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Wann kommt die Wut ?

Verfasst: 22. Apr 2015, 21:28
von MUT65
Guten Abend Zusammen,

ich eröffne mal einen neuen Tread, weil ich im "freischwimmen" mich
ja eher selbst reflektiere.

Ich finde all Eure Gedanken lesenswert, stelle aber immer wieder fest,
dass mir scheinbar ein wichtiges Gefühl fehlt, nämlich das wütend sein...

WUT
WUT
WUT

ist ja nicht so, dass ich dieses Gefühl gar nicht kenne - wie oft bin ich wütend auf
MICH - weil ich nicht wirklich voran komme - ich lese z.B. die Gedanken von Pia und
empfinde beinah Enttäuschung dass ich es für mich nicht ähnlich fühlen kann.

Sie schreibt, dass ihr WUT hilft - vorallem beim los lassen.
Ich kann nicht wütend auf meinen Expartner sein - sein Leben hat er zur Zeit
( seit vielen Jahren !!) an die Wand gefahren. Sich nach einer gescheiterten Selbst-
ständigkeit nicht gekümmert - alles schleifen lassen - irgendwann einfach die böse
Post nicht mehr geöffnet und so kam, was kommen musste.....

Im Sommer wäre er, wenn nicht ein Freund ( zum Glück dieses Mal nicht ich!!)
verhaftet worden - Es ging um 1000 Euro die er wohl einfach nicht gezahlt hat -
trotz mehrfacher Aufforderungen - aber was man nicht liest, ist scheinbar nicht
vorhanden ????

Er erzählte mir ganz ruhig und gefasst davon - wollte es los werden, fragte zu
Beginn des Telefonats "sitz Du?"

Und die GUTE MUT hört ja immer zu, wenn ER es brauchte.
So erfuhr ich, dass zwei Kripoleute vor seiner Tür standen und einen
Haftbefehl hatten - einzige Lösung, es zahlt jemand umgehend diese 1000 Euro.

Er erzählt es sonderbar ruhig und wenig emotional - so als sei es die Geschichte
eines Anderen.

Zeigt es doch aber, dass er noch immer nicht sein Leben im Griff hat.

Worauf soll ich da wütend sein?

Mein Expartner hat zwei Söhne (20 und 11 Jahre alt ) aus erster Ehe- er liebt
seine Jungs und ich weiß wie sehr er sich schämt, beruflich und menschlich so
am Boden zu sein.

Worauf soll ich da wütend sein ?

Wir haben uns sehr geliebt - 2,5 Jahre - das Geld war knapp - es war UNS ( MIR!!)
nicht so wichtig. Immer wieder sagte ich ihm, dass mich meine reiche Bankerehe nicht
so glücklich gemacht hat, wie unsere Zeit.
Wir schliefen einmal an der Nordsee in einem Zimmer für 18 Euro die Nacht - einfach
raus aus der Stadt - WC auf dem Flur - es war e g a l und ich habe diese Tage als
die schönsten in meinem Leben in Erinnerung.

Worauf soll ich da wütend sein ?

Darauf dass all meine allerbesten Absichten, nicht gegen diese scheiss Depressionen
ankommen ?

Liebe Pia, mir geht es ähnlich wie Dir - auch mein Expartner legte sich am Anfang unserer
Beziehung sehr ins Zeug um mir zu zeigen, dass er MICH will.
Ich hatte zu der Zeit ziemliche Probleme mit meinem pupertierenden Sohn ( damals 15 )
Mein Expartner wurde ein wichtiges Bindeglied und rettete so manche schlimme Situation.

Wir waren uns immer auf Augenhöhe nah und hatten fast indentische Bedürfnisse
nach Nähe und Zweisamkeit - das empfanden wir Beide als großes Glück....

Auf was soll ich da wütend sein?

Mein Expartner hat mir nie die "Schuld" an seiner Depression gegeben.
Im Gegenteil - im letzten Jahr, als er plötzlich wieder über sich sprechen konnte,
betonte er erneut, dass alles nicht so gekommen wäre, wäre er nicht wieder und wieder
arbeitslos geworden - und dass ich nichts hätte aufhalten, bzw. anders machen hätte
können.

Auf WAS soll ich nur wütend sein.......????

Versteht ihr, ich denke ( und hoffe....!!) noch immer, dass wir ne neue Chance
haben, wenn es ihm nur wieder halbswegs besser gehen würde....so wie im letzten
Jahr....

Ich weiß, das WUT ein ungeheurer Motivator für mich ist. Wenn ich mal wütend sein
konnte, war die Traurigkeit weg, oder viel weniger. Wie gut sich das angefühlt hat ;)

Nehme gern "Tips" bezüglich WUT entgegen.

Grüße
Eure
Mut

Re: Wann kommt die Wut ?

Verfasst: 22. Apr 2015, 23:14
von mirabella
Liebe Mut,
Ich musste ja schon fast ein wenig Schmunzeln über Deinen Beitrag;-)

Woher du die Wut nehmen sollst, kann ich die auch nicht sagen.
Hätte mein Mann sich nicht so verhalten wie er sich in seiner Depression verhalten hat, wäre ich wahrscheinlich auch noch nicht so weit.

Du hast Recht, Wut ist vielleicht das Einzigste was hilft sich zu lösen.

Es gibt nur 2 Möglichkeiten:
Du findest einen anderen Weg dich zu lösen, weil wütend kannst du nicht sein.
Oder du wartest, er kommt gesund zurück und alles wird gut.

So oder so wird es gut werden :-)

LG

Re: Wann kommt die Wut ?

Verfasst: 23. Apr 2015, 00:02
von lucky8
Liebe Mut....
ich bin wütend, und zwar auf die Krankheit, die mich traurig und hilflos macht, mir meinen Partner genommen hat. Die Wut hilft mir aber leider auch nicht weiter.....
Liebe Grüße, viel Kraft und Zuversicht und etwas Wut
lucky

Re: Wann kommt die Wut ?

Verfasst: 23. Apr 2015, 07:48
von balsamico
.

Re: Wann kommt die Wut ?

Verfasst: 23. Apr 2015, 08:26
von mirabella
Genauso sehe ich das auch, wie balsamico es beschrieben hat.
Allerdings war zu erst deine Wut da.
Bei mir ist es nicht anders. Ich war erst wütend, dann habe ich gelernt mich mit dem Gedanken auseinander zu setzten wieder alleine zu sein und dieser Gedanke wurde immer annehmbarer.
Jetzt tut es nicht mehr so weh, obwohl die Gefühle noch da sind.
Ich denke die Wut ist Selbstschutz um wieder auf den richtigen Weg zu finden.

Vielleicht ist Mut noch nicht soweit Wut zu empfinden.

LG

Re: Wann kommt die Wut ?

Verfasst: 23. Apr 2015, 09:49
von balsamico
.

Re: Wann kommt die Wut ?

Verfasst: 23. Apr 2015, 10:34
von mirabella
@balsamico
Du hast PN :-)

Re: Wann kommt die Wut ?

Verfasst: 23. Apr 2015, 14:32
von Pia again
Hey Ihr Lieben :hello: ,

meinerseits heute im Tiefflug; dass sonnige
Wetter ist einfach zu schön, um am PC zu sitzen ............

Wut war mein Weg; kein genereller Ansatz;
sonst hätte ich ´s vermarktet, wäre jetzt reich und könnte den ganzen Tag Sonne genießen, nicht mehr arbeiten und schnell Beiträge schreiben :)

Im Ernst:

Mut: bei Dir sehe ich einen riesengroßen Unterschied, der in meinen Augen sehr viel ausmacht (es sei denn, ich hab malwieder nix mitbekommen):

wir haben einige Jahre zusammengelebt (also nicht Du und ich - bin heut witzig ;-) - ; sondern mein Mann und ich) .

Als Fernbeziehung oder Wochenendbeziehung (sofern ich das nicht so massiv ablehnen würde, wie ich es tue) wäre dies anders gelaufen; da würde es schätzungsweise heute noch genau so laufen (mein Mann hätte nie Schluss gemacht).

Lebst Du zig Jahre mit einem Dauer-psychisch Kranken (mein Mann hatte wenn überhaupt nur tageweise Partnerschaft leben können in den 4 Jahren der Akut-Tief-Phase) zusammen: glaub mir:
da kannst Du nur selber depressiv werden ( :hello: Balsamico ´s Argumentation), bist so oberflächlich, dass das alles eh nicht tief geht oder: wirst halt wütend.

Nein, meines Erachtens liegt der "Hase" woanders begraben (ich hab ´s gelesen, bin selber gar nicht so schlau, aber ist schon toll, so Schlaues von sich zu geben :D ):

destruktive Beziehungen ( :hello: Onkel Google; destruktive Beziehung * Narzissmus) haben halt auch ihren Turn, wie sie funktionieren........

Wie schreibt der kluge Mann, der den Artikel verfasst hat:

narzisstische, destruktive Beziehungen (es können auch beide narzisstisch veranlagt sein...... ) haben auch Positives, sonst hätten wir ja längst aus Selbsterhaltung den Abgang gemacht.

Will heissen: jeder kehre mal vor seinem Haustürchen und gucke mal so in sich selbst, was ihn wirklich an der destruktiven Beziehung so hält?

Vorschlag:

- das Gefühl Gebraucht zu werden,
- das gute Gefühl ein Gutmensch zu sein,
- bei Zusammenleben: wirtschaftliche Gründe,
- Angst vor dem Alleinsein,
- das Gefühl, schlecht behandelt zu werden,
wird benötigt; es kann nicht ertragen
werden, wenn keine Probleme vorliegen.

Mehr fällt mir grad nicht ein.
Ist natürlich logischerweise bei Weitem keine
abschließende Aufzählung.

Soll heissen: solange wir selber nicht auch ein oder mehrere große, psychische Probleme haben oder sonstige Neigungen darauf zu stehen, wenn ´s einem schlecht geht, ist irgendwo doch ein Gewinn für uns.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.

Schön wär´s.

Wie hab ich gelesen:

wenn ´s gut läuft, entwickeln sich an einer destruktiven Beziehung halt beide "Partner" und dann kann es doch irgendwann mal da ankommen, wo eine erwachsene Partnerschaft hingehört: auf Augenhöhe......

zieht einer der Partner nicht mit, entwickelt sich nicht, kann sich nicht entwickeln, nicht in dem Tempo, was weiss ich: bleibt nur eines:

(psychisch) gesund den Abgang machen.

@ Balsamico: mit Nähe / Distanz hat das vielleicht gar nicht mal so groß zu tun: sondern mit den Auswirkungen von früher:

ist Dein Partner auch "Kind" einer psychisch kranken Mutter oder Vater?

Auch das ist ergoogelbar;
ein Spezialfall mit nochmal ganz anderen Auswirkungen auf die heute erwachsenen Kinder, als sonstige Depressionsgründe.

Dann ist Kommunikation / mit dem anderen auseinandersetzen nämlich für Kinder von psychisch kranken Eltern u.U. ein großes Problem.

Dann nimmt das Denkvermögen (kein Scherz, kein Zynismus) ab, was dann die Kommunikation noch mehr erschwert, falls möglich; ihr kennt doch alle das berühmte getriggert werden..... so in der Art halt.

LG
Pia, die in die Sonne flitzt (bis demnächst :hello: )

Re: Wann kommt die Wut ?

Verfasst: 23. Apr 2015, 23:23
von rosileinchen
Hallo,

wenn ich das alles wieder mal so lese, denke ich immer wieder, dass könnte ich geschrieben haben. Ist frappierend, wie sich unsere Geschichten ähneln.

Ich schwanke ständig zwischen Wut...Wut auf die Krankheit, die mir einen tollen Mann entfremdet, ihn mir sogar wegnimmt? Wut auf mich, dass ich trotz allem nicht den kompletten Absprung schaffe, weil die Gefühle einfach so stark sind, Wut auf....auf..auf....
Dann wieder wie auch geschrieben von Mut das Gegenteil.....es war (wird wieder?) eine tolle Zeit, irgendwann muss er doch gesund werden?
Hoffnung auf "bessere" Zeiten?

Hoffnung, Liebe, Wut....was bringt es denn? Was bringt mich (uns) denn irgendwie weiter?

Gruß von einer nachdenklichen Rosi

Re: Wann kommt die Wut ?

Verfasst: 23. Apr 2015, 23:35
von Mimie
Hallo Rosi,

ich liege auch mal wieder im Bett und mache mir Gedanken über die selben Gefühle die du beschreibst,wie fast jeden Abend.Auch ich habe meinen tollen Mann an diese Krankheit verloren und fühle mich hilflos.

Es bleibt uns nur die Hoffnung.

LG

Re: Wann kommt die Wut ?

Verfasst: 24. Apr 2015, 00:00
von rosileinchen
Können/dürfen wir denn wirklich Hoffnung haben?

LG

Re: Wann kommt die Wut ?

Verfasst: 24. Apr 2015, 07:27
von balsamico
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Re: Wann kommt die Wut ?

Verfasst: 24. Apr 2015, 07:55
von balsamico
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Re: Wann kommt die Wut ?

Verfasst: 24. Apr 2015, 16:28
von Sunshine90
balsamico hat geschrieben: Weil ich es nicht verstehe und solche Situationen künftig gerne vermeiden möchte, frage ich nach, warum er sich so verhält, ich möchte es verstehen. Und genau da macht er dicht, verlässt den Raum oder schweigt mich an. Das verstehe ich noch weniger und frage nach und schon sind wir in diesem Teufelskreis. Ich nerve, er zieht sich zurück, ich bin geschockt, dass sich so etwas nicht besprechen lässt usw.

Jetzt versuche mal auf dieser Ebene ein Gespräch über Beziehungsthemen zu führen. Ist praktisch unmöglich.
Liebe balsamico,

dieses Problem kenne ich leider nur zu gut. Lösung? Fehlanzeige. Ich versuche es mit Geduld, denn ab und zu (viel zu selten) können wir reden und er kann sich mir etwas öffnen und ich bekomme Antworten, aber es häuft sich ja auch immer mehr an, das nicht geklärt werden kann. Ich finde das ganz fürchterlich.

Ich bin immer eher traurig und verletzt, aber selten wütend und habe mich selbst schon ot darüber geärgert. Ich wäre gerne öfter mal wütend, statt einfach traurig um die schlechten Gefühle besser kanalisieren und nutzen zu können, ich hab das Gefühl ich könnte dann leichter Grenzen setzen und für meine Bedürfnisse einstehen, dass es ein "produktiveres" und "nützlicheres" Gefühl für mich wäre, als diese Traurigkeit und Verletztheit, die zu Angst davor führt und mich eher dazu bringt abzuwarten und nichts zu tun/machen um es nicht noch schlimmer zu machen, es mir erschwert klare Grenzen zu setzen und diese durchzuziehen.

Liebe Grüße
Sunshine