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Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 4. Mai 2015, 13:01
von Mohnblümchen
Hallo zusammen,

wie der Betreff schon sagt, interessiert mich, wer Erfahrungen mit langdauernden Therapien hat (über die üblichen Grenzen hinaus, bis zu der Krankenkassen zahlen)?

Bei mir ist es so: Ich habe seit meiner frühen Jugend (späten Kindheit) Depressionen. Damals wurde das aber nicht weiter beachtet oder gar behandelt. Erst vor ca. 2-3 Jahren (im Alter von 27) konnte ich mich zu einer Therapie durchringen. Zu diesem Zeitpunkt lag eine Depression, viele diffuse Ängste und eine Essstörung vor. Die Therapie, die ich machte, war eine Verhaltenstherapie (allerdings auch mit sehr tiefenpsychologischen Anteilen) und ich bekam die vollen 80 Stunden bewilligt. Danach galt die Therapie als beendet, aber meine Therapeutin gab mir die Möglichkeit bei Bedarf noch zweimal im Quartal zu kommen. Für mich ist dies nach wie vor eine große Hilfe und ich würde es auch gerne weiterhin so machen. Mir hilft beispielsweise allein der Gedanke, eine professionelle Unterstützung zu haben, wenn ich mal wieder sehr spät das Abdriften in die falsche Richtung merke. Abhängig von meiner Therapeutin fühle ich mich jedenfalls nicht.

Nun lese ich immer wieder, eine Therapie solle möglichst kurz sein und auf keinen Fall ausufern. Auf der einen Seite kann ich das verstehen, denke aber auch, dass jeder "Fall"/Patient so unterschiedlich ist und man durchaus auch von langfristiger Unterstützung profitieren kann. Vor allem als Prophylaxe bei rezidivierenden Depressionen.

Also, wer von euch kennt lange Therapiedauern, geht regelmäßig noch zu seinem Therapeuten oder hat sogar zwei Therapien bei einem gemacht? Wie ist eure "Verabredung" mit dem Therapeuten? Meldet ihr euch Bedarf? Habt ihr noch feste Termine?

Re: Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 4. Mai 2015, 13:25
von katyfel
Hallo Mohnblümchen,

bei mir liegt der Fall, krankenkassenbedingt, etwas anders, aber ich befinde mich, grade in Relation zu meinem Lebensalter, schon ziemlich lange in Therapie...
Seit über 4 Jahren bin ich in Therapie, d.h. ambulant, immer wieder unterbrochen von stationären Aufenthalten, und inzwischen bin ich 24.

Ehrlich gesagt, hätte ich mir natürlich auch gewünscht, dass meine "Probleme" durch schnellere Eingriffe auch schneller weggehen... aber jetzt erst habe ich den Eindruck, überhaupt erst eine deutliche Ahnung davon zu haben, was so alles problematisch ist bei mir, wodurch es bedingt ist etc...

Was ich gut finde am Ansatz "es soll so schnell wie möglich gehen" ist, dass ich jedem wünsche, sofort den/die richtigen Therapeut/in und die richtige Therapieform zu finden, da dann sofort mit produktiver und hilfreicher Arbeit anfangen zu können und das "durchzuziehen". Eben so lange, wie es braucht. Das kann dann, bei nur wenigen Faktoren und relativ geringem Leidensdruck (ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, mein Beispiel ist a immer das, was so gern als "Burnout" bezeichnet wird), auch schnell vorbei sein. Dann geht es dem Betroffenen wieder gut und die Therapie hat ihre Shculdigkeit getan...

Natürlich, und das würde ich gern groß, fett,... schreiben, auch wenn ich das sonst blöd finde ;), funktioniert das nicht bei komplexen Problematiken, wenn man wirklich alles angehen will und/ oder muss, um wieder "lebensfähig" zu sein.
Und, grade in so einer Situation, wie du sie beschreibst, hat glaube cih die Möglichkeit, einen "Profi", der einem vertraut ist, anrufen zu können, "mal" einen Termin machen zu können etc. die unglaubliche Sicherheitswirkung, die vielleicht einen tieferen Fall verhindern kann, sollte der nochmal auftreten, aber auch schon vorher die Ablösung von einer sog. "Hilfsbedürftigkeit" deutlich erleichtert.

Genauso "natürlich" finde ich es, zu reflektieren, was denn nun die Therapie als Prozess/ Institution und auch der/die Therapeut/in als Mensch für einen Stellenwert in meinem Leben haben... Dass diese für den Patienten nicht allein die Probleme lösen, das Leben wieder bunt machen etc. Aber, genauso wie du bei dir selbst schreibst, dass du nicht den Eindruck hast, prüfe ich das auch bei mir und teile den Eindruck nicht, und habe häufig das Gefühl, das wird als viel präsentere Gefahr dargestellt, als es tatsächlich von Intensität und Zahlen (der Patient/innen) realistisch ist.

Liebe Grüße,
Sinfonia

Re: Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 4. Mai 2015, 13:55
von Mohnblümchen
Hallo Sinfonia,

danke dir für deine Antwort.
Wie ist das bei dir mit der KK? Haben die erst eine ambulante, dann stationär und dann wieder ambulant bezahlt? Oder zahlst du selbst?

Ich finde "so schnell wie möglich" auch richtig (ja, beim "Burnout" setzt man sich schnell in die Nesseln. Ich bin allergisch gegen dieses Wort ;) ) . Nur ist eben "schnell" bei jedem anders. Ich habe bspw. die Dauer einer kompletten Kurzzeittherapie gebraucht, um wirklich Vertrauen zu fassen :oops: und dann noch lange, um zu verstehen, was los ist...

Grenzwertig ist es natürlich, wenn man mit jedem Problem, jeder Frage zu "seinem" Therapeuten geht. Ich mache das meiste mit mit bzw. meinen Freunden aus, bespreche da viel, erinnere mich, was ich in der Therapie gelernt habe, wende es an, etc. Und ich erwarte auch nicht, dass mein Therapeut mich zu einem glücklichen Menschen macht und ich nie wieder Probleme haben werde (ich glaube, das tun manche :? ).

Re: Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 4. Mai 2015, 16:29
von Zarra
Hallo Mohnblümchen,

"nicht übertreiben, aber soviel wie nötig" - meine Meinung und Erfahrung. Und es hängt natürlich von der Ausprägung und den Krankheitshintergründen oder Zusatzdiagnosen ab. Und Therapie sollte natürlich auch nicht "Lebensersatz" sein, sondern normales Leben wieder besser ermöglichen.

Und so wie es bei Dir lief, daß es noch diese Quartalstermine gab und daß Du Dich "bei Bedarf"/im Notfall melden kannst, ist es doch sehr gut. Und das bieten keineswegs alle Therapeuten an, ... aber vielleicht die qualifizierten und "ernsthaften". Und dieses eigene Innehalten und Schauen, was man ggf. noch braucht, ist ja auch nicht schlecht.

Ansonsten gibt es halt diese sog. zweijährige Wartephase - danach kann recht problemlos eine erneute Therapie beantragt werden, auch beim gleichen Therapeuten.

Ambulant und stationär/teilstationär wird übrigens völlig getrennt "abgerechnet".

Deine Worte wirken eigentlich so auf mich, als ob Dein Bedarf klar und keineswegs ungesund sei, ... Du aber aus irgendeinem Grunde meinst, Dir das nicht zugestehen zu dürfen.

Sehr lange Therapiedauern am Stück sind vermutlich allein aufgrund der Krankenkassengegebenheiten unüblich. Gar nicht ungewöhnlich kommen mir hingegen mehrere Therapien bei einem längerdauernden Krankheitsverlauf vor.

LG, Zarra

(EDIT: Tipp- und Grammatikfehler)

Re: Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 6. Mai 2015, 21:32
von johanna73
Hallo Mohnblümchen,

ich sehe es ähnlich wie sinfonia und Zarra - natürlich sollten es nicht allzu viele Stunden mehr als nötig sein, aber es gibt eben Symptome mit komplexeren Ursachen, und da können 80 Stunden eben unter Umständen nicht ausreichen. Ich habe eine Analyse mit ca. 500 Stunden hinter mir (viermal die Woche, eine Stunde davon selbst finanziert), nachdem die Kassenfinanzierung vorbei war, war klar, dass die Analyse erst einmal nicht weiterging, ich bekam aber trotzdem von Zeit zu Zeit (ca. einmal alle 8 Wochen) einen Termin, der dann im Sitzen stattfand. Nun habe ich mir seit etwas über einem Jahr wieder Hilfe geholt (Psychoanalyse im Sitzen, zweimal die Woche), dort sind die ersten 120 Stunden nächstens vorbei und es werden weitere 80 beantragt.

Auch mir kommen natürlich Gedanken, ob ich zu sehr abhängig bin von der Therapeutin. Wenn es darum geht, bestimmte Dinge aufzuarbeiten, dann stimmt das natürlich, ich bin abhängig von professioneller Hilfe bzw. einem Gesprächspartner, der den Raum dafür gibt und Anstöße für die ein oder andere Deutung gibt. Und ich merke, dass ich noch immer in manchen Wiederholungsmustern gefangen bin, die mir nicht bewusst sind (gerade was die Trennung von der Mutter angeht, wo ich immer geglaubt habe, auf eigenen Füßen zu stehen, sehe ich nun, wie sehr ich mich anscheinend unbewusst mit ihr identifiziere). Aber in anderen Dingen wie z.B. alltäglichen Lebensentscheidungen übernehme ich selbst die Verantwortung.

Liebe Grüße j.

Re: Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 6. Mai 2015, 23:16
von johanna73
Noch ein Nachtrag: Auf den Seiten des Frankfurter Sigmund-Freud-Institut gibt es Informationen zu einer Langzeitstudie über die WIrksamkeit von Langzeittherapien bei chronischer Depression, hier der Link:

http://www.sfi-frankfurt.de/forschung/f ... ibung.html" onclick="window.open(this.href);return false;

Ohne jetzt im Einzelnen alles durchglesen zu haben, meine ich zu erinnern, dass Leuzinger-Bohleber etwas zu den Ergebnissen dieser Studie publiziert hat. Die Ergebnisse scheinen insgesamt viel versprechend, da bei Langzeittherapien zwar der Erfolg nicht sofort eintrete, dafür aber die Wirkung langfristiger, wenn nicht dauerhaft, anhalte und es zu weniger "Rückfällen" komme. Das macht doch Hoffnung und spricht dafür, sich auf längere Therapiezeiten einzulassen. Voraussetzung ist natürlich, dass man auch wirklich ein grundsätzliches Vertrauen in die Arbeit mitbringt ...

LG j.

Re: Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 7. Mai 2015, 14:17
von Mohnblümchen
Hallo Zarra, hallo Johanna73,

mich hat einfach interessiert, ob es noch mehr Menschen gibt, die über die übliche Stundenanzahl hinaus zu einem Therapeuten gehen, da ich in meinem Umfeld niemanden kenne (wobei den meisten auch die von der Krankenkasse bewilligten Stunden gereicht haben).

Für mich persönlich fühlt es sich auch stimmig an. Ich lasse mich nur leicht von Aussagen wie "also wenn man mehr als X Stunden braucht, wird das nichts mehr", "das Problem Y sollte in X Stunden in den Griff zu bekommen sein" oder "viele Stunden schaden mehr als das sie was bringen" etc. irritieren. Dann springt der Kopf an und ich werde unsicher. Manchmal empfinde ich es auch als unverdienten "Luxus" noch immer zu meiner Therapeutin gehen zu können. Das entspringt aber mehr der klassischen Angst, Hilfe nicht verdient zu haben bzw. sie verdienen zu müssen. Manchmal bin ich auch so wütend auf mich und es ist mir schrecklich unangenehm noch hin und wieder dort Termine zu haben, weil ich kognitiv mein Problem verstanden habe, weil ich weiß, was ich tun kann/sollte und trotzdem komme ich an Punkte, an denen ich wie handlungsunfähig bin oder trotz des Handelns sich nichts bewegt oder verbessert...

Grundsätzlich kläre ich auch 98% der Probleme im Alltag mit mir selbst - oder mit Freunden - und renne nicht mit jeder Frage oder jedem Problem zur Therapeutin (dann würde sich sicherlich auch was sagen). Dorthin gehe ich nur, wenn die kleine Warnleuchte blinkt und ich das in der Therapie Gelernte aus irgendeinem Grund nicht anwenden kann.

@johanna73: Danke dir für den Link. Werde ich mir gleich anschauen. // Warst du mit einer Diagnose in Therapie oder mit verschiedenen? Bist du noch beim gleichen Therapeuten?

Viele Grüße!

Re: Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 7. Mai 2015, 20:50
von Stepha
Hallo zusammen,
auch ich bin über die von der Krankenkasse genehmigten Stunden hinaus noch bei meiner Therapeutin in Behandlung - jetzt auf eigene Rechnung, aber immer noch wöchentlich.
Zwar habe ich nach den genehmigten Stunden gezweifelt, ob ich das Recht habe, überhaupt weiter Stunden zu nehmen. Geholfen hat mir die Äußerung einer Freundin, die sagte: "Wieso lässt du zu, dass die Krankenkasse entscheidet, wie viel Hilfe du brauchst. Die vorgegebene Stundenzahl ist doch nur ein Durchschnittswert."
Demnächst sind die 30 vereinbarten Stunden aufgebraucht und ich habe meine Therapeutin angesprochen, ob eine Verlängerung noch möglich wäre. In den nächsten Stunden werden wir uns damit beschäftigen, ob das sinnvoll ist oder nicht. Aussage meiner Therapeutin: "Ich weiß auch noch nicht, was für Sie gut ist." Auch das ist ein Hinweis, dass eine weitere Verlängerung mir helfen könnte und auch gar nicht abwegig ist.
Viele Grüße
Stepha

Re: Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 7. Mai 2015, 21:58
von johanna73
Huhu Mohnblümchen, huhu Stepha,

zur Frage, welche Diagnose mir gegeben wurde, kann ich nichts sagen, da mir beide Therapeuten die Diagnose nicht mitgeteilt haben. Sie meinten, das würde mich nicht weiterbringen. Zur jetzigen Therapie nehme ich begleitend Antidepressiva, aber nicht unbedingt, um Depressionen in den Griff zu kriegen, sondern damit mich in der Therapie die starken Gefühle nicht ganz so schlimm überwältigen. Meine Therapeutin meint, wenn meine Gefühle an bestimmten Stellen so stark sind, dass ich nicht sprechen kann und mich nur noch ohnmächtig fühle, dann wäre es besser, diese Gefühle ein wenig abzumildern, damit wir uns diesen Gefühlen wenigstens nähern können und daran arbeiten können. Klingt für mich plausibel. Was meine Diagnose angeht, vermute ich, dass ein Teil Depression dabei ist (typische Gedanken und Verhaltensweisen, die in Tests zu diesem Ergebnis führen). Aber letztlich bringt einen diese Bezeichnung, hinter der sich so viele verschiedene Lebensgeschichten verbergen, nur bedingt weiter.

Mich erstaunt es immer wieder, zu hören, dass anscheinend die meisten Patienten von ihren Therapeuten über ihre Diagnose aufgeklärt werden ... (klar, wenn man Tabletten gegen Psychosen bekommt, weiß man natürlich, was los ist, aber so wie meine Therapeutin meinte, dass meine Medikamente nicht allein gegen die Traurigkeit, sondern auch gegen die überwältigende Macht der Gefühle seien, sagen ja auch Medikamente nur begrenzt darüber etwas aus, was mit einem los ist).

Wir haben uns darauf geeinigt, dass es darum geht, eigenständiger zu leben (äußerlich tue ich da ja auch halbwegs, nur psychisch eben nicht wirklich).

Die Schuldgefühle, dass andere Patienten mehr aus den vielen Therapiestunden machen würden, kenne ich auch, die kommen immer noch ab und an wieder (am Beginn, als ich noch 4 Std. die Woche hatte, waren diese Gefühle natürlich sehr stark).

LG j.

Re: Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 8. Mai 2015, 15:40
von Mohnblümchen
Hallo Stepha,
ja, deine Freundin hat sehr Recht... Die Krankenkasse kalkuliert für sich in erster Linie wirtschaftlich und nicht so, dass es den Menschen gut geht.... Ich war zu Beginn meiner Therapie manchmal sehr sauer, weil meine Therapeutin immer meinte: "Lassen Sie sich Zeit." oder "Wir haben Zeit" und ich dachte aber, ich müsste mich beeilen und alles müsse schnell gehen, weil ich doch nur begrenzte Stunden habe.... Wobei wir uns in Deutschland nicht beschweren können. Ich bin schon sehr dankbar, dass die Krankenkasse überhaupt Psychotherapien bezahlt. In anderen Ländern schaut das ganz anders aus.
Drück dir die Daumen, dass du zusammen mit deiner Therapeutin einen guten Weg für dich findest! Schön, dass sie da scheinbar auch keine vorgefertigte Meinung hat, ab wann du wieder ohne Hilfe "funktionieren" musst/sollst, etc., sondern ihr euch das gemeinsam anschaut und dann entscheidet.

huhuu Johanna,
ich glaube, wir haben die gleiche Therapeutin :-D In meiner dritten Therapiestunde oder so habe ich sie auch gefragt, welche Diagnose ich denn nun habe, weil das doch gaaaanz wichtig sei. Sie fand das überhaupt nicht wichtig - für sie war die Diagnose in erster Linie notwendig, um mit der Krankenkasse abrechnen zu können. Es sind dann zwar, auch im Laufe der Zeit, Diagnosen gefallen, aber es war nie Thema in der Therapie. Für sie war es auch wichtig, mit mir gemeinsam zu schauen, wo ich welche Probleme habe, wie sie entstanden sind und was ich/wir tun können. Ganz unabhängig davon, welches "Label" nun im Vordergrund steht. Einerseits fand ich das sehr gut, dass sie kein Schubladendenken hat und auch ihre Therapie nicht nach Schema F durchführt, sondern auf dein Einzelnen angepasst. Andererseits kann eine klare Aufklärung über eine Krankheit auch helfen, sich selbst noch besser zu verstehen. Als ich bspw. wusste, dass ein Teil meiner Problem sich Depressionen nennen lässt, fand ich es sehr hilfreich, viel darüber lesen zu können und in Büchern oder im Internet auch Fragen beantwortet zu bekommen, die ich mir stellte und die ich nicht alle mit in die Therapiestunden bringen konnte.

Sonnige Grüße an euch!

Re: Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 9. Mai 2015, 18:41
von johanna73
Hallo Mohnblümchen - ja, natürlich hilft es manchmal, etwas zu lesen. Aber wenn ich überlege, verändert sich mein Verhalten wohl doch eher durch bestimmte Momente in der Therapie, wo es um meine konkreten Vorstellungen und Phantasien geht, und vielleicht nur in zweiter Linie durch die Lektüre.

Regengrüße j.

Re: Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 21. Mai 2015, 20:39
von Katerle
Mohnblümchen hat geschrieben:Hallo zusammen,

wie der Betreff schon sagt, interessiert mich, wer Erfahrungen mit langdauernden Therapien hat (über die üblichen Grenzen hinaus, bis zu der Krankenkassen zahlen)?

Bei mir ist es so: Ich habe seit meiner frühen Jugend (späten Kindheit) Depressionen. Damals wurde das aber nicht weiter beachtet oder gar behandelt. Erst vor ca. 2-3 Jahren (im Alter von 27) konnte ich mich zu einer Therapie durchringen. Zu diesem Zeitpunkt lag eine Depression, viele diffuse Ängste und eine Essstörung vor. Die Therapie, die ich machte, war eine Verhaltenstherapie (allerdings auch mit sehr tiefenpsychologischen Anteilen) und ich bekam die vollen 80 Stunden bewilligt. Danach galt die Therapie als beendet, aber meine Therapeutin gab mir die Möglichkeit bei Bedarf noch zweimal im Quartal zu kommen. Für mich ist dies nach wie vor eine große Hilfe und ich würde es auch gerne weiterhin so machen. Mir hilft beispielsweise allein der Gedanke, eine professionelle Unterstützung zu haben, wenn ich mal wieder sehr spät das Abdriften in die falsche Richtung merke. Abhängig von meiner Therapeutin fühle ich mich jedenfalls nicht.

Nun lese ich immer wieder, eine Therapie solle möglichst kurz sein und auf keinen Fall ausufern. Auf der einen Seite kann ich das verstehen, denke aber auch, dass jeder "Fall"/Patient so unterschiedlich ist und man durchaus auch von langfristiger Unterstützung profitieren kann. Vor allem als Prophylaxe bei rezidivierenden Depressionen.

Also, wer von euch kennt lange Therapiedauern, geht regelmäßig noch zu seinem Therapeuten oder hat sogar zwei Therapien bei einem gemacht? Wie ist eure "Verabredung" mit dem Therapeuten? Meldet ihr euch Bedarf? Habt ihr noch feste Termine?
Hallo Mohnblümchen,

auch ich hatte bereits schon frühzeitig mit Depressionen zu kämpfen, was aber übersehen bzw. nicht erkannt wurde und so begab ich mich, nach stationären Aufenthalten, nachdem ich einen Zusammenbruch hatte und mir eine ambulante Therapie von der Klinik dringend empfohlen wurde, in therapeutische Behandlung. (Nach meinem ca. 30. Lebensjahr). Danach folgten noch Rehaaufenthalte. Die von der Krankenkasse genehmigten Stunden reichten nicht aus, so das wir auch Verlängerung beantragten und zwei Jahre später erneut einen Antrag stellten. Ich gehe auch noch heute in dreimonatigen Abständen zu meiner Therapeutin, weil es mir guttut und weil es ganz einfach notwendig war, mich langwierig in Therapie zu begeben. Es war seit meiner frühesten Kindheit sehr viel an Erfahrungen zusammengekommen, was ich erst alles aufzuarbeiten hatte, um es dann zu verarbeiten. Deshalb fühle ich mich nicht abhängig von meiner Therapeutin. Wenn es mir schlecht geht, dann darf ich auch mal anrufen, was ich allerdings nur im äußersten Notfall tue. Aber das ist mir schon eine Unterstützung. Ich denke auch, dass bald ein Ende in Sicht ist, denn meine Therapeutin ist eigentlich nun im Ruhestand. Für mich war das auf jedem Fall bis jetzt eine Bereicherung gewesen.

Liebe Grüße

Re: Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 4. Jun 2015, 17:54
von Anna-Barbara
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Re: Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 6. Jun 2015, 00:07
von Sieglinde1964
Ich bin seit 8 Jahren in ambulanter Therapie, wobei ich nun auch nur noch alle 6 Wochen bei meinem Therapeuten bin. Neben meiner mittelschweren Depression wurde bei mir noch eine selbstunsichere (ängstlich vermeidende) Persönlichkeitsstörung diagnostiziert wegen der ich zurzeit noch behandelt werde.

Re: Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 16. Jun 2015, 11:48
von Mohnblümchen
Schön zu lesen, dass es doch einige gibt, die auch Erfahrungen mit einer längeren Therapiedauer haben...
Ich bin gerade an dem Punkt, an dem ich entscheiden muss, wie es weitergehen soll: Mit meiner Therapeutin sprach ich in der letzten Sitzung (vor ca. einem Monat) über ein "Problem", das aktuell noch besteht. In einem Nebensatz meinte sie, eine weitere Therapie würde nochmal sinnvoll für mich sein und erzählte mir sonst von Selbsthilfegruppen bzw. therapeutisch begleitete Gruppen, die für mich diesbezüglich in Frage kommen könnten. Ich habe dort tatsächlich ein Termin für ein Vorgespräch gemacht, was nun kürzlich stattfand. Die Therapeutin dort sagte, ich könne zwar gerne an einer Gruppe teilnehmen, aber sie würde mir aufgrund meiner Schilderung definitiv eine weitere Therapie empfehlen. Da meine letzte Therapie 1,5 Jahre zurückliegt empfahl sie mir ein Wechsel der Therapierichtung und war sehr überzeugt davon, dass ich dann eine neue Therapie bewilligt bekommen würde. Nun habe ich sogar Telefonnummern von Therapeuten bekommen, die in Frage kämen - teilweise gibt es dort aber wohl lange Wartezeiten.
Ich bin nun sehr hin und hergerissen: Gerne möchte ich dieses "Problem" angehen bzw. weitergehend bearbeiten, aber ich bin nicht sonderlich motiviert mir eine neue Therapeutin zu suchen (ggf. bei mehreren die probatorischen Sitzung in Anspruch nehmen, bis es passt), wieder Vertrauen aufzubauen, meine Geschichte von vorne erzählen zu müssen, etc... Am liebsten würde ich noch eine Therapie bei meiner bisherigen Therapeutin machen, da hier zumindest schonmal die Basis besteht, aber ich weiß weder ob das möglich ist, noch, ob es sinnvoll ist.

Re: Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 17. Jun 2015, 17:30
von Zarra
Hallo Mohnblümchen,

für mich liest sich das so, als ob Du Dich innerlich längst entschieden hättest - Dir das aber irgendwie nicht traust. Nämlich bei der Dir bekannten, vertrauten und geschätzten Therapeutin in einem halben Jahr weiterzumachen mit einer dann neu beantragten Therapie. Das ist möglich! Denn dann sind ja diese zwei Jahre "Wartezeit", "Sperrzeit" um. Und früher würdest Du wahrscheinlich bei anderen Therapeuten auch keinen Therapieplatz bekommen - obwohl Ausnahmen natürlich der Regel zuwiderlaufen.

Das einzige, was meiner Meinung nach dagegensprechen könnte, wäre, wenn es sich um ein sehr tiefenpsychologisch anzugehendes Problem handelt und das der VT-Therapeutin zu tiefenpsychologisch ist.
Zu wissen ist ferner, daß tiefenpsychologisch etwas mehr Therapiestunden möglich sind als verhaltenstherapeutisch. Doch wenn Du mit der Dir bekannten Therapeutin gut kannst und sie als kompetent und passend empfindest, finde ich, daß das nicht ins Gewicht fallen sollte.

Wenn es zusätzlich möglich ist, an einer Gruppe teilzunehmen, ist das sicher zusätzlich eine gute Möglichkeit - da ergeben sich teils einfach andere Ansatzpunkte und Fragestellungen.

LG, Zarra

Re: Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 18. Jun 2015, 12:41
von Mohnblümchen
Hallo Zarra,

vielen Dank für deine Antwort. Und ja: Du hast vielleicht recht.... Wobei ich noch gar nicht weiß, ob meine bisherige Therapeutin überhaupt bereit wäre, eine weitere Therapie zu beantragen. Ihre Aussage, dass noch eine Therapie für mich sinnvoll sein könnte, war sehr allgemein formuliert. Ich weiß also noch nicht, ob sie mich dann in einer anderen Therapieform bzw. bei einem anderen Therapeuten sieht oder ob es auch bei ihr weitergehen kann. Diese Frage werde ich bald klären (müssen) und habe ein wenig Angst davor... Angst vor einem Nein. Denn dann würde ich tatsächlich von vorne anfangen müssen (Therapeuten abtelefonieren, kennenlernen, etc.) und ich weiß nicht, ob ich dazu aktuell die Energie habe. Aber der Konjunktiv bringt hier nichts - ich muss es einfach ansprechen.

Und ob eine Therapie bei ihr noch einmal sinnvoll ist, kann ich auch nicht einschätzen. Ich sehe Vor- und Nachteile. Aber wahrscheinlich ist es am Sinnvollsten auch das mit ihr zu besprechen und ihre Sichtweise zu erfahren. Sie kennt mich und mein Problem am besten.

Meine Therapie war übrigens nie eine VT nach Schema F bzw. klassisch an den Leitlinien orientiert. Es gab also viele Stunden in denen wir uns intensiv mit der Vergangenheit beschäftigt haben und den Ursachen, denen meine Probleme zu Grunde liegen. Ich kann mir somit gar nicht vorstellen, was dann im Unterschied dazu in einer tiefenpsychologischen Therapie gemacht wird und ob es mich nochmal weiterbringen kann.

LG!

EDIT: Angeblich - so die Therapeutin in der Beratungsstelle - ist es auch wahrscheinlicher eine weitere Therapie bezahlt zu bekommen, wenn die Form geändert wird. Hier könne man dann gut begründen, dass bspw. eine VT nicht ausgereicht hat, um das Problem zu beheben und man jetzt noch einmal tiefer gehen müsse.

Re: Erfahrungen mit langer Therapiedauer

Verfasst: 26. Aug 2015, 13:19
von Ökohippie
Hallo Mohnblümchen,

was jetzt hier nicht erwähnt worden ist, sind Medikatmente. Ich meinen Fall 37 J (14 Jahre tiefenpyschologisch fundierte Th, 1 Stationsaufenthalt, 1,5 Jahre SSRI ) würde hervorheben, dass kein Arzt bestimmen kann, ob deine Depression durch eine Lebensbelastung oder ein schlechtes Transmittersystem im Gehirn liegt. Das heißt, nach Meinung von Psychiater kannst du dich nicht als geheit betrachten und solltest regelmäßig 2-3 im Jahr zu Kontrolle, wenn der Psychiater gut ist, lässt er Dich einen Beckisches Inventar machen. So kann die Symtombelastung gemessen werden, und ggfs. eine VT oder eine Medikament beantragt werden.

In den vorangegangenen Stellungnahmen wird ein Loblied auf die individuellen Betreuung durch Psychologen gesungen, ich warne davor.

30 % aller depressiven haben Wiederholungsepisoden, daher sollten alle Depressiven darauf eingestellt sein.

Ökohippie