:30

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von Lene »

Hi Chimera,

habe Dir übrigens etwas geschrieben unter: unfähig zu lieben...?

Gruss
Lene
chimera

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von chimera »

Hallo Lene,

habe es gerade entdeckt. Werde Dir später antworten, bin im Moment etwas "verorgelt".


Viele Grüße
tomroerich
Beiträge: 3102
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52
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Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von tomroerich »

Weil wir hier so oft mit dem Begriff "Narzismus" operieren, finde ich es notwendig, diesen klarer zu umreißen. Folgender Text ist ein Auszug aus "Analytische Charaktertheorie" von Erich Fromm:

Woran erkennt man einen narzißtischen Menschen? Es gibt einen Typ, den man leicht
erkennen kann. Er tritt mit allen Zeichen der Selbstzufriedenheit auf. Wenn er ein
paar belanglose Worte äußert, sieht man ihm an, daß er das Gefühl hat, etwas äußerst
Wichtiges gesagt zu haben. Meist hört er den anderen gar nicht zu und ist auch kaum
daran interessiert, was sie sagen. (Wenn er klug ist, wird er versuchen, dies zu verber-
gen, indem er Fragen stellt und so tut, als ob er sich dafür interessierte.) Man kann
einen narzißtischen Menschen auch daran erkennen, daß er äußerst empfindlich auf
jede Kritik reagiert. Diese Empfindlichkeit kann sich darin äußern, daß er bestreitet,
daß die Kritik stichhaltig sei, oder daß er mit Zorn oder Depression darauf reagiert.
In vielen Fällen kann sich die narzißtische Orientierung auch hinter einer bescheide-
nen und demütigen Haltung verstecken; tatsächlich kommt es häufig vor, daß ein nar-
zißtischer Mensch seine Demut zum Gegenstand seiner Selbst-Bewunderung macht.
Wie auch immer die verschiedenen Äußerungsformen des Narzißmus aussehen mö-
gen, gemeinsam ist ihnen allen ein Mangel an echtem Interesse für die Außen-
welt.3 Manchmal läßt sich der narzißtische Mensch auch an seinem Gesichtsaus-
druck erkennen. Manchmal beobachtet man ein Leuchten in seinem Gesicht oder ein
Lächeln, das manchen einen Ausdruck von Selbstgefälligkeit verleiht, während an-
dere glückstrahlend, vertrauensvoll und kindlich wirken. Oft ist der Narzißmus, be-
sonders in seinen extremsten Formen, an einem besonderen Glitzern in den Augen
zu erkennen, das manche für ein Anzeichen von Heiligkeit und wieder andere für ein
Anzeichen von leichter Verrücktheit halten. Viele stark narzißtische Personen reden
unaufhörlich-oft auch beim Essen, wobei sie selbst das Essen vergessen und alle an-
deren zwingen, auf sie zu warten. Geselligkeit und Speisen sind ihnen weniger wichtig
als ihr »Ich«.
Der narzißtische Mensch muß nicht unbedingt seine Gesamtpersönlichkeit zum Ge- [71]
genstand seines Narzißmus machen. Oft hat er nur einen Teilaspekt derselben mit
seinem Narzißmus besetzt, wie zum Beispiel seine Ehre, seine Intelligenz, seine kör-
perliche Tüchtigkeit, seinen Witz, sein gutes Aussehen (manchmal sogar eingeschränkt
auf Einzelheiten wie sein Haar oder seine Nase). Manchmal bezieht sich sein Narziß-
mus auch auf Eigenschaften, auf die ein normaler Mensch nicht gerade stolz wäre,
wie zum Beispiel auf seine Fähigkeit, Angst zu haben und so die Gefahr voraussagen
zu können. »Er« identifiziert sich mit einem Teilaspekt seiner selbst. Fragen wir uns,
wer »er« ist, dann müßte die richtige Antwort lauten, daß »er« sein Verstand, sein
Ruhm, sein Reichtum, sein Penis, sein Gewissen ist und so weiter. Alle Idole der ver-
schiedenen Religionen repräsentieren ebenso viele Teilaspekte des Menschen. Beim
narzißtischen Menschen kann eine jede dieser partiellen Eigenschaften, die für ihn
sein Selbst ausmachen, Objekt seines Narzißmus sein. Jemand, dessen Selbst durch
seinen Besitz repräsentiert wird, kann sehr wohl eine Bedrohung seiner Ehre und
Würde hinnehmen, aber eine Bedrohung seines Besitzes wäre für ihn gleichbedeu-
tend mit einer Bedrohung seines Lebens. Für jemand, dessen Selbst durch seine In-
telligenz repräsentiert wird, ist es so peinlich, etwas Dummes gesagt zu haben, daß
er darüber in eine tiefe depressive Stimmung verfallen kann. Je intensiver der Narziß-
mus jedoch ist, um so weniger wird der Narzißtische zugeben, daß der Fehler auf sei-
ner Seite lag, um so weniger wird er die berechtigte Kritik anderer akzeptieren. Er
wird über das schändliche Verhalten des anderen außer sich geraten oder glauben,
der andere habe zu wenig Einfühlungsvermögen oder sei zu ungebildet, um etwas
richtig beurteilen zu können. (In diesem Zusammenhang fällt mir ein sehr geistrei-
cher, aber höchst narzißtischer Mann ein, dem das Ergebnis eines Rorschachtests
vorgelegt wurde, welches nicht dem Idealbild entsprach, das er sich von sich selber
machte, und der dazu meinte: »Mir tut der Psychologe leid, der diesen Test mit mir
gemacht hat; er muß völlig verrückt sein.«)


Fußnote:
3 Manchmal fällt es nicht leicht, zwischen einem eitlen, narzißtischen Menschen und einem Menschen mit Minderwertigkeitsgefühlen zu unterscheiden. Letzterer braucht oft Lob und Bewunderung nicht deshalb, weil er sich nicht für andere Menschen interessiert, sondern weil er an sich selbst zweifelt und Minderwertigkeitskomplexe hat. Es gibt noch einen anderen wichtigen Unterschied, der ebenfalls nicht immer leicht festzustellen ist, den zwischen Narzißmus und
Egoismus. Zum intensiven Narzißmus gehört die Unfähigkeit, die Wirklichkeit in ihrer ganzen Fülle zu erleben; zum intensiven Egoismus gehört, daß man für andere nur wenig Interesse, Liebe oder Sympathie übrig hat, doch gehört dazu nicht unbedingt eine Überschätzung der eigenen subjektiven Prozesse. Anders ausgedrückt ist der extreme Egoist nicht unbedingt auch extrem narzißtisch; Selbstsucht bedeutet nicht unbedingt Blindheit gegenüber der objektiven
Wirklichkeit.

Und mein Lieblings-Narzistenwitz:

Zwei Freunde treffen sich nach vielen Jahren wieder und der eine erzählt auch gleich mal eine Stunde am Stück, was so alles passiert ist. Dann meint er: "Nun habe ich aber viel von mir erzählt, jetzt bist du mal dran. Wie gefällt dir denn mein neues Buch?"

Schönen Sonntag wünscht

Thomas
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
Caroline1
Beiträge: 831
Registriert: 19. Mär 2003, 16:48

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von Caroline1 »

LOLLOLLOL

Auch wenn es nicht nett sein sollte, ich musste trotzdem lachen!

Hallo Data ,hab deine Mails bekommen und werde sie auch beantworten

Sorry für mein Dazwischenschieben

Einen schönen Sonntag wünscht euch allen

Caroline
chimera

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von chimera »

Hallo Forum,

kurzer Zwischenbericht von der Front:

Das war jetzt irgendwie alles zu viel für mich. Ich bin im Moment nicht mehr in der Lage, die Beiträge hier richtig zu verstehen, obwohl sie jede Menge guter Infos und Anregungen enthalten.

Hätte spontan Lust, einen neuen Thread mit dem Titel "Echte oder eingebildete Ziele?" zu starten. Was wollen wir wirklich machen, und was bilden wir uns ein, machen zu wollen? Dies würde auch zum Thema Arbeitsverweigerung zurückführen. Habe ich tatsächliches Interesse an meiner Tätigkeit? Oder ist es eine Auflage, die nicht von mir kommt? Von der Gesellschaft? Von den Eltern? Oder als Mittel zum Zweck? Der Super-Gau: Ein Ziel, das gar nicht das meinige ist, gepaart mit Perfektionsverpflichtung und entsprechender Verkrampfung. Ich weiß, das ist sehr theoretisch, wir müssen ja alle unsere Brötchen verdienen.

Aber Ihr kennt das alle: Wir wollen etwas erreichen, z.B.: Eine bessere Figur = Fitneßstudio. Wollen wir aber auch den damit verbundenen Aufwand betreiben? Nein, im Regelfall nicht. Wir gehen 2 Monate hin, dann lassen wir es wieder sein. Wir wollen nur den Endzustand, aber nicht den Prozeß. Und geben uns Illusionen hin nach dem Motto: "Wird schon irgendwie klappen." Aber: Es klappt nicht. So ist es doch, oder?

Es gibt gerade so viele wichtige Fragen, man müßte eigentlich mehrere neue Einzelthreads machen: 1. Arbeitsverweigerung, 2. Maschine-Mensch, 3. Narzißmus, 4. Echte oder eingebildete Ziele, usw.


Liebe Grüße
HopeW
Beiträge: 368
Registriert: 23. Mai 2004, 10:38

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von HopeW »

@ Chimera

Versteh ich dich recht, dass du real auch noch alleine bist und dein Total-Rückzug mit dem Forum hier endet?
Wie ich schon schrieb, habe ich zwar noch soziale Kontakte, aber da rede ich NICHT mehr über mich. Ich kann es einfach nicht mehr hören- vom Zusammenreissen bis Positiv sehen – es ist einfach nicht möglich, sich in „unsere“ Gefühlswelt zu versetzen. Ich habe mich in meiner Verzweiflung auch in die Esoterik gewagt, die da sagt: KEINER MUSS EINSAM SEIN, es gibt immer gleichgesinnte. Anscheinend J haben die recht. Ich bin jetzt ja HIER.

Ich schrieb vor Stunden von einer Bewerbung. Die drucke ich gerade aus, nachdem ich mich überredet habe, die Druckerpatrone zu wechseln. Sage das einem „Normalo“, das ist doch real gesehen, wirklich kein Akt. Ich habe auch nicht mehr den Text geändert. Es ist, wie auch Data sagt, einfach so, da dreht man als Perfektionist an allen Schrauben, kriegts nicht hin und lässt es vielleicht ganz. Ich schick das jetzt ab. Es ist immerhin mehr eine Chance als nichts zu machen. Vielleicht gibt mir ja noch jemand Arbeit L

Ich sehe mich als jemand, der über sehr viele Jahre unbeirrbar in eine Sackgasse gelaufen ist. Und nun bin ich am Ende angelangt, steh vor einer Bretterwand und dahinter ist der Abgrund. Die Wand schützt mich und ich drehe mich um, stehe da und sehe diesen endlosen Weg zurück aus der Sackgasse. Sicher habe ich beim Hineinlaufen übersehen, dass es kleine Abzweigungen in „nettere Straßen“ gibt. Ich hoffe es. Noch stehe ich da und orientiere mich oder habe ich bereits kleine Schritte gemacht? Kontaktaufnahme, das ist ein Schritt. Kleine Aufgaben erledigen, das ist ein Schritt. Wie hier schon oft gesagt, nicht hinterfragen, sondern einfach tun.
Ach, wär ich glücklich, rauszukönnen, laufen zu lernen. Mir ist ganz elend bei den Erinnerungen. Meine Mutter, die mir 25 Jahre sagte, ich wäre besser nicht geboren worden. Bis ich sie angeschrien habe, sie solle damit aufhören. Schreien von mir, völlig ungewohnt, sie hat tatsächlich damit aufgehört. Kontakt habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr zu ihr. Heute habe ich so viel Lebenserfahrung, dass ich mich wundere und staune, vor wem ich alles in meinem Leben Angst hatte. Wem gegenüber ich mich minderwertig fühlte. Einfach unglaublich, wen ich alles über mich gestellt habe.
tomroerich
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Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von tomroerich »

Lieber Chimera,

du weißt sehr gut über alles Bescheid und ich wüsste kaum noch etwas hinzuzufügen.

Es ist angenehmer und einfacher sich dem Schmerz zu ergeben, als ihn zu überwinden. Das Gefühl der *scheinbaren* Befriedigung, wenn wir uns recht geben in unserer bisherigen Erfahrungswelt

Absolut treffend! Menschen leiden lieber, bevor sie sich ändern. Und das Alte ist unsere Heimat. Sie zu verlassen ist ein Aufbruch ins Unbekannte (das gelobte Land der Bibel).

Der Mensch ist keine Maschine. Er ist sich darüber lediglich nicht *bewußt*.

Genau. Und weil das so ist, gehorchen wir dem Mechanischen in uns.

Wir sind uns nicht im Klaren darüber was unser eigentlicher Wille ist, worin unser eigentliches, momentanes Interesse liegt.

Meist wissen wir das nicht. Und wenn wir es wissen, dann hören wir nicht darauf sondern stellen den Impuls unter die kritischen Augen des Erlernten und Bewährten. Dort findet es meist keine Gnade. Wir beachten nicht, dass Leben ständige Wandlung bedeutet und auch fordert. Wir töten lieber das Lebendige, bevor wir das Vergangene loslassen.

Es muß - und dies ist mein Glaube - ein System hinter dieser kompletten Demontage stecken. Ich bin froh über diese Demontage, es mußte sein. Das alte System war nicht tragfähig, es mußte sterben.

Bist du sicher, dass du durch diese Demontage wirklich etwas Altes zum Einsturz bringen willst, meintest du es so? Oder ist die Demontage Fortführung und Ausdruck der Botschaft "Du sollst nicht leben"? Bist du vielleicht gezwungen, dich immer wieder zu demontieren, um der Botschaft treu zu bleiben? Die Macht solcher Botschaften ist ungeheuerlich groß, sie sind der Auslöser für die negativen Energien, von denen wir sprachen. Mir fällt dazu ein, dass dies häufig ein Thema von Märchen ist. Dort tauchen die Bann-Botschaften in Form von Flüchen oder Zaubersprüchen auf.
Mein Lieblingsmärchen ist das von Kalif Storch. Der Kalif und sein Begleiter schnupfen ein Zauberpulver, das ihnen erlaubt, sich in Störche zu verwandeln. Aber die Formel, wieder menschlich (ursprünglich) zu werden, vergessen sie. Sie sind dazu verurteilt, als Störche durch die Welt zu fliegen (herumzuirren) und den Zauberer zu suchen, der den Spruch ersonnen hat. Erst als sie ihn belauschen können (Therapie? *gg*), werden sie frei.

Meine persönliche Botschaft, die mich prägte war "Wenn du schon einmal da bist, sei wenigstens brav und bequem". Dies ist die Essenz eines ungewollten Kinderlebens das Berechtigung zum Leben nur erhält, wenn es sich anpasst bis zur völligen Verkrüppelung. Alle Lebensenergien wurden dafür aufgezehrt, die Depression unvermeidlich. Worum geht es also, wenn man den Fluch überwinden will? Ich denke um die Suche nach der ursprünglichen Form, wie bei Kalif Storch.

Herzlichen Gruß

Thomas
Betroffene für Betroffene

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HopeW
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Registriert: 23. Mai 2004, 10:38

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von HopeW »

Hallo Chimera,
zum "Ausspucken" war der Thread recht, aber es ist schwierig mit der Sortierung. Mir fällt sehr positiv auf, du möchtest Struktur
Ich werde gerne mitmachen, wenn du EIN bestimmtes Thema behandeln willst!
chimera

Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von chimera »

Kein Jammern, nur eine Momentaufnahme, die dazu dient, mir die inneren Vorgänge bewußt zu machen:

Was hindert mich daran, *jetzt* meine Arbeit zu machen? Ich will nicht. Warum will ich nicht? Kein Interesse, Abneigung, Angst. Warum kein Interesse? Andere Sachen sind wichtiger. Warum Abneigung und Angst? Anstrengend, Unsicherheit. Könnte einen Fehler machen, ungeklärte, unangenehme Fragen, Zweifel am Können. Zweifel am Sinn. Und so weiter...

Fakt ist: Ich will nicht. Es gibt aber keinen Grund, tatsächlich nichts zu arbeiten. Weil ich die Tätigkeit eigentlich durchführen *kann*. Ich will nur nicht, weil ich die Ausführung der Tätigkeit von einer Motivation abhängig mache, die nicht da ist. Zumindest keine positive. Nur Druck. Aber Druck habe ich satt. Funktioniert nicht mehr. Warum brauche ich Motivation? Weil mir die Tätigkeit keinen Spaß macht. Warum macht sie mir keinen Spaß? Angst, negative Erfahrungen, Unsicherheit, Desinteresse.

Es dreht sich im Kreis. Die Abneigung wird immer stärker. Irgendwann ist aber die Verzweiflung so groß, daß ich sie mache. Wieder unter Druck? Nein, will nicht mehr. Ich habe Angst. Kunde ruft andauernd an. Ich will aber nicht, gehe nicht ran...

Will mich nicht mehr betrügen mit Schein-Zielen. Ich spüre, daß es Schein-Ziele sind. Gibt es Echte? Nein, im Moment nicht.

Die einzige Chance, mit der Verweigerung umzugehen: Im "Hier und Jetzt" sein. Weglassen aller Gedanken, die mit der eigentlichen Tätigkeit nichts zu tun haben. Warum fühlen wir uns im "Hier und Jetzt" verloren? Verloren, wenn wir nicht denken und zweifeln?
HopeW
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Re: Existenzbedrohende Arbeitsverweigerung... II

Beitrag von HopeW »

Du stellst schwierige Fragen Als ich noch kein Verweigerer war, hatte ich so VIELE Aufgaben, daß sich die Frage nicht stellte, ob ich will oder nicht. Ich habs GEMACHT.Und im Unterbewußten oder auch Innendrin hats geköchelt - bis ich´s geschmissen habe.Ich will immer noch nicht, weil Geld für mich keine Motivation ist. Ich habe keine finanziellen Ziele. Ich muß aber leben. Dach über Kopf, essen und so.
Muß ich aber deswegen zum TOTALVERWEIGERER werden, frage ich mich?
Sorry Chimera, ich weiß auch keine Antwort, warum wir uns immerzu im Kreise drehen und nach einem Sinn suchen.
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