Neuanfang?

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Maikäferchen
Beiträge: 3
Registriert: 1. Nov 2015, 21:54

Neuanfang?

Beitrag von Maikäferchen »

guten Tag in die Runde. Ich bin seit heute Mitglied in diesem Diskussionsforum. Meine Tochter leidet unter einer chronischen Depression und ist erst seit 3 Wochen in Therapie bei einem Psychotherapeuten. Ich habe in der vergangenen Zeit sehr viele Telefonate mit ihr geführt, in denen es mir immer gelungen ist, sie etwas aus ihrer Stimmung heraus zu holen. Jetzt allerdings gelingt das überhaupt nicht mehr. Ich mache mir ziemlich Sorgen um sie, sie wohnt weiter weg von mir....im Augenblick quält sie sich mehr oder weniger durch den Tag und ich versuche sie zu unterstützen, indem ich ihr Verständnis für ihre Situation entgegenbringe und ihr versichere dass ich immer für sie da bin.
Ich fühle mich gerade ziemlich hilflos und würde mich freuen, hier in der Gruppe ein Feedback zu bekommen, bzw. einen Austausch mit Betroffenen, gerne auch mit Angehörigen... um diese Situation wenigstens ein bissel bewältigen zu können.

Ich grüße Euch lieb.
Lukas493
Beiträge: 11
Registriert: 6. Aug 2015, 21:01

Re: Neuanfang?

Beitrag von Lukas493 »

Hallo Maikäferchen!

Erst einmal ist es genau richtig, dass deine Tochter nun bei einem Psychotherapeuten in Behandlung ist. Bei einer Depression können wir Angehörige leider nur wenig tun, auch als Mutter. Was du genau richtig machst, ist ihr zu zeigen, dass du für sie da bist, egal wie es ihr geht. Das gibt ihr auf jeden Fall Halt und ist sehr wichtig. Ebenso ist Verständnis enorm wichtig. Es ist eine Krankheit, für die der Betroffene nichts kann.

Da es aber eine heilbare Krankheit ist, wundere ich mich, wie es nach erst 3 Wochen Behandlung zur Diagnose chronische Depression gekommen ist? Oder war deine Tochter zuvor schon einmal in Behandlung?
Ansonsten lässt sich die Depression nach 3 Wochen nicht als chronisch beurteilen. Das impliziert nämlich ganz schnell, sie sei nicht heilbar, was in den überwiegendem Teil der Fälle nicht zutrifft.

Der größte Schritt ist getan. Deine Tochter ist in den Händen eines Fachmannes. Das was du tun kannst, ist genau das, was du bisher tust. Zeig ihr, dass du da bist und Verständnis hast. Mach ihr Angebote ("Ich bin grad in der Nähe und hätte Lust auf einen Spaziergang, kommst du mit") aber erteil ihr keine Ratschläge ("Geh mal raus, dann geht´s dir besser).
Und vor allem: Ermutige sie weiter zur Therapie zu gehen oder vllt sogar in eine Klinik, falls der Fachmann das empfiehlt. Wenn sie sich auf die Therapie einlässt, ist eine Depression sehr gut zu behandeln und längst noch nicht chronisch.

Viel Kraft und vor allem Geduld, Geduld, Geduld!

Lukas
Maikäferchen
Beiträge: 3
Registriert: 1. Nov 2015, 21:54

Re: Neuanfang?

Beitrag von Maikäferchen »

Hallo Lukas,

vielen Dank für Deine Antwort. Meine Tochter leidet schon seit vielen Jahren an depressiven Verstimmungen, Zuständen, wie auch immer.
Sie hat gelegentlich die Hilfe einer Therapeutin in Anspruch genommen... das war aber im Rahmen ihres Studiums und immer nur für den Augenblick.
Der Psychotherapeut, bei dem sie jetzt in Behandlung ist, hat diese Diagnose gestellt, nachdem meine Tochter ihm von ihren immer wieder und nie enden wollenden Störungen berichtet hat. Sie hatte immer wieder Phasen, in denen alles ganz düster und traurig war, dann folgten wieder beinahe euphorische Phasen.....inwieweit diese Diagnose nun zutrifft, kann ich nicht sagen. Der Therapeut hat meiner Tochter aber gesagt, dass diese Form heilbar sei.

Ja, Geduld über Geduld, das habe ich mir schon gedacht. Ich sage es ihr immer wieder....Ich hoffe, dass die Zeit für uns arbeitet.. ich würde es ihr von Herzen wünschen.

Dir einen schönen Abend und nochmals Danke.
Andrea
Lukas493
Beiträge: 11
Registriert: 6. Aug 2015, 21:01

Re: Neuanfang?

Beitrag von Lukas493 »

Hallo Andrea,

das ist gut zu hören, dass er gesagt hat, es ist heilbar. Chronisch ist es also nicht im Hinblick auf das Ausreizen aller Therapiemöglichkeiten, sondern nur im Hinblick auf den bisherigen Verlauf.
Das ist wichtig festzustellen.

Für mich hört es sich nämlich so an, dass ihre frühere depressive Episoden nicht vollständig im Rahmen einer umfassenden Therapie behandelt wurden. Aber dies scheint ja jetzt bei dem neuen Therapeuten zu geschehen. Selbst danach gibt es auch noch weitere Möglichkeiten wie einem Klinikaufenthalt, wo es ebenfalls sehr gute Erfahrungen mit gibt.

Allerdings wird es ihr nicht von heute auf morgen besser gehen. Das ist ein Prozess von mehreren Wochen und Monaten. Aber wie gesagt, es ist heilbar!
Mir als Angehöriger hat geholfen, nicht von Tag zu Tag zu vergleichen, ob es besser geht. Höchstens von Woche zu Woche ist sinnvoll. Deshalb ist Geduld das wichtigste. Aber wenn sie bei der Therapie am Ball bleibt, wird es sich auszahlen.

Alles Gute!
Nii Cole
Beiträge: 10
Registriert: 5. Okt 2015, 18:18

Re: Neuanfang?

Beitrag von Nii Cole »

Hallo Maikäferchen,

ich bin keine Angehörige, sondern Betroffene & kann somit aus der "Tochter-Perspektive" berichten.

Ich leide auch seit Jahren immer wieder an Depressionen und momentan habe ich auch wieder einen Rückfall.
Dass sich deine Tochter wieder in Behandlung begeben hat ist sehr gut und wichtig.
Ich wünsche mir von meiner Familie Verständnis, aber kein Mitleid!
Mir persönlich hilft es sehr mich mit anderen Betroffenen auszutauschen, wie beispielsweise hier im Forum, weil es tröstet zu wissen, dass man nicht die Einzige mit solchen "Problemen" ist.
Und wie schon oben erwähnt wurde....sind Aufforderungen wie "Du musst jetzt mal wieder raus gehen" oder "Du musst das in den Griff bekommen" oder Ähnliches eher unproduktiv, denn wenn man es dann doch an dem Tag nicht schafft sich Aufzuraffen, hat man schnell das Gefühl versagt und wieder jemanden enttäuscht zu haben.
Ich wohne auch weit von meiner Familie entfernt.
Meine Schwester kommt mich bald besuchen.
Wäre das nicht ne Idee, wenn es bei deiner Tochter momentan wieder akut ist?
Einen Besuch zu planen, falls es Dir möglich ist.

Das Alles ist ein sehr sehr langer Prozess. Man braucht sehr viel Geduld. Man kommt nur Schritt für Schritt voran.

Im Großen & Ganzen machst Du es schon richtig.
Verständnis zeigen, das Gefühl vermitteln, dass man immer für Einen da ist und wichtig ist...deine Tochter immer wieder zu ermutigen ihre Therapie durchzuziehen.

Ich wünsche Dir & deiner Tochter Alles Gute!
Lg Nicole
Maikäferchen
Beiträge: 3
Registriert: 1. Nov 2015, 21:54

Re: Neuanfang?

Beitrag von Maikäferchen »

Lieber Lukas, danke nochmals für Deine aufmunternden Worte. Ich bin doch ein bissele erleichtert, dass ich hier ein wenig Resonanz gefunden haben.
Auch Dir, liebe Nicole, möchte ich von Herzen danken. Ich finde es sehr wertvoll für mich, auch ein Feedback von der "anderen Seite" zu erhalten.
Zum Glück habe ich mich sehr zurückgehalten mit Mitleid. Ich habe meiner Tochter gesagt, dass ich ihre Lage verstehe und an ihrer Seite bin, wenn sie mich braucht. Und das hat bis jetzt auch ganz gut funktioniert. Ich habe ihr auch gesagt, dass ich ihr nur so helfen kann. Alles andere liegt in den Händen des Therapeuten.
Da ich selber von einigen Jahren eine schwere depressive Episode durchlebt habe, dabei weiter gearbeitet habe, und überhaupt nicht auf die Signale meines Körpers geachtet habe, habe ich nun das Wissen, dass etwas mit aller Gewalt erzwingen zu wollen, nicht geht.... im Gegenteil. So habe ich meiner Tochter gesagt, sie solle sich einfach Zeit nehmen und Zeit lassen.......

Danke Euch Beiden von Herzen, ich wünsche jedem von Euch alles Gute und grüße Euch herzlich.

Andrea
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