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Ist Depression ansteckend?

Verfasst: 26. Apr 2004, 17:51
von stinkstiefel
Hallo zusammen!
Ich habe ein paar Fragen zu Depressionen und ihrer Erkennung..
Ich war bis vor ein paar Tagen mit meinem depressiven Freund zusammen und kenne das Forum weil ich mich hier für ihn schlau gemacht habe. Es ist grausam mit einem depresiven zusammenzusein und läuft glaube ich zu 99 prozent darauf hinaus dass man verletzt wird. Er hatte sich immer gegen eine Therapie gewehrt, obwohl die depression schon vor ein paar jahren diagnostiziert worden war. das Leben mit ihm war nach den ersten 9 Monaten die wunderschön waren, und in denen ich den Trugschluss hatte, für immer mit ihm sein zu wollen/können der reine Horror. Er betrog mich zwei mal (das ist kein Symptom für Depression oder?) und verließ mich immer wieder, weil das besser für mich sei. Ich kämpfte (bin eigentlich sowieso eine Kämpfernatur), finanzierte ihn materiell (obwohl ich Studentin bin, und er mehr geld als ich hatte), lief ihm immer wieder hinterher und leistete Beziehungsarbeit bis zum Zusammenbruch, den ich jetzt habe.
Vor ihm war ich der optimistischste mensch überhaupt und ich konnte mir gar nicht vorstellen auch nur im entfertesten zu resignieren. Aber jetzt wohne ich in einer fremden Stadt, 800 km von Familie und Freunden, und kenne hier niemanden. Meine Kontaktfreudigkeit ist dahin und ich lasse auch gar niemanden mehr an mich heran.
Ich habe seit er mich hier in der Wohnung von einem Tag auf den anderen verlassen hat um wieder in unsere alte Stadt zu ziehen, fast nie vor halb sieben morgens schlafen können. Ich esse nur unregelmäßig und gehe eigentlich so gut wie nie in die Uni, obwohl der Studiengang genau das ist, was ich mir immer vorgestellt habe. In der Uni (wenn ich mal da bin, also manchmal zwei Monate nicht)bin ich so unsicher, dass ich kein Wort mit jemandem wechsle. ich gehe nicht ans telefon und ignoriere die Klingel. Ich habe meinem (ex)freund davon erzählt, aber es interessiert ihn nicht wirklich, obwohl gerade er der auslöser war.
Meine Freunde, mit denen ich es endlich geschafft habe, darüber zu reden, sagen mir, dass es ganz normal sei, sich verkriechen zu wollen, nach allem was er mir angetan hat. aber ist es normal dass das schon seit 6 monaten so geht?oder dass ich das alles mit ihm mitgemacht habe?
Er hat mich wirklich ausgesaugt und ich war so vorher noch nie. ist das alles nur "trauma" oder ist das depression?
Ich wäre froh, wenn mir jemand damit helfen könnte und ich hoffe, dass das vielleicht nur eine ganz normale reaktion auf eine kaputte beziehung ist, die mir so viel bedeutet hat.?!Andereseits sollte es mir eigentlich gut gehen..
Na wenigstens habe ich jetzt diese "zecke" antfernt und vielleicht wird es jetzt besser? oder vielleicht sollte ich allein deshalb einen therapeuten aufsuchen um solche blutsauger nicht mehr als partner zu nehmen?
ich will auf jeden fall nicht mehr so sein und erhoffe mir einen tipp (ohne medikamente!!!), welche therapie SCHNELL hilft, weil ich mein Studium nicht auf die reihe bekomme (und er schon, was mich besonders nervt!)und mein selbsbewußtesein sowas von am boden ist.

Bitte schreibt mir..
Tschüß

Re: Ist Depression ansteckend?

Verfasst: 26. Apr 2004, 19:28
von tomroerich
Hallo Maru!

Ja sicher können Depris ansteckend sein. Nun weiß ich natürlich nicht, obs dich erwischt hat, es spricht doch einiges dafür, dass du eine ganz gesunde Krise durchmachst nach dieser herben Enttäuschung. Aus deinem Posting spricht ne ganz gesunde Wut, das klingt nicht so sehr nach Depr. Durcheinander sein, enttäuscht sein, das ist jetzt ganz normal in deiner Lage. Und ein Depr. kann wirklich einen lebensfrohen und nicht resignierenden Menschen an seine Grenzen bringen und manchmal sind die auch einfach entsetzlich egozentrisch in ihrer "Ich Ärmster"- Einstellung.
Vergiss jedes Schuldgefühl, du bist nicht verantwortlich, schau nur nach dir selbst! (mein pers. Therapievorschlag )

Alles Gute

Thomas

Re: Ist Depression ansteckend?

Verfasst: 26. Apr 2004, 22:53
von down_under
Liebe Maru,

herzlich willkommen auch als aktive Teilnehmerin hier im Forum.
- Zur akademischen Frage bzgl. Ansteckung: Es gibt starke Indizien, das manche Depressionen möglicherweise etwas mit Viruserkrankungen (Hanta- und Varianten) zu tun haben.
- Noch viel wahrscheinlicher ist, das depressiv machende Umstände oder die Folgen einer Depression auch an nah Beteiligten nicht spurlos vorbeigehen. Was liegt näher, als ebenfalls depressiv zu reagieren?

- Zu Deiner konkreten Situation, da fällt es schwer zu entscheiden ob es sichnoch um eine "gesunde" Reaktion auf "bedrückende" Umstände / Ereignisse handelt, oder darüber hinausgeht.
Als Schallgrenze werden üblicherweise sechs Monate betrachtet. Wenn sich "schlechte" Zustände danach nicht wieder gebessert haben, empfiehlt sich dringend die Konsultation von Fachleuten, um mal eine professionelle Meinung einzuholen.
Das würde ich auch Dir dringend empfehlen. Du leidest ja auch an den Folgen, von was auch immer, gehts nicht aus freiem Willen nicht in die Uni, sondern gezwungenermaßen, bist unsicher, beziehungsunfähig (?), hast Schlafprobleme...

Gerade wenn du keine Lust auf Medikamente hast, solltest Du Dir so früh wie möglich professionelle Unterstützung holen. Ob Du jetzt ne Depression hast / entwickelst, traumatisiert bist oder nur ein feedback zu Deinen Gedanken und Sorgen z.B. bzgl. Beziehungsführung etc. brauchst oder ... kann dir ja erstmal egal sein, die Ansprechpartner sind dieselben.

Welche Therapieform für Dich und Deine Probleme die erfolgversprechendste ist, kann ich Dir auch nicht sagen.

- Über Deinen Freund möchte ich nur schreiben, das Dinge wie Fremdgehen nur etwas mit Charakter und nicht etwa mit irgendwelchen Erkrankungen zu tun haben.

- Für viele praktische Probleme gibt es auch praktische Tips, dies ist übrigens der Schwerpunkt bei einer Verhaltenstherapie.
Vielleicht magst Du ja noch ein wenig schreiben, wie es Dir so geht, was Dich stört...
Einen ersten Tip kann ich Dir geben: Nicht bei dem Menschen, der sich nicht um eure Beziehung oder Dich gekümmert hat, nach Hilfe zu suchen. Aus der Ecke wird wohl nie etwas (Konstruktives) kommen.

- Die Beziehung hat Dir jedenfalls nicht gut getan. Das wichtigste ist jetzt auf jeden Fall, das Du etwas für Dich tust und Dein Leben wieder auf die Reihe bekommst.

Ich wünsche Dir dabei ganz viel Erfolg,

Liebe Grüße,

down_under