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Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 25. Feb 2015, 13:42
von pamina-san
Hallo,
ich melde mich hier, weil ich als Angehörige Unterstützung und ein offenes Ohr suche.
Ich lebe gemeinsam mit meinem Freund, dessen 15-jährigen Tochter und meiner eigenen 8-jährigen Tochter seit 3 Jahren zusammen. Der ältere Sohn, 19, ist im letzten Sommer ausgezogen. Die Eltern der beiden Großen sind seit 7 Jahren getrennt, haben allerdings kein gutes Verhältnis zueinander. Soweit zur Familienkonstellation....

Seit einem halben Jahr wissen/ahnen wir, dass seine Tochter depressiv ist. Auslöser waren sicher mehrere Punkte (Suizid eines Nachbarjungen, Kontaktabbruch mit Mutter, Pubertät, ...). Sie schneidet sich seitdem auch. Seit Herbst war sie bei einem Psychologen, hat dort die beginnende Therapie aber abgebrochen, weil er die Eltern von ihren Selbstmordgedanken in Kenntnis gesetzt hat. Nun haben sich beide Eltern seit Jahren wieder zusammen an den Tisch gesetzt und wollen eine Kur für sie erreichen. Allerdings geht das nur mit Psychologe/Psychiater. Sie sagt aber, dass niemand ihre aktuelle Situation etwas angehe und sie sich da nicht helfen lassen will. Auch ansonsten sperrt sie sich gegen jedes Gespräch bzgl. ihrer Krankheit.

Als Familie (da rechne ich mich jetzt mal mit dazu) haben wir nur wenig Kontakt zu ihr: sie geht oft in ihr Zimmer, manchmal mit Freundin, spricht ganz wenig mit uns; nur zum Essen sehen wir sie mal 10 min. und wenn mein Freund sie morgens in die Schule fährt.
Meine Kleine leidet auch darunter. Ich versuche ihr zu erklären, dass die Große krank und traurig ist, aber sie merkt auch, dass ich an meiner Belastungsgrenze bin.
Bin selbst noch im Referendariat und gerade voll in der Prüfungsphase und selbst psychisch anfällig (war aber nie beim Psychologen; Zustand hat sich mit den Jahren gebessert).
Unsere Beziehung als Paar wird dadurch auch enorm belastet. Da es keine gemeinsamen Kinder sind, entscheidet jeder alleine, dennoch sind wir uns im Erziehungsstil oft nicht einig. Gerade in der Pubertät würde ich stärker zu klaren Regeln tendieren, während mein Freund die Freiheiten seiner Kinder wahren will. Sie in eine Therapie oder Klinik zu zwingen, kommt für ihn nicht in Frage.

So, jetzt hab ich erstmal genug geschrieben. Ich weiss nicht mehr weiter und wäre dankbar, wenn jemand in einer ähnlichen Situation ist und Ratschläge geben kann. Ich fühle mich von der ganzen Situation überfordert, schlafe schlecht, habe Angst nach Hause zu kommen.

LG
Pamina

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 10. Mär 2015, 09:55
von pamina-san
Ich schreibe einfach mal weiter, vielleicht hat jemand einen hilfreichen Tipp oder einfach nur eine ähnliche Situation.
Sie hat jetzt doch 2 Termine bei neuen Psychs vereinbart. Einen heute, einen am Freitag. Heute morgen ist die Situation aber gleich mal wieder eskaliert, obwohl die Tage davor ganz gut waren.
Hoffe, dass sie jemanden findet, der ihr helfen kann und ihre Krankheit umfassend beurteilt und Vorschläge machen kann, die sie akzeptiert.
Ob man sie darauf ansprechen darf, weiss ich nicht. Ich will sie auch nicht mit meinen Gedanken und Gefühlen belasten.

Und jetzt möchte ich gerne euren Rat hören.
Sie möchte nach ihrem Schulabschluss ausziehen. Dann ist sie 16. Ihre Freundin 18. Haltet ihr das für eine gute Idee?
Sie ist sehr selbstständig und käme sicher alleine klar. Mit ihrer Freundin kann sie offen reden, "normal" sein. Würde ihr das evtl mit der Depression helfen, wenn sie nicht immer den vermeintlichen Erwartungen der Familie ausgesetzt wäre?? Ich habe auch ein wesentlich besseres Verhältnis zu meinen Eltern seitdem ich mit 19 mit Kind ausgezogen bin. Auch bei ihrem Bruder macht sich das bemerkbar.

Ich weiß, sie ist jung, man müsste rechtlich trotzdem einiges klären, aber ich möchte mir zumindest mal den Gedanken erlauben. Die Oma hat eine kleine Wohnung frei, sie könnte in eine WG, evtl Gesellenwohnung etc...
Ich habe das Gefühl, dass wir ihr nicht helfen können. Und neulich habe ich zu meinen eigenen Eltern gesagt, dass man erst man selbst werden kann, wenn man akzeptieren kann, woher man kommt. Dazu braucht es wohl Abstand...


Danke für euer Ohr und euren Rat!

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 13. Mär 2015, 22:19
von Gerbera
Hallo Pamina-san,

nachdem sich bisher sonst keiner bei Dir gemeldet hat, versuche ich mal mein Glück :-). Ich bin allerdings nicht Angehörige sondern Betroffene und habe keine Erfahrung mit depressiven Teenies. Aber ich denke, ein paar Gemeinsamkeiten mit erwachsenen Depressiven gibt es bestimmt.

Die Tochter Deines Freundes zur Therapie zu zwingen, bringt nichts. Sie muss das schon selbst wollen, und wenn der Leidensdruck groß genug ist, will sie das auch.
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn sie akut suizidgefährdet ist. Dann sind die Eltern gefordert, müssen sie auch gegen ihren Willen in eine Klinik bringen (lassen).

Eine Therapie ist kein Zuckerschlecken. Es ist also gut möglich, dass die junge Dame auch dieses Mal nicht durchhält. Sie zu ermutigen dürfte schwierig sein, wenn sie nicht auf ihre Situation angesprochen werden möchte. Vielleicht war das aber nur eine Momentaufnahme und sie wäre dankbar, wenn sie danach gefragt wird, ist das doch ein Zeichen von Interesse und Zuwendung, vielleicht will sie aber tatsächlich nicht über ihre Krankheit sprechen, auf sie reduziert werden. Trotzdem: sprich in einer ruhigen Minute noch einmal mit ihr, sag ihr, dass Dir bewusst ist, dass es ihr schlecht geht und Dir das sehr leid tut für sie, sie jederzeit mit Dir reden könne, wenn sie den Wunsch dazu hat. Gerade depressive Menschen brauchen das Gefühl, in ihrer Situation ernstgenommen zu werden. Oder kann sie nicht mit Dir reden, weil Du das nicht willst, sie nicht verstehst, ihr kein gutes Verhältnis zueinander habt?

Gibt es denn in Eurer Gegend Therapeuten/-innen, die auf Teenager spezialisiert sind, Erfahrungen mit Leuten haben, die sich selbst verletzen?

Dir ist schon klar, dass das Schneiden ein Alarmzeichen allererster Güte ist, oder? Die Idee, sie in dem labilen Zustand, in dem sie sich befindet, ausziehen zu lassen, halte ich für grundfalsch. Eine Familie hat Forderungen an die Familienmitglieder, das ist richtig. Eine Freundin, mit der man zusammenwohnt, aber auch. Die Beziehung muss längerfristig funktionieren, was bei beiden Mädels einen Anpassungsprozess erfordert. Die beiden Damen werden sich um so profane Dinge wie Essenkochen, Wäschewaschen und putzen kümmern müssen, Aufgaben, mit denen die Tochter Deines Freundes möglicherweise schon aufgrund ihrer Erkrankung komplett überfordert ist. Ihre Freundin wird im Gegenzug vermutlich über kurz oder lang mit dem Umgang mit der Tochter Deines Freundes überfordert sein. Es ist nicht zu erwarten, dass sie in ihrem Alter mit einer psychisch kranken 15-jährigen Freundin besser klar kommt als viele Erwachsene mit ihrem kranken Partner. Wenn Auszug, dann in eine geschützte Umgebung, z.B. eine Wohngemeinschaft mit professioneller Betreuung durch geschultes Personal.

Ich glaube nicht, dass Du sie mit Dir oder ihrem Bruder vergleichen kannst. Keiner von Euch hatte bzw. hat so massive Probleme wie sie. Niemand schneidet sich nur so zum Spaß. Das hat immer ernste Hintergründe, die weit über "normale" Teenager-Probleme hinausgehen. Es hat auch nichts mit Abnabelung zu tun, wie Du offenbar glaubst, möglicherweise aber sehr viel mit der Trennung ihrer Eltern, der Art, wie sie miteinander umgehen und auch mit Eurem Partnerschaftskonflikt. Und liebe Pamina, den habt Ihr definitiv, wenn Ihr Euch nicht einig seid in der Erziehung Eurer Kinder. Auch wenn sie nicht Eure gemeinsamen Kinder sind, sie leben bei Euch, und von daher solltet Ihr Beide an einem Strang ziehen statt unterschiedliche Erziehungsstile zu praktizieren, die die Kinder nur irritieren.

Klare Regeln sind immer wichtig, nicht nur in der Pubertät. Sie geben den Kindern ein Stück Sicherheit, auch wenn ihnen das erst sehr viel später bewusst wird, dann nämlich, wenn sie selbst Kinder haben. "Klar" ist nicht gleichbedeutend mit streng. Man kann Kindern sehr viel Freiheit lassen und ihnen dennoch klare Grenzen setzen. Vielleicht denkt Ihr mal darüber nach, ob Ihr da einen gemeinsamen Weg findet. Ansonsten wäre Erziehungsberatung eine Möglichkeit, das Ganze mal von einem neutralen Dritten anschauen zu lassen, der dann als eine Art Mediator wirken kann. Voraussetzung ist allerdings, dass auch Dein Freund begreift, wie wichtig es ist, den Kindern nicht nur Freiheiten zu lassen sondern ihnen auch Geborgenheit und Rüstzeug fürs Leben zu geben. Dazu gehören nunmal Regeln, die man den Kindern idealerweise auch erklärt, und in Notfällen muss er auch mal gegen den Willen seiner Tochter handeln. Es geht um ihr Leben!

Deine Situation ist nicht einfach. Du steckst in einer wichtigen Phase für Deinen Beruf und "darfst" zwar mitleiden, aber nicht mitreden. So wie Du das schilderst, kommst Du aus diesem Dilemma alleine nicht raus. Such Dir Hilfe! Erste Anlaufstelle: Sozialpsychiatrischer Dienst, Telefonseelsorge oder Ähnliches. Dort sitzen Fachleute, die Dir Tipps geben oder zumindest aktiv zuhören können. Ich habe den Eindruck, dass Du Dich im Moment im Kreis drehst, keinen Ausweg aus einer ziemlich verfahrenen Situation siehst. Letztlich wirst Du für Dich entscheiden müssen, wieviel Verantwortung Du als Familienmitglied für das Mädchen übernehmen kannst oder willst. Auch wenn sie nicht Deine eigene Tochter ist, hat sie das Recht, als Mitglied Eurer Patchwork-Familie akzeptiert, geliebt und geschützt zu werden, im Zweifelsfall auch vor sich selbst.

Viel Stoff zum Lesen und Nachdenken, sorry. Ich wünsche Euch allen von Herzen, dass Ihr eine Möglichkeit findet, allen so weit gerecht zu werden, dass sie damit leben können: Du, Deine Tochter, er, seine Tochter, der große Bruder und die Mutter, für die es sicher auch nicht leicht ist, wenn die Tochter den Kontakt abbricht, warum auch immer.

Ganz herzliche Grüße, alles Gute für Deine Prüfungen und den Abschluss Deines Referendariats! Lass Dich nicht unterkriegen, Du schaffst das!
Gerbera

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 16. Mär 2015, 09:55
von pamina-san
Hallo,
erstmal danke für die ausführliche Antwort.
Über vieles davon habe ich selbst schon nachgedacht. Wie du sagst: ich drehe mich im Kreis.
Beim Sozialpsychatrischen Dienst waren wir, der hat uns weggeschickt zur Familienberatung. Die haben sich bei uns nicht mehr gemeldet. Es kostet mich selbst unglaublich viel Kraft mich bei den ganzen Ämtern zu melden. Wenn sich dann niemand meldet, ist das frustrierend und ich fühle mich in meiner Situation nicht ernst genommen.

Ich weiß, dass ihr Verhalten nicht nur Abnabelung ist; aber auch. Selbstständig ist sie, das hat sie schon oft gezeigt - möchte das auch. Dass sie jederzeit kommen kann, weiß sie, biete ich ihr auch regelmäßig wieder an. Ich sehe trotzdem in uns als Erwachsenen ihr Hauptproblem, was mich zu dem Schluss führt, dass es besser ist, wenn wir ihr nicht mehr im Weg stehen. Mit Gleichaltrigen kann sie Absprachen treffen, Kompromisse eingehen, Alltag organisieren. Das alles spricht dafür, dass betreutes Wohnen evtl. doch die beste Alternative wäre.

Ihr Vater sieht langsam ein, dass sie feste Regeln gibt. Bisher gab es bei uns nur einige wenige unumstößliche Regeln. Langsam kommen neue dazu. Finde das sehr gut, habe mich mittlerweile aber aus Selbstschutz darauf beschränkt, das ganze von Außen zu betrachten und nur einzugreifen, wenn es wirklich mein eigenes Leben tangiert.

Danke für die klaren Worte!
Pamina

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 16. Mär 2015, 10:09
von Sonnenblume14
Hallo Parmina-san,

ganz krass gefragt: glaubst du, dass das Problem für das Mädel mit dem Auszug gelöst würde? Betreutes Wohnen KANN sinnvoll sein, wenn die Problematik in der Familie zu suchen ist - andernfalls (wenn es zB andere Dinge sind, die sei belasten) sind es Fremde, die sie betreuen, mit der entsprechenden Neutralität, außerhalb der schützenden Familie, die (so sie denn funktioniert) immer die bessere Basis ist.

Kurz: ihr müsstet dem auf den grund gehen. Ein gewisser Rückzug ist in dem Alter normal, ich sehe meine Tochter auch bisweilen den ganzen Tag lang nicht. Aber das Ritzen ist ein Hilfeschrei. Wenn sie nicht freiwillig in behandlung will, könntst du versuchen, über Angehörigenhilfe weiterzukommen. Es gibt da mit Sicherheit Selbsthilfegruppen für Angehörige (ggfs auch mal in psychiatrischen Kliniken nachfragen, evtl haben die Adressen).

Den Auszug verbieten ist so eine Sache - eigentlich müsstest du dahinkommen, dass sie einsieht, dass zu Hasue die beste Hilfe ist.

LG Sonnenblume

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 16. Mär 2015, 10:32
von pamina-san
Hallo,
ja, ich glaube, dass das zumindest einen Teil der Probleme löst und ihr den Abstand verschafft über ihr Familienverständnis nachzudenken. Wie schon oben erwähnt ist sicher die Scheidung Teil des Problems, also damit die Familie. Allerdings habe ich dabei eben gar nichts mit zu entscheiden. Nur ihr Vater (und ihre Mutter) können sie mit 16 ausziehen lassen, müssten dann aber dennoch die rechtliche Verantwortung tragen. Mal sehen, wenn das Thema nochmal auf den Tisch kommt, kann ich ja evtl betreutes Wohnen vorschlagen.
Therapeuten hat sie letzte Woche zwei besucht, mal sehen, wie es weitergeht.
Momentan ist die Situation auch etwas entspannter. Außer dass am Wochenende ihr 16. Geburtstag ansteht und sie uns zu verstehen gegeben hat, dass wir nicht mit ihr rechnen sollen, aber sie hier Party machen will. Werden heute Abend nochmal mit ihr reden.

Das ganze nimmt mich derzeit wieder sehr mit. Ich kämpfe gerade damit, gleich zur Arbeit zu gehen. Manchmal gibt es Tage, da würde ich mich lieber verkrümeln und selbst ganz klein sein dürfen...

PS: Wie gesagt, Familienberatung hat sich bisher nicht mehr gemeldet. Angehörigengruppe suche ich, gibt es aber hier nicht. Hat jemand ne Nummer von der Telefonseelsorge für Eltern?

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 16. Mär 2015, 22:21
von Gerbera
Hallo Pamina-san,

meines Wissens ist die Telefonseelsorge für alle da. Eine spezielle Telefonseelsorge für Eltern gibt es nicht. Die Nummer der Telefonseelsorge ist deutschlandweit gleich: 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222. Hab grad noch im Internet gesehen, die machen auch Chatberatung oder Beratung per E-Mail.

Der Familienberatung würde ich an Deiner Stelle nochmal ein bisschen auf die Nerven gehen. Ruf sie an und hake nach! Da kann soviel schief laufen... Deine Nummer kann verlorengegangen sein, die Beratungstelle ist überlastet und hat Dich vergessen, sie haben versucht, Dich zu erreichen und Du warst nicht da usw. usw.

Ich verstehe sehr gut, dass Du Tage hast, an denen Du Dich am liebsten verkrümeln würdest, selbst ganz klein sein möchtest. Wer hätte die nicht gelegentlich :-)!? Deine Situation ist ziemlich schwierig als Familienmitglied ohne Rechte (was seine Tochter anbetrifft), aber mit Pflichten. Dazu der Stress mit der Prüfung, Unterricht geben, Haushalt etc. Hast Du denn jemanden, mit dem Du über Deine Sorgen und Probleme reden kannst, eine Freundin vielleicht, Deine Eltern oder so?

Ich wünsch Dir viel Erfolg bei der Suche nach Hilfsmöglichkeiten für Euch alle.

Viele Grüße,
Gerbera

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 17. Mär 2015, 08:21
von pamina-san
Danke Gerbera,
Ich werds wohl weiter versuchen, was bleibt mir auch...
Hab niemanden so richtig zum Reden. 1 Freundin, ja, aber die ist auch genervt und kann mir nicht weiterhelfen. Wenns schlimm ist, kann ich zu ihr flüchten. Mit meinen Eltern rede ich ein bisschen, aber meine Hilflosigkeit würde sie zu sehr belasten. Meine Mutter weiß, dass ich manchmal vorbeikomme, um daheim rauszukommen. Das schlimme sind die Zeiten, wenn ich nachmittags wg der Kleinen daheim sein muss und mein Freund noch nicht da ist. Er ist mit der Situation selten allein, deswegen versteht er nicht, wie schwer das ist. Die Größe macht Gaudi mit ihrer Freundin, aber mit uns kann sie nicht mal zwei Sätze wechseln. Wenn sie etwas möchte, formuliert sie das nicht als Frage sondern macht es einfach oder klatscht einem eine Ansage hin.

Weiß noch nicht, was ich am Freitag mache, wenn hier Party ist (und sie mal wieder abgesprochen bekommt, obwohl wir ihr alle kommunikativen Fenster aufmachen). Will meinen Freund nicht mit 8 durchgedreht Teenagern alleine lassen, aber ihn stört Lärm weniger. Ich sitze dann senkrecht im Bett und bin fix und fertig.... was soll ich machen?

Habe gerade wieder das Gefühl, dass es schlimmer wird. Zwischendurch war wirklich mal wieder sowas wie Kommunikation da. Habe auch Angst, wie das zwischen Mai und September, d.h. zwischen Schule und Ausbildung wird. Kann ich da etwas von ihr fordern, wenn sie den ganzen Tag daheim ist? Oder besser auf einen Ferienwohnung drängen? Kur? ....
Will einfach nur, dass das Jahr vorbei ist...

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 17. Mär 2015, 11:37
von liselotte
Hallo Pamina,
mir geht es gerade genauso wie dir. Ich möchte mich auch am liebsten verkrümmeln. Aber das geht ja leider nicht.
Ich weiß ja leider nicht wie bei Euch gerade das Wetter ist. Bei uns ist heute wunderbarer Sonnenschein und ich habe meinen freien Tag. Deshalb werde ich mich gleich mal mit einem Kaffee in die Sonne setzten.
Du musst dir unbedingt kleine Inseln für dich schaffen! Ich war auch die ganze Woche in so einer Abwärtsspirale. Ich habe den gleichen Beruf wie du und ich weiß noch wie anstrengend das Referendariat war. Ohne Belastung durch deine Tochter ist das schon heftig genug. Du musst unbedingt auf dich aufpassen!!!
Mir hilft Sport. Dann bekomme ich den Kopf frei und muss nicht dauernd nachdenken.

Liebe Grüße und einen hoffentlich sonnigen Tag
Liselotte

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 17. Mär 2015, 11:45
von pamina-san
Hallo liselotte,
Schön wieder etwas von dir zu hören!
Töchterchen ist krank und ich muss eigentlich Unterricht vorbereiten. Ansonsten ist das Wetter superschön. Vielleicht schaff ichs mich zu motivieren in den Garten zu gehen. Hab nur kleine Inseln. Garten, basteln, puzzeln...
Sport schaff ich nur ganz selten, für Musik hab ich zu wenig Zeit. Heute wäre mein Tag gewesen, aber jetzt darf ich fieberndes Kind hüten.

Danke, dass du/ihr zuhört.

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 17. Mär 2015, 18:14
von liselotte
Hallo Pamina,
bei uns ist echt viel passiert und mir ging es die letzten Tage nicht so gut. War schon auf dem Weg selbst depressiv zu werden (erzähle ich mal in Ruhe zu einem anderen Zeitpunkt).
Heute war ich mit meinen zwei Töchter eine Stunde spazieren. Wir haben uns Pommes und Eis gegönnt, haben in der Sonne gesessen und viel gelacht. Wenn man nicht wüsste, was auf uns "lastet"...... . Aber ich habe mir heute mal wieder gedacht: einfach den Moment erleben und kurz glücklich sein. Trotzdem siehe ich in den Augen meiner Tochter zwischendurch immer wieder diese Traurigkeit und dann wird mir schon wieder ganz mulmig. Ich gehe gleich zur Aquafitness, das lenkt mich dann wieder ein bisschen ab.
Ich denke, dass ich da auf Grund des Alters meiner Töchter dir gegenüber einfach mehr Möglichkeiten habe mir Inseln zu schaffen. Ich kann sie ja schon alleine lassen (Obwohl ich auch eine Zeit lang Angst hatte meine Tochter alleine zu lassen).
Manchmal wünsche ich mir eine Zeitmaschine. Dann würde ich ganz sicher eher mit meiner Tochter zu einer Psycholgin gehen. Das werfe ich mir selbst schon vor, dass ich es nicht einfach früher bemerkt habe. Vielleicht wäre es dann ja gar nicht erst so weit gekommen.
Oje, jetzt fange ich schon wieder an zu grübeln. Schluss jetzt!
Ist ja jetzt ehe zu spät.
Heute habe ich einen Spruch gelesen, den ich echt witzig fand: "Wenn das die Lösung ist, dann will ich mein Problem zurück."

Liebe Grüße
Liselotte

..... und ich wünsche deiner kleinen Tochter "Gute Besserung"

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 17. Mär 2015, 20:28
von pamina-san
Solche Tage wünsche ich mir auch.
Gerade habe ich einen ziemlich herben Rückschlag eingesteckt. Die Größe hat mit 2 Freundinnen in der Küche gekocht und sich dabei lautstark über meine Nervenzusammenbrüche amüsiert. Der Tag ist für mich passé. Soviel Empathie muss doch vorhanden sein?! Dachte, dass wenigstens sie mich versteht... ich mache mich ja auch nicht lustig über sie.
Kann echt grade nicht mehr und weiß nicht, wo ich die Kraft hernehmen soll, weiter auf sie zu zu gehen.
Wie kann man das durchstehen? Wenn ich hier alles lese, wünsche ich mir manchmal, es wäre kein Kind, sondern Partner. Ich weiß, dass das auch oft nicht einfach ist. Aber die Verantwortung wäre eine andere... von einem Partner kann man sich letztlich irgendwann trennen, von einem Kind nicht. Und von einem Stiefkind nur, wenn man den Partner verlässt. Wieviel Verantwortung trage ich dabei für meine eigene Tochter?? Wielange kann sie die Situation noch aushalten?

Heute ist kein guter Tag. Hoffentlich wird es morgen besser...

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 17. Mär 2015, 22:02
von liselotte
Hallo Pamina,
das tut mir sehr Leid. Ich denke, ich wäre an deiner Stelle auch total vertetzt. Allerdings musst du auch bedenken, dass sie neben all den anderen Problemen in der Pubertät ist. Pubertierende Jugendliche sind oft in ihrem Verhalten nicht als zurechnungsfähig einzustufen. Ich erlebe das jeden Tag in der Schule. Die haben auf ihrer Stirn teilweise ein Schild auf dem steht "Baustelle".

Ich weiß, das ist jetzt auch kein Trost.

Ich bin auch der Meinung, dass du auch an deine Tochter denken solltest und für sie brauchst du ja auch Kraft. Das ist wirklich eine schwierige Situation. Wie lange lebt ihr denn jetzt alle zusammen als Familie?

Hoffentlich hast du morgen einen besseren Tag. Ich wünsche dir das von ganzem Herzen. Man braucht die schönen Momente so sehr, um wieder Kraft zu bekommen.

Ganz liebe Grüße...und passe auf dich auf.

Liselotte

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 17. Mär 2015, 22:34
von Sonnenblume14
Hallo Pamina,

ich möchte mich da als "Betroffene" auch einmal einklinken.

Diese beiden Situationen - senkrecht im Bett sitzen, weil Pubiteenie Party macht sowie die Aufregung, weil sie sich lustig machen - kenne ich und weiß, wie verletztend das ist. ABER: bitte versuche mal zu hinterfragen, warum dich der Lärm stört. Oftmals ist nämlich nicht der Lärm das Problem, sondern der Grund deiner unruhe/deines Ärgers steckt ganz woanders.

Was das Lustigmachen angeht: nein, das geht nicht. Niemand möchte das, schon gar nicht in der eigenen Familie. Auch hier ein "aber": das sind Pubertierende auf Konfrontationskurs und Selbstfindungstrip. Wärst du momentan nicht selber in einer emotional sensiblen Situation, würdest du in die Küche gehen, ihnen den Mittelfinger zeigen und einen entsprechenden Kommentar abgeben. Geht aber nicht, du fällst in dich zusammen wie eine Mimose und fühlst dich elend und verletzt.

Kommunikation KANN helfen. Klar auf sie zugehen und sie fragen, ob sie weiß, wie verletzend ihr Verhalten ist. DIREKT - IN der Situation. Würde ich aber nur machen, wenn ich noch eine freche Antwort verkraften kann. Oder das Thema am nächsten Tag ansprechen. Bei nächster Gelegenheit Hilfe verweigern? Ginge auch. Artikulieren, dass sie hier eine Grenze überschritten hat. Alles Möglichkeiten - die schlechteste davon sind Verbote und Drohungen, weil die auf Machtkämpfe hinauslaufen. Und einen Machtkampf gegen einen Motzteenie ist schwer zu gewinnen, weil es schnell unfair wird.

Bei alldem bedenke, dass du keinen Erwachsenen vor dir hast. Teenies fehlt Lebenserfahrung, sie loten noch Grenzen aus, daher muss man bisweilen auch mit einem Lächeln über Frechheiten weggehen. Wenn ich völlig angeschlagen bin, ziehe ich mich zurück und schimpfe in meine Bettdecke, beschreibe halblaut miene Gefühle, wie sehr mich das Verhalten verletzt. Dann ist es raus, das tut gut.

Verantwortung abgeben fällt mir dazu auch noch ein. Dein Mann ist in erster Linie für diese Tochter verantwortlich. Vielleicht kannst du hier auch ansetzen - ein ruhiges Gespräch zwischen Vater und Tochter?

Such dir selber Hilfe und vor allem, bau dir eine Insel. Ein Plätzchen für dich, wohin du dich zurückziehen kannst und Ruhe hast. Das tabu ist für alle anderen.

LG Sonnenblume

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 17. Mär 2015, 22:42
von liselotte
Hallo Sonnenblume,
du bringst es auf den Punkt. Ich sehe das genauso....aber jetzt muss ich ins Bett.

LG Liselotte

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 18. Mär 2015, 11:05
von pamina-san
Hallo Sonnenblume,

mit einer Mimose kann man hier wohl keinen vergleichen. Natürlich kann ich darauf reagieren, würde ich im Normalfall auch. Das führt aber dazu, dass sie sich noch mehr ausgeschlossen - nicht geliebt - überfordert fühlt. Also wäre das kontraproduktiv. Heißt allerdings auch, dass ich damit alleine umgehen muss. Gut, dass es euch gibt und ich einen Partner habe, der mich in den Arm nimmt.
Es ist schwer zu unterscheiden, was pubertäres Gehabe ist und was Überspielen von Problemen.

Beim Lärmpegel bin ich mir durchaus bewusst, dass es nicht um die Geräuschkulisse generell geht, sondern um die Ignoranz und die Differenz zwischen Verhalten bei Freunden und bei Eltern.

Mittlerweile habe ich aber auch schon ganz gut gelernt, damit umzugehen. Ich habe einen Großteil der Verantwortung abgegeben, mein Freund schafft es aber nicht alleine. Im Moment klappt es ganz gut, dass ich ihn zu Gesprächen animiere, aber nur im Nachhinein von den Ergebnissen erfahre. Das allerdings führt aber auch dazu, dass ich zu seiner Tochter immer mehr 'Beziehung' verliere. Momentan ist das aber die einzige Variante halbwegs selbstschützend durch den Alltag zu kommen. Und ich finde es wichtiger, dass sie zu ihrem Vater wieder ein halbwegs normales Verhältnis entwickelt.

Natürlich ist sie ein Teenie, weiß ja auch, dass da häufiger mal die Sicherungen durchbrennen. Sicher ist aber auch Teil des Problems, dass wir keinen normalen Eltern-Kind-Altersabstand haben und ich selbst noch meine Selbstfindungsprozesse durchlaufe.

Inseln.... gibt es im Haus nicht, zumindest keine geräuschlosen. Manchmal helfen nur Ohrstöpsel oder weggehen. Das allerdings ist mit Kind eh schwierig. Ansonsten versuche ich es einfach zu vermeiden, nachmittags daheim zu sein.

Mein Freund meinte gestern, dass es aber schon besser wird. Sie isst regelmäßig mit uns; wenn man genau zuhört bekommt man zumindest zwei Tage vorher Hinweise zu wichtigen Plänen/Ereignissen/etc; sie reagiert nicht mehr so oft patzig. Außerdem hängen sie und ihre Freundin immer bei uns rum, dann können wir ja gar nicht die schlimmsten Eltern sein ;-)

Beim großen Bruder haben wir gestern auch festgestellt, wie vernünftig er in Manchem im letzten halben Jahr geworden ist. Zwischendurch war das auch nicht zu erwarten.

Vielleicht wird es ja doch wieder alles...
Habe den Spruch von gestern nach dem Tief doch wieder ganz gut weggesteckt. Danke! Manchmal muss man das Verhalten wohl wirklich auf Baustelle im Hirn zurückführen. Mein Menschenbild hadert da allerdings noch...


Soweit mal. Vormittag ist erwartungsgemäß gut über die Bühne gegangen, mal sehen, was der restliche Tag bringt.

Liebe Grüße
Pamina

PS: Wir leben seit 3 Jahren zusammen, davor waren wir aber auch schon 3 Jahre oft zusammen mit Kindern etc. Bis vor 1 Jahr hat das auch alles sehr gut geklappt, wir waren eine glückliche Patchworkfamilie. Deswegen liegt durchaus auch die Idee nahe, dass die Pubertät eine nicht unbedeutende Rolle spielt. Natürlich kommen dabei auch vorher unbewusste Probleme wie Scheidung etc auf den Tisch.

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 18. Mär 2015, 12:04
von Sonnenblume14
Hallo Pamina,

der Mimosenvergleich war auf mich bezogen. Ich komme mit bildhaften Vergleichen oft besser klar.

Du versuchst, nicht da zu sein???? Hallo, das ist dein Zuhause! Bei mir würde sich alles sträuben, einen Bereich aufzugeben, aber das ist eine Erfahrung aus der Klinikzeit. Ich beanspruche inzwischen meine Bereiche konsequent, um zu vermeiden,d ass die Teenies hier das Regiment übernehmen. Meine Insel ist das Schlafzimmer und das Bett dort. Und die Badewanne - wenn ich im Bad bin, ist absolutes Eintrittsverbot und das gilt für jeden. Weil dann dort Teelichter brennen, es nach Badezusatz duftet und der Badende eine Stunde Ungestörtheit geniesst. Auftanken. Daher muss Badezeit auch innerfamiliär angekündigt werden.
Schlafzimmer - wenn ich dort mit einem Buch liege (oder auch ohne), ist das eine Tabuzone. DAs wohnzimmer ist zu unruhig, da kommt jeder rein, quatscht, lacht, lärmt, das ist eben ein "lebens"ort. Die Mädels haben ihre Zimmer, ich beanspruche deshalb auch einen Ort.

Du sagst, du verlierst den Kontakt zu ihr, wenn du Kontra gibst. Bist du sicher?
Respekt ist zwar für Teenies im allgemeinen ein Fremdwort, aber Grenzen erkennen sie. Mein Fehler ist fehlende Konsequenz. Ich lasse mich immer wieder erweichen, sie DOCH zu fahren oder ihr DOCH was mitzubringen. Eine klare Linie kann hilfreich sein, weil man ansonsten nicht mehr ernst genommen wird. (Seufz) - und, was ich wirklich erfahren habe, ist, dass der Mutter-Kind-Kontakt dadurch nicht schlechter wird, sondern einfahc anders. Von hier aus gesehen (also unter Berücksichtigung, dass ich eure Situation nicht wirklcih kenne und beurteilen kann), kann es nicht sein, dass du, um den Kontakt nicht zu verlieren, alles mit dir machen lässt.
Ich weiß, wie schwer das ist, mir gelingt das auch nur bedingt, noch schwerer muss das sein, wenn es nicht das eigene Kind ist.

lG Sonnenblume

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 18. Mär 2015, 12:21
von pamina-san
Nein, nicht wenn ich kontra gebe, sondern weil ich Verantwortung abgebe. Dann haben wir nur noch ganz wenige Bezugspunkte.
Fehlende Konsequenz ist eher das Problem meines Freundes, wird aber besser.

Ja, ich gehe. Ist traurig, ich weiß. Räume haben wir genug, aber ich höre überall alles und interpretiere. Damit bleibe ich dauerhaft unruhig. Außer Ohrstöpsel hilft da nur weg. Ins Schlafzimmer geht niemand und auch das Wohnzimmer ist oft frei weil sie ja sich in ihrem Zimmer verschanzt.
Deshalb übernehme ich nicht die Verantwortung, sie zum Essen runterzubitten, rumzufahren, mich mit ihr wg ihrer Geburtstagsparty zu streiten... ich ziehe mich da einfach raus und ziehe meine eigenen Konsequenzen für mich. Ist vermutlich resignativ, aber ich hoffe damit die nächsten beiden Jahre zu überstehen.

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 24. Mär 2015, 08:50
von pamina-san
Hallo ihr Lieben,
Ich melde mich mal wieder. Das Wochenende lief ganz gut, sogar die Großfamilienparty war ein Erfolg. Was allerdings im Kopf meiner Stieftochter abläuft, weiß ich nicht. Derzeit ist sie etwas aufgeschlossener, schafft es aber trotzdem nicht, Absprache zu treffen. Wir zeigen ihr doch jeden Tag, dass sie damit zu uns kommen kann und wir eigentlich nicht ohne Grund Nein sagen würden...
Ich hoffe das Gespräch am Freitag mit ihren Eltern bringt weitere Pläne in Gang. Mir graut es vor der Zeit zwischen Mai und September, wenn sie keine Schule mehr hat. Wie kann ich sie sanft in einen Alltag schubsen? Außer mir scheint niemand zu sehen, wie wichtig Routine und Aufgabe dann für sie sein werden. Bisher hat sie selbst aber keine Ideen was sie dann machen möchte. Muss ja auch nichts großes sein, nur 4 Monate im Zimmer vor dem Fernsehen verstärken die Depression sicherlich.
An die Betroffenen: was würdet ihr euch in so einer Situation wünschen? Aufgabenzuteilung im Haushalt? Minijob, um selbst Geld zu verdienen? Kuraufenthalt? Erfahrungen sammeln, z.B. Ausland, aupair, ??
Ich will nur verhindern, dass sie in ein dunkles Loch stürzt.

Mir selbst geht es zur Zeit nicht gut. Ich habe aber das Gefühl, dass das gegenläufig zu ihrer Entwicklung geht. Wenn es ihr besser geht, leiste ich es mir weniger Kraft haben zu dürfen. Es fällt mir schwer mich zu motivieren und die Angst vor der Zukunft steckt irgendwo in den Knochen.

Soweit erstmal, danke fürs zuhören
Pamina

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 24. Mär 2015, 17:41
von Sonnenblume14
Hallo Pamina,

Erfahrungsgemäß sind Aufgaben im Haushalt nicht sonderlich beliebt. Alles andere müsste sie selber wollen - wonach steht ihr der Sinn und was kann sie leisten?

In diesem Falle denkst du für sie ... meine Töchter nervt so etwas extrem und ich erreiche damit gar nichts. ich würde ganz allgemein mal fragen, wie sie sich die vier Monate vorstellt und dann schauen, wie sie reagiert. Vielleicht auch klar formulieren, dass vier Monate rumgammeln keine Option ist, dann gibt es Aufgaben im Haushalt.

LG Sonnenblume

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 24. Mär 2015, 20:21
von pamina-san
Hallo,
Ja, mal sehen. Wenn die Kommunikation entsprechend ist, werde ich das mal versuchen. Vermutlich kommt dabei aber nur ein "weiß ich nicht" raus. Das Problem ist auch, dass ihr Vater das nicht ganz so sieht wie ich. (Aber er ist ja auch nicht einen Großteil der Zeit daheim). Ich werde jetzt erstmal das nächste Gespräch und die Prüfungsphase abwarten und sie dann mal drauf ansprechen.
Sie sagt aber selbst, dass sie viel mehr machen könnte aus ihrem Leben und den Hintern nicht hochbekommt. Insofern finde ich es legitim sie da ein stückweit hinzustubsen. Natürlich muss sie da letztlich selbst mitziehen.

Danke jedenfalls für deine Einschätzung und liebe Grüße.
Pamina

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 24. Mär 2015, 23:38
von Gerbera
Hallo Pamina,

es ist schwer, aus der Ferne einzuschätzen, wie stark Deine Stieftochter durch die Depression beeinträchtigt ist, aber ich nehme mal an, ziemlich, nachdem sie sich ritzt. Insofern halte ich die Idee, ihr Aufgaben zuzuteilen, für schlecht. So ganz aus eigener Erfahrung: wenn man ohnehin "den Hintern nicht hochbringt", wie sie es beschreibt, also keine Energie hat, leidet man unter diesem Zustand. Mir ging's zumindest so. Es hat mich sehr belastet zu sehen, dass meine Familie den gesamten Haushalt übernommen hat, während ich "faul" auf der Couch lag und zu nichts zu gebrauchen war.

Depressive sind nicht faul, sie sind schlicht nicht mehr in der Lage, Aufgaben zu übernehmen. Insofern halte ich die Idee mit der Aufgabenzuteilung für falsch. Sonnenblume hat das schon richtig erkannt: ihr müsst miteinander reden, sie ernst nehmen und fragen, was sie übernehmen KANN.

4 Monate zu Hause vor dem PC sind keine Option, da sind wir uns einig. Sag ihr das ruhig offen. Und mach ihr klar, dass Ihr Euch Sorgen macht, ihr helfen wollt und deshalb mit ihr zusammen etwas finden möchtet, was sie in dieser Zeit tun kann ohne sich selbst zu überfordern.

Es ist schon für gesunde Jugendliche schwierig, ihren Weg zu finden, sich festzulegen hinsichtlich Berufswahl und dergleichen. Für eine Depressive im Teenie-Alter grenzt das ans Unmögliche. Erwarte bitte nicht zu viel von dem Mädchen.

Viel Erfolg bei allem, was Du unternimmst in Sachen Stieftochter - und achte gut auf Dich selbst!

Viele Grüße,
Gerbera

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 25. Mär 2015, 08:49
von pamina-san
Hallo Gerbera,
dankeschön für die offenen Worte.
Natürlich ist sie - wie einige andere Gleichaltrige auch - damit überfordert. Aber gerade weil es belastet zu sehen, dass alle anders alles machen müssen, finde ich es wichtig ihr zumindest im kleinen Rahmen diese Schuldgefühle zu nehmen. Natürlich erwarte ich nicht von ihr, dass sie den kompletten Haushalt während der Zeit schmeißt. Eher simple Sachen wie: Ich schreibe einen Zettel und du gehst einkaufen.
Dinge, an denen nicht der ganze Haussegen hängt, aber bei denen sie eine Aufgabe hat. Ich stelle es mir furchtbar vor, nicht gebraucht zu werden. Klar ist, dass man ihr keine Vorwürfe machen darf, wenn es nicht klappt. Aber ein Ziel ist wichtig.

Werde das mal ansprechen, wenn es soweit ist. Vorher bringt es vermutlich nichts.

Danke und schönen Tag!
Pamina

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 25. Mär 2015, 21:39
von Sonnenblume14
Hallo,

ich finde auch, Gerbera hat das in schöne Worte gefasst. Es kann durchaus sein, wenn die Depression schlimm ist, dass jede Kleinigkeit zuviel ist. Was vielleicht eine Option ist, wäre, sie in das Familienleben einzubeziehen, sie nicht in ihrer "Höhle" der Einsamkeit zu lassen.

Nach dem Motto "ich weiss, dass du dich schlecht fühlst /krank bist, aber dann leg dich halt im Wohnzimmer aufs Sofa, wo du etwas mehr integriert bist. das signalisiert, dass ihr sie achtet und in Eurer Mitte haben möchtet, auch wenn es ihr schlecht geht. Ist ein Drahtseilakt, eben weil Teenies (gesunde Teenies) solche Angebote auch gern mal ausnutzen.

Aber reden ist schon mal ein erster Schritt. Und nicht jede Gelegenheit eignet sich für tiefschürfende Gespräche.

LG Sonnenblume

Re: Tochter depressiv - Familie hilflos

Verfasst: 26. Mär 2015, 14:20
von pamina-san
Hallo,
ja... wir fragen sie öfter mal, ob sie runterkommen möchte, aber das mag sie meistens nicht. Irgendwann hat man dann auch keine Kraft mehr für eine Abfuhr. Selbst die Kleine fragt nur noch ganz selten nach ihr.
Derzeit ist sowieso häufig ihr Freundin da. Ist nur auch seltsam, wenn die beiden schattengleich durchs Haus schleichen und oben im Zimemr hört man dann Party. Das verkrafte ich ganz schlecht, hab ich so aber auch schon zur Sprache gebracht.
Ansonsten geht sie Gesprächen aus dem Weg. Wenn ich sie anspreche antwortet sie erst, wenn sie schon auf der Treppe steht oder im anderen Zimmer ist und geht dann schnell wieder. Ich weiß nicht, wie man noch an sie rankommen soll.
Aber so viele andere Dinge bekommt sie selbst geregelt und organisiert. Ich kann mir manchmal wirklich nicht vorstellen, dass dahinter ein verängstigter hilfloser Teenager stecken soll.

Es ist so schwer... manchmal glaube ich, ich schaffe das alles nicht und mache alles verkehrt.