Neu im Forum und Akzeptanz der Depression?

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miss stress

Neu im Forum und Akzeptanz der Depression?

Beitrag von miss stress »

Hallo, wollt mich erstmal kurz vorstellen. Hab keine Erfahrungen mit Foren und bin grad ein bißchen nervös.
Habe mich hier angemeldet, weil ich oft das Gefühl habe das Außenstehende gar nicht wissen können, was eine Depression bedeutet. Naja, dieses Gefühl allein dazustehen, was ja nicht stimmt, aber sich halt so anfühlt.
Bin schon sehr lange damit beschäftigt mich mit meinen Erkrankungen auseinanderzusetzen. Eine Borderlinestörung habe ich in den Griff bekommen, meine Depression nicht.
Zur Zeit ist diese sehr aktiv, alles fällt schwer und ist extrem anstrengend. Am Wochenende habe ich mir Hilfe in einer Klinik geholt. Naja, bin jetzt wieder daheim. War heute beim Arzt der meine Antidepressiva wieder angesetzt hat. Ich weiß das ist notwendig, fühlt sich aber als Niederlage an. Mein Therapeut meint mein Hauptproblem ist es, dass ich die Erkrankung nicht als Erkrankung akzeptieren kann. Da hat er völlig recht, aber ich weiß nicht wie ich das machen soll. Normalerweise bin ich ein Mensch der vor Energie platzt und dann geht gar nichts mehr.
Wollt fragen, gelingt es euch die Erkrankung zu akzeptieren und gibt´s vielleicht ein paar Ideen die es leichter machen?
Danke euch, liebe Grüße
Zuckerblume
Beiträge: 53
Registriert: 14. Jul 2015, 10:02

Re: Neu im Forum und Akzeptanz der Depression?

Beitrag von Zuckerblume »

Hallo miss stress!
Ich bin übrigens auch erst seit gestern im Forum angemeldet. Aber ich finde es positiv, sich mit Anderen austauschen zu können, die Erfahrung auf diesem Themengebiet haben. Ja, mein Eindruck ist auch immer wieder, dass viele Leute denken, wir sind nur antriebslos ("faul"), heulen den ganzen Tag und verbreiten schlechte Stimmung. Ich möchte mich nicht ausnehmen, denn früher war ich in der Hinsicht auch unerfahren. Was ich schwierig finde, sind die ganzen Begleitsymptome von Appetitlosigkeit über Herzklopfen bis hin zu Schlafstörungen und innerer Unruhe usw. Das wissen die meisten Leute nicht und sagen dann: "Reiß dich mal zusammen!" Aber genau diese ganzen Symptome zeigen, dass es sich um eine Erkrankung handelt, auch wenn dass Meiste von meiner Psyche verstärkt oder mir eingeredet wird. Du hast keine Schuld an deiner Erkrankung. Ich weiß, es fällt mir auch immer wieder schwer, mich damit abzufinden, eine Erkrankung zu haben, die mich wahrscheinlich den Rest meines Lebens begleiten wird. Aber wie immer gesagt wird, Depression ist behandelbar. Wir sind keine Versager, nur weil wir Tabletten nehmen müssen. Dann wäre jeder Zweite ein Versager. Es gibt viele Erkrankungen, bei denen die Patienten Tabletten schlucken, aber wenig selbst zur Besserung beitragen (Sport, Ernährung usw.) Es ist schwierig, aber versuche dir immer ins Gedächtnis zu holen, dass du eine Erkrankung hast. Du bist nicht schuld daran und es ist behandelbar und Tabletten sind dabei nur ein geringes Übel. Zumal die Tabletten auch nur eine Grundlage geben. Letztlich musst du an dir arbeiten!
Ich sehe für mich auch eine Niederlage, dass ich vor zwei Wochen wieder mit Citalopram anfangen musste, aber ich weiß auch warum. Einerseits waren viele Stresssituationen, andererseits habe ich nicht auf mich aufgepasst und wollte volle Power durch. Und hier liegt der Fehler und hier ist es auch wichtig daran zu denken, dass eine Erkrakung vorliegt. Wir müssen etwas in unserem beruflichen und privaten Alltag verändern bzw. haben versäumt auf uns richtig Acht zu geben. Da sehe ich für mich eine Niederlage. Gut, ist eben so. Alles auf Anfang.
Ich war auch sehr enttäuscht, dass ich jetzt wieder einen Rückfall habe, aber daraus muss bzw. müssen wir lernen.
Ich weiß nicht, ob es dir ein wenig geholfen hat.
Vielleicht können wir uns ja hier weiterhin etwas austauschen und aufbauen!
Liebe Grüße
MrsMurphy
Beiträge: 4
Registriert: 14. Jul 2015, 13:32

Re: Neu im Forum und Akzeptanz der Depression?

Beitrag von MrsMurphy »

Hallo miss stress,

nun ja, ich bin auch neu hier, aber vielleicht sind meine Gedanken ja auch ein bisschen hilfreich für dich.

Die Metapher ist zwar nicht neu, aber ich finde sie passt: Mit einem gebrochenen Bein kann man nicht rennen, und jeder hat Verständnis dafür. Mit einer Depression kann man nicht ohne weiteres alles schaffen, was man sonst könnte. Nicht weil man faul ist. Sondern weil einfach die Möglichkeit nicht da ist. Das mentale Bein muss eben erst einmal ausheilen.

Mir hat es manchmal geholfen, den Verstand quasi als ein zusätzliches Organ zu sehen, auch um etwas Distanz von den schweren Gedanken zu bekommen. Die Depression, das bin nicht ich, darunter ist eine ganze Person – aber diese Krankheit, diese Belastung, die ist eben auch noch da.

Es wäre manchmal um einiges leichter, etwas „Sichtbares“ zu haben, das ist frustrierend und mir fällt es manchmal selbst schwer, für mich selbst abzuschätzen, inwieweit etwas meiner Depression zuzuschreiben ist oder ob ich nicht doch nur faul und vergesslich bin. Gerade bei einem schlechten Selbstwertgefühl ist das ein Balanceakt.

Ich hoffe, dass du für dich deinen „Ist-Zustand“ annehmen kannst und deinen Weg findest. Es anzunehmen heißt nicht, kampflos aufzugeben!
heinzpeter
Beiträge: 43
Registriert: 19. Jun 2015, 19:26

Re: Neu im Forum und Akzeptanz der Depression?

Beitrag von heinzpeter »

Hallo miss stress, möglicherweise bin ich gar nicht der Richtige, um Dir hier zu antworten, denn es geht mir so wie dir: Ich kann diesen Zustand, den man allgemein als Depression bezeichnet, nicht als Krankheit akzeptieren. Ist auch keine Behinderung - obwohl...
Warum musss ich depressiv sein? Es gibt doch keinen Grund dafür, oder? Aber: Je mehr ich drüber nachdenke und mir dann auch noch sage, ich will das nicht - um so schlimmer wird es. Und das Schlimmste ist, dass dich deine Umgebung, Verwandte und Freunde nicht ernst nehmen - oder sie machen sich Sorgen und behandeln dich wie ein rohes Ei. Das ist auch nicht richtig. Was denn nun? Wie Mrs Murphy sagt, es ist schwer abzuschätzen. Was kann man der Depression (die es ja eigentlich gar nicht gibt) zuordnen? Oder was ist nur Einbildung? ("Das musste ja so kommen, schließlich bin ich ja depressiv!")
Bischen konfus, das Ganze, nicht wahr? Ich weiß nicht, wie ich meine Gefühle ausdrücken soll. Trotzdem:
Liebe Grüße und alles Gute heinzpeter
miss stress

Re: Neu im Forum und Akzeptanz der Depression?

Beitrag von miss stress »

Herzlichen Dank, es tut mal richtig gut zu hören, dass man nicht der unbedingte Versager ist, wenn eine Depression grad richtig meint sie müsse sich austoben. Das mit dem Selbstwert geht ganz schön verloren und oft bin ich wütend, wenn ich morgens aufstehe und den ganzen Tag nicht wirklich was hinbekomme. Frustrierend. Meine Freunde sagen " du bist doch so taff, was ist denn bloß los ", oder " mach doch einfach ". Dieses einfach ist halt gar nicht einfach. aber ich glaube das kennt ihr alle.
Heute hab ich das erste Mal wieder meine Medis genommen, Nebenwirkungen gleich mit einbegriffen.
Aber da muss ich halt jetzt durch.
Ja, es wäre toll wenn man auch immer gleich eine Begründung dafür hätte, warum man grad nicht kann. eine Begründung, die von allen akzeptiert wird.
Manchmal denk ich auch ein gebrochener Fuß wäre "toll", niemand zwingt dich damit zum Marathonlauf und auch ich selber würde es nicht von mir erwarte. Aber so.
Und irgendwie sind wir doch alle Kämpfer und wenn ich mein Leben so ansehe, bin ich immer wieder aufgestanden. Aber es wird nicht leichter dadurch, ziemlich nervig. Naja. Jetzt heißt es ablenken, zur Ruhe kommen, Medis nehmen und wieder an eine Zukunft glauben.
Jetzt bin ganz froh mich im Forum angemeldet zu haben und möchte einfach danke sagen für´s zuhören und mutmachen.
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