Entschuldigt bitte....... II

[Dendrit]

Auf Wunsch verschiedener Teilnehmer mache ich einen neuen Thread auf, damit so mancher PC nicht zu lange zu laden hat.

Thread von Wölkchen30

Hallo ihr Lieben,

erst mal entschuldigt, wegen gestern!!! War ganz schön heftig. Aber es hat mich vollkommen überrollt und mich völlig aus der Bahn geschmissen. Am meisten tut mir Kessi leid. Sie hat sich so viel Mühe gegeben und ich bin nichtmal auf ihre Mails eingegangen. Sei mir bitte nicht bös! Heute ist alles wieder viel klarer !

Wisst ihr, meine Mutter ist Alkoholikerin seit ich denken kann. Ich glaube, sie war es schon immer, auch vor der Geburt meiner Brüder (37 und 32 Jahre). Ich denke auch, dass ich mir endlich eingestehen muss, dass mein heissgeliebter Vater Alkoholiker war. Leider ist er nun schon seit fast 6 Jahren Tod. Kurz vor seinem 60igsten gestorben. Obwohl ich sagen muss, "Gott sei dank". Ich glaube er hat nun endlich seine Ruhe gefunden. Denn es war für Ihn, genau wie für uns, kein Leben mehr. Er wollte glaube ich, auch gar nicht mehr. Wir sind irgendwann ausgezogen, aber er? Ich weiss nicht warum er sich nie von Ihr getrennt hat. Und ich habe es mir als Kind so oft gewünscht!

Bis ich mit 17 ausgezogen bin, bestand mein, unser Leben aus Angst.
Angst aus der Schule zu kommen (ist sie nüchtern)?
Angst einzuschlafen (werde ich schon wieder geweckt)?
Angst aufzustehen (hoffentlich schläft sie noch)!
Angst wegzugehen (spätestens 15 Minuten später hat sie mich angerufen, ich soll sofort nach Hause kommen)
Angst woanders zu schlafen (hoffentlich bin ich diese Nacht trocken)
Angst wieder einen Migräneanfall zu bekommen (es hilft dir eh keiner, es tröstet dich auch niemand, kannst nicht ins Bett zu den Eltern krabbeln)

usw. Ich glaube, ich erzähle hier nichts neues.

Und dennoch, kann ich von mir sagen, dass ich IMMER für meine Mutter da war. Ich bin immer gesprungen wenn sie angerufen hat, oder anruft! Wenn ich es nicht tue, habe ich wahnsinns schlechtes Gewissen. Ich will nicht sagen, dass ich gerne für sie da bin, nein im Gegenteil. Kein Danke, nur beschimpfungen, ich sei Hart, zu nichts gut! Das zerreisst einen.

Ich habe einfach keine Lust mehr für sie da zu sein. Wenn ich ihr sage, "Mama, ich kann dir kein Geld geben, weil......" bekomme ich nur von ihr nur zu hören, "Was interessieren mich deine Kinder? Meine Katzen haben hunger!" Natürlich bin ich nicht hingefahren und habe ihr Geld gebracht. Ich hatte eine unbändige Wut! Nach dem Spruch ist für mich klar geworden. Ich muss mich von Ihr lösen. Sie war noch nie in meinem Leben für mich da, ist mir immer in den Rücken gefallen. Und ich war, weiss Gott, eine gute Tochter, auch wenn es mehr aus Angst war. Wurde von anderen gern gemocht, hätte mich niemals gewagt Erwachsenen gegenüber frech zu werden (habe auch heute noch Schwierigkeiten meine Meinung zu sagen). Habe das Geld, dass ich von Bekannten bekommen habe, meiner Mutter gegeben, weil ich wusste sie hat nichts!

Sie ruft oft an, ich soll sie ins Krankenhaus fahren, oder sonst was tun. Natürlich wird es ein fiasko und ich blamiere mich mit ihr bis auf die Knochen. Aber was ist, wenn ich sie mal nicht fahre und irgendwann ist WIRKLICH etwas schlimmes? Kann ich dann mit dem Gewissen leben, das es an mir gelegen hat? Warum bin ich nicht gefahren????

Auf jeden Fall, habe ich wohl viel mehr aus meiner Kindheit mitgenommen, wie ich dachte!

Aber eine Frage habe ich noch. Ich weiss nicht, ob es mir gut tut, über das Thema Mutter und Kindheit zu reden oder schreiben. Ich war vor kurzem in Mutter-Kind-Kur, hatte dort 4 Gespräche mit einem Psychologen, auf jeden Fall nach den Sitzungen oder auch jetzt nach dem Schreiben falle ich in ein tiefes Loch und es dauert eine Ewigkeit bis ich da wieder rauskomme. Ist schlucken und nicht drüber nachdenken nicht besser? Kennt das einer von euch? Denn eigentlich sagt man doch, darüber Reden tut gut???? Warum nicht mir?

Falls jemand bis hierhin gelesen haben sollte
Danke das ichs hier lassen durfte

Ganz liebe Grüsse
Claudia

[Dendrit]

Hallo Claudia!

Wenn man mal drei Tage nicht dazu kommt, ist ganz schön was los. Ich finde die Resonanz zu Dir einfach toll. Im Nachhinein kann ich gar nicht auf manches eingehen, was ich Dir sagen möchte. Aber eines zu Deinen letzten: Du hast geschrieben, dass Du 2 Tage zum Wäscheaufhängen gebraucht hast. Mir ist das sehr peinlich, habe aber immer noch meine Probleme damit (und würde am liebsten unter einem anderen Nick schreiben , sollte wohl aber dazu stehen, weiß nicht): meine Depri ist soz. „akuter“ vielleicht schon von 2 Jahren Dauer, seit 1 ½ Jahren bin ich nicht mehr fähig, den Haushalt zu machen – alles macht mein Mann. Bei jedem Saugen, Kochen etc. bekomme ich ein schlechteres Gewissen. Ich hoff aber, dass ich das durch eine Thera wieder hinbekomme. Vielleicht ist Dir das zum Trost.

Alles Liebe, Manuela

[Wölkchen30]

Hallo Manuela, ich würde dir so gerne helfen, aber leider bin ich nicht dazu in der Lage........(habe ich das heute schon einmal geschrieben? Hmmm) Ich kann mir vorstellen, wie dein schlechtes Gewissen an dir nagt, ich kenne es leider zu gut! Was meinen Haushalt betrifft, ok, seid wir das Haus haben, ist es schon zu viel geworden, mein Mann macht aber auch viel! Aber momentan bekomme ich nichts gebacken. Scheine sogar solangsam meine Kinder zu vergessen ;-(((. Das passiert, wenn man egoistisch ist und zu sehr mit sich selbst beschäftig ist (wobei ich dies natürlich nur auf mich beziehe).

Ich wünsche dir für deine Thera viel Kraft und das es bald wieder so ist wie es mal war!

Claudia

[geborgenheit]

Liebe Claudia

nun verurteile Dich doch nicht ständig! Es ist klar, Du bist ausgebrannt, Dir geht es schlecht. Da kannst Du nicht wie gewohnt funktionieren. Wenn Du es schaffst, würde ich so schnell wie möglich Deinen Mann mit einbeziehen. Vielleicht druckst Du ihm diesen Thread mal aus? Ich weiss, das kostet Überwindung. Aber es würde Dich sicher entlasten.

Für mich als Angehörige war es am Schlimmsten, dass ich nie wusste, was in meinem Ex-Mann vorgeht. Ich spürte doch auch, dass es ihm schlecht geht, aber er hatte seine Gefühle so weit weg geschlossen, dass er sie nicht mal selber wahrnehmen konnte. So hatte er auch keine Chance, mir etwas von seiner inneren Zerissenheit, seiner inneren Leere mitzuteilen. Ich wäre nur schon froh gewesen, wenn er mir gesagt hätte, es geht mir schlecht, ich weiss selber nicht warum. Aber dieses Nichts, dieses "die Fassade-aufrecht-halten-wollen", das hat weh getan.

Ich weiss, in der Depression kann man sich selber kaum noch akzeptieren und darum ist es doppelt so schwer, dem Partner zu sagen, wie es einem geht. Und trotzdem: Als Partner möchte man ja auch begleiten können, oder auch nur ein kleines bisschen einbezogen werden.

Dein Mann und Deine Kinder spüren bestimmt, dass es Dir schlecht geht. Aber sie können nicht wissen, dass sie nicht schuld sind daran. Und sie können nicht wissen, dass Du nichts sagst, weil Du sie nicht belasten willst. Das Nichts-sagen ist belastender als wenn man Bescheid weiss, so meine Erfahrung.

Nun, ich möchte Dir einfach eine Portion Mut zuschicken. Du bist an einem schwierigen Stück Deines Lebensweges angelangt, aber Du wirst dieses Stück schaffen! Es gibt ein Licht am Ende dieses Tunnels. Und Du wirst es eines Tages wieder sehen können.

Herzliche Grüsse
Geborgenheit

[Wölkchen30]

Wisst ihr was!!! Heute zweifel ich das erste mal in meinem Leben an meiner Liebe zu meinem Daddy!!! Wieso tu ich das???

Ich habe ihn einfach nur abgöttisch geliebt. Er war mein EIN und ALLES ! Aber ich frage mich die ganze Zeit, wieso Ihn, aber nicht meine Mutter????? Nur weil er mich nie geschlagen oder berbal nieder gamacht hat? Reicht das aus, damit ich jemanden so sehr Liebe?

Ich habe mein ganzes Leben nie etwas über meinen Vater kommen lassen. Warum zweifel ich?

Mir ist eingefallen, das mein Bruder mir vor einigen Jahren (ich glaube, mein Daddy war schon nicht mehr) mal gesagt hat, das ich nicht so naiv sein sollte, das er nicht so war wie ich es mir immer vorstelle!!! Ich war richtig sauer auf meinen Bruder, und konnte nicht verstehen wieso er sowas sagen konnte.

Aber wisst ihr was, ich glaube jetzt, er hatte Recht! Ich weiss noch nicht wieso, aber es ist ein Gefühl!

Nein, es wird niemals etwas an meiner Liebe zu ihm ändern. Dennoch fällt mir nicht ein, das er jemals da war. Ich glaube er hat sich vollkommen hinter seiner Schichtarbeit versteckt! Besonders die Nachtschichten waren für mich die Hölle. Mein Vater war kein Gefühlsmensch, er konnte nie Freude über ein Geschenk zeigen oder sagen, ich liebe dich (es sei den er hat getrunken). Aber ich habe es natürlich gewusst und dennoch gespürt! Später, als ich älter war, habe sogar ich ihn immer in den Kneipen trösten müssen. Ich glaube, wenn er getrunken hatte und mich angeschaut hat, ist ihm erst alles bewusst geworden und es tat ihm dann so leid. Es gab für mich fast nichts schlimmeres, als wenn mein Vater geweint hat!

Warum denke ich gerade jetzt darüber nach? Was will ich mir denn jetzt schon wieder damit sagen? - Hey, Claudia, deine letzte Scheinwelt ist kurz vorm zerbrechen? -

Ich weiss es noch nicht........

wölkchen

[Wölkchen30]

Liebe Geborgenheit,

ich habe auch schon drüber nachgedacht ihn lesen zu lassen, aber ich glaube ich würde es mich niemals trauen. Allein diese Angst, was er denken könnte! Vielleicht wird es aber auch ihm zu viel? Kann er mich danach noch anschauen? Ich habe ihm gesagt, das ich dies hier als eine Art Tagebuch ansehe. Ich weiss das es ihn innerlich zerfleischt, das ich nichts sage! Er sagt immer, wenn es mir und unserer Beziehung hilft.....! Aber ich spüre, dass auch seine Kraft schwindet. Stell dir vor, er arbeitet die ganze zeit, und ich tue nichts! Das kennt er nicht von mir! Er hat noch nie etwas alleine tun müssen. Wenn ich momentan an etwas zerbreche, dann an meinem schlechten Gewissen!

Er wollte mich vorhin anfassen........ich war total erschrocken, dies versetzte mir einen tiefen Stich und ließ mich zurückweichen. Ich glaube, diese ganze Graberei hat irgendwas in mir verursacht........wie soll ich denn jetzt reagieren???? Was soll ich tun? Wie will ich es rechtfertigen? Kann er mich jemals wieder anfassen, wenn er dies alles weiss???

Er weiss nur von einer Sache. Es bezieht sich auf eine Familie mit 3 Kindern in der Nachbarschaft. Ich war dort sehr gern. Irgendwann fing Robert (der VATER der 3 Kinder) an, mich im Keller zu fragen, ob er mal meine Brüste sehen dürfte. Er als erwachsener Mann könnte mir dann sagen ob ich gut entwickelt wäre (Keller, weil wir dort nur Rauchen durften)! So hat er sich nach und nach weitergearbeitet ;-(. Später starb seine Frau bei der Geburt des vierten Sohnes. Es war wieder eine harte Zeit für mich. Seine Mutter passte ab da auf die Kinder auf. Ich glaube später versprach er mich zu heiraten wenn ich groß sei. Ich glaube ich war 14, da haben wir auch Verkehr gehabt.

Nein, 14 kann nicht sein. Mit 15 lernte ich meinen Mann kennen. Es muss früher gewesen sein.....kann mich wie immer nicht dran erinnern.

Nur davon weiss mein Mann! Was ist wenn er von den anderen Dingen erfährt? Kann er mich nochmal berühren?

Ohje, das ist alles zuviel für ihn ;-((((

Danke fürs zuhören
wölkchen

PS: Ich denke, das was ich hier schreibe, ist euch genauso unangenehm wir mir. Ihr müsst mir nicht antworten. Ich weiss einfach nicht mehr wohin mit den Gedanken!

[geborgenheit]

Liebe Claudia

auch wenn Dir bewusst wird, dass Dein Vater seine Fehler hatte, muss es nicht heissen, dass nun alles, was Du für ihn empfindest weggekippt werden muss. Aber es ist sicher gut, wenn Du auch da hinschauen kannst und Deinen Vater mit realistischeren Augen sehen kannst. Es wird Dir helfen, Dich selber anders wahr zu nehmen.

Nicht verzweifeln, auch wenn es brodelt im Moment! Du erhälst eine grosse Chance, Dich mehr lieben zu lernen. Es kommt mir immer wieder vor wie eine Geburt... schmerzhaft, aber das Resultat wird Freude geben!

Herzliche Grüsse
Geborgenheit

[Wölkchen30]

Was soll ich bloß tun??? Er hat sich gerade mit hier hin gesetzt (nein, nicht auf den Bildschirm schauen), ich habe ihn nicht beachtet, aus Angst er könnte Fragen stellen. Ich glaube er wollte einfach mal wieder in meiner Nähe sein............ich bin so gemein und Kaltblütig.........

Warum kann ich einfach nicht über meinen verfluchten Stolz oder was auch immer springen`???? Ich sag ja, wenn hier irgendwas auseinanderbricht, kann ich MIR ganz allein die Hand dafür schütteln!!!!!

Jetzt sitzt er unten im Dunkeln und grübelt..........

Alles so eine sch....

[geborgenheit]

Liebe Claudia

lach, unsere Beiträge scheinen sich heute immer zu überschneiden!

Ich kann Deine Frage sehr gut verstehen. Auch ich hatte das Gefühl, dass wenn jemand über meine Missbrauchsgeschichte Bescheid wüsste, er nichts mehr mit mir zu tun haben möchte. Dieses Gefühl wird sicher noch dadurch genährt, dass die betreffenden Männer immer absolute Geheimhaltung fordern, weil sonst auffliegt, wie schlecht... u.s.w....

Was ich bei mir auch noch gemerkt habe im Laufe der Therapie: Ich wollte mich immer so geben, dass mein Gegenüber nicht durch mich belastet wird, wenn, dann sollte eine Entlastung durch mich spürbar sein. Dadurch hoffte ich, meinen Makel zu verbergen. Ich merkte dann, dass dies sehr manipulativ ist. Ich sprach meinen Mitmenschen die Fähigkeit ab, "nein" sagen zu können, weil ich selbst damit Mühe hatte.

Damit will ich sagen, dass Dein Mann entscheiden muss, was ihm zu viel ist und was nicht. Du willst ihn schonen, und das willst Du, weil Du ihn lieb hast. Aber durch Dein Schonen nimmst Du ihm die Möglichkeit, mitzutragen, zu verstehen. Ich denke, dass Dein Mann sicher gut Nein sagen könnte, wenn es ihm zuviel wäre.

Du darfst in Deine Mitmenschen Vertrauen haben. Es sind nicht mehr die Menschen von früher, welche Dich gedemütigt und missbraucht haben.

Ach ja, ich hab ganz vergessen zu sagen: Heute geht es mir viel besser. Ich kann Nein sagen inzwischen und ich habe gelernt, mich so zu geben, wie ich mich fühle. Für mich eine völlig andere Haltung. Für meine Mitmenschen eine kaum merkbare Veränderung. Sie akzeptieren mich genauso, wie früher, ja, manchmal sogar noch mehr, weil ich nun fassbarer geworden bin

Es dauerte lange. Ich habe vor bald 11 Jahren mit der ersten Therapie begonnen. Die letzte Therapie habe ich vor einem dreiviertel Jahr abgeschlossen. Dazwischen gabs immer wieder längere Pausen. Es war also bei mir ein Prozess, der in Stufen vor sich ging. Immer wieder, wenn ich spürte, jetzt kann ich wieder eine Stufe weiter gehen, habe ich mich Therapeutisch unterstützen lassen. Ich bin froh darum.

Herzlichst
Geborgenheit

[geborgenheit]

Liebe Claudia

darf ich Dir einen Rat geben? Gehe doch zu Deinem Mann nach unten. Setze Dich zu ihm. Du brauchst nichts zu sagen. Aber wir können hier auch noch morgen weiterschreiben!

Du bist nicht so gemein und selbstsüchtig wie Du glaubst, aber Du hast eine unglaublich schwere Last zu tragen. Ich denke an Dich!

Geborgenheit

[winnie]

Liebe Claudia,

es tut mir richtig weh, wenn ich lese, wie Du Dich selbst fertigmachst...

DU KANNST NICHTS DAFÜR!!!
Nicht dafür, was Dir damals passiert ist (Du warst das OPFER!!!).
Und auch nicht dafür, daß es Dir jetzt so schlecht geht.
Wobei ich sogar vermute, daß das alles zusammenhängt. Denn jetzt scheinen sich bei Dir gerade so einige Türen der Erinnerung zu öffnen (das ist übrigens häufig, daß sowas plötzlich im Erwachsenenalter sozusagen aus heiterem Himmel losbricht), und das treibt Dich zunehmend in die Gefühlshölle.

Bitte, Claudia, hör auf, Dich dafür zu entschuldigen, daß es Dich überhaupt gibt.
Lies nochmal genau, was Emriye schrieb - sie hat recht, ich kann mich auch noch sehr gut daran erinnern, wie schlimm es ihr anfangs hier im Forum ging, und wie wenig sie uns damals glauben wollte, daß es diese beschissene KRANKHEIT DEPRESSIONEN war, die einem diese furchtbaren Abgründe, diese Selbstzerfleischung, diese Schuldgefühle für alles und jedes, und den völligen Unglauben, daß es nur an diesen beschissenen durcheinandergeratenen Chemikalien im Gehirn liegt, einhämmert.
Und Emriye hat Dir ja erzählt, wie hell auf einmal alles wieder wird, wenn man endlich Hilfe gefunden hat, durch Medikamente und Therapie.

Genau das kennen so viele hier. Glaub mir, ich war vor eineinhalb Jahren genauso beieinander wie Du jetzt - wollte nicht mehr leben, hielt mich für das ekligste und unfähigste Monster auf Erden. Und glaubte dabei die ganze Zeit, daß es mir soooo schlecht ja schließlich nicht ginge, anderen ginge es viel schlechter, ich hätte kein Recht darauf, der Krankenkasse für so einen Blödsinn auch noch Geld zu kosten, ich solle mich doch nicht so gehen lassen, usw. Der ganze Bullshit. Und während ich so dachte, und alle Vorschläge hier aus dem Forum mit "Ja, aaaaber..." (Gell, Meike, Susan, Waltraut??) zerredete, ging es mir immer dreckiger.
Und dann begannen irgendwann die Medis zu wirken. Und ich wachte sozusagen aus diesem Horror auf - merkte, wie entsetzlich es mir gegangen war, entsetzt, in welchem Zustand ich gewesen war. Und bin im Nachhinein nur noch dankbar und froh, daß ich DA lebend wieder raus gekommen bin... Ich hab auch Kinder, Claudia, und wenn ich mir vorstelle, was ich während dieser höllischen Zeit für Gedanken hatte, daß ich ihnen eh mehr schade als nütze, dann läuft es mir jetzt noch kalt den Rücken runter.

Bitte, Claudia, es ist diese KRANKHEIT - und alles, was Du erzählst (bzw. WIE Du es erzählst), sind klassische Symptome dafür.

Überwinde Dich, rede mit Deinem Mann (Geborgenheit hat absolut recht), und versuch, dem Therapeuten eine Chance zu geben. Und vielleicht schaffst Du es ja, Deine Angst und die Vorurteile vor einem Antidepressivum zu überwinden - wie Emriye sagte, manchmal geht es einfach nicht mehr ohne.

Bitte rette Dich!!!

Alles Liebe,
Winnie

[Wölkchen30]

Liebe Geborgenheit, Liebe Winnie,

ich bin so ziemlich fertig!!!! Bin nach meiner letzten Mail natürlich runter. Hätte es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren können, ihn alleine sitzen zu lassen!

Habe ihm die Seite genannt. Setzt sich jetzt an einen anderen Rechner und wird lesen........haben natürlich vorher geredet...habe ihm gesagt das dort ALLES drin steht, und er mich niemals so kennengelernt hat und das er sich auf keinen fall lächerlich über mich machen darf........

Was würde ich bloß ohne euch tun????

Claudia

Ich glaube, wenn es JETZT nicht unsere Ehe zerstört, fällt vielleicht ein kleiner Ballast von mir ab!

Ich habe euch wirklich richtig lieb gewonnen. Ihr wollt mir so gern helfen und ich mache es euch so schwer......es tut mir sehr leid, ich mache es wirklich nicht mit absicht.

Vielleicht kann mein Mann es verstehen.............

Habe die Mails von Emriye gelesen!!! Ihr ging es ja nunmal wirklich schlecht. Das ist mit mir nicht vergleichbar!!!

[geborgenheit]

Liebe Claudia

ich kann mir vorstellen, dass Du jetzt Angst hast. Aber ich hoffe sehr für Dich, dass Dein Mann verstehen kann, dass es Dir zu schwer gefallen ist, ihm früher von all diesen schweren Erlebnissen zu erzählen!

Du bist sehr mutig! Und ich wünsche Dir sehr, dass Du nun endlich die Hilfe bekommst, die Du auch verdient hast. Nach so langen Jahren, die Du alleine gekämpft hast, ist dies ein grosser Schritt!

Lieber Ehemann von Claudia: Falls Du bis hierher gelesen hast: Verliere nicht den Mut, Ihr könnt es schaffen, wenn Ihr beide Verständnis füreinander aufbringt und immer wieder versucht, ganz sorgsam miteinander umzugehen! Ich wünsche Euch Beiden einfach alles Gute für diesen Wegabschnitt!

Liebe Grüsse
Geborgenheit

[emriye]

Liebe Claudia,
meld mich mal wieder. Ich kann mich nur allen Beiträgen anschließen, es tut einem wirklich weh wenn man Deine Not ließt. Ich wünsche Dir so von ganzem Herzen, dass Du Dir bald Hilfe zugestehst. Am besten, wenn der Termin für den Therapeuten erst in 2 Wochen ist, dass Du es schaffst mit Deinem Mann zu sprechen. Ich habe mir auch immer eingeredet, dass mein Mann eh nicht merkt wie es mir geht. Aber das stimmte überhaupt nicht, er war sehr hilflos und kam nicht mehr richtig an mich ran,ich hatte auch tierische Konzentrationsschwierigkeiten und wenn ich versuchte einen normalen Satz zu sprechen, wußte ich nach dem halben Satz nicht mehr weiter. Dann dachte ich natürlich felsenfest ich bekomme Alzheimer oder hab einen Hirntumor, weil ich mich körperlich unglaublich schlecht fühlte und nicht mehr klar denken konnte, alles vergaß und unfähig war ein Gespräch zu führen. Mir war schlecht, ich hatte überall Schmerzen, mußte ständig erbrechen und nahm 9 Kilo ab. Ich war richtig überzeugt, ich bin körperlich totkrank, natürlich war ich auf einer anderen Ebene totkrank, nämlich seelisch.
Kann nicht irgendeine Freundin Dich vielleicht zu einem Arzt/Psychiater bringen oder Dein Mann ??? Damit Du keine 2 Wochen mehr warten mußt??? Wenn Du aus der Ecke Freiburg/Breisgau kommst, könnte ich Dir einen sehr guten Psychiater empfehlen, der nimmt sich sehr viel Zeit für seine Patienten und hört ihnen vor allen Dingen zu.
Ich hoffe natürlich, Dich jetzt nicht wieder unter Druck zu setzen. Aber mein Gefühl sagt mir, dass Du eigentlich so schnell wie möglich Unterstützung bräuchtest....
Dir ganz viel Kraft, dass zu tun was Du brauchst
Liebe Grüße
emriye

Liebe Winnie,
ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass auch Du mir geantwortet hast. Ich konnte zwar nie und nimmer glauben, dass dieser Zustand mal ein Ende hat. Aber Deine Worte und die anderen Beiträge haben mir sehr geholfen Hilfe in Anspruch zu nehmen. Hat zwar gedauert, in dieser schwarzen Welt glaubt man ja eher an alles Negative, eben auch was Antidepressiva betrifft.... das hab ich alles geglaubt und dachte dieses Gift nehm ich nicht ein. Danke Dir nochmal
Liebe Grüße
emriye

[emriye]

Liebe Claudia,
meine Mail hat sich mal wieder mit Deiner überschnitten. Ich freue mich sooo sehr für Dich!!!! Du wirst sehen Dein Mann kann Dich jetzt endlich verstehen und muß nicht denken es liegt an ihm!!! Schick Dir erstmal einen Blumenstrauß und hör bitte auf,Deine Vergangenheit oder den jetztigen Zustand herunterzuspielen!! Du hast eine zentnerschwere Last zu tragen, die man ganz alleine nicht tragen kann, den Balast sollte man auch abgeben können - um nicht daran zu zerbrechen. Was mir noch einfällt, alte Wunden brechen oft auf, wenn ein geliebter Mensch stirbt(so wie Deine Schwiegermutter), wenn die eigenen Kinder in ein Alter kommen, das Dich an Deine eigene schlimme Kindheit erinnert. Es triggert Dich sozusagen und diese abgekapselten Geschwüre fangen an aufzugehen - ihren Raum einzufordern..
Alles Liebe Dir
emriye

[Wölkchen30]

Liebe Emriye und alle anderen,

bitte sagt mir, dass ihr euch jetzt nicht deswegen zurückziehen werdet. BITTE!

Emriye, ich komme aus NRW. Würde deine Empfehlung gerne annehmen. Ich weiss nicht ob ich den Weg zum Therapeuten schaffe! WAS sollte ich ihm den eurer Meinung nach sagen??? Ich würde vor ihm stehen und wüsste wirklich nichts...................

Die einzige Freundin die mir geblieben ist, hat 5 Kinder. Sie würde es sicher tun, aber ich möchte sie damit nicht belasten! WIESO seht ihr diese Dringlichkeit??? Ich verstehe es nicht.............warum?

emriye, ihr setzt mich nicht unter Druck. Wirklich nicht!

Auch wenns mein mann in den nächsten Stunden alles weiss, kann ich weiter zu euch kommen???

[emriye]

Liebe Claudia,
na klar, kannst Du noch herkommen!! Es beruhigt mich, dass Du nun nicht mehr alles mit Dir alleine ausmachen mußt. NRW ist natürlich zu weit weg, aber in dieser Gegend gibt es bestimmt auch kompetente PsychiaterInnen. Vielleicht kann Dir ja jemand aus NRW einen guten Arzt empfehlen.
Liebe Grüße
emriye

[geborgenheit]

klar, liebe Claudia

es ändert nichts an meiner Haltung, wenn Dein Mann nun alles gelesen hat! Ich finde es ganz toll, dass Du ihn einbeziehst und ich hoffe sehr, dass die nächsten Schritte für Dich gut werden.

Meine Therapeutin sagte immer zu mir: Trage Sorge zu Dir! Dasselbe möchte ich Dir mitgeben! Du bist es wert!

Herzliche Grüsse
Geborgenheit

[winnie]

Liebe Emriye,

mußt mir doch nicht danken!
Ich kann Dir aber sagen, wie froh ich die ganze Zeit schon bin, wenn ich Deine Beiträge der letzten Monate lese und sehe, was für einen enormen Prozeß Du seit Deinem Einstieg hier geschafft hast. Ein Unterschied wie Tag und Nacht!
Gottseidank hast Du die Kurve gekriegt, ich erinnere mich noch so gut an Deine ersten Beiträge...

Lieben Gruß zurück!
Winnie

[Wölkchen30]

Mein Gefühl sagt mir jetzt erst recht, dass ich nun keine Hilfe mehr brauche!

Was ist das RICHTIGE??? Sagt mir, wie soll ich jemandem erzählen, dass es mir schlecht geht, obwohl ich es nicht so fühle???

Wie soll ich es rechtfertigen???? Könnt ihr mir das sagen??? Es fällt so schwer. Ich denke, mein Mann wird es auch nicht so sehen. Weil, er erlebt mich ja nunmal hier wie ich mich GEBE, nicht wie ich fühle! Ich denke, ihr seht das anders!!!???

Alles ziemlich konfus......

[winnie]

Und Claudia,

NEIN, WIR ZIEHEN UNS NICHT ZURÜCK!!!!
Und ich bin sicher, daß Dein Mann es auch nicht wird. Ich schätze, er wird im Gegenteil froh sein, daß er endlich weiß, was Dich so sehr bedrückt, und wie er Dir jetzt vielleicht helfen kann.

Was Du Deinem Therapeuten erzählen sollst?
Das gleiche wie Du uns erzählt hast.
Wie wäre es, wenn Du diese beiden Threads einfach ausdruckst und ihm mitbringst? Da steht doch schon mehr als genug drin, damit kann er garantiert schon ne Menge anfangen. Und glaub mir, er wird mit Sicherheit nicht fragen, was zum Teufel Du von ihm willst. Erstens merkt doch ein Blinder mit Krückstock auf Anhieb, wie dreckig es Dir geht, und außerdem: es ist sein JOB!!! Und wenn er diesem Job auch nur ein kleines bißchen beherrscht, dann wird er es schaffen, Dir mit Fragen dabei zu helfen, den Einstieg zu finden.
Vertrau einfach mal!

Du wirst sehen, wie viel besser das Leben wieder sein kann!

Lieben Gruß,
Winnie

P.S.: An den Ehemann von Claudia: Hier im Forum schreiben auch eine ganze Reihe Angehörige von Depressionskranken, die sich auf diese Weise selbst Rat und Unterstützung holen - denn eine Depression wirkt sich unweigerlich auf die ganze Familie aus, und Angehörige sind da oft ratlos, wie sie helfen sollen. Vielleicht wäre das auch für Dich eine Option?
Ich wünsche Euch beiden alles, alles Gute und ganz viel Kraft!!

[geborgenheit]

Liebe Claudia

ich denke, dass heute einfach zuviel auf Dich einstürmt, als dass Du noch spüren kannst, wie es weitergehen soll. Wenn zuviele Gedanken kreisen, dann ist es oft so, dass man die eigentlichen Gefühle nicht mehr spüren kann. So denke ich, dass Du Dir Zeit lassen sollst, um heraus zu finden, was Du fühlst.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Du eine Therapie beginnen kannst. Aber ganz wichtig scheint mir: Du musst diese Therapie auch wollen. Nur weil wir hier das Gefühl haben, dass es Sinn machen würde, kannst Du nicht eine Therapie beginnen.

Bei Deiner Geschichte wäre es sicher angebracht, die Erlebnisse aufzuarbeiten. Aber in Deinem Tempo, das scheint mir ganz wichtig!!

Wie geht es Dir im Moment? Hat Dein Mann schon etwas zum Gelesenen gesagt? Oder sitzt jeder von Euch alleine am PC?

Viel Kraft weiterhin. Du wirst spüren, wie Dein Weg weitergeht!

Geborgenheit

[winnie]

Hoffentlich reden sie gerade miteinander...

[Wölkchen30]

Wir sitzen beide an verschiedenen PC´s! Hat zwei Fragen gestellt. Er hat gemerkt, dass es mir unangenehm ist, wenn er fragt. Ich denke dann, ich wäre wieder rechenschaft schuldig.

Mir ist unwohl bei der ganzen Sache! Wird er es jemals gegen mich verwenden können??? Er wird noch einige Zeit brauchen, bis er alles durch hat.

Liebe Geborgenheit, ich werde die Teraphie erstmal 100 %ig anfangen, versprochen. Ich will mich doch ändern! Ich glaube nicht, das man es mir ansieht. Ich denke, ich werde noch ganz schön viele Ängste in den nächsten 2 Wochen aushalten müssen.

Muss man für eine Überweisung zum Therapeuten beim Hausarzt vorstellig werden, oder können mir dies auch die Arzthelferinnen aufschreiben???

Ich danke euch so sehr für eure Unterstützung! Ich hoffe, mein Mann kommt damit klar, dass seine Frau gar nicht so stark ist, wie er glaubt..

Claudia

[geborgenheit]

Liebe Claudia

Dein Entschluss, die Therapie zu beginnen, finde ich ganz toll. Auch wenn man Dir nichts ansieht (Fassade stimmt), so tust Du doch Dir selber den grössten Dienst! Es wird sicher noch manche Angst geben, aber es lohnt sich.

Wie das in Deutschland mit Überweisungen läuft, weiss ich nicht, da ich aus der Schweiz komme Aber da können Dir sicher noch die Anderen Auskunft geben.

Du bist Deinem Mann keine Rechenschaft schuldig, aber vielleicht kannst Du ihm helfen, zu verstehen, wenn Du seine Fragen beantwortest, sofern Du kannst und magst.

Viel Kraft und herzliche Grüsse
Geborgenheit