Liebe Susanne,
in einem kleinen Betrieb geht es um Personen - bei einem großen um die "Personalakte", die eben auch später Nachfolger einsehen können, man weiß nie so genau, wo überall die Info landet. (Ob ich später dem Vorgesetzten oder einer sympathischen Kollegin davon erzähle, ist etwas anderes. - Ich stelle mir da i.a. aber auch das Vorstellungsgespräch teils anders vor.) In kleinen Betrieben kriegt man in aller Regel ein gewisses Maß an Privatinfos über die anderen eh mit, selbst wenn nicht gequatscht wird. Und vielleicht würde ich mich da noch etwas mehr zu Offen- und Fairheit verpflichtet fühlen, denn bei einer ggf. Krankmeldung müßte ich mich da vermutlich auch direkter "stellen".
Ich glaube, ich würde das auf alle Fälle im Anschreiben noch möglichst neutral formulieren, auch wenn es sich vielleicht daraus erahnen läßt; der Rest ergibt oder ergibt sich nicht im Vorstellungsgespräch. Letztendlich hängt viel vom Einzelfall, von der konkreten Stelle ab, was man da als passend empfindet und zu was man stehen kann. - Vermutlich ist es am besten, wenn Du Dich auf verschiedene Szenarien vorgereitest, so daß Du je nach den Aktionen und Reaktionen des Gegenübers und den gegenseitigen Sympathien verschiedene Handlungsalternativen hast.
"Hochexplosiv" - ich schätze das Adjektiv kennzeichnet Deine Angst. Denn so würde ich Dich nicht einschätzen, bei aller ggf. Unsicherheit, wie solch ein Neustart ausgehen kann. Und wenn das real nicht nur "unsicher", sondern wirklich "HOCHexplosiv" wäre, dann würde ich Dir auch raten, die Idee nochmals zu überdenken. - Ich denke, das Gegenüber wird zurecht die Annahme brauchen, daß es auch gutgehen kann.
Wenn Du Dich von außen und von außen-innen betrachtest, was hältst Du dann von der amtsärztlichen Einschätzung? Übertrieben? Real? Der damalige Stand, und inzwischen ...?
La_crimosa hat geschrieben:Was heißt Du "versuchst auch schon in andere Richtungen zu schauen"? - Möchtest Du eine andere Tätigkeit aufnehmen?
Nein, keine andere Tätigkeit. Ich bin inzwischen sehr realistisch geworden, auch wenn das manchmal auch mit etwas Resigniertes hat. (Es gibt wirklich beide Seiten: positiv Reales sehend und damit möglichst am sinnvollsten umgehend; Schwung aus allen Ideen nehmend und ggf. auch in Ödem verharrend.)
Es gibt bei mir ja durchaus eine Persönlichkeits-Vorgeschichte und hindernde äußere Bedingungen (ein Umfeld, das Studium nicht unbedingt gut fand), lange bevor es um klinisch relevante Depression ging, so daß ich irgendwann da schon "zurückgeschraubt" hatte und nun einen weitestgehend Bürojob habe, der für manche dann zudem noch viel "kuschliger" klingt, als er faktisch garantiert ist. Und für den Beruf ist meine Arbeitsstelle "inhaltlich" immer noch sehr gut. Und die zunehmend unbefriedigenden Zustände könnte ich überall sonst auch antreffen. Seitdem ich die halbe EM-Rente beantragt und genehmigt bekommen habe, ist eigentlich klar, daß das so weiterlaufen wird, wenn das Leben nicht Überraschungen bietet. Zumal ich 51 bin. (Das hätte ich vor einigen Jahren übrigens noch nicht in diesem Ausmaß als "Argument" genommen, obwohl es natürlich gegen einen neuen Beruf spricht, doch in Kombination mit der halben EM-Rente u.a. bekam ich das jetzt schon so oft "aufgetischt", daß ...) Ansonsten wäre es hinsichtlich des Lebensunterhalts vermutlich auch eher grob fahrlässig, daran zu drehen.
Halbtags ein machbarer Job, der mir den Lebensunterhalt sichert und aushaltbar ist, manchmal auch mehr, mit überwiegend sehr netten KollegInnen in einem guten Umfeld.
Befriedigung könnte manchmal dann vermutlich etwas anderes sein ..., doch diese Züge habe ich nie erreicht. Und bei Tendenzen, bei denen ich manchmal spüre, daß sie mir Auftrieb geben (z.B. mehr Sozialkontakte, weniger stures Abarbeiten), weiß ich nicht, ob ich mir das wirklich zutrauen würde, ob ich das gut könnte, wenn ich es viel häufiger oder dauernd hätte. - Also maximal im Kleinen; immerhin gibt es das da manchmal auch.
Mit "in andere Richtungen schauen" meinte ich übrigens eher: Nicht darauf schauen, daß ich krankheitsbedingt NUR HALB arbeitete, sondern z.B. genießen, wenn ich es denn z.B. mal schaffe, am Nachmittag ein gutes Hörbuch zu hören (ohne dabei einzuschlafe), mich freuen, wenn es mir bei einer Freizeitbeschäftigung mal wieder wirklich gut geht (und ich nicht nur "pflichtbewußt" hingehe, wie es eben auch schon war - was in 80 % der Fälle vermutlich Käse war), mich freuen, wenn man bei der Arbeit Ideen von mir gut findet.
Fühle mich gerade ziemlich verworren, hoffe, das ist dennoch halbwegs verständlich.
Herzlich, Zarra