Bin auch neu hier

PaulM
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Bin auch neu hier

Beitrag von PaulM »

Hallo zusammen.
Ich habe mich hier angemeldet um mehr Informationen über diese Krankheit und ein paar Tipps im Umgang damit zu bekommen. Ich möchte mich aber erstmal vorstellen.
Ich bin 37 meine Frau ist 34, wir sind seit 13 Jahren verheiratet und wir haben zwei Kinder. Die Kinder sind 13 und 9. Wir gehen beide arbeiten, haben einen Freundeskreis der uns wichtig ist.
Für mich ist der Umgang mit dieser Krankheit noch recht neu und ich bin in einer Phase in der ich versuche herrauszufinden, wie ich damit umgehen soll und kann. Bis zur letzten Woche bin ich davon ausgegangen, dass meine Frau an einem Burnout leidet.
Meine Frau hat im Oktober 2013 einen, für mich aus heiterem Himmel, Suizidversuch unternommen. Seit Januar diesen Jahres ist sie bei einem Psychiater in Behandlung, der ihr zu einer Therapie geraten hat. Seit sechs Wochen befindet sie sich nun in einer Tagesklinik. Ich unterstütze das natürlich alles und bin froh, dass sie sich so schnell und unkompliziert helfen lässt. Letzte Woche Freitag hatten wir ein Angehörigengespräch in der Klinik. Die behandelnde Psychiaterin sagte mir dann, dass meine Frau an Depressionen leide und jetzt ihren Tiefpunkt erreicht habe. Bis hierhin hatte das Wort Depressionen niemand in den Mund genommen. Jetzt kämpfe ich damit, dass sie sich total von uns zurückgezogen hat. Mittlerweile ist mir bekannt, dass das häufig vorkommt. Ich bin mir sicher, dass, wenn wir zusammen daran arbeiten, wir dieses tiefe Tal wieder verlassen können. Doch das ``zusammen`` ist für sie im Moment nicht greifbar. Mir ist bewusst, dass uns niemand sagen kann, ob und wann es besser wird und sie sich uns wieder zuwendet. Dass es so schwer werden würde, hätte ich nicht erwartet. Ich bin für sie da und versuche bis zum letzten zu kämpfen.
Das soll es fürs erste gewesen sein.
PaulM
Geduld und Liebe überwinden alles.
Theodor Storm
katyfel
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von katyfel »

Lieber Paul,

erstmal von mir als Betroffener ein Willkommen hier.

"Burnout" ist ja ein sehr gängiger Begriff im Moment, aber (wie du vielleicht inzwischen auch erfahren hast) meist ein gesellschaftsfähiges Synonym für eine Erschöpfungsdepression und im allgemeinen Sprachgebrauch eben auch für alle anderen möglichen psychische Probleme und Störungen.
Ein Suizidversuch ist aber ein schon ein sehr deutliches und aufrüttelndes Zeichen für eine Depression bzw. eine schwerwiegende psychische Problematik.
Dass deine Frau jetzt-hoffentlich für sie hilfreich und für euch beide auf gute Art- Therapie bekommt und in ärztlicher Betreuung ist, finde ich einen guten und wichtigen Schritt, der häufig schwer fällt und Mut kostet. Diesen Prozess dann auch durchzumachen, sich auf sich zu besinnen aber auch weiterzudenken ist ein riesiges Stück Arbeit (meines Erachtens nach eigentlich der schwerste "Job" den es geben kann) und deshalb ist es häufig, dass auch Beziehungen darunter "leiden" oder zumindest beeinflusst werden.
Ich glaube da ist es wichtig in Kontakt zu bleiben und gleichzeitig ihr den Raum für sich selbst und ihre Heilung zu lassen, den sie braucht, ohne dich selbst zu verlieren.

Das erstmal von mir..
Liebe Grüße,
Sinfonia
SucheAustausch
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von SucheAustausch »

Hallo Paul,

ich muss hier einfach mal aus Sicht eines Ehepartners schreiben, der gegen die Depression (oder vielleicht eher den Mann, der sie hat) verloren hat.

Wenn ich lese, dass Du schreibst, ihr würdet gemeinsam dadurch gehen, dann denke ich, hast Du die Krankheit noch nicht verstanden. In der Depression gibt es meiner Meinung nach kein "gemeinsam". Es gibt (entschuldigt meine bitteren Worte) in der akuten Depression nur das "ich" des Betroffenen.

Verzeihung, ich nehme die Verallgemeinerung mal raus und beschränke meine Meinung und Ansichten auf das Zusammenleben mit meinem Mann.
Mein Mann hat seit vielen Jahren Depressionen. So richtig akut wurde das Ganze dann vor 3,5 Jahren (davor war es zwei Jahre besser gewesen).
Er war dann 14 Wochen stationär und 12 Wochen in der Tagesklinik. Dann ging es auf und ab. In diesem Jahr dann eher wieder ab.

Ich habe mich vor 2 Monaten von ihm getrennt (wir wohnen noch bis Ende Januar zusammen) und jetzt merke ich, wie emotionslos er ist und war.

Es gab in seinem Kopf nur Platz für ihn selbst. Sein Herz hatte er eingemauert. Ob ich überhaupt noch darin Platz fand, ist fraglich, aber leider eben auch unerheblich, weil er ja da nicht reinschauen wollte.

Ich glaube, dass mein Mann gar nicht beziehungsfähig war in all den letzten Jahren. Ich habe versucht, seinen Part in der Beziehung auch noch zu übernehmen und ständig Entschuldigungen zu finden, warum er nicht kann.

Das hat ihm "geholfen", weiter zu machen wie immer und nichts zu verändern.

Es tut mir sehr leid, wenn ich Dir keinen Mut machen kann, Dich wahrscheinlich eher erschrecke, aber ich glaube, dass man in einer Depression gegen Wände ankämpft, die man selber nicht einreißen kann, die außerhalb des eigenen Verantwortungsbereichs liegen.

Ja, und die Konsequenz daraus? Meiner Meinung nach kann man nur seine eigenen Grenzen benennen und hoffen, dass diese dem Kranken helfen. Wenn jedoch nicht, muss man wieder einmal selbst und ganz allein entscheiden, ob man damit noch leben kann.

Bis die Grenze so weit ausgetestet wurde, wie bei mir, dass man bis zu der wirklichen Grenze gelangt.

Das Leben mit meinem depressiven Mann war ein einziges Strecken und Dehnen von Grenzen - bis zum Punkt, an dem es nicht mehr weiter ging und ich gehen musste.

Ich wünsche Dir alles Gute! Vielleicht hast Du mehr Glück, denn ich glaube, dass Frauen was die Krankheitseinsicht angeht, vielleicht etwas reflektierter und aktionsfreudiger sind. Aber vielleicht ist das auch wieder nur eine Verallgemeinerung... :oops:

Liebe Grüße,

Austausch
Minya
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von Minya »

Willkommen Paul.
Ich kann Austauschs Worte nur unterschreiben. Ich habe oder hatte zwar das Glück, dass mein Mann sich helfen lassen "wollte" und sich selbst als Ziel gesetzt hat, weitgehends gesund bzw. sympthomfrei zu leben und wieder am geregelten Alltag- und Berufsleben teilzunehmen. Bei ihm hat die Einsicht auch sehr lange gedauert..fast ein Jahr..aber als es dann einfach nicht mehr ging und er selbst sah, wie sehr er unserer Tochter und mir schadet, hat er den Schritt gemacht und war stationär in der Klinik. Im Anschluss erstmal Tagesklinik und ab nächstes Jahr peilt er wieder an sich einen Job zu suchen. Ich kann also nur von mir sagen, dass es eigentlich links und rechts gibt..manche wählen den Weg des Alleinseins und stoßen alle Lieben von sich und wieder andere wählen den Weg zu ihrer Familie.
Austausch und ich haben genau die gegenteiligen Wege erlebt, aber trotz allem hat sie Recht mit dem was sie sagt. Es gibt kein "zusammen" die Krankheit angehen. Wirklich nicht. Das dachte ich auch erst aber irgendwann sagte sogar mein Mann zu mir, dass es SEIN Problem ist und ich es nicht zu meinem machen soll..erst war ich sauer und hab mich geärgert und gesagt, dass wir doch verheiratet sind und ich für ihn da bin usw.! Im Nachhinein weiß ich, dass er absolut Recht hatte. Es war SEIN Weg. Seiner allein. Ich konnte ihm nur helfen, indem der Rubel weiter lief zu Hause..ob Kinderbetreuung, meine Arbeit, dass das Haus, die 2 Autos bezahlt bleiben..diese finanzielle Last, die vorallem Männer sehr bedrücken. Sie sind die Ernährer etc.! Totaler Quatsch, dass das heute noch so suggestiert wird, aber naja. Wieder so ein Nachteil an unserer Gesellschaft.
Jedenfalls muss deine Frau es in der Klinik alleine schaffen. Wenn sie dir gesagt haben, dass sie eine Depression hat..welchen Grad haben sie genannt? Schwer depressiv? Ist sie aktuelle nicht mehr suizidgefährdet? Wenn ja, wäre sie ja eigentlich vermutlich in einer geschlossenen Abteilung. Meinem Mann wurde das damals gesagt..wenn sie ihm nicht trauen könnten, dann müsste er besser in die geschlossene Abteilung. Aber er hat bewiesen, dass er keine Suizidgedanken hat (nicht mehr hat?!) und war ganz normal in einer offenen Station.
Ich wünsche dir viel Glück und vorallem Kraft!
-Minya
P.s.: Liebe Austausch..du schreckst niemanden ab. Finde ich. Sondern zu zeigst auf, dass es nicht leicht ist mit einem depressiven Menschen zusammen zu leben, vorallem wenn er sich in seiner Krankheit suhlt (sorry) und den Partner im Regen stehen lässt. Du hast dich so viel bemüht..ich habe viele deiner Einträge intensiv durchgelesen und du hast dich richtig entschieden!!!
Brummi59
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von Brummi59 »

Hallo Paul und Willkommen im Forum,

ich will mal als Betroffener ein kurzes Statement abgeben. Im Januar diesen Jahres habe ich bemerkt das bei mir was nicht stimmt. Im April kam dann die Diagnose "Depression schweren Grades". Seither vegetiere ich mehr vor mich hin als das ich lebe. Die ganze Krankengeschicht nur in Stichworten, Depri, trockener Alkoholiker Trauma mit Therapie, soziale Phobie und weil es nicht reicht eine beidseitige Hüftarthrose. Dazu solltest Du wissen, das eins ins andere greift und sich schlimmstenfalls "begünstigt".
SucheAustausch hat geschrieben: Wenn ich lese, dass Du schreibst, ihr würdet gemeinsam dadurch gehen, dann denke ich, hast Du die Krankheit noch nicht verstanden. In der Depression gibt es meiner Meinung nach kein "gemeinsam". Es gibt (entschuldigt meine bitteren Worte) in der akuten Depression nur das "ich" des Betroffenen.
Hier muß ich meiner geschätzten Austausch widersprechen. Du wärst nicht hier, wenn Du die Krankheit nicht halbwegs verstanden hättest. Sonst würdest Du Dir nicht Hilfe suchen. Aber das wäre jetzt Krümelsuche.
In meiner schweren (akuten) Depression gibt es allerdings nichtmal ein "ich". Es gibt einfach nichts.
Warum hat das jetzt gesendet? Ich bin noch gar nicht fertig :shock:
Ganz wichtig ist, das Du Dich an Deine Frau neu herantasten musst. Überschütte sie keinesfalls mit Hilfe. Das führt automatisch aber unbewußt (!!!) zur Abwehr. Versuche ein Gespräch bei Ihrem Facharzt oder in der Klinik zu bekommen. Sie kennen den Stand der Depression und können Dir unter die Arme greifen, Dir Tips geben wo und wie Du helfen kannst. Es gibt auch Selbsthilfegruppen für Angehörige. Das könnte für Dich erstmal die größte Hilfe sein.
Ganz wichtig, denn das ging bei mir in die Hose. Werde nicht eifersüchtig, wenn sie mit Patienten aber nicht mit Dir reden kann. Meine Freundin ist krankhaft eifersüchtig. Als ich auf einmal hier im Forum angefangen habe zu schreiben aber mit Ihr nicht reden konnte, wurde die Eifersucht grausam. Ich habe mich dann von ihr getrennt, weil die Eifersucht alles verschlimmert hat. Hier oder mit Patienten muß ich nichts erklären. Hier schreibe ich das es mir Scheiße geht und ich muß das nicht erklären, weil alle dieses Gefühl kennen und verstehen.
Du wirst sehr viel Geduld haben müssen. Ich wünsche Dir viel Kraft, Du wirst sie brauchen müssen. Eine Depression kann sich sehr lange hinziehen.
Als Betroffener kann ich nur sagen. So muß die Hölle aussehen!
Liebe Grüße
Dieter

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Du könntest dich den ganzen Tag ärgern - du bist aber nicht dazu verpflichtet!
*Arthur Lassen*
Clown
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von Clown »

Hallo Dieter,

das Zitat unter deinem Posting finde ich so klasse! :lol:


Hallo Austausch,

wenn ich mich richtig erinnere, gibt es bei deinem Mann auch noch eine Alkoholproblematik. Von daher glaube ich nicht, dass sein Verhalten mit anderen Depressiven vergleichbar ist.


Hallo PaulM,

willkommen im Forum! Ich möchte dir Mut machen. Deine Frau ist offensichtlich in guten Händen und nimmt Hilfe an - jetzt braucht ihr beide nur noch (ziemlich viel) Geduld.

Und du musst eben darauf achten, dass du dein eigenes Leben so lebst, dass du dabei wieder Energien tanken kannst, denn die gefühlsmäßige Nähe zu einem depressiven Menschen kann viel Kraft kosten.

Wie geht es deinen Kindern - sie mussten ja richtig Angst um ihre Mutter haben, bekommen sie auch irgendeine therapeutische Unterstützung?

Viele Grüße,

Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
PaulM
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von PaulM »

Hallo,
die doch teilweise sehr ausführlichen Antworten haben mich beeindruckt. Danke dafür. Ich glaube, dass es die richtige Entscheidung war, diesem Forum beizutreten.
Heute war kein guter Tag bei uns. Meine Frau hatte ein zweistündiges Gespräch mit ihrer Psychiaterin. Sie kam sehr ausgelaugt und platt aus der Klinik. Wir haben uns dann unterhalten und es kam zum ersten Mal das Wort Trennung auf den Tisch. Ob oder ob nicht kann sie nicht natürlich nicht sagen. Ich verlange keine Entscheidung von ihr aber ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll. Ich sehe mich einer Aufgabe gegenüber, die so groß und unlösbar erscheint. Erschwerend kommt hinzu, dass sie sich mit einem gleichaltrigen männlichen Mitpatienten sehr gut versteht. Sie schreiben in der Freizeit viel. Dass der Austausch mit anderen Patienten für sie wichtig ist, ist mir klar aber ich bin ein Mann und wir machen es uns da sehr einfach mit Erklärungen. Sie hat mich gefragt, ob ich gern wissen würde was sie schreiben. Klar würde ich es gern wissen. Ihre doch sehr ruppige Antwort war: „Das geht dich gar nichts an“!
Ich muss zugeben, dass ich diese Krankheit bis jetzt total unterschätzt habe.

PaulM
Geduld und Liebe überwinden alles.
Theodor Storm
katyfel
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von katyfel »

Hallo Paul,

aus meiner eigenen Erfahrung, von Freunden und Mitpatienten kann ich dir sagen; nicht nur du hast diese Krankheit unterschätzt, das geht den meisten (wenn nicht allen) Angehörigen so- und ebenso den allermeisten Betroffenen!

Ich kann jetzt von mir sagen, dass ich vor allem zu Beginn viel gelesen habe, Fachliteratur, Selbsthilfeliteratur, Fiktion,... einiges. Einfach um ein Gefühl zu bekommen.
Inzwischen gibt es ja auch viel für Angehörige, was versucht zu erklären und zu helfen...

Vielleicht wäre es gut, wenn auch du dir Unterstützung suchst; ob es nun ein guter Freund oder eine gute Freundin ist, ein Arzt (Hausarzt, den du gut kennst, z.B. als erste Anlaufstelle?), eine Selbsthilfegruppe für Angehörige...
Wenn du das möchtest, kann es helfen, sich auszutauschen, mit anderen Menschen darüber zu reden, und zwar über dich, darüber wie es dir damit geht...
Ihre Probleme kannst du nicht lösen, nicht für sie, vielleicht mit ihr, aber ich glaube das ist dir bewusst, deshalb das nur nebenbei...

Liebe Grüße und eine gute Nacht,
Sinfonia
Jamba
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von Jamba »

Hallo PaulM,

auch von mir vielleicht auch noch ein paar Gedankengänge zu dem Thema. Ich habe einen Mann, der auch erst lernen musste, mit meiner Depression umzugehen und damit zu leben. Aber ich finde, er kriegt das (inzwischen 6 Jahre nach der Diagnose) sehr gut hin. Ich erzähle dir mal, warum.

Als ich das erste Mal stationär war, war er auf einmal ganz auf sich allein gestellt. Unsere Tochter war damals 5 Wochen alt. Er hatte seine Mutter und meine Eltern im Hintergrund, aber an sich hat ihn die Verantwortung sehr reifen lassen und auch ernster werden lassen. Er hat mir auch, als ich im Krankenhaus war, viel Raum gelassen. Ich habe mich somit voll und ganz auf mich alleine konzentrieren können. Nach vielen Wochen hatten wir dann eine Art "Date" - das erste Mal ohne jemanden dabei, raus aus dem KH und ohne großes Reden über meine oder seine Probleme. Wir waren einfach nur wir selbst, sonst niemand, sind spazieren gegangen und mit keiner Silbe wurde meine Krankheit oder unsere Tochter erwähnt oder wie es ohne mich daheim läuft.

Als ich gefestigter war und entlassen wurde, haben wir auch nicht übermäßig viel über das Thema gesprochen. Nur wenn ich das wollte, habe ich mit ihm darüber geredet. Ansonsten habe ich viel Kontakt mit Therapeuten, Freunden, meiner Mutter gehabt. Zu Hause aber war eine andere Baustelle.
Bis heute ist das so. Dazu muss ich sagen, mein Mann ist kein großer Gefühlsmensch, und ich bin eigentlich froh, dass wir nicht eine so emotional innige Beziehung haben. Mag nicht für jeden was sein, für mich schon. Ich habe viele Facetten und Gesichter und bin zu Hause ein anderer Mensch als im Gespräch mit meiner besten Freundin (die auch psychische Probleme hat und vieles von meinen Sachen nachvollziehen kann).

Vielleicht braucht deine Frau auch noch mehr Zeit und Raum. Depression ist leider eine Krankheit, die jemanden selbst betrifft und mit der man in erster Instanz alleine lernen muss, umzugehen. Gib deiner Frau das Gefühl, du bist da, wenn sie dich braucht, aber dränge sie nicht, über etwas zu reden oder etwas zu erzählen. Das tut sie schon, wenn sie will.

Ich hoffe, ihr Hinweis auf eine Trennung war nur vorübergehend - das hört sich nicht gut an, für alle Beteiligten. Vielleicht schreibst du ja immer wieder, wie es euch damit geht, würde mich interessieren. Ich drücke euch beide Daumen!

Wie alt sind eure Kinder?

Ganz liebe Grüße und Kopf hoch,
Jamba
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PaulM
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von PaulM »

Hallo,
am Wochenende habe ich meine Frau sehr enttäuscht. Sie hat sich am Wochenende mit diesem anderen Patienten getroffen und ich habe ihr hinterherspioniert. Ich war sehr eifersüchtig. Ich denke, dass diese Krankheit durch das nicht zeigen ihrer Gefühle das ganze noch verstärkt. Sie ist jetzt sehr tief getroffen und wütend und sauer auf mich. Dass das die ganze Sache für sie nicht leichter macht und sie in ihrer Heilung zurückwerfen wird ist mir klar. Ich bin so verzweifelt und habe keine Idee was ich jetzt machen soll. Ich habe mich vor mir selbst erschreckt. Das ich sowas machen würde hätte ich niemals erwartet. So weit hat mich diese ganze Situation gebracht. Sie sagt aber auch, dass sie sich noch nicht gegen oder für mich entschieden habe weil sie es noch nicht kann. Und sie "hofft irgendwie", dass wir wieder zusammen finden. Mal sehen was wird. Mehr als abwarten geht da wohl kaum.
LG PaulM
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Theodor Storm
PaulM
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von PaulM »

Hallo
meine Frau möchte sich am Samstag allein mit diesem besagten männlichen Patienten treffen. Sie sagt, er tue ihr gut und wenn ich versuche es ihr zu verbieten würde sie trotzdem gehen und ihn treffen. Ist das normal oder mache ich mir zu Recht Gedanken? Ich kenne ihn nicht, bin ihr Mann und will doch wissen mit wem sie zusammen ist und was sie macht.
LG Paul
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Theodor Storm
Minya
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von Minya »

Hallo Paul.
Ich habe dir mal eine PN geschickt. Falls du sowas noch nicht abgerufen hast oder mal eine PN geschrieben hast, dann klicke unter dem Nicknamen auf PN. Dann landest du im Ordner "Nachricht erstellen". Dann kannst du links auf Posteingang klicken. Da steht manchmal gar nicht "(1)", sondern man sieht erst, dass man eine private Nachricht hat, wenn man draufklickt.
Sobald du eine erfasst steht das dann bei Postausgang und deine Nachricht ist da solange sichtbar, bis der Empfänger diese gelesen hat.
Liebe Grüße
-Minya
PaulM
Beiträge: 52
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von PaulM »

Hallo,
heute war es dann soweit. Meine Frau hat sich von mir getrennt. Sie sagt dazu, dass sie den nächsten Schritt machen möchte um gesund zu werden. Es würde ihr nicht leicht fallen aber sie sieht ihren weiteren Weg ohne mich. In der Therapie haben sie sie dazu ermutigt, diesen Schritt zu gehen. Mir kommt es etwas überstürzt vor. Ich glaube nicht, dass sie die vollen Konsequenzen ihres Handelns jetzt schon erahnen kann. Wenn ich das so bedenke glaube ich, dass ich nicht wirklich eine Chance hatte.
LG Paul
Geduld und Liebe überwinden alles.
Theodor Storm
SvenReverb
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von SvenReverb »

Hallo Paul,

ich stehe gerade vor einem ähnlichen Szenario. Ich musste für mich in einer sehr kurzen Zeit (jetzt 7 Tage) vieles verarbeiten. Mir ist einiges Bewusst geworden was in unserer Beziehung in den letzten Jahren anders gelaufen ist.

Ich habe heute mit einer Freundinn gesprochen die ebenfalls Depressiv ist. Sie hat viele Dinge wiedererkannt und mir deutlich gemacht dass es jetzt für meine Frau keinen anderen Weg gibt als Ihren.

Ich wünsche dir sehr sehr viel Kraft dies durch zu stehen.

Gruß Dirk
___________________________________

Kann man eine Krankheit verstehen, die man nicht selbst durchmacht?
Sonnenblume14
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Registriert: 16. Sep 2014, 18:36

Re: Bin auch neu hier

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo PaulM,

zunächst einmal zu dienem Eingangspost: Ihr könnt diesen Weg nicht "zusammen" gehen. der Weg aus der Depression ist ein Stück einsamer und harter Arbeit. Man ist allein mit diesem Monster, selbst wenn man, wie ich, eine liebende und sichere BEziehung führt. Trennung stand für uns nie zur Debatte, mein Mann war und ist für mich der Halt, den ich brauche.

Helfen ... kann er mir jedoch nicht. Er kann mir mit Worten Mut machen (die ich ihm dann nicht glaube und ihm widerspreche), er kann mich in den Arm nehmen (und harsch abgewiesen werden), er kann für mich da sein (und muss sich dennoch Worte anhören wie "du liebst mich nicht"). DAS ist das Monster Depression, es lässt dich an Fäden tanzen wie eine Marionette und du kannst nichts dagegen tun.

Nicht umsonst sollten nachhaltige Entscheidunge nicht während einer akuten Depressionsphase gefällt werden. Das war eines der "Gesetze", die in der Klinik immer wieder betont wurden und die auch hier bereits häufiger thematisiert wurden. Das betrifft Umzüge, Trennungen, Kündigungen. Die Sichtweise ist völlig verklärt. Es mag sein, dass sie im laufe ihrer Therapie erkannt hat, dass du ihr nicht guttust (oder es erkannt zu haben glaubt) - deshalb die Trennung. Man muss schauen, ob es so ist.
Auch ein Therapeut ist nicht Allwissend, er kann allenfalls mit Fachwissen begleiten. Ein Therapeut ist KEIN Chirurg, der sagt "Blinddarm muss raus", es wird operiert und das Ding ist gegessen. So läuft das in der Therapie nicht. Man schaut, man redet und versucht (!) die richtigen Rückschlüsse zu finden. Da aber der Geist irgendwie vertüddelt ist (ich habe mein Hirn damals mit einem Wollknäuel verglichen, in dem die Fäden hoffnungslos vertüddelt sind), ist nicht jedes Fazit richtig. Man wägt ab, verändert, schaut, versucht, irgend etwas zu tun, um eine Besserung herbeizuführen.

Weisst du, zu Anfang der Depression habe ich gedacht, ich müsse ALLES verändern. Man gerät in Aktionismus, weil ja das, was war, schlecht gewesen sein muss. Sonst wäre man nicht krank geworden. In 8 Monaten habe ich einiges gelernt. Man muss das Leben nicht zwangsläufig umwerfen. (Bei einigen ist es sicherlich notwendig, die eine oder andere einschneidende Veränderung vorzunehmen, eine Trennung, ein Arbeitsplatzwechsel KANN richtig sein, wenn es der Auslöser war) Ich brauchte nur Folgendes: mehr Zeit für mich und das Wissen, wie ich sie für MICH nutzen und auch als ICH-Zeit akzeptieren kann. Ich habe jede freie Minute mit Arbeit gefüllt, zwei Jobs, Vereinsarbeit, Kinder, Haushalt .... für mich blieb nichts. Das machte krank. Langsam und schleichend. Bis ich vom FUnktionieren auf 0 zurückgezwungen wurde. Es dauert, bis man verstanden hat, was die Seele mitteilen möchte. Man muss einen Zugang finden für das Innerste. Das ist ein Stück Arbeit, gerade weil man über dem Funktionieren oft die emotionale Basis vergessen hat.

Mit den männlichen Patienten hat deine Frau plötzlich jemanden, der sie in ihrem Leid versteht. Das verbindet und tut ihr sicherlich sehr gut. Aus der Ferne besehen muss sich die Alltagstauglichkeit einer solchen Beziehung erst einmal herausstellen. Für den Moment ist es vrmutlich das, was sie braucht, so schwer es fällt, sieh es als Stück Notwendigkeit an, die Heilung voranzutreiben. Alles, was guttut, braucht sie jetzt. Vielleicht möchte sie nur die Freiheit haben, sich später nicht verantworten zu müssen oder (evtl sogr unberechtigten) Vorwürfen gegenüberzustehen. so eine Klinikzeit schweißt zusammen, da muss jeder durch Täler gehen, die sich Außenstehende kaum vorstellen können, da ist es gut, wenn andere da sind, die die Situation verstehen und ohne groß zu fragen, im Bereich ihrer Möglichkeiten auffangen (weil es ihnen selber gerade mal gut geht).

Versuche, die Situation so zu nehmen wie sie ist. Es ist ein schwerer Weg, auch für dich. Scheue dich nicht, selber Hilfe zu suchen und sie auch anzunehmen. Vielleicht über eine Angehörigengruppe (frag in der Klinik mal nach). Die Psychologin der Klinik wird mit dir vermutlich kein Gespräch führen wollen, da sie die Therapeutin deiner Frau ist. Das wird im allgemeinen nicht gemacht - aber du kannst dir selber jemanden suchen, wenn es notwendig ist. Du sagst, du hast die Krankheit unterschätzt - ja, das tun nicht nur die Angehörigen, sondern auch wir Betroffene. Denn man wieß nicht, was einen erwartet, sondern nur, dass man SELBER die Lösung finden muss. Im Gewirr der Gefühle, im Leben - und fühlt sich dabei hilflos.

LG Sonnenblume
"Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern dafür, dass jemand zu lange zu stark sein musste" (Johnny Depp)

"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegaard
Pia again
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Registriert: 14. Aug 2014, 07:39

Re: Bin auch neu hier

Beitrag von Pia again »

Hallo Paul,

oh ja, das tut weh!

Aus meiner Sicht kann ich nur auf die damalige Situation zurückblicken und sagen: es hat mich so verletzt, dass mein Mann Kraft, Interesse , Lust hatte, mit Mitpatientinnen Zeit zu verbringen, mit mir aber nicht................

Mit den dortigen Damen konnte er spazieren gehen, gemeinsam backen, zu gemeinsamen Treffen gehen und später, nach der Klinikzeit zu monatlichen Stammtischen.

Wollte ich mit ihm spazieren gehen, oder sonst irgendwas unternehmen, nein, keine Kraft, sprechen: keine Kraft....... es war die Hölle.

Lassen wir jetzt mal dahingestellt, was dem Betroffenen gut tut: dem Angehörigen tut es jedenfalls nicht gut; ich kenne zumindest niemanden.

Ich weiss auch nicht, ob es wirklich lapidar mit : "Eifersucht" getan ist.

Jetzt, viele Jahre später sehe ich es so, dass mir meine Verletztheit, meine "Eifersucht" vielmehr gezeigt hat, wie kaputt die sog. Beziehung schon ist/war, wieviele Entbehrungen (damit meine ich normale partnerschaftliche Ansprüche auf Gegenseitigkeit wie : Qualitätszeit, Gemeinsamkeiten pp) ich an der Stelle schon hatte, es aber nicht erkennen konnte/ wollte.

Ein Therapeut in einer der Kliniken meines Mannes hat mal zu mir gesagt: als Angehöriger ist es wie mit einer Pflanze: sie geht ein, wenn sie nicht - emotional - gegossen wird.

Jeder muss für sich selber schauen, ob und wie er als Angehöriger mit der Situation umgehen kann; ich für mich, muss mich da Austausch anschließen: eine Beziehungsfähigkeit sehe ich nicht.

Weil einfach nichts kommt...... dass mein Mann vielleicht nicht in Beziehung treten kann, macht es da irgendwie nicht besser: Null ist Null (damit meine ich nicht der Mensch ist eine Null, sondern Beziehungsebene = Null!!!!!).

Ich bin nicht von meinem Mann offiziell getrennt:
brauche ich aber auch gar nicht....... er ist eh nicht "da" sondern in seinem Paralleluniversum der Depression;
auch gibt es real nichts mehr, was uns verbindet, außer Haus und Hof: ansonsten bestimmt die Depression das Leben meines Mannes, nicht er bestimmt sein Leben.

Wir gehen jeder unserer Wege: er in der Depression: ich ohne ihn.
Gemeinsam einsam bzw. ich bin einsam; mein Mann vermisst nichts.

Ich gehöre zu den Angehörigen, bei denen von Seite des Erkrankten nie zur Diskussion stand, dass sich der Erkrankte trennen will; ich habe bis jetzt an der "Beziehung" festgehalten...... allerdings frage ich mich : für was.

Leider habe ich keine Antwort bisher.

Alles Gute!
Pia
PaulM
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von PaulM »

Hallo,
erstmal allen Frohe Weihnachten. Das Fest war für mich bis jetzt nicht so einfach. Ich vermisse meine Frau doch sehr. Ich würde gerne mal wissen, ob ich mir falsche Hoffnungen mache. Meine Frau sagte mir, dass sie sich eine gemeinsame Zukunft nicht vorstellen kann. Der Spiegel sei zerbrochen und sie könne ihn mit mir nicht mehr reparieren. Ist es dennoch möglich, dass sie nach neun Wochen in der Therapie noch nicht soweit ist alles klar zu sehen? Und sich in Ihr noch etwas bewegt und sie mich anders sieht? Sie hat vor einigen Wochen ein Bild gemalt. Das reinste Durcheinander. Wilde
durcheinander gekritzelt Striche und Farben. So sehe es in ihr aus. Heute sagte sie, dass sie das Bild fast genauso malen würde. Nur etwas geordneter. Sie kann doch diese wichtige Entscheidung nicht treffen wenn sie noch so durcheinander ist. Im übrigen kenne ich sie sehr gut und traue ihrem Urteilsvermögen im Moment in dieser Sache nicht so ganz. Ich habe dabei einfach ein schlechtes Bauchgefühl. Es kann auch möglich sein, dass ich es einfach nicht wahrhaben will. Das kommt mir aber alles so überstürzt vor. Ich weiß einfach nicht was ich denken soll. Meine 13 Jahre alte Tochter sagte heute zu mir, dass sie hoffe, dass Mama bald aus der Klinik kommt, wieder ganz gesund wird und ihren Fehler einsieht. Was soll ich dazu sagen?
Gruß an alle Paul
Geduld und Liebe überwinden alles.
Theodor Storm
Blümli
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Registriert: 18. Jan 2011, 18:41

Re: Bin auch neu hier

Beitrag von Blümli »

Hallo Paul,

>>. Meine 13 Jahre alte Tochter sagte heute zu mir, dass sie hoffe, dass Mama bald aus der Klinik kommt, wieder ganz gesund wird und ihren Fehler einsieht. Was soll ich dazu sagen? <<

Ja, ich kann verstehen, dass Du "sprachlos" bist und vorallem, dass der Schmerz Deiner Tochter Dich selbst ebenfalls sehr schmerzt.
Und dazu denke ich, dass Trennungen, bei denen Kinder mit involviert sind, meiner Meinung nach letztlich auch nur schwer eine wirkliche Verbnesserung für irgend jemanden bringen können. Aber da stehe ich glaub ich mit meiner Meinung so ziemlich alleine da.

Aber für mich spiegelt das Denken Deiner Tochter eine allgemeine Meinung wieder, nämlich die, dass Krankheit etwas ist, was "fälschlicher Weise an einem ist" und welches deshalb mit Medikamenten und mit Klinikaufenthalten "weg gemacht" wird und dann der vorherige, "gesunde" Mensch wieder zum Vorschein kommt.
Zum einen denke ich, dass man ganz allgemein eine Krankheit anders sehen sollte und zum anderen meine ich aber auch, dass Depression in diese übliche Sichtweise -Krankheit- nicht einzuordnen geht.
Meiner Meinung nach sind die Symptome zwar alles wirkliche Krankheitsbilder, die es auch zu behandeln gilt, aber das, was jemanden zu Depressionen kommen lässt, also das, was im eigentlichen Kern ist, um den die von außen wahrnehmbaren Krankheitsbilder gelagert sind und was es letztlich, um von der Depression weg zu kommen, zu verändern (heilen) gilt, das hat meiner Meinung nach nichts mit "Krankheit" zu tun.
Deshalb meine ich auch, dass es nicht funktionieren kann, dass ein Patient mit Medikamenten und Klinikaufenthalten eine Heilung für seine Depressionen erhält.
Ich denke Depressionen haben etwas mit Sicht- und Denkweisen ( die sich auf langem oder wenigerlangem Wege gebildet und entwickelt haben) zur eigenen Person und zum Leben zutun und diese lassen sich nicht, mit der Vorstellung eine Krankheit zu behandeln, verändern. Gesundung in diesem Bereich erfordert da wohl andere Wege.

Mitfühlende Grüße
vom Blümli
^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
katyfel
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Registriert: 21. Aug 2011, 18:08

Re: Bin auch neu hier

Beitrag von katyfel »

Vielleicht nur kurz (ich hoffe du verstehst) 2 Gedanken;
- Ja, ich kann mir vorstellen, dass sie nach vielen Wochen stationärer Therapie da noch voll drinsteckt grade und sich vieles (hoffentlich) im Verlauf der therapeutischen Arbeit wieder glätten wird, aber eben nicht unbedingt oder in nur wenigen Fällen schön bequem "so wie vorher"....
- dass man nicht "geheilt" und als "der/die Alte, aber eben ohne Fehler" aus einer Klinik rauskommt, scheint klar, ist aber häufig unterbewusst doch noch als Erwartung drin... es passiert wohl nicht. andererseits kommt man aber auch nicht durch eine gehirnwäsche gepresst wieder raus und einem sagt das ganze alte leben nichts mehr...

Ich glaube, dass ihr als Paar, aber auch ihr zu 3. euch (in genügendem Abstand zur Kliniktherapie vielleicht, oder ganz im Gegenteil von denen begleitet?) hinsetzen müsst, auch ausprobieren, testen und immer wieder reden, was sich für wen wie gut anfühlt oder was gar nicht geht...

Eine Freundin verglich es mal mit "Bekannte Menschen neu kennenlernen"- mit all den spannenden Herausforderungen, die das beinhaltet.

Liebe Grüße,
Sinfonia
PaulM
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von PaulM »

Hallo,
habe gestern nochmal ein Gespräch mit meiner Frau geführt. Das Ergebnis ist, dass ich am Montag aus unserem gemeinsamen Haus ausziehen werde. Da sie sich weiter sicher ist, die Trennung sei die richtige Entscheidung, habe ich mich dazu entschlossen. Sie sagte mir im Gespräch auch, dass ihre Türe einen Spalt offen stehen würde, ihr es im Moment jedoch unmöglich erscheint, die Beziehung weiter zu führen. Ich denke, dass die räumliche Trennung ganz gut für mich sein wird. Denn es ist unheimlich schwer mit einem Menschen zusammenzuleben den man liebt, von dem aber nichts zurück kommt. Wir werden sehen, wie es ihr geht, wenn sie ihre Therapie beendet hat. Ich habe ihr gesagt, dass ich ihr nicht böse bin und immer für sie da sein werde. Das meine ich auch so!
LG Paul
Geduld und Liebe überwinden alles.
Theodor Storm
Sonnenblume14
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo PaulM,

kaum eine Entscheidung ist umumkehrbar. Das vorweg. Wenn deine Frau im jetzigen Stadium ihrer Krankheit die Ruhe und Einsamkeit braucht,um zu sich selbst zu finden, dann ist das für ihre Gesundung womöglich notwendig. Alles ist ein wenig Spekulation- in der Therapie wird sie danach suchen, was sich gut anfühlt und ihr gut tut. Das ist ein Prozess und als solchen solltest du ihre Bitte sehen. Die Tür ist einen Spalt offen - ja, weil sie selber nicht weiß, was richtig und was falsch ist. Richtig ist auf jeden Fall, dass sie ohne Beeinflussun gvon außen eine Entscheidung für sich getroffen hat.

Deiner Tochter solltest du klarmachen, dass es sich um eine langwierige und schwierige Krankheit handelt, die keinesfalls mit dem Klinikaufenthalt beendet ist. Eine Klinik kann keine psychischen Krankheiten heilen, sondern den Menschen stabilisieren und ihm Anregungen geben. Mehr leider nicht. Den Weg aus der Krankheit muss man mit diesen Hilfestellungen ganz allein finden und oft ist es ein try-and-error-Weg. Auf jeden Fall werdet ihr einen anderen Menschen erleben, wenn sie zurückkommt. Möglich, dass die fürsorgliche und aufopferungsbereite Mutter plötzlich sehr (für euch) egoistische Züge an den Tag legt, aber das wäre keine schlechte Variante. Sie muss etwas verändern, ihrer Seele , ihrem Ich mehr Raum geben. Dasmuss sie aber erst verstehen lernen. Wir reden bei Gesundwerden nicht von Wochen, sonder von Monaten oder Jahren, in denen sie mal die Alte sein könnte und dann in ein tiefes Loch stürzt. Die Balance zu finden, ist sehr schwer.

Wie es für Euch und Eure Partnerschaft aussieht, kann heute niemand sagen, alles ist möglich. Eines ist jedoch klar: es wird sich etwas verändern - was nicht unbedingt Negatives bedeutet.

Aus meiner Sicht hat sie jetzt eine Entscheidung getroffen, die Du akzeptieren musstest. An Deiner Stelle würde ich zwar die Möglichkeit einer Rückkehr in Betracht ziehen, mein Leben aber nicht an dieser Hoffnung ausrichten. Du hast ein eigenes Leben und das solltest du jetzt leben. Versuche dich zu befreien und mit der neuen Situation zu arrangieren. Wenn deine Frau später eine Rückkehr möchte, muss auch sie damit rechnen, dass dies nicht mehr möglich ist. Du kannst (theoretisch) nicht Gewehr bei Fuß stehen und dich von ihrem Wohlwollen abhängig machen.

Kümmere dich um deine Tochter, die jetzt in eine schwierige Entwicklungsphase kommt. Vielleicht gibt es eine andere (weibliche) Bezugsperson, die sie ein wenig auffangen kann. Gerade in dieser Zeit dürfte es als Vater manchmal schwierig sein, die Mutter in allen Belangen zu ersetzen.

Liebe Grüße
Sonnenblume
"Depressionen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern dafür, dass jemand zu lange zu stark sein musste" (Johnny Depp)

"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegaard
PaulM
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von PaulM »

Hallo,
heute war es dann soweit. Ich bin ausgezogen. Meiner Frau scheint das alles rein garnichts auszumachen. Ganz im Gegenteil. Sie ist sogar froh darüber und hat diesem Mitpatienten, mit dem sie sich so blendent versteht gesagt, dass ich mich noch umkucken würde wenn ich zu Hause raus bin. Wie ich mich dabei fühle kann ich nicht in Worte fassen und ihr ist es nach eigener Aussage völlig egal. Dann kommt noch hinzu, dass sie Silvester lieber mit anderen Patienten feiert als mit ihren Kindern. Sie wartet bis ich um 22:00Uhr vom Spätdienst komme um mit den Kindern zu "feiern" und fährt dann zu den anderen. Wie das alles weiter gehen soll, hat sie sich schon ausgemalt. Sie bleibt mit den Kindern und dem Hund im Haus, geht wieder arbeiten und alles wird gut für sie. Sie geht ja jetzt ihren Weg. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das alles so einfach wird. Das sind Vorstellungen die keiner in unserer Familie, im Freundeskreis oder ich nachvollziehen können. Macht sie sich da was vor oder glaubt sie wirklich daran?
Das gute für mich ist jetzt erstmal, dass ich Abstand gewinne, mich um die Kinder kümmern kann und alles in Ruhe betrachten darf. Wir werden sehen was kommt.
LG Paul
Geduld und Liebe überwinden alles.
Theodor Storm
Sonnenblume14
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von Sonnenblume14 »

Hallo Paul,

ich kann verstehen, wie sehr dich das verletzt hat. Wie ich in einem anderen thread schrieb, wird in einer Klinik sehr stark darauf geachtet, dass die Patienten sich selber wahrnehmen und in den Mittelpunkt stellen. Das schlug bei mir auch sehr stark aus, mit diesem "ich bin wichtig" muss man umgehen lernen, denn irgendwann kommt ja ein Umfeld hinzu, das man mit dieser Vorgehensweise verletzt.

Ein gesundes Verhältnis zum Ich zu finden, ist die Kunst. Diese Balance zu finden zwischen "wo setze ich meine eigenen Bedürfnisse mal rigoros durch" und "wann nehme ich au fandere Rücksicht und stelle mich hintenan". Um damit klarzukommen, malt man sich schon mal Dinge aus, die sich nachher als schwierig erweisen. Aber momentan helfen sie, die Situation zu akzeptieren und zu verarbeiten.

Vielleicht macht sie sich etwas vor, aber ich würde sagen, sie glaubt daran. Im Moment. Depressionen verzerren die Wahrnehmung,leider weiss man nie wann und wo. Der Depressive glaubt aber an die Verzerrungen, deshalb di eRatschläge, niemals weitreichende Entscheidungen zu treffen. Verhindern kann das aber niemand.

Ich finde es jedenfalls gut und richtig, dass du jetzt nach vorne schaust und Abstand gewinnst. Sie braucht deinen Halt im Moment offenbar nicht, sondern kommt (leider) ohne dich aus. Nutze einfach die Zeit um für dich selber und deine Kinder zu sorgen.

LG Sonnenblume
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PaulM
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von PaulM »

Hallo zusammen,

erstmal allen ein Frohes neues Jahr.
Ich habe mich dazu entschieden, auch Hilfe in Anspruch zu nehmen. Nächste Woche nehme ich zum ersten Mal an einem Treffen einer Selbsthilfegruppe für Angehörige von Menschen mit Depressionen teil. Die Gruppe wird professionell von einer Therapeutin geführt. Ich denke das wird mir im Umgang mit meiner Frau und der Krankeit helfen. Weiter überlege ich, ob sowas auch für meine Kinder in Frage kommen sollte.
LG Paul
Geduld und Liebe überwinden alles.
Theodor Storm
katyfel
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Re: Bin auch neu hier

Beitrag von katyfel »

Hallo Paul,

Selbsthilfegruppe klingt wirklich gut, häufig ist es da auch möglich, mit der leitenden Therapeutin kurze Gespräche zu führen, wo du zum Beispiel fragen könntest, was die passende Form für die Kinder sein kann... eigene Gruppen gibt es da meines Wissens nicht, aber vielleicht eigene Termine bei ihr,...

Liebe Grüße,
Sinfonia
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