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wie gehen eure partner damit um

Verfasst: 22. Sep 2014, 17:04
von daisyy
hallo,

ich bin neu hier und leide seit ca. 8 jahren an depressionen, zwischenzeitlich gings richtig gut nur seit aug. hab ich wieder eine schwere akute phase. mein freund weiß von meinen depressionen, meint aber immer nur "wie kann es einem schlecht gehen, wenn man alles hat" und ist komplett überfordert?
Wie gehen eure partner mit der situation um? für mich macht sein verhalten die situation nicht gerade einfacher

Re: wie gehen eure partner damit um

Verfasst: 23. Sep 2014, 08:00
von Pia again
Hallo Daisy,

Du bist hier im Angehörigen - Teil, nur als Info.

Als Ehefrau eines psychisch kranken Partners ohne jede eigenen Berührungspunkte mit psychischen Krankheiten, also ohne Eigenerfahrung damit kann ich Dir versichern, dass es Zeit braucht, bis Angehörige (und ich vermute, Männer brauchen da noch mehr Zeit, da sie eventuell sich weniger einlesen / beschäftigen.... vielleicht auch nur ein Vorurteil....) ansatzweise die Krankheit und ihre Auswirkungen vestehen.

Man muss auch erkennen, dass es nicht um Unpässlichkeiten geht, sondern eine Erkrankung.

Auch noch heute, nach Jahren bringt das bei meinem Mann und mir Probleme; die Denkweisen sind arg unterschiedlich und auch ich ertappe mich dabei zu denken: boahhhh.... seine - offensichtlichen Probleme - möchte ich mal haben.....

Das ist natürlich falsch und im Ergebnis vielleicht ein Indiz auf a) Überforderung des Angehörigen oder b) noch zu wenig Auseinandersetzung damit.

Kannst Du Dir vorstellen, mit Deinem Freund darüber zu sprechen, wie weh Dir seine Sichtweise tut?

Ich vermute mal, dass ich auch öfters bei meinem Mann "in ´s Fettnäpfchen" trete, allerdings wenn man mich nicht drauf anspricht, kann ich nicht drüber nachdenken und auch keine Konsequenzen ziehen.

Gegenseitige Empathie auf Angehörigen und Betroffenenseite sind nach meiner Erfahrung ein notwendiges Handwerk, um weiterhin gemeinsam leben zu können.

Verständnis auf Angehörigenseite, dass in Akutphasen ggf. die Empathiefähigkeit des Betroffenen nicht funktioniert sollte in der Auseinandersetzung mit der Krankheit erkannt werden.

Nur Mut!

Alles Gute!

VG
Pia

Re: wie gehen eure partner damit um

Verfasst: 26. Sep 2014, 15:11
von AngelHH
Hallo Daisy!

Ich bin depressiv seit ich denken kann und mein Partner reagiert zeitweise auch mit viel Unverständnis.

Vielleicht kann er sich in einer ruhigen Minuten hier mal ein wenig umsehen:

http://www.deutsche-depressionshilfe.de ... ge.php?r=p" onclick="window.open(this.href);return false;

Bist du therapeutisch betreut? Falls ja, sproch Arzt/Ärztin auf die Problematik an. Ich habe einen ganz tollen Ratgeber für Partner von depressiv Erkrankten bekommen.

Es ist für Außenstehende so unendlich leicht ein Fettnäpfchen zu erwischen....

Re: wie gehen eure partner damit um

Verfasst: 26. Sep 2014, 15:19
von AngelHH
Hallo Pia!

Ich habe schon einige deiner Beiträge gelesen und den Eindruck gewonnen, dass du dich sehr intensiv mit dem Thema auseinander gesetzt hast und gleichzeitig deine eigene Mitte nicht aus den Augen verloren hast. Ich beneide sowohl dich als auch deinen Mann darum :)

Ich habe sehr große Schwierigkeiten, jedes "Fettnäpfchen" anzusprechen. 1. Versteh ich die Aussage dank der Depribrille ja vielleicht nur falsch und 2. will ich schließlich auch nicht, dass er bei jedem Wort überlegen muss, ob es nicht vielleicht falsch ankommen könnte.

Zurzeit kann ich ganz gut auseinanderhalten, den Unterschied sehen zwischen:
"Na, heute mal wieder geduscht?" mit einem Augenzwinkern (derzeit ist die Antriebslosigkeit viel schlimmer als das Kopfkarussell) und "Du hast Geld, du hast Zeit, geh doch einfach mal einkaufen".

In diesem Sinne, ich finde deine Beiträge aus Sicht einer Betroffenen sehr hilfreich!

Liebe Grüße, Angel

Re: wie gehen eure partner damit um

Verfasst: 25. Okt 2014, 08:34
von Laurel84
Guten Morgen.

mein Freund (oder EX Freund?) leidet ebenfalls an Depressionen. aber wohl schon länger und Aufgrund von Traumata. Als wir vor 4 Monaten zusammen gekommen sind war mir dies auf bewusst und ich wusste auch das es alles andere als leicht wird, denn die rosa rote brille kann von einem auf den anderen Moment verschwinden.
Und so war es auch.
er zog sich nach 3 Monaten zurück stellte alles in Frage. Fühlt sich angeblich mehr wohl und sagt das die Gefühle sich nicht entwickelt haben.
Was nicht zu seinem Verhalten passt. 3 Tage vor dem ganzen wurde mir noch die komplette familie seines Sohnes vorgestellt.
Er ist leider immernoch auf der suche nach einem Therapieplatz.
Auch schreibt er mich jede Tag an.
Ich versuche -solange ich kann- für ihn da zu sein ohne das Wort Beziehung erstmal in den Mund zu nehmen.
Ja es ist schwer, klar aber ich glaube mir kommt zugute, das ich lange mich lange und breit mit dem Thema beschäftigt habe, als einer meiner besten Freunde an Depressionen litt...

Ich denke die Partner gehen ganz unterschiedlich damit um. Ich für meinen Teil kann da nur sagen das ich immer schon ein Kämpfer Typ war Und extrem belastbar bin...
Auf der anderen Seite weiss ich, dass er auch schon aufgrund seiner Depression verlassen wurde, weil sein Zustand nicht zu ertragen war...

Liebe Grüße

Re: wie gehen eure partner damit um

Verfasst: 25. Okt 2014, 12:43
von 76er
faszinierend zu lesen, wie stark auch wir Angehörigen immer wieder sind, das ist nicht immer einfach. Hut ab vor jedem der kämpft, ich für mich habe nach zwei Jahren und fortwährenden Rückschlägen keine Kraft mehr dazu und denke das ich den Kampf gegen die Krankheit nicht gewinnen kann obwohl ich mich jederzeit dazu bereit gefühlt habe. Wie Laurel es schrieb, von jetzt auf nachher völlig anderes Verhalten einhergehend mit Trennung völliger Funkstille. Das zehrt und raubt Kraft.

Euch trotzdem viel Kraft, kämpfen kann sich dennoch lohnen.

Re: wie gehen eure partner damit um

Verfasst: 26. Okt 2014, 14:54
von Brummi59
Hallo @all

ich selbst bin Betroffener und weiß wie schwer es für Angehörige ist.
Zur Einführung:
Ich war Fernfahrer im intern. Fernverkehr und sehr selten zu Hause. Meist nur am Wochenende. Im Dezember 12 wurde ich urplötzlich von meinem letzten Arbeitgeber gefeuert. Noch zwei Monate vorher hat er zu meiner Freundin gesagt, das man mich klonen müßte weil alles super klappt. Im Nachhinein habe ich erfahren, das er da schon insolvent war. Das allein wäre nicht so schlimm gewesen. Einen Job als Fernfahrer hätte ich sofort gefunden. Aber ich wollte mich erstmal um meine Gesundheit kümmern. Am Ende sprang im März 13 eine sehr schwere Operation raus, die mich für 4 Monate ans Bett fesselte und sogar der Pflegedienst kommen mußte. Das mich die Wundbehandlung in Bezug auf mein Trauma getriggert hat, war mir zu dem Zeitpunkt noch nicht bewußt. Aber ich fing nach 11 Jahren Trockenheit wieder an zu trinken.
Am 1.8.13 bin ich zur Entgiftung, dann in die Tagesklinik und später zur Reha. Während der Reha wurde die PTBS festgestellt. Durch ganz viel Glück habe ich nahezu nahtlos eine Traumatherapie bekommen. Nur das ich da schon sehr depressiv war, konnte ich mir nicht eingestehen. Jetzt wo ich im tiefsten Keller bin, fange ich an es zu kapieren. Mit der Akzeptanz habe ich noch immer Schwierigkeiten.
Soviel zur Einleitung, wie ich zur Depression gekommen bin. Ein Fernfahrer aus Leidenschaft ist plötzlich immer zu Haus, bekommt die Berufsunfähigkeit und noch plötzlicher jagt eine Krankheit die Nächste. Momentan sind bei mir beide Hüften dran.
Meine Lebensgefährtin hat alles erdenkliche und mögliche getan um mir zu helfen. Das Problem an der ganzen Sache: Sie hat viel zu viel getan. In meinem ganzen Leben habe ich keine Fürsorge erfahren. Sie ist Altenpflegerin aus Leidenschaft und dadurch ist helfen für sie völlig normal. Ich konnte und kann diese Hilfe aber nicht annehmen. Es ist mir peinlich, ich bin überfordert und kann nicht mehr fliehen (Fernfahrer). Ich wurde immer schweigsamer, konnte keine Nähe mehr ertragen und ihre gut gemeinte Hilfe nicht mehr annehmen. Es war mir einfach alles zu viel. Dazu kommt ihre krankhafte Eifersucht. Ich glaube das ist ihr einzigster großer Makel. Diese unbegründete Eifersucht gilt für Alles und Jeden. Ob Selbsthilfegruppe, Chats, Foren (wie dieses). Ständig diese Eifersucht.
Ich weiß das man in so einer schweren depressiven Phase keine Entscheidungen treffen soll. Und trotzdem habe ich mich entschieden. Ich werde mich von ihr trennen. Hoffentlich bleiben wir Freunde. Als Freund kann es keinen besseren Menschen als sie geben. Sicher auch als Partnerin, wenn man mit der Eifersucht klar kommt.
Zumindest werde ich bei der anstehenden Therapie meine Beziehungsfähigkeit auf den Prüfstand stellen. Da hapert es m.E. ganz gewaltig bei mir.
Ich kann jedenfalls nur sagen. Zu viel des Guten für den/die depressiven Partner/in kann ganz schnell nach hinten los gehen.
Ich will einfach nur noch meine Ruhe haben, wenn ich gesund werden sollte, einen Job suchen, bei dem ich soweit wie möglich allein schaffen kann und versuchen meine Sozialphobie in den Griff zu bekommen.

Oooops, das war dann mehr als ich eigentlich schreiben wollt. Ich weiß nicht ob Eure Partner/innen so ticken wie ich. Aber in etwa kommt es so öfters vor. Und mir tat es gut, dies von der Seele schreiben zu können.