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Duell mit der Depression ?

Verfasst: 19. Aug 2014, 21:34
von MUT65
Hallo Zusammen,

bin von "drüben" aus dem Angehörigenteil und wegen der schweren Depression
meines "Expartners" hier gelandet.

Wir haben seit Ende letzten Jahres wieder Kontakt - platt gesagt hoffe ich noch
immer, dass er wieder halbwegs gesund wird und wir uns als Paar wieder begegnen
können.

Wie komme ich auf meine Überschrift ?

Ich war am letzten We bei einer guten Freundin zu Besuch, die seit Jahren schwer
an Depressionen erkrankt ist. Durch eine traumatische Kindheit und diverse körperliche
Probleme, ist sie seit 2 Jahren berentet und schlägt sich mit ihren 54 Jahren durchs
finanziell sehr knappe Leben.

Sie kennt natürlich meine Geschichte und meine Hoffnungen.
Irgendwie kamen wir auf das Thema ich duelliere mich mit SEINER Depression.

Meine Freundin meint, dass es für sie, die selbst betroffen ist, besser sei die
Depression anzunehmen, bei einer Art Duell, hätte sie sofort verloren, denn, so
ihre Meinung, gewinnt die Depression immer.........

Mich hat das Ganze aufgewühlt und mal wieder in eine Art "Kamfposition"
gebracht.

Wenn ich nicht bereit bin, gegen diese f...ing Krankeit zu kämpfen, wie soll ich
dann jemals wieder zurück zu einem gesunden Leben finden?

Damit meine ich nicht, dass ein Überdenken der alten Gewohnheiten, Lebensmuster
nicht abolut notwenidg seien, schließlich ist es sicher sehr wichtig zu erkennen, was
einen krank gemacht hat.

Aber das absolute Ziel, muss doch die Gesundung sein ! Oder liege ich da falsch ?

Ich habe ständig das Gefühl mich mit der Depression meines Freundes zu duellieren -
wäre es nicht so, müsste ich ja annehmen, dass das was da alles so von ihm, bzw. aus
ihm kommt, tatsächlich ER ist.

Das heißt für mich nicht, dass ich denke er sei jetzt nicht zurechungsfähig, oder dass er sich wie "Knüppel im Sack" benehmen kann.

Wir führten eine enge 2,5 jährige Beziehung - dann wurde er wiederholt arbeitslos und
sackte immer mehr ab. Anfangs ( etwa 1 Jahr ) war kaum noch etwas von ihm zu erkennen -
alles weg, die Depression hat sich wie Blei auf all das gelegt, was ich so an ihm geliebt habe.

Dann, nach einem Jahr, nahm er endlich Hilfe an - Klinik, Medis, Gesprächstherapie - und ich dachte, naiv wie ich war, JETZT WIRD ES ZÜGIG BESSER :?

Nichts da, es ist ein ständiges Auf und Ab - nach Monaten des gemeinsamen Aufeinander zugehen, sind es jetzt wieder Rückzüge die unseren Kontakt bestimmen.
Da nützt es mir wenig, dass er immer wieder mit Einwortsätzen beteuert, dass das nicht nur
bei mir so sei. Außer zu seinen Kindern, hat er keine weiteren sozialen Kontakte.

Ich stelle mich dem Ganzen so wie ich es für richtig halte. Hab viel für mich getan, wenn es auch in den Augen meines Freundeskreises nicht genug ist - sie halten einen Kontaktabbruch für richtig, weil ich natürlich auch immer mal wieder sehr an meine Grenzen komme.

Ich sehe nicht ein, gegen die Krankheit den Kürzen zu ziehen.

Wenn mein Freund halbwegs gesund vor mir stehen würde und mir sagen würde, dass ich
meine Hoffnung auf ein Zurück begraben soll, ich würde mich umdrehen und gehen.
Aber dem ist nicht so und so sehe ich mich inzwischen als Duellpartnerin seiner Krankheit.

Sie hat mir nicht nur Schlechtes bescheert. Ich bin viel toleranter geworden - habe gelernt,
dass ich und meine allerbesten Absichten nicht das Maß aller Dinge sind.
Dass gute Absichten und Hilfsangebote manchmal genau das Falsche waren.

Hinter dem ganzen Dreck der Depression sehe ich aber noch immer Teile von meinem
Freund - und so sage ich ihm auch in Zeiten allerschwerster Rückzüge, dass ich stärker bin
als seine Krankheit ( ihr könnt mich jetzt gern zerpflücken :mrgreen: ) ich das Ganze aussitze, solange er wenige Abmachungen einhalten kann.

Ich lese hier, dass fast alles DRUCK auslösen kann - auch Kontakwunsch. So ist es auch bei
Uns. Nur wenn ich diesen nicht äußere, dann wird es keinen Kontakt geben, da die Depression
zur Zeit alles in der Hand hat - bei ihm, nicht bei mir.

Gestern am Telefon musste er seit langem lachen, als ich mich als Duellpartnerin outete -
schließlich schlug er ein Treffen vor, wir wollen am Freitag nach vielen Wochen einen Kaffee
zusammen trinken gehen.

LIEBE kann erdrücken, aber sie ist auch eine ungeheure Kraft die mir hilft weiter daran zu
glauben, dass er wieder gesund werden kann.

Wie ist es bei Euch ?

Akzeptiert ihr Eure Depression ? Woher kommt der Antrieb sie zu besiegen, wenn einem jeglicher
Antrieb fehlt?

Mein Freund sagt, dass unsere guten Zeiten ihm ewig lange her kommen, er sich manchmal
kaum daran erinnern kann, er weiß das es schön war, aber er fühlt es nicht.

Wo will man hin, wenn einem die emotionale Vergangenheit kaum noch bewusst ist ?

Ich sitze es aus, mir geht es viel besser als noch vor Monaten, das habe ich
auch diesem Forum zu verdanken - DANKE !

Grüße von
Mut

Re: Duell mit der Depression ?

Verfasst: 19. Aug 2014, 22:12
von lucya
Hallo Mut,
Es hört sich doof an, aber erst als ich das Kämpfen bei Seite gelassen habe, was mir natürlich nicht immer gelingt, bin ich weiter nach vorne gekommen. Es hilft nichts gegen ein riesiges Monster zu kämpfen. Das ist eh stärker.

Akzeptanz ist das Zauberwort. Es ist wie es ist. Und Du kannst Zeter und Mordio schreien oder es lassen, das Ergebnis ist das Gleiche.

Ein Duell kann nur auf Augenhöhe stattfinden.

Ich leide seit etwa fünf Jahren an Depressionen. Ich war nie symptomfrei. Und inzwischen glaube ich auch nicht, daß es noch einmal dazu kommt.

Kennst Du "Die Ritter der Kokosnuss"? Da wird das Duell ad absurdum geführt.

Ich weiß ich konnte Dir jetzt nicht wirklich viel schreiben. Aber einfach ein paar Worte, hm?

Lucya

Re: Duell mit der Depression ?

Verfasst: 20. Aug 2014, 00:41
von ichbingut
?

Re: Duell mit der Depression ?

Verfasst: 20. Aug 2014, 17:10
von MUT65
Hallo,

ja er macht Therapie - seit Anfang des Jahres eine Verhaltenstherapie.
Zuvor war er in einer Klinik * Tagesklinik.
Medis ( Venlafaxin) nimmt er seit Ende letzten Jahres.

Ihr habe Recht, ein Betroffener muss die krankheit akzeptieren, sonst hat er sicherlich keine
Chance. Sie zwingt einen ja auch zu Recht über das "alte leben" vor der Erkrankung nachzudenken.

Ich bin jedoch die Angehörige, bzw. seine "Expartnerin" - anfangs selbst mit in den Strudel gekommen,
so sehr hat mich das Ganze damals mitgenommen.

Jetzt geht es mir aber besser - längst nicht immer gut, aber ich habe viel verstanden und auch
akzeptiert. Dass ich meinen Freund an die Depression verliere, dass mag ich noch nicht akzeptieren
und deshalb "kämpfe" ich dagegen an.

Mir scheint es, als wenn er nur durch mich an unsere alten, wirklich schönen Zeiten zurück denken kann - wir waren ein sehr intensives Paar - geistig + körperlich - hatten beide eine lange lieblose Ehe hinter uns und wollten zusammen richtig durchstarten.
Das lasse ich mir mit meinen 49 Jahren einfach nicht nehmen - ich glaube an seine Gesundung, ob er es tut weiß ich nicht......

Am Freitag sehe ich ihn nach einigen Wochen voller Rückzüge endlich wieder - überlege schon jetzt,
wie ich mich am besten verhalte, damit er sich nicht gleich wieder unter Druck fühlt , denn ich
vermisse ihn sehr.

Besten Dank für Eure Gedanken !

LG
Mut

Re: Duell mit der Depression ?

Verfasst: 20. Aug 2014, 18:36
von FrauRossi
Hallo Mut65,

Das blöde an der Depression ist man kann sie nicht sehen und sie zeigt sich in vielen Dingen. Daher ist der Umgang damit für Betroffene und Angehörige so schwer.

Ich stimme meinen Vorrednern zu: Dagegen kämpfen bringt garnichts! Man muss es akzeptieren. Und zwar ein Leben lang. Es gibt unterschiedliche Depressionen, kurz gesagt gibt es manche die erwischt eine depressive Episode und dann nie wieder, andere haben mit immer wieder kehrenden Episoden zu tun, und wieder andere erleben zwischen drinn nicht einmal bessere Phasen.

Egal was man muss es annehmen, sich darauf einstellen und viele Dinge anders, oder langsamer, oder garnicht mehr machen. (Wie gesagt etwas sehr Komplexes in ein paar Sätze gepresst)

Viele Angehörige verstehen nicht warum dies oder das nicht mehr geht, zeitweilig nicht geht. Gefühle werfen nicht gespührt, etwas kann nicht geäußert werden, Nähe ist nicht erträglich.

Alles schwer zu verstehen.

Ich denke auch Angehörige haben nur die Changse die Situation anzunehmen. Anzunehmen dass der Partner jetzt anders ist.

Ich will es mit einem Beispiel versuchen:

Stell dir vor du hättest einen Partner der beide Beine verliert.
Ihr wart als Paar immer sehr aktiv, habt Marathon gelaufen und dafür täglich trainiert. Ihr seid oft Rad gefahren, ihr wart oft schwimmen. Dann und wann ein Tennismatch mit Freunden. Auch sonst im Leben wart ihr aktiv, hattet ein Häuschen wo dein Partner alles selbst gemacht hat. Du hast handwerklich nicht soviel drauf aber einen grünen Daumen und kümmerst dich daher um den Garten. In Eurem Ort seid ihr vielleicht auch total aktiv, dein Partner trainiert Jugendliche in Selbstverteidigung.
Usw. usw. usw.

Ein Normales Leben erfüllt und aktiv. Aber dann zack beide Beine weg.

Du wirst sofort wissen dass das ganze Leben sich für deinen Partner und ein Stückweit auch für dich ändert.
Du wirst nicht Fragen warum dein Mann jetzt nicht mehr Laufen kann. Du fragst nicht warum er nicht mehr Fußball spielt. Du fragst nicht warum er den Dachboden nicht weiter ausbaut.
Es ist offensichtlich und vollkommen klar. Ohne Beine nicht machbar. Fertig! Ende aus Mickey Maus.
Wahrscheinlich fragt man sich warum gerade wir? Warum gerade mein Mann usw. Wahrscheinlich stellt man sich die Frage kann ich damit umgehen? Komme ich damit klar dass mein Partner keine Beine mehr hat?
Mancheiner wird vielleicht sagen, nein ich komme damit nicht klar. Mancheiner wird vielleicht sagen: ich weis noch nicht wie alles wird, aber ich liebe meinem Partner, ich komme damit klar, ich kann mir Petspektiven vorstellen. Fußballtrainer kann man auch vom Rollstuhl aus sein. Marathon gibt es auch für Rollifahrer, oder mit Prothesen. Beim Dachboden muss ich helfen weil mein Partner nicht mehr überall dran kommt. Zum Schwimmen braucht man keine Beine usw. Es ist einem klar dass sich die Dinge verändern werden. Es ist einem auch klar dass das nicht von heute auf Morgen geht. Dass es unter Umständen Jahre dauert. Jahre voller Therapien, Jahre voller Änderungen und auch mit Frustration. Jahre voller Ängste auf beiden Seiten. Vom ehemaligen Marathonläufer wird man nicht in 6 Monaten zum Marathonrollifahrer, oder gar Marathonläufer auf Prothrsen.

Das alles ist relativ schnell klar. Man muss nicht dauernd nach dem Warum fragen. Warum gehst du nicht mehr zum Fußball? Warum kletterst du nicht mehr aufs Dach? Kein Mensch würde das Fragen! Es ist offensichtlich: Die Beine sind weg! Es geht eben nicht mehr. Kein Mensch käme auf die Idee dem "Kranken" dauernd Fragen in die Richtung zu stellen. Weil auch das ist offensichtlich und total für jeden Vorstellbar: der Kranke leidet darunter noch wesentlich mehr. Keine Frage.

Auch diese Situation ist schwer. Es bedeutet Veränderung für beide. Vetänderung ist immer schwer. Wird nur noch schwieriger wenn man das offensichtliche nicht akzeptiert.

Auch hier muss zuerst die Akzeptanz der neuen Situation erfolgen. Dann lassen sich Perspektiven entwickeln. Alternativen. Das alte Leben ist futsch! Kein Zweifel! Aber auch mit geänderten Vorzeichen kann es weiter gehen. Jeder läuft vielleicht für sich. Du wie gewohnt, der Partner im Therapiezentrum mit Protesen. In zwei drei Jahren vielleicht beim Behindertenlauf. Aber nie mehr zusammen beim Berlinmarathon. Fußballtrainer kann man auch ohne Beine sein, man muss halt mehr erklären. Match schwimmen könnt ihr noch, aber aushalten muss man es, dass die anderen gaffen, das der Partner nicht mehr so schnell schwimmt.

Aber nicht nur das. Alles ändert sich. Tischdecken: nicht mehr möglich. Die Schränke Hängen zu hoch, der Herd ist an der falschen Stelle, die oberen Kühlschrankfach nicht mehr erreichbar.
Die Kleidung muss geändert werden, das Auto, die Einlaufsgewohnheiten. Alles! Einfach alles.

Für Betroffene wie Angehörige ein Kraftakt. Eine Zerreisprobe.

Aber eben offensichtlich. Von Anfang an offensichtlich für jeden: das Leben ändert sich total. So wie früher wird es nie wieder werden. Und kein Mensch käme auf die Idee zu Fragen: wann wird es wieder wie früher? Wann wird mein Partner wie früher? Weil die Antwort klar ist! Nämlich: nie!
Alles was man sich fragen muss ist: kommst du? Kommen wir? Komme ich mit der Veränderten Situation klar? Entscheidet man sich für ein "Ja" dann ergibt sich der Rest, mal mit mehr, mal mit weniger großen Schwierigkeiten.

Leider ist die Depression nicht so offensichtlich. Weder für den Betroffenen, noch für die Angehörigen. Man kann es nicht so offensichtlich sehen wie zwei verschwundene Beine.
Aber im wesentlichen ist es das selbe und bringt ähnliches mit sich. Einen veränderten Partner, eine veränderte Situation.
Alles was man sich fragen muss ist: kann ich damit klar kommen? Kannst du damit klar kommen? Können wir damit klar kommen? Lautet die Antwort ja dann muss man die Veränderungen in Kauf nehmen und überstehen. Es ist nur mit der Akzeptanz ungleich schwere. Wenn die Beine weg sind hat man keine große Wahl, weg ist weg.
Wenngleich nicht ganz so offensichtlich muss man eben auch die Depression akzeptieren und nicht fragen: wann wird es wieder wie früher? Die Antwort lautet auf die ein oder andere Weise,: wahrscheinlich nie.

Auch bei einer Depression gehen ganz viele Dinge auf einmal nicht mehr. Auch hier muss man akzeptieren, sich arrangieren, die Umstände ändern und ein geändertes Leben leben.

LG FrauRossi

Re: Duell mit der Depression ?

Verfasst: 20. Aug 2014, 20:54
von ichbingut
*

Re: Duell mit der Depression ?

Verfasst: 24. Aug 2014, 09:57
von MUT65
Guten Morgen :)

unser Treffen fand gestern statt - wir sind knapp 2 Stunden spazieren gegangen und
haben die Zeit in herbstlichen Sonne auf einer Bank verbracht.

Zuvor hatte ich mich entschieden ihm keine "ich-hab-nur-wenig-zeit-spielchen"
zu präsentieren. Ich sehe es wie Pia aus dem Angehörigenteil, dass es sein Part
ist zu sagen wann er genug hat, bzw. nicht mehr kann.

Das sich unser Treffen um einen Tag verschoben hatte - hätte ich, wenn er länger Zeit
gehabt hätte, eh nicht unendlich Zeit gehabt, da ich am Abend mit einer Freundin verabredet
war.

Wir hatten uns sechs Wochen nicht gesehen, immer nur telefoniert.

Mein "Freund" schilderte mir gestern, warum er in den letzten Wochen so verändert ist.
Er hat ja für Ende 2014 bzw. Anfang 2015 einen neuen Job in Aussicht.
Dafür muss er u.a. einen einwöchigen Lehrgang in einer anderen Stadt absolvieren und wie
er sagt, sich "vorbereiten", da er zur Zeit die wenigen sozialen Kontakte ( seine Söhne und mich )
kaum aushält und sich sehr viele Gedanken macht, wie er die berufliche Zukunft packen soll.

Es ist, so sagt er "meine letzte Chance" - da er seit einem Jahr krank geschrieben ist und zuvor arbeitslos war, macht ihm seine Krankenkasse ( AOK) ständig Druck - er soll sich "gesund" schreiben lassen, oder sich für eine Frührente entscheiden. So hat er zur Zeit alle paar Wochen großen Druck, weil er Angst hat, dass das wenige Geld auch nicht mehr fließt.

Da eine Privatinsolvenz beantragt ist, sind neben der Depression seine finanziellen Sorgen
enorm groß.

Für ihn ist es wichtig wieder arbeitsfähig zu werden. Er kann sich nicht mit dem Gedanken arangieren sich vorzeitig, bzw. vorrübergehend berenten zu lassen.

Ich verstehe das. Eine gute Freundin von mir ist mit 53 Jahren Frührentnerin. Neben den finanziellen Sorgen, hadert sie sehr oft damit "kein vollständiges Mitglied" der Gesellschaft
mehr sein zu können.

Also Projekt ARBEIT - dafür so sagt er kämpft er - jeden Tag, jede Stunde - es kostet ihm
seine ganze Kraft, so dass für andere Dinge zur Zeit kein Platz, auch kein Bedürfnis sei.
Nochmal sagte er mir, dass das nicht nur meine Person betrifft, sondern sein gesamtes Umfeld und er denkt, dass wir noch immer ein Paar wären, wäre nicht alles in und um ihn herum zusammengebrochen.

Schlecht sah er aus, gebeugt, gealtert - mich hat es ungeheuer berührt -zusehen zu müssen, ohne ein Mittel zu haben ein wenig helfen zu können.

Es waren zwei gute Stunden - wir sind uns nie fremd, wenn ich neben ihn sitze und in die
Sonne blinzel, fühlt sich alles gut und richtig an.

"Ich sitze das aus" .....habe ich ihm gesagt und dann werden wir sehen.

Solange er in diesem Zustand ist, kann ich ihn nicht als vollwertigen "Partner" sehen, der für alles was er tut und sagt Verantwortung beziehen kann.

Wie kann ich mir als halbwegs gesunder Part anmaßen über Dinge wie "ich kämpfe um mein Leben" zu urteilen - wenn er erzählt, tut sich ein Abgrund auf, ich gucke mit hinein, aber
die Zeiten sind zum Glück vorbei, wo ich bereit gewesen wäre ebenfalls in diesen Abgrund zu springen.

Es ist nach wie vor mein tiefes Bauchgefühl, dass zwischen uns noch nicht alles gesagt-gelebt-gesprochen ist.......ich liebe ihn, auch in seiner Unvollkommenheit.

Das Duell mit der Depression hat für mich nichts mit Sieg,oder Niederlage zu tun.
Eher mit einem Abwarten um irgendwann entscheiden zu können ob wir uns erneut als Paar
begegnen können - ich nenne es "aussitzen".

Nur was, wenn es nie mehr "besser" wird ? Er gefangen bleibt in seinem Abgrund ?
Ohne jegliche positive Emotion ? Davor habe ich Angst........

Lieben Dank für Eure Gedanken hier.

Wünsche Euch einen schönen Sonntag.
Grüße von
Mut

Re: Duell mit der Depression ?

Verfasst: 24. Aug 2014, 12:17
von anna54
Liebe Mut
was du schreibst bewegt mich sehr,
gerade auch der Teil,über den Druck wieder arbeitsfähig zu werden,den die AOK noch erhöht.
Wie soll ein depressiver Mensch da gesund werden und bleiben.
Mal wieder wirft das System jemanden raus,es ist ein System,das Langzeitkranke nicht stützt.

Letzte Woche war ein Beitrag in der Tagespresse,dass der Patientenbeauftragte der Bundesregierung Laumann,bestätigte,dass enorm Druck ausgeübt wird von den Krankenkassen,Patienten immer wieder angerufen werden,wann sie arbeitsfähig sind.
Er bestätigte auch,dass das nicht in Ordnung ist,die Patienten sich da wehren können,leider weiß ich da den Ansprechpartner nicht.

Ich kann das aus eigener Erfahrung bestätigen,ich wurde wöchentlich angerufen,während des Bezuges von Krankengeld,oft auch einbestellt,auch in Barmer Niederlassungen außerhalb,obwohl in unserem Ort ein Niederlassung ist.
Immer sollte ich ein Datum nennen,wo ich wieder arbeitsfähig sei.

Erst viel später hab ich das meiner Ärztin erzählt,sie hat das sofort gestoppt,mit einer Nachricht an die Krankenkasse.
Ich war nicht auf die Idee gekommen,mich zu wehren,war froh,wenn ich überhaupt Geld bekam.

Diese Tatsache lese ich immer wieder,dass in dem Stadium,wenn es sich noch lange hinzieht,die Krankenkassen enorm Druck machen.

Liebe Mut,ich weiß nicht,was ich dir raten kann,jedenfalls ist es völlig unmöglich, stabil zu werden,und zu bleiben,wenn solche schweren Geschütze geschossen werden.
Ich bin jedes mal zusammengebrochen,nach so einem erzwungenen Gespräch mit der Krankenkasse.

Ich bewundere deine Haltung,hab weiter Mut!!!
Alles Liebe
anna54

Re: Duell mit der Depression ?

Verfasst: 27. Aug 2014, 09:04
von Hilfe2014
Hallo Mut65,

warum möchtest du denn "ein Duell" führen und gegen die Depression gewinnen?
Wozu?
Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass du vielleicht
"co-abhängig" sein könntest, weil du deinen Partner und sein Problem nicht loslassen kannst
(oder es nicht loslassen möchtest)?
Ich weiß natürlich nicht, ob ich damit richtig liege.
Es ist nur eine Vermutung, und ich kann natürlich auch falsch liegen.
Schau dir doch mal folgende Seiten an:

http://www.sein.de/archiv/2002/april-20 ... ungen.html" onclick="window.open(this.href);return false;

http://de.wikipedia.org/wiki/Co-Abh%C3%A4ngigkeit" onclick="window.open(this.href);return false;

Wenn du mehr zum Thema Depressionen erfahren möchtest, dann
schau dir doch mal die Seite http://www.meine-depression.de" onclick="window.open(this.href);return false;
an.
Liebe Grüße
Ich hoffe, dass du dein Problem lösen kannst, denn du verdienst es glücklich zu sein.

Re: Duell mit der Depression ?

Verfasst: 27. Aug 2014, 20:10
von MUT65
Hallo Hilfe,

mit diesem Thema wurde ich hier schon häufig konfrontiert und ich
spreche auch mit meiner Therapeutin darüber.

Es ist immer schnell gesagt - "ah, Trennung und ein Angehöriger findet
den Absprung nicht " ( ich fasse es mal knapp zusammen)

Dass ich meinen "Freund " nicht retten kann, weiß ich.

Er hat im letzten Jahr entschieden meine Kontakversuche wieder anzunehmen,
nachdem er vier Monate in einer Klinik war.
Er weiß, dass ich langfristig keine reine Freundschaft möchte, sondern dass ich
noch immer Gefühle für ihn habe.
Die lassen sich ja bekanntlich nicht wie ein Wasserhahn abstellen.

Was soll also "co-abhängig" an mir sein?
Ich führe mein Leben und zur Zeit geht es mir meistens sogar richtig gut.
Ich vermisse ihn häufig, aber so ist es bei zig anderen Menschen auch, die
durch gewisse Umstände nicht zusammen sein können.

Ich schrieb hier, dass ich, wenn er mir seinen Seelenzustand schildert, mit in seinem
Abgrund schaue,aber nicht mehr bereit bin mit in sein Loch zu springen, wie es zu Beginn
gewiss gewesen ist.

Mal heißt es, manch Depressiver hätte sich gewünscht, dass ihm nahe Angehörige
länger zur Seite gestanden hätten und vllt auch mehr versucht hätten diese Krankheit
zu verstehen.
Tut man es ( und genau das mache ich meiner Meinung nach ) ist man aber schnell
co-abhängig.

Ich habe ihn als Partner los lassen müssen - aber noch immer ist mir der Mensch hinter
der Depression wichtig. Wir haben ein paar Abmachungen die für mich wichtig sind, an
die er sich meistens hält , das reicht mir im Moment.

Jederzeit könnte ich mir einen Anderen suchen, den Kontakt abbrechen etc.
Hab ich aber einfach kein Interesse dran.

Mit "Duell" habe ich mich scheinbar missverständlich ausgedrückt. Es geht nicht ums "gewinnen", sondern um eine Haltung gegenüber der Krankheit.

Es muss doch immer das Ziel sein, diesen Zustand zu verlassen ( für den Erkrankten) das genau äußert auch mein "Freund" - er will wieder fühlen können, wieder Freude am Leben haben, wieder arbeiten können und und und.... !

Wenn man schon von "gewinnen" sprechen möchte, dass höchstens in der Form von
"längeren Atem haben" und den, so fühle ich es, habe ich, was ist daran so verkehrt oder gleich krank ?

Ich lese hier oft, wie einsam die Depression machen kann - wie überfordert Familie und Freude sind, was die nötigen Rückzüge in einer Depression im sozialen Leben bewirkt haben.

Nochmal, wenn mein "Freund" keinen Kontakt zu mir haben möchte- dann würde er es sagen - das haben wir mehrfach geklärt und ich hab' lange genug daran gezweifelt dass das so ist - jetzt freue ich mich einfach daran.

P.S Du machst in fast allen Deinen Beiträge "Werbung " für Deine Seite, sorry aber das empfinde ich als etwas seltsam.....

Liebe Anna,

da gibt es wirklich nicht viel zu "bewundern " - aber dennoch Danke, tat trotzdem gut beim Lesen :) Ich denke wie so vieles im Leben ist es wichtig sich für eine Art Haltung zu entscheiden - meine fühlt sich zur Zeit wie "aussitzen" an - und egal wie sprachlos auch manches Treffen mit meinem Freund auch ist, ich bin noch immer gern in seiner Nähe.

Die Sache mit den Krankenkassen ist wirklich ätzend und unmenschlich - langsam hätte ich echt Lust ein Buch zu schreiben, was ein Erkrankter alles über sich ergehen lassen muss !

Liebe Grüße von mir
Mut