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Die andere Seite

Verfasst: 2. Jan 2015, 02:53
von steffi1990
Hallo liebe Angehörige,

ich bin neu hier im Forum und weiß nicht ob es schonmal jemanden gab, der eine Solche Frage gestellt hat...
Ich selbst bin betroffen von depressiven Phasen und Schwankungen, war aber nicht beim Arzt. Mein Freund hört mir zwar zu und nickt, wenn ich ihm versuche zu schildern wie es mir dann geht, wenn wir ausgerechnet dann streiten oder diskutieren und wie sehr ich absinke, während er den Alltag weiter gestaltet. Jedoch sehe ich in seinen Augen, dass er es nie verstehen kann bzw. sich hineinversetzten kann. Oft hält er mich vielleicht für kindisch, nervig, anstrengend etc. wenn ich weinkrämpfe habe, schwarz sehe und die ganze Beziehung in Frage stelle, wenn ich ihn zu häufig frage ob er mich liebt und so weiter.

Ich stelle mir und somit hier auch mal euch die Fragen:

Wie sieht die Seite des Partners aus? Wie sehe ich von außen betrachtet aus in diesen Phasen?

Macht eine Beziehung überhaupt sinn, wenn man depressiv ist? Ist sie nicht viel zu belastend für das Gegenüber, welches sich die Lage nicht vorstellen kann?

Was können wir tun um dennoch ein "wir" zu bleiben, obwohl ich manchmal nicht mehr ich selbst bin?

Danke für eure Sichtweise und bitte seid ganz ehrlich!

Re: Die andere Seite

Verfasst: 2. Jan 2015, 10:21
von Pia again
Hallo Steffi,

interessante Frage;
ich halte sie allerdings pauschal für gar nicht beantwortbar; im Einzelfall: darf nicht pauschalisiert werden.

Ich persönlich empfinde es so, dass psychisch kranke Menschen das "nicht einfühlen können" ihrer Freunde und Bekannten völlig überbewerten.

Da sind die psychischen Krankheiten ja nu bei Weitem nicht allein.
Die Angst, die Gefühle sehr vieler kranken Menschen kann man nur dann nachempfinden, wenn man selber betroffen ist.

Das finde ich wichtig, die psychisch kraniken Menschen da nicht auf ein Podest zu heben.

Krebskranke, als Beispiel: sind vielleicht einfach näher am Thema in der Gesellschaft, das angstmachende Gespenst Krebs erweckt viel Empathie in der Gesellschaft, aber jeder der Krebskrank ist oder war weiss, dass dies oberflächlich ist - was auch normal ist - und im Ergebnis ein Einfühlen, da nicht selber betroffen eben so gar nicht möglich ist.

Genauso erlebe ich als Angehörige die psychische Krankheit meines Mannes: ich weiss: er ist schwer krank, ich weiss: es muss furchtbar sein, nachfühlen kann ich es nicht, da ich nicht psychisch krank bin.

Allerdings möchte ich auch nicht, dass mir dies (nicht erkrankt zu sein) zum Vorwurf gemacht wird.

Ich erlebe manche psychisch kranken Menschen (genauso wie andere Erkrankte) in ihrer Opferrolle;
damit kann ich sehr schlecht umgehen.

Natürlich ist man eine Art Opfer, wenn eine schwere Krankheit, Schicksalsschlag trifft und ja: am Boden liegen, Empathie benötigen: alles o.k.

Allerdings würgt mich eine Dauer-Opferhaltung massiv an.
Menschen - generell, losgelöst vom hiesigen Forum -, die sich in ihrer Opferrolle suhlen....... nein, Danke.

Auch ich erlebe auf Dauer die Erkrankung meines Mannes als für den Angehörigen als sehr anstrengend.

Mein Mann (nahezu 50) ist seit seiner Kindheit psychisch krank, bis vor 5 Jahren unbehandelt, alles ist also massiv manifestiert.

Er hält sich für krankheitseinsichtig....... ich bin davon nicht wirklich überzeugt.

Heute weiss ich, dass speziell Diskussion in depressiven Phasen, etwas klären wollen in depressiven Phasen, Auffangen - emotional - in depressiven Phasen, wenn man selber genug am Hals hat (man hat als Angehöriger ja nun auch noch ein normales Leben mit Arbeit, Kind, Kegel) nur Kraft kosten und rein gar nichts bewirken, von daher führe ich diese dann gar nicht mehr erst, was aber je nach Intensität der Erkrankung und Häufigkeit der Phasen sehr frustrierend ist.

Was mich wirklich fürchterlich nervt und zunehmend für mich ein Thema ist: kindisches Verhalten.

Mein Mann reagiert auf Paarkonflikte total kindisch.

Sein Therapeut erklärt das damit, dass die Konfliktunfähigkeit aus der Kindheit kommt.
Fein.

Ich will aber kein 50jähriges Kind..........

In meinen Augen arbeitet mein Mann überhaupt nicht daran erwachsen zu werden.

Ich habe, in meinen Augen, keine andere Möglichkeit, als Probleme anzusprechen, um diese zu klären: er reagiert wie ein Kleinkind.

Das nervt, das nervt, das nervt, das nervt.

Lösung: fällt mir außer Trennung keine ein, wenn der Partner nicht mitzieht und eben seinerseits etwas für die Beziehung tut.

Beziehungsfähigkeit.

Ein übles Thema, zumindest für mich.

In meinen Augen kommt es auf die Erkrankung des Betroffenen an und darauf, wie Einsichtsfähig dieser ist.

Die psychische Erkrankung lebt meinen Mann, mein Mann lebt nicht selbstbestimmt.
Veränderungen von sich aus nimmt er nicht vor.

Er sieht meine Ansprüche an Beziehung (Kommunikation, Qualitätszeit, gemeinsames aktives Erleben) oft als gegen ihn gerichtet an.

Ich fühle mich dann unverstanden (ich will mit ihm Beziehung leben, mein Leben verbringen, böse Frau, sowas von böse....... *schwarze Ironie*) und er übefordert.

Ich halte meinen Mann für nicht Beziehungsfähig.
Er ist dauerüberfordert und findet nicht raus.......

Eine Beziehung alleine kann ich halt nicht führen.....

LG
Pia

Re: Die andere Seite

Verfasst: 2. Jan 2015, 13:13
von Sonnenblume14
Hallo Steffi, doch. Es geht, aber es fordert den Partnern viel ab.

Ich sehe die Partnerschaft etwas anders. Würde man sich diese Frage bei einem Krebskranken überhaupt stellen? Oder bei einer anderen chronischen (aber sichtbaren) Krankheit? Zugegeben, eine psychische Krankheit ist fieser, weil Worte fallen, die besser nicht gesagt worden wären. Weil viel in Frage gestellt wird. Weil die Art und Weise wie sie sich äußert, belastender ist, weil nicht gesellschaftsfähig.

Ich bin Betroffene, meinen Mann lernte ich während einer massiven Depressionsphase kennen. Vor 25 Jahren. Danach zeigten sich die Depressionen immer mal wieder, aber nie wirklich heftig. Bis zum letzten Jahr. Glücklicherweise ist die Beziehung gut, so hatte ich immer die Sicherheit, dass mein Mann zu mir steht. Eine Basis, die ich dringend gebraucht habe. Für ihn war ich in dieser Zeit nicht ich selber, nicht die Frau, die er geheiratet hat, sondern krank. Aber krank mit dem festen Willen, Hilfe zu suchen und anzunehmen. Dabei hat er mich unterstützt. Er war da, er hat sein Leben auf meines ausgerichtet in dem Bewusstsein, dass es für eine begrenzte Zeit eben so sein muss. Diese Stabilität war für mich als Betroffene ganz wichtig und laut Therapeutin eine der Säulen, weshalb ich relativ sicher und schnell (naja, 8 Monate!) aus der schlimmsten Phase herauskam.
für ihn war es eine ebenso schwere Zeit, aber diese Zeiten gehören zum Leben dazu. Helfen konnte er mir nicht viel. Er war einfach nur da, hat mich zwischendurch in den Arm genommen. Dass er meine Probleme nicht lösen kann, ist klar. Dass er kein Therapeut ist, ist auch klar. Eine Ergänzung zum Therapeuten, vielleicht. Wir haben viel geredet, er hat viel gelesen, wir hatten gemeinsame Therapiegespräche, damit er verstehen kann, wie verrückt der Geist reagiert.

Ich glaube, wichtig ist die Abgrenzung. Wenn der Partner in der Lage ist, sich selber genügend zu achten, hält er dieser Belastung stand. Aber das alles ist abhängig von den Menschen in der Partnerschaft. Jeder ist da anders. Ich habe halt Glück gehabt.

LG Sonnenblume

Re: Die andere Seite

Verfasst: 3. Jan 2015, 15:13
von steffi1990
Danke ihr Lieben.
Sonnenblume: Da hast du wirklich großes Glück einen so geduldigen verständnisvollen Partner gefunden zu haben! Das ist schön zu höören! Bei mir ist es nicht eine lange Phase sondern Schwankungen die immer wiederkehren und das macht es für meinen Freund nciht leicht weil er dann immer einschätzen muss...jetzt stimmt wieder etwas nicht... ich versuche deswegen ihm immer mitzuteilen wie es mir gerade geht.

Pia: Das dir das kindische auf die nerven geht, das kenne ich. Mein Freund hat mich mal mit seiner Ex-Freundin verglichen, welche er als sehr kindisch empfunden hat. Daraufhin bin ich jedoch in ein noch größeres Loch gefallen und vermutlich ahbe ich mich aus seiner Sicht dann noch kindischer verhalten. Das ist eben das tückische, es dreht sich eine Abwärtsspirale die reißt einen dann mit obwohl man selbst denkt "neeiiiin jetzt benehm ich mich noch bescheuerter" aber man kann dennoch nciht aus seiner Haut. Eben deswegen habe ich die Frage gestellt, weil ich mir durchaus vorstellen kann wie "nervig" das fürs Gegenüber sein muss. Genau mit dem Begriff hat mein Freund mich auch schon oft betitelt und es tut mir jedesmal weh und ist mir furchtbar peinlich danach.
Darf ich fragen, was du dir von deinem Mann wünscht (angenommen er benimmt sich kindisch), was könnte es für dich erträglicher machen oder dir das "wir Gefühl" erhalten?

Du musst darauf nicht antworten! Nur wenn es okay ist!

Re: Die andere Seite

Verfasst: 3. Jan 2015, 15:18
von steffi1990
Achja auch ein Satz der fiel: "Hab dich mal im Griff!" Ist aus meiner Sicht ein Ding der unmöglichkeit in dem Moment gewesen -.- genau das macht es so schwierig eine Beziehung zu führen. Normalerweise hat man sich auch in Konfliktsituationen noch einigermaßen unter Kontrolle. Manches Mal verfalle ich aber in solche Weinkrämpfe oder negative Gedankenspiralen dass es absolut übertrieben wirkt. Ich wünsche mir dann nur eins: "Beruhig dich, alles wird gut, WIR schaffen das gemeinsam, ich liebe dich." Aber natürlich kann man das nicht verlangen denn es ist ja ein Streit... wieso sollte jemand immer "aufgeben/nachgeben" nur weil der andere krank ist. Sehr schwierig....

Re: Die andere Seite

Verfasst: 3. Jan 2015, 18:05
von Sonnenblume14
Hallo Steffi,

hast du schon mal versucht, ihm das so mitzuteilen? Du hast bestimmte Erwartungen an seine Reaktion: das MUSS schiefgehen, ich habe auch lange gebraucht, das zu kapieren.

Es kann funktionieren, wenn du ihm in einer ruhigen MInute erklärst, was in solchen Phasen emotional in dir abläuft. Dass du weisst, dass du ungerecht bist, aber irgendwie fehlgesteuert. Ich habe meinem Mann mal gesagt, wenn man das nicht erlebt hat, kann man sich nicht vorstellen, dass das Gehirn signalisiert "wirf dich vor den Zug" und man selber gleichzeitig weiss, dass man das gar nicht will. Aber man kann die Gedanken um die Handlung nicht stoppen. Er war geschockt, aber es hat ihm die ganze Zerrissenheit in dieser Situation gezeigt.
Versuche, dich selber kennenzulernen, zu ergründen,w as du in einem solchen Momet brauchst. Eine Umarmung? Eine halbe Stunde ruhig mit ihm auf dem Sofa liegen? Dann sag es ihm, bitte ihn darum. Mach klar, dass es kein Muss ist, deine Bitte zu erfüllen, es ist ein Wunsch. Lehnt er ab, musst du es akzeptieren und dir für dien Wohlbefinden etwas anderes suchen.

Mir helfen z.B. auch Düfte enorm gut. Die Aromatherapie war fantastisch.

für den Partner ist es sehr , sehr schwer. Aber wenn er ansatzweise die Problematik verstandenhat, ist es für ihn leichter und für dich auch. Setze nicht voraus, dass er dich immer versteht, sei glücklich, wenn er ein wenig nachvollziehen kann.

LG Sonnenblume

Re: Die andere Seite

Verfasst: 4. Jan 2015, 15:09
von Pia again
Hallo Steffi,

helfen würde mir, wenn mein Mann jemals in der Lage wäre zu kommunizieren.

Stattdessen schweigt er, schweigt, schweigt, schweigt, schweigt, schweigt.

Ich bin nicht der Meinung, dass es ausschließlich hilft, wenn der Partner verstanden hat, wie "psychische" Krankheit funktionieren kann.

Uns hilft das jedenfalls absolut nicht.

Und auf eines möchte ich dringend hinweisen: es ist ein großer, absolut massiver Unterschied, ob der betroffene Partner (also der psychisch erkrankte) männlich oder weiblich ist; das haben wir hier im Laufe der letzten Jahre immer wieder festgestellt.

Männer gehen völlig anders mit ihrer Erkrankung um.

Ich glaube auch nicht, dass man das so generalisieren kann; erklären und schon sind partnerschaftliche Probleme gelöst.
Dafür sind die Erkrankungen und vor allem ihre Schweregrade zu unterschiedlich.

Ich weiss von anderen Betroffenen, dass es ihnen gar nicht möglich ist dem Partner zu erklären in der Situation, was in dem Betroffenen vorgeht.... und hinter oft auch nicht.

Das Rätselraten ist für mich das absolut schlimmste.

Ja, ich weiss, wie Depression funktioniert,
ich kann vermuten: jetzt ist wieder das und das..... wenn ich frage: nein!

Hinterher stellt sich raus, doch, genau so.

Für mich ist das Schlimmste an dem Ganzen, dass sich nie was klärt; Situationen nicht besprochen werden können und es sich in den letzten 5 Jahren auch nicht mit Therapie verändert hat.

Liebe Steffi, Du sprichst von Gefühlsschwankungen.

Bei meinem Mann handelt es sich nicht um Gefühlsschwankungen sondern um manifestierte Depressionen plus Persönlichkeitsstörung....... ich glaube da geht nur noch eins: gucken ob man damit klar kommt oder nicht.

Ich kommt nicht damit klar; leider und ich hab es die letzten 5 Jahre von ganzem Herzen versucht.

Mir erscheint es so manches Mal auch so, dass die erkrankten Partner dem nicht erkrankten viel zu viel abverlangen.

Steffi, Du schreibst z.B. von dem No-Go Deines Freundes zu sagen : "hab Dich mal im Griff".

ist klar, ist so ziemlich eines der ersten Dinge die man als Angehörige lernt niemals sagen zu dürfen; da gibt es bei Euch ziemlichen Klärungsbedarf.

Aber vielleicht überlegst Du mal für Dich, ob es für Dich auch Alternativen gibt, die Dich stärken können, die Dir Halt geben können, außer Deinem Freund.

In einem gewissen Umfang ist es absolut in Ordnung, wenn Paare sich bei Bedarf gegenseitig Halt geben (dabei hapert es meistens in der Beziehung zu einem Betroffenen schon an der Gegenseitigkeit) ; aber in erster Linie ist das eigentlich die Verantwortung von einem selber, einen Weg zu finden, sich wieder nach oben zu hangeln; im Zweifel mit Therapie wo erlernt wird, welche Mittel und Weg es da gibt.

Ich bin ein hilfsbereiter Mensch und Partner, aber auf Dauer: ne, funktioniert das nicht. Ich bin nicht für das Seelenheil meines Partner zuständig.

Wenn es möglich ist Dinge zu klären (es verletzt mich, wenn Du sagst, ich soll mich zusammen nehmen / guck nach Alternativen, die Dich stabilisieren) ok, aber wenn ein Partner nur noch zum "Krafträuber" wird, ist das für mich nicht gesund (losgelöst von Deiner Problematik) und von Paar-Ebene für mich weit entfernt.

VG
Pia

Re: Die andere Seite

Verfasst: 5. Jan 2015, 15:49
von steffi1990
Ich sehe das genauso wie du und versuche gerade mir andere Orte, menschen und Dinge zu suchen die mir guttun um die Beziehung zu entlasten. Ich bin auch ganz guten Mutes (zur Zeit) dass das möglich ist. Ich habe das hier interessehalber hineingepostet also meine Frage an die "andere Seite", weil ich eben nicht immer nur von mir ausgehen will.
Es tut mir sehr leid für dich, dass dein Mann eine so starke Störung hat dass ihm das scheinbar wesentlich schwerer fällt (laut Beschreibung). Und das sich das "nie klärt" und besprochen wird, nicht einmal im Nachhinein hört sich wirklich nicht tragbar an. Du bist auf keinen Fall für sein Seelenheil verantwortlich! Wo bleibt da auch deins... Steckst du also quasi gerade in einer Trennung von ihm (das hört sich so an). Falls ja wünsche ich dir ganz viel Kraft und das es das Richtige ist!
Das Männer und Frauen unterschiedlich damit umgehen... darüber habe ich noch nie nachgedacht. Meinst du damit, dass Männer verschlossener sind und die Krankheit vielleicht auch länger leugnen?
Ich und mein Freund stehen da ja quasi ganz am Anfang, ich habe ihm geraderst erklärt, dass ich das Gefühl habe zeitweise depressiv zu sein und mich tatsächlich nicht mehr im Griff zu haben. Mir reicht es ja schon, wenn er mich dennoch ernst nimmt als Person und etwas gedudiger ist, als wie man es vielleicht ohne dieses Wissen wäre. Du sagst, es würde dir helfen, wenn er kommuniziert... mein Freund sagt das Gegenteil :D ich solle ihn dann in Ruhe lassen damit er Zeit hat sich quasi abzuregen und mich wieder annehmen zu können. Genau das fällt mir furchtbar schwer, ich klammere dann dummerweise noch mehr und ärgere mich im gleichen Moment selbst darüber -.- Sobalt ich es schaffe den Raum oder Ort zu wechseln oder mich abzuenken falle ich jedoch in ein Loch wo ich schwer wieder herauskomme. Mein Kopf sieht nur noch schwarz und malt sich die schlimmsten Szenarien aus. Ich fühl mich immer minderwertiger und abgeschoben obwohl es ja das normalste von der Welt ist dass man mal genervt vom Partner ist... Für diese Situationen brauche ich eine innere Ruhe und Stärke die mir leider fehlt. Meist rutsche ich dann ab. Sonnenblume beschrieb das ganz gut mit "schmeiß dich vor den Zug" aber gleichzeitig weiß man dass das falsch ist. Es ist aber unaufhaltsam...dieser Abwärtsstrudel reißt einen zu sehr mit.

Okay... wenn ich das selbst lese was ich hier schreibe ist das der Knackpunkt. Daran muss ich arbeiten. Ich werde mir einen "Notfallkoffer" packen, wie mir Cinder empfohlen hat, wo ich reintue und reinschreibe was mir guttun kann in solchen Momenten.

Re: Die andere Seite

Verfasst: 6. Jan 2015, 08:19
von Pia again
Hallo Steffi,

so richtig verblüfft mich das jetzt eher nicht, dass Dein Freund genau nicht kommunizieren will :D

Neben den völlig normalen, pauschalen Unterschieden, wie Männer und Frauen so reagieren, so gibt es auch Studien dazu, wie das halt in der Erkrankung, im speziellen hier: in der Depression unter den Geschlechtern aussieht.

Es gibt sogar die Bezeichnung mal depression;
googel mal, wenn Du magst; ist ganz interessant; jedenfalls dann, wenn der Angehörige halt der männliche Part ist.

Wenn ich ganz ehrlich bin, wäre die räumliche Trennung das einzig richtige in meiner Situation.
Emotional getrennt, sind wir in meinen Augen schon lange; hat nur gedauert, bis ich mir das eingestehen wollte.

Die ersten Jahre dachte ich, wir haben eine Chance, sonst hätte ich ihn ja auch nicht geheiratet........ aber dauerhaft ......... schwierig.

Wie gesagt; mein Mann ist wie auch immer ja nun schon weit über 30 Jahre krank und nicht erst kürzlich.

Ich kenne ihn über 30 Jahre; aber nicht als Paar,
auch ich habe psychische Erkrankungen massiv unterschätzt.

Mein Mann hat einen neuen Therapeuten, dessen Ansichten und vor allem Therapieansatz vielversprechend klingt; die probatorischen Sitzungen haben meinem Mann sehr gut getan und sehr geholfen für die geringe Anzahl; leider liegt ja zwischen Therapie-Bewilligung und Loslegen sehr geraume Zeit und in dieser befinden wir uns und er ist wieder massiv abgestürzt.

Gott sei Dank geht die Therapie diese Woche los bzw. weiter.

Ich konnte gestern kurz mit ihm sprechen;
er wird auch noch mal andere psychische Themenkreise mit seinem Therapeuten besprechen.

Diagnose ist zwar nur etwas auf dem Papier; aber ich erlebe es schon so, dass den Angehörigen halt gar nicht geholfen wird, da das Gesundheitssystem irgendwie den Gesamtkomplex Familie fein ignoriert...... was ich als sehr schade empfinde.

Zumindest in meinen Augen und nach meiner Ansicht ist ein stabiles, funktionierendes Beziehungsgeflecht speziell für psychisch kranke Menschen wichtig.

Aber ohne Hilfe, geht vielleicht irgendwann dem stärksten Angehörigen die Puste aus.
Eine eigene Therapie ist da in meinen Augen wenig hilfreich, das es immer und immer wieder um das Miteinander geht und nicht nur um das für sich selber sorgen.

VG :hello:
Pia

Re: Die andere Seite

Verfasst: 6. Jan 2015, 22:21
von steffi1990
Da hast du recht Pia. Ich wünsche euch alles Gute in welche Richtung auch immer! Und ich hoffe dass die neue Therapie deinem Mann helfen kann.
Habe mir einen Artikel zum Thema male Depression durchgelesen... das habe ich mir schon gedacht...Männer werden dann agressiv und schämen sich. Und über Gefühle sprechen ist ja eh oft schwer :D der zustand ist für eine Beziehung sehr schwer... vor allem wenn aggressionen ins spiel kommen. eine freundin von mir hat es nciht geschafft ihren damaligen patner davon zu überzeugen dass er depressiv ist. eine Therapie hätte ihm sicherlich gut getan aber er wollte es sich nciht eingestehen und dass obwohl er allen grund dazu gehabt hat (familiär). seine agression und zeitweise drohungen mit selbstmord haben sie dann irgendwann dazu getrieben sich zu trennen. Für sie sehr befreiend.
Ich möchte nnicht, dass ich irgendwann mal "nicht mehr zum aushalten bin" für meinen freund. Gestern las ich alte tagebücher von mir... da stand bereits 2003 (da war ich also 13) schon drin dass ich depressiv war... ich hab es aber erst mit 17 überhaupt jemandem gesagt bzw. erkannt was los war. jetzt war es sehr interessant die einträge die ich jahre lang geschrieben habe zu lesen. das gibt viel aufschluss...

naja, wie gesagt alles Gute!!!

Re: Die andere Seite

Verfasst: 7. Jan 2015, 19:09
von Schneefuchs
Hallo Steffi,

Ich bin selbst als Angehörige hier um mir Hilfe zu suchen, habe aber vor vielen Jahren eigene Erfahrungen mit Depressionen gemacht. Eine langjährige Freundin (sie ist für mich wie eine Schwester) hat Depressionen und für mich ist es gerade eine vollkommen neue Erfahrung die andere Seite kennenzulernen. Mir ist jetzt bewusst wie schwer Freunde und Eltern es mit mir damals hatten und was sie gefühlt haben müssen.

Leichter macht es das aber noch lange nicht!

Ich bin der Meinung dass jede Depression anders is, genau wieder Mensch dahinter. So gehen auch Angehörige sehr unterschiedlich damit um. Um für mich zu sprechen:

Zwar habe ich Verstädnis für sie, weil ich nachempfinden kann wie sie sich fühlt und wie ihre Reaktionen zu stande kommen bzw. was dahinter steckt, aber es dringt leider nicht zu ihr durch. Sie fühlt Zuneigung und Verständnis manchmal nicht.

Genau wie du es von dir erzählt hast, zeigt auch sie manchmal 'Einsicht'. Dann bedankt sie sich dass ich da bin wenn sie mich braucht, auch wenn sie manchmal schwierig sei. Und dann wieder gibt es Momente in denen sie unsere Freundschaft anzweifelt, sich unverstanden fühlt und einsam, mir sagt dass ich unzuverlässig bin etc. Manchmal wird sie auch agressiv.

Es ist also eine Berg- und Talfahrt für mich!

Pia hat schon das 'Rätselraten' erwähnt. Mich tut das nicht nur nerven, es bringt mich manchmal auch fast um den Verstand. Wenn man denkt sie richtig zu verstehen, zu wissen wie man die Situation am besten anpackt, hat man sich am Ende doch wieder vertan! Irgendwie kommt es einfach immer anders.

Es ist schön dass du dich immer versuchst mitzuteilen und ihm zu sagen wie du dich gerade fühlst. Das würde ich mir bei meiner Freundin auch manchmal wünschen statt immer raten zu müssen. Den direkten Dialog sucht sie nur noch sehr sehr srlten. Sie zieht sich dann lieber zurück.

Ich denke was den einen verzweifeln lässt, ist für den nächsten anstrengend und nervig. Wie zb. für deinen Freund. Es ist wichtig dass er verstehen lernt, dass du nicht ganz selbst bist, wenn du gerade Schwankungen oder eine depressive Phase hast. Es gibt kein richtiges Rezept gegen die 'Schwierigkeiten'. Es gibt kein Gebrauchsanweisung für einen erkrakten Menschen.

Sonnenblume hat hat etwas sehr schönes zu dem Thema Erwartungen geschrieben. Meine Freundin hat eine sehr große Erwartungshaltung. Nicht nur zwischenmenschlich. Schon wenn gewisse Aufgaben im Alltag anders gelöst werden als sie es tun würde (Ja, auch Paprika schneiden!), kann das zu Diskussionen führen. Das sind so Momente wo selbst ich dann manchmal sie nicht verstehe. In solchen Momenten fehlt dann wieder der Austausch. Wenn du herausgefunden hast was dir gut tut und was du möchtest, sag es ihm, aber äußere es als Wunsch. Mach ihm keine Vorwürfe. Auch für ihn ist das alles nicht leicht. Wenn er zu dir steht, wird er lernen deine Wünsche zu akzeptiere. Aber sei nicht sauer auf ihn, wenn er sie nicht immer erfüllen kann.

Bei mir ist es zb. schon so weit, dass ich selber fast zerbreche, weil ich immer versuche es ihr recht zu machen. Ich muss gerade lernen auch mal für mich selbst da zu sein. Nur mit genug eigener Kraft kann man für andere da sein.

Was mir auch noch einfällt: Hier im Forum habe ich schon viel Sprüche/Begriffe wie "überreagieren" "sei doch nicht so kleinlich" "alles auf die Goldwaage legen" etc. gelesen. Ich denke Angehörigen geht es oft so, dass sie das Gefühl haben der Betroffene wäre überempfindlich, besonders wenn es sich für den Angehörigen oder 'normale' Menschen um normale Situationen handelt. Genau sowas schürrt dann Unverständnis und Diskussionen :/

Ich wünsche dir und deinem Freund das Beste. Er muss dich nicht verstehen. Aber es ist schon sehr viel wenn er Akzeptanz und Verständnis für die Sache hat.

LG Schneefuchs

Re: Die andere Seite

Verfasst: 12. Jan 2015, 21:28
von steffi1990
Ich danke dir für deine Antwort Schneefuchs !

Ich bin quasi... ist mir gestern mal wieder klar geworden gleichzeitig Angehörige und Betroffene. Meine Mutter macht eine Therapie (in die ich sie eigentlich selbst gebracht habe weil sie sonst alles auf mir abgeladen hat) und nimmt mitlerweile auch Medikamente gegen Depressionen und Schlafstörungen. Mein Vater hat mich gestern angerufen und sagte mir, dass er mit seiner Lebenssituation so unzufrieden ist und alles für ihn sinnlos (suizidgedanken) wäre. Das liegt ein deren Ehe und an finanziellen Notlagen. Das geht so, seit ich denken kann und belastet mich immer aufs neue mit. Aber gleichzeitig habe ich mit meinen Stimmungsschwankungen zu kämpfen die besonders vor den Tagen ganz schlimm werden sodass ich kurz davor bin mir Hilfe zu suchen (mit der Frauenärztin habe ich schon gesprochen). Ich bin sehr oft krank und bekomme eine Sache nach der anderen (Nierenentzündung grippe Nebenhöhlenentzündung...) obwohl ich mich gesund ernähre und bewege... Das zieht mich dann erneut runter und so entsteht ein Kreislauf.

Wer mir dabei leidtut ist vor alleim mein Freund, obwohl ich ihn so wenig wie möglich damit belaste. Ich sage wies gerade ist, und er tut mir gut. Ich tue für ihn auch was ich kann, wenns mir gut geht bi ich umso mehr für ihn da. Aber so kann es doch nciht ewig weitergehen oder? zur zeit studiere ich, was ist wenn ich in die arbeitswelt komme? Häufige fehlzeiten, stärkere Belastung und Druck... das macht mir alles Angst und überfordert mich schon wenn ich daran denke -.- Oft denke ich ich dürfte gar keine Beziehung führen und er wäre doch ohne mich viel besser dran...

Gruss, Steffi

Re: Die andere Seite

Verfasst: 12. Jan 2015, 21:40
von ghandi
Hallo Steffi,

ich als Angehöriger versuche die Atacken meiner Frau nicht persönlich zu nehmen, was mir meistens gelingt. Aber auch meine Gefühle spielen eine große Rolle und so kann ich diese leide rnicht immer unterdrücken, so dass es aus mir herausplatzt und ein Streit entsteht, den ich im Nachhinein echt bereue! Ich weiß sie ist krank und ich Paule sie an. Würde ich wohl nicht machen wenn sie Grippe hätte denke ich mir dann und entschuldige mich bei ihr.
Du fragst ob es eine Last ist... Das kommt glaube ich auf den Blickwinkel an. Sicherlich ist es schwer für mich, aber eigentlich nur das nicht helfen können und nicht zu verstehen.
Aber eine Partnerschaft ist definitiv möglich, denn verlassen will ich meine Frau auf keinen Fall! Sie kann ja nichts dafür dass es so ist.

Lieben Gruß an dich!

Re: Die andere Seite

Verfasst: 15. Jan 2015, 12:44
von steffi1990
Ghandi das waren ja mal sehr positive Worte :) ich danke dir für diese Sicht das mitiviert mich sehr! Ich finde es sehr stark von dir, dass du so denkst und das so gut mit dir vereinbaren kannst dass es sich um eine Krankkheit handelt!