Die Stunde der Wahrheit

[Herzrythmus]

Hallo liebe Angehörige,

ich selbst bin Betroffene und hoffe, ich darf mich mit einer kleinen Frage an euch wenden.

Wie und wann hättet ihr euch gewünscht, dass sich die geliebte betroffene Person euch mitteilt? Ich stehe kurz davor mich geliebten Menschen zu öffnen. Und eines möchte ich auf keinen Fall: Sie verletzen, runterziehen oder gar Schuldgefühle in ihnen wecken! Denn von den Menschen, die ich liebe, kann keiner etwas dafür, dass es mir so geht, wie es mir geht. Ich will sie einfach nur nicht weiter belügen.

Vielen Dank im Voraus,
Herzrythmus

[Butterblume33]

Hallo Herzrythmus,

das ist eine tolle Frage! Ich war ja zuletzt sehr enttäuscht und erschrocken darüber, immer wieder zu lesen, dass sich der geliebte Partner zurückzieht und die andere Hälfte von sich stößt. Bei mir war es genauso. Statt zu reden, hat er sich in seiner Wohnung verkrochen und sich ausgeschwiegen. Bei jedem Versuch meinerseits oft gesagt "ich kann nicht". Du bist demnach auf einem guten Weg.

Es kommt natürlich darauf an, wem du dich öffnen möchtest. Aus meiner Sicht, die langjährige Freundin, mit der mein Ex einige Jahres seines Lebens geteilt hat, gäbe es keine Grenzen. Ich möchte meinen Partner kennen und in seine Seele schauen dürfen. Ich hätte immer die tiefsten, schwarzen Abgründe ertragen. Selbst mit der Gefahr, dann getroffen oder geschockt zu sein. Es gab während der gesamten depressiven Episode lediglich nur immer der Wunsch meinerseits, ein wenig Anteil nehmen zu können, zumindest zu versuchen, ihn zu verstehen und über ein paar Punkte zu reden. Für den Anfang wäre es schön gewesen, hätte er mir zumindest ein wenig ausführlicher erklärt, was genau mit ihm los ist. Ich musste es aus seinen wenigen Aussagen "erraten" und habe im Prinzip erst nach einem Monat begriffen, dass er Depressionen hat. Es dann allerdings sofort ausgesprochen. Von dem Punkt an war es dann auch für ihn leichter, über seine Gefühlswelt zu reden, aber ganz viele Aussagen machte er nach wie vor in Rätseln. Versuche daher möglichst klar und deutlich zu formulieren, was du sagen möchtest. Ich weiß gar nicht, ob das überhaupt so einfach geht, aber vielleicht hilft ja Aufschreiben und Ablesen?

Liebe Grüße an dich - Danke für diesen Thread!
Butterblume

[scabiosa]

juhu herzrythmus,

auch ich schließe mich butterblume an und finde es toll, dass du dich öffnen möchtest...
viele hier von uns angehörige würden sich diesen schritt wünschen...

ich finde, du zeigst mut, bereitschaft und auch viel kraft, diesen schritt zu gehen...

wie du ja selbst schon vermutet hast, wirst du nicht nur auf "positive" reaktionen stoßen, was dich aber bitte nicht abhalten soll!!! du solltest dir nur darüber im klaren sein... viele werden im ersten moment deine situation nicht richtig einschätzen/werten können ( ich hätte vor ein paar monaten auch dazu gehört, und ja es ging mir nahe und es hat mich was runter gezogen), runterziehen wird auch dabei sein, ABER ja nur, weil sie dich so mögen und wollen, dass es dir wieder gut geht!!! erwarte nicht direkt volles verständnis, gib deinen lieben bitte etwas zeit sich damit auseinander zu setzten, sag aber auch, wie wichtig es für dich ist...

ich überlege, ob du vielleicht dir ein paar broschüren zum thema depression besorgst, damit du nach dem gespräch den anderen die möglichkeit gibst sich selbst noch was mit dem thema auseinander zu setzten, ich frage mich, ob sonst so ein gespräch auch mit "aufsicht" möglich wäre ( weiß ja nicht, ob du in therapie bist).... oder ob man sich sonst auch beim Sozialpsychologischen Dienst hilfe für so ein gespräch holen kann....
das du nicht ganz alleine mit fragen und antworten dastehst... und ich denke durch die "professionelle seite" wird auch nochmal der ernst deiner lage verdeutlicht....

wie gesagt, ich finde es toll von dir, deine lieben mit ins boot zu holen und ich wünsche dir von ganzen herzen, dass sie es zu würdigen wissen und dir eine starke stütze sein können...

es grüßt deine scabiosa