Abhauen bis ans Ende der Welt

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Nati
Beiträge: 26
Registriert: 9. Okt 2015, 11:59

Abhauen bis ans Ende der Welt

Beitrag von Nati »

Hallo alle zusammen!
Gibt es hier jemanden, der wie ich alles hingeschmießen hat und einfach abgehaut hat, weil eigenes Leben nicht mehr erträglich war...um mit sich alleine zu bleiben ...um nach zu denken, was man im Leben eigentlich will...
Ich bin 34, geschieden. Seit 5 Jahre in der psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung (traumatisches Erlebnis), nehme auch verschiedene Tabs.
Als es mir alles zu viel war, schmieß ich mein geliebten Job, meinen Ehemann (10 Jahre Eher) und für das letzte Geld nach Dubai geflogen. Ich wollte nur weg...egal wohin....aber nur weit weg....in einer anderen, mir unbekannten Welt....
Ich bin schon etwas verendert zurück gekommen ...Scheidung, eigene Wohnung, neuen lieben Partner...es fehlt mir eigentlich nichts....aber es hat nicht geholfen meine Erkrankung zu heilen...
Eines weiß ich ganz gut....egal was man macht, wo man ist...man kann von sich lebst nicht weglaufen und solange man in eigenem Inneren mit sich selbst nicht klar kommt, können die besten Ärzte, Therapiehen und ...materielle Güte uns glücklich machen....
Hat jemand vielleicht eine ähnliche Erfahrung? Kann jeman vielleicht eigene Meinung zum Thema schreiben?
Ich bin sehr dankbar für jede Antwort,
Lg, Nati
ichbingut
Beiträge: 1015
Registriert: 6. Aug 2014, 00:45

Re: Abhauen bis ans Ende der Welt

Beitrag von ichbingut »

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Der Weg ist das Ziel!
Nati
Beiträge: 26
Registriert: 9. Okt 2015, 11:59

Re: Abhauen bis ans Ende der Welt

Beitrag von Nati »

Hallo Ichbingut!
Danke für deine nette Antwort. Ja, ich bin in der Behandlung...schon seit 5 Jahren...
Ich kenne es auch schnell überfordert zu sein, leider merke ich es oft zimmlich spät....dann brauche ich auch lange um zurück zu mir zu kommen und wieder die Ruhe und Ausgegliechenheit zu empfinden.
Seit fast 2 Jahren ist mein Handy nach 20 Uhr ausgeschaltet, TV oder Radio habe ich zu Hause garnicht. Benutze dafür PC und es reicht schon. Auch künstliches Licht, was im Herbst und Winter öfters brennen solle, schalte ich in der Wohnung ungerne....stattdessen kleine Lampen...es mag für manche Menschen zimmlich komisch vorkommen....aber ich finde, so lange es einem passt, darf doch auch sein.
Lg
dolittle909
Beiträge: 296
Registriert: 14. Sep 2008, 18:00

Re: Abhauen bis ans Ende der Welt

Beitrag von dolittle909 »

Interessanter Gedanke!

Vor knapp 10 Jahren bin ich mal in einer ziemlichen beruflichen und privaten Krise für 4 Wochen ans Ende der Welt. Nach Neuseeland. Weiter weg geht nicht.

Ich hatte ziemliche Angst, mein Englisch war nicht gut, es graute mir vor dem Flug usw. Aber ich sah darin eine große Chance und insgesamt hat mir damals ziemlich gut getan. Ich reiste alleine mit dem Auto über die Inseln, am Abend traf ich in den Hostels Menschen aus aller Welt. Vor allem die Weite und die Leere der Landschaft, die grandiosen Panoramen und das kleine "Ich" in mir, das sich damit Eins und gar nicht einsam fühlte, das war eine tolle Erfahrung. Ich traf auch Deutsche, die ausgewandert waren und überlegte viel, ob das eine Möglichkeit für mich wäre. Letztlich war mir klar, dass ich mich immer mitnehmen würde und auch dort eines Tages Alltag einkehren würde.

Als ich wieder zurück war, hatte ich lange das Gefühl, "mir kann Keiner mehr was, ich war am Ende der Welt und es hat gar nicht weh getan". Mein Selbstwert war ganz schön gewachsen. Das kleine verlassene Kind in mir war ganz schön gewachsen. Und dieser Effekt, der hielt gut zwei Jahre an.

Als ich aber wieder in eine Krise mit langem Krankenhausaufenthalt rutschte, da war Neuseeland keine Option mehr. Hatte noch einen Flug nach Italien versucht, war dort aber auf dem Flughafen wieder zurückgeflogen, weil ich nicht in der Lage gewesen wäre, das gebuchte Mietauto zu fahren. Mir schien es, als ob ich meine Verunsicherung und meinen Selbsthass, der mich quälte, jederzeit zu 100% mit an jedes Ende der Welt nehmen würde. Seitdem bin ich alleine über Deutschlands Grenzen nicht mehr hinaus gekommen. Das ist sicher nicht gut, weil es mir viele Möglichkeiten und Freiheiten nimmt. Aber jede Reise, die ich alleine gebucht habe, die habe ich kurz vor Beginn abgesagt, weil mich Angstattacken schüttelten. Dahinter steht sicher auch, dass ich nicht mehr weiter weg kann, als damals noch Neuseeland. Das Ende der Welt ist nicht zu toppen. Jetzt suche ich es eher auf Rügen oder in einem Mittelgebirge...

d.
Nati
Beiträge: 26
Registriert: 9. Okt 2015, 11:59

Re: Abhauen bis ans Ende der Welt

Beitrag von Nati »

Hallo dolittle909!
Vielen Dank für deinen Beitrag! Es geht mir derzeit genau so....es macht mich auch zimmlich fertig, dass ich nicht mehr derselbe bin, die alles früher schaffen konnte...damals gab es nur Wünsche und Ziele, jeder Hindernis wurde nicht als Problem, sondern als spannende Herausforderung betrachtet....
Meine Psychotherapeutin meint, dass ich zur einer Zeit viel zu viel von mir verlangt habe, ständig an meiner Grenzen stossen musste...das kann weder dem Körper noch Seele gut tun.
Ich finde für eine Depression, so wie für jede andere Erkrankung(falls sie nicht vererbt, bzw. genetisch ist) muss einen Grund (Gründe) haben.
Ich suche schon zimmlich lange nach meinen....dabei fand ich folgendes:
1. Ich weiß nicht mehr genau was ich vom Leben will, wie ich Leben will/soll, damit es mir besser geht
2. Und solange ich mit diesen Themen nicht fertig bin, sehe ich keine Ziele, habe keine Wünsche und bin nicht in der Lage etwas zu endern, da mir der Sinn fehlt.
lg
dolittle909
Beiträge: 296
Registriert: 14. Sep 2008, 18:00

Re: Abhauen bis ans Ende der Welt

Beitrag von dolittle909 »

Nati hat geschrieben: Ich suche schon zimmlich lange nach meinen....dabei fand ich folgendes:
1. Ich weiß nicht mehr genau was ich vom Leben will, wie ich Leben will/soll, damit es mir besser geht
2. Und solange ich mit diesen Themen nicht fertig bin, sehe ich keine Ziele, habe keine Wünsche und bin nicht in der Lage etwas zu endern, da mir der Sinn fehlt.
lg
Liebe Nati,

das mag Dir als Ursache erscheinen und das kann es auch sein. Fehlender Lebenssinn kann depressiv machen. Aber das Gefühl, alles sei sinnlos, kann auch einfach Symptom der Depression sein.

Denn es gibt diese Zeiten, da sucht man keinen Sinn, da ist der Sinn einfach das tägliche Leben und Erleben, der Moment, der Augenblick - und die Zeit vergeht wie im Fluge...

Es ist schwer, das auseinander zu halten. Für mich ist der wahre Grund bei mir ein "Loch" in mir, das ich mit mangelnder Selbstliebe, Selbstakzeptanz oder Urvertrauen beschreiben könnte. Bestimmte biographische und alltägliche Faktoren setzen da eins Drauf. Wenn die Belastung zu groß ist, dann knickt man ein.
Andere sehen im wahren Grund eine Vulnerabilität, eine besondere Verletzlichkeit, die psychologisch oder biochemisch dazu führt, dass es einem in bestimmten Situationen die Füße wegzieht. Oder einfach eine Laune der Seele, dies auch ohne große Belastung zu tun und plötzlich alles sinnlos, öde und leer erscheinen zu lassen.

Wir wissen viel über Depressionen, aber angesichts der Vielgestaltigkeit depressiven Erlebens, der vielen möglichen Ursachen und der vielen Möglichkeiten, dem entgegenzuwirken, ist es wenig.

d.
Nati
Beiträge: 26
Registriert: 9. Okt 2015, 11:59

Re: Abhauen bis ans Ende der Welt

Beitrag von Nati »

Ja, da hast du Recht....ich zweifele an mir auch .... und Selbstliebe fehlt mir auch...in so einem "Loch" sitze ich schon fast 5 Jahre...wie lange kann so ein Tief dauern??? Ich habe Angst, dass es so weiter bleibt...trozt meiner Ansträngungen da raus zu kommen.
Lg
dolittle909
Beiträge: 296
Registriert: 14. Sep 2008, 18:00

Re: Abhauen bis ans Ende der Welt

Beitrag von dolittle909 »

Liebe Nati,

da frage ich mich als erstes, ob wirklich schon 5 Jahre in einem Tief sitzt - oder es im Moment nur so für Dich so aussieht?

Wenn ich depressiv bin, dann erscheint mir mein ganzes Leben ab dem Tag meiner Geburt als einziges dunkles Loch - und entsprechend auch die Zukunft. Depressionen vom Anfang bis zum Ende... Das ist aber die eingetrübte Wahrnehmung in einer Depression.

Jetzt im Moment würde ich ganz rational feststellen:

45% der Tage meines Lebens fühle ich mich gut, 40% sind in verschiedenen Graden passabel, bei 10% warte ich drauf, dass der olle Tag endlich vorbei geht, 4% sind ganz schön doof, aber gerade noch erträglich und 1% der Tage sind richtig scheiße, verzweifelt und hoffnungslos.

Das ist keine Statistik, sondern mein Bild meines Lebens in den letzten 15 Jahren, seitdem ich erstmals die Diagnose erhielt. Würde ich aber täglich Buch führen, käme das wohl so oder so ähnlich hin.

Du kommst da sicher raus, wenn Du nicht das Falsche tust. Das Falsche sind: Keine Hilfe holen, Drogen, Überforderung, sich Verstecken, übereilte Entscheidungen. Das Richtige: Alles Andere. Ich glaube, man kann also nicht viel falsch machen. Aber viel Gutes. Wie hier schreiben.

d.
Nati
Beiträge: 26
Registriert: 9. Okt 2015, 11:59

Re: Abhauen bis ans Ende der Welt

Beitrag von Nati »

Hallo d!
Wenn ich meinen Tag analysieren würde, dann 10 % geht es irgendwie, 80 % schlecht und 10 % vom Schlafengehen ganz schlecht.
Ich habe die Hilfe gesucht und angenommen wo es noch möglich war....ich bin im Dauer-Krankenstand...und überfordet bin ich nur von mir selbst...Drogen habe ich nie probiert....hat mich nie interessiert....aber ich nehme Benzos (wegen somathischen Reizdarm), leider ist das Zeug das Einzige, was dagegen hilft...sonst werde ich ganzen Tag am Klo sitzen...da kann es auch einem gesunden Menschen dabei psychisch nicht gut gehen...Habe schon mehrmals Entzug stationär gemacht...leider keine homeopathische bzw. pflanzliche Mieteln wirken gegen Reizdarm bei mir nicht....Sonst wurde mir Antidepr. und Neuroleptika genügen.
Lg
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