Will er nun Kontakt oder nicht?

[MariahValentina]

Ich habe vor einigen Monaten einen jungen Mann kennen gelernt und wir haben uns von anfang an wirklich gut verstanden. Wir hatten uns zwar keine "tausend" Nachrichten pro Tag geschrieben oder jeden Abend telefoniert, aber wenn wir beide einen Augenblick für einander hatten, war es jedes mal wirklich schön

Nach einigen Wochen erzählte er mir, dass er aufgrund seiner letzten Beziehung depressiv wurde, da sie auch darunter litt. Ich war anfangs etwas perplex, da ich mit solch einer Offenheit nach nur wenigen Wochen gerechnet habe. Vor allem wusste ich nicht, wie ich das deuten soll bzw. was er mir damit sagen wollte. Ich habe ihn gesagt, dass es aus meiner Sicht nichts an der Tatsache ändert weiterhin mit ihm Kontakt haben zu wollen. Wenn es für ihn aber emotional nicht möglich ist, dann würde ich es verstehen und an dieser Stelle einen Schlussstrich ziehen. Er beteuerte darauf hin, dass er mir das nur gesagt hat, damit ich weiß, worauf ich mich einlasse und dass er mich unbedingt kennen lernen will, da er wieder endlich Glück in seinem Leben haben will. Ich habe ihm gesagt, dass ich das sehr schön finde und wir beide uns keinen Druck machen sollen und einfach schauen was passiert. . .

Ca. 4 drei Wochen später fing er an sich zu distanzieren, sich weniger zu melden bzw. mich quasi zu ignorieren. Ich konnte mir natürlich schon denken, woran es lag. Ich hab ihm versucht zu zeigen, dass er mich jederzeit anrufen kann, wenn er über etwas sprechen will oder einen Kaffee trinken mag. Ich wollte ihm einfach das Gefühl vermitteln, dass jemand da ist, wenn er jemanden braucht.

Meine Nachrichten blieben unbeantwortet. Jedoch meldete er sich einige Tage später und erklärte mir, dass er doch mit mir keinen Kontakt haben kann, dass er zur Zeit nichts erzwingen kann, mich nicht verletzen will und sich erstmal auf sich selbst konzentrieren muss. Ich habe mit ihm darüber nicht groß diskutiert. . als ich ihn darauf ansprach, woher der Sinneswandel kommt, obwohl er beteuerte mich kennen lernen zu wollen und ob ich vielleicht ihn bedrängt hätte ihm helfen zu wollen, wurde er ziemlich aggressiv, beschimpfte mich und dann war Funkstille.

Seit ungefähr einem Monat gab es einige "Annäherungsversuche" seinerseits. Anfangs fragte er nur wie es mir geht, was ich mache. Er erzählte mir von seinen kleinen Schritten in der Therapie und ich habe ihm jedes mal gesagt, dass ich das sehr schön für ihn finde. Dann fing er an über unseren Schlussstrich zu reden. Er entschuldigte sich für sein Verhalten und dass er mich nicht verletzen wollte - all das habe ich ihm verziehen und gesagt, er solle sich darüber keine Gedanken machen. Aber ich habe das Gefühl, dass er diesbezüglich irgendwie nicht locker lassen kann. Einerseits sagt er, er schämt sich, dass er mich von sich gestoßen hat und er wünschte sich, es nie getan zu haben. Andererseits sagt er, dass er sich viel wohler fühlt allein zu sein und dass es die beste Entscheidung wa den Kontakt abzubrechen. Dann heißt es wieder, ich sei eine tolle Frau und er würde mich wieder gerne sehen wollen und hofft dass ich eines Tages bereit bin ihn wieder "haben" zu wollen.

Dieses Auf und Ab macht mir ehrlich gesagt zu schaffen. Ich weiß einfach nicht wie ich das zu deuten habe. Ob es überhaupt Sinn macht, es wieder zu versuchen. Einerseits möchte ich ihn gerne wieder in meinem Kreis haben. Andererseits möchte ich nicht wieder weggestoßen werden. Er sagte mir, er würde sich über meine Unterstützung freuen. An einem anderen Tag heißt es, er ist alleine besser dran.

Habt ihr ähnliche Erfahrungen?

[Butterblume33]

Hallo MariahValentina,

zunächst ist es ein sehr guter Schritt, dich vorher zu informieren. Du musst nämlich wissen, worauf du dich einlässt und wie die Zukunft ggf. aussehen könnte. Dieser Mann hatte dir bereits mitgeteilt, dass seine vorherige Partnerin sehr unter seiner Depression gelitten hat. Das wird unter Umständen auch dir passieren. Es gibt ganz verschiedene Ausprägungen dieser Krankheit, aber fast immer befindet sich der Betroffenen während einer Episode unter einem schweren, schwarzen Mantel. Keine Gefühle, kein Antrieb, im schlimmsten Fall arbeitsunfähig, tiefschwarze Gedanken, Selbstzweifel ... diese Menschen tauchen mitunter monatelang ab und können kaum Kontakte pflegen. Von einer Beziehung ganz zu schweigen. Du wirst diesem Menschen in dieser Zeit nicht helfen können, eventuell empfindet er dich sogar als zusätzliche Last, weil er Druck empfindet, dir nicht das geben zu können, was du brauchst. Viele Partner geraten schnell ebenfalls in einen Sog, werden durch diese Situation enorm belastet und können sich nur schwer abgrenzen.

Die Aussage von diesem Mann, er möchte endlich wieder Glück in seinem Leben haben, muss in erster Linie aus ihm selbst heraus kommen. So wie ich es verstanden habe, befindet er sich momentan in Therapie? Er wird dort in kleinen Schritten herausfinden müssen, wie er selbst dieses Glück und positive Empfindungen aktivieren kann, ohne fremde Hilfe und vor allem ohne eine Partnerin, die ihm das abnimmt. Kein Mensch kann einen anderen Menschen auf Dauer glücklich machen. Allenfalls täuscht die Verliebtheit dieses Hochgefühl eine Zeit lang vor, bis einer oder beide merken, dass es eben nicht die Lösung für alle Probleme ist. Glück wirst du ihm höchstens kurzzeitig geben können.

Du musst letztendlich das tun, was du für richtig hältst. Aber ich an deiner Stelle würde ihm die Zeit geben, sich auf sich zu konzentrieren, an sich zu arbeiten und von alleine sein Glück und Zufriedenheit zu finden. Das kann ein sehr langer Prozess werden, der euch aber nicht daran hindert, weiterhin locker in Kontakt zu bleiben. Wer weiß, vielleicht habt ihr dann eines Tages ein ganz andere, stabilere Basis. Der jetzige Ausgangspunkt ist meiner Erachtens kein guter.

Alles Gute,
Butterblume

[MariahValentina]

Hallo Butterblume

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort! Vielleicht habe ich mich sprachlich falsch ausgedrückt, aber hinsichtlich seiner letzten Beziehung war es so, dass seine Ex depressiv gewesen ist und nachdem sie die Beziehung zu ihm beendet hatte er selbst depressiv wurde.

Ja er befindet sich momentan in Therapie. Er hat mir erzählt, dass seine Krankenkasse ihm endlich die Psychotherapie kostentechnisch übernimmt und ich habe mich da auch wirklich für ihn gefreut.

Ich glaube, dass er noch nicht wirklich verstanden hat, dass es mir hier nicht um eine Beziehung geht. Wenn er schon den Kontakt zu mir gesucht hat, hat er schon einige Andeutungen auf dieses Thema gemacht, dass er beispielsweise traurig ist, dass er mir nicht das geben kann, was ich suche und ich hätte einen viel besseren Mann verdient. Ich habe ihm immer darauf hin freundlich erklärt, dass es mir hier doch nicht darum ginge, dass er mein Freund wird. Klar kann ich jetzt nicht mit voller Gewissheit sagen, dass ich mich nie in diesen Menschen verlieben würde, aber es für mein Empfinden auch noch zu früh das zu sagen bzw. das zu erkennen, aber ich habe ihm immer wissen lassen, dass ich ihn toll finde und seine Gegenwart sehr angenehm finde.

Für mich ist es sehr schwierig, damit umzugehen, wenn er seine guten oder schlechten Tage hat. Ein Beispiel: Er hatte anscheinend einen guten Tag gehabt und hat mir erzählt, dass er heute mit seinem besten Freund unterwegs ist. Als er mich gefragt hatte, was ich denn heute vorhabe, habe ich ihm gesagt, dass ich mit einem (langjährigen) Kumpel treffe und ins Theater gehe. Ca. zwei oder drei Tage später hatte ich einen verpassten Anruf von ihm gehabt. Ich rief natürlich zurück und merkte sofort, dass er einen schlechten Tag hatte. Der Grund dafür, den er auch offen zugab, war der, dass ich mich mit meinem Kumpel zum Theater verabredet hatte und es ihn sehr schmerzt, dass ich mich nicht ihm zuwidme.