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Ich traue meinen Gefühlen nicht

Verfasst: 15. Mär 2004, 11:16
von Ann
Hallo an alle,
ich habe diesen Beitrag schon in ein anderes Thema geschrieben, aber ich glaube, da ist er untergegangen. Deshalb hier nochmal mein Problem:
Ich merke immer mehr und leide darunter, dass ich große Mühe habe, meinen eigenen Gefühlen zu trauen. Bin ich verletzt oder traurig, spreche ich mir die Berechtigung dafür ab. Ich sage mir dann, dass diese Gefühle ihren Ursprung in Ursachen aus der Kindheit haben, die ich "nur" aufarbeiten müsste, um nicht mehr so verletzt zu reagieren. Ich hätte also keinen richtigen Grund und Anlass, verletzt und gekränkt zu sein, es liege an meiner zu großen Empfindlichkeit usw. usw. Ich kann das nicht mehr auseinanderhalten, wo meine Gefühle "berechtigt" sind, und wo sie "krankhaft" und damit eigentlich unberechtigt sind. Das verunsichert mich stark. In Beziehungen habe ich damit die größten Schwierigkeiten. Weist jemand mich zurück, reagiere ich ausgeprochen sensibel und verletzt. Ich weiß dann nicht, ob ich nun wirklichen Grund dazu habe, ob das, was mir geschehen ist, wirklich so kränkend und verletzend ist, oder ob ich deshalb so reagiere, weil ich die Verletzungen aus der Kindheit in jeder Zurückweisung so stark spüre. Ich drehe mich damit absolut im Kreis und zweifle an mir selbst und meinen Umgang mit meinen Gefühlen! Ich entfremde mich damit von mir selbst, kann nicht spontan sein in meinen Reaktionen und Gefühlen. Kennt das jemand von Euch? Könnt Ihr das auseinanderhalten? Wie geht Ihr damit um? Ich freue mich über jede Rückmeldung! Danke und liebe Grüße, Ann

Re: Ich traue meinen Gefühlen nicht

Verfasst: 15. Mär 2004, 11:53
von Captain Kirk
Hi Ann,

ich glaube, der Denkfehler liegt in Deiner Schlußfolgerung: Gefühle die auf Ursachen aus der Kindheit beruhen = "krankhaft" = unberechtigt.

Ich würde statt "unberechtigt": "nicht zeitgemäß" verwenden.

Also, diese Gefühle haben ja ihre Berechtigung , weil sie aus einem Denksystem und Erfahrungsschatz entstammen das seine Ursachen in der Vergangenheit hat. Aber, sie sind nicht mehr zeitgemäß, weil sie eben auch heute noch quasi automatisch mehr aus der Vergangenheit als aus der jeweils aktuellen Situation gespeist werden.

Es ist doch schon gut, dass Du diesen Unterschied wahrnimmst.

Ich würde in der jeweiligen Situation das "alte" Gefühl als solches wahrnehmen und mir sagen ..o.k. altes Gefühl da bist Du nun und hast Deine Berechtigung ... aber die Zeiten haben sich geändert und ich habe mich geändert ..mal sehen wie Du Dich ändern kannst damit Du besser zum Heute passt.

Das jewelige Gegenüber könntest Du, wenn es eine vertrauenswürdige Person ist, in Deine Überlegungen miteinbeziehen.

Gruß
c.

Re: Ich traue meinen Gefühlen nicht

Verfasst: 15. Mär 2004, 17:32
von Nachttaube
hallo Ann,
geht es denn nur um die Gefühle "Verletzt" und "Traurig"? Oder traust Du Deinen Gefühlen generell nicht, also auch nicht bei Wut, Zorn, Hunger, Lust usw.?

Du suchst die Gründe in der Vergangenheit. Das mag seine Berechtigung haben, aber vielleicht kannst Du auch einbißchen in der Gegenwart nach Gründen suchen.

Mir geht es zur Zeit so, dass ich keiner meiner Gefühle irgendwie traue. Ich bin nicht in der Lage gefühlsmäßig zu entscheiden, was ich möchte, bzw.was mir gut tut, oder ob meine emotionale Reaktionen "der Realität angemäßen" ist.

Deswegen frage ich mich immer: was möchte ich spüren / wie möchte ich reagieren. Und versuche das dann umzusetzen. Würde bedeutet, wenn mich jemand abweist, entscheide ich möchte ich ihn zeigen, dass er mir damit weh tut oder nicht? Und je nachdem versuche ich dann zu fühlen. Mh, klingt etwas absurd, ich weiß........
liebe grüße
Nachttaube

Re: Ich traue meinen Gefühlen nicht

Verfasst: 16. Mär 2004, 12:33
von Ann
Hallo Captain Kirk, hallo Nachttaube,

danke für Eure Rückmeldung! Am schlimmsten ist meine Unsicherheit wirklich bei den Gefühlen des Verletztseins und Zurückgewiesen-Werdens. Da brechen diese Wunden von früher immer wieder auf und für mich "geht die Welt unter", bei einem Anlass, der anderen wie eine Kleinigkeit erscheinen mag. Diese Gefühle sind nicht zeitgemäß, wirklich. Trotzdem habe ich sie in diesem Moment und weiß dann eben nicht, wie ich mit ihnen umgehen kann. Nachttaube, du versuchst, solche Gefühle über den Willen zu steuern, habe ich das richtig verstanden? Wie du reagieren willst, dahin steuerst du auch deine Gefühle? Gelingt dir das? Ich versuche auch oft, meine Gefühle des Verletztseins nicht zu zeigen ("das macht doch nichts" usw.), aber im Innern habe ich sie trotzdem. Da blutet die alte Wunde dann wieder. Und oft kann ich diese Gefühle dann nicht mit denen, die der Situation angemessen wären, auseinanderhalten. Das führt dazu, dass ich oft alles runterschlucke, egal woher das Gefühl kommt. Uff! Erkennen kann ich schon, dass hier zwei Quellen der Gefühle da sind. Nur,welches Gefühl gehört zu welcher Quelle.

Liebe Grüße, Ann