Betroffen oder angehörig?

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Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Betroffen oder angehörig?

Beitrag von Lerana »

Hallo ihr Lieben,

angestoßen durch Miss Summerloves Beitrag in Pias Thread sind mir einige Gedanken gekommen.

Ich finde dieses Forum zwichnet sich durch einen weitestgehend respektvollen Ton im Miteinander aus. Und doch kommt es, wie in jeder Ziwschenmenschlichkeit, immer mal wieder zu Kränkungen.

Ich habe den Eindruck, dass sich hin und wieder Betroffene von Schilderungen von Angehörigen gekränkt und angegriffen fühlen. Das ist verständlich.

In den allermeisten Fällen sind die Selbshilfeangebote von Betroffenen und Angehörigen getrennt. Das macht Sinn. Dennoch sehe ich hier vor allem den Vorteil der Mischung. Betroffene schildern die Innensicht und Angehörige, was sie sich vom Bettroffenen wünschen, um besser zu verstehen und zu unterstützen. Ich bin hier oft Zeuge sehr guter Dialoge geworden.

Dennoch möche ich noch einmal darauf hinweisen: Dies ist der Angehörigenteil! Hier dürfen Angehörige IHREN Kummer, IHRE Wut, IHRE Hilflosigkeit, IHRE Überforderung, IHR Unverständnis etc. äußern. Das hier ist iht gutes Recht und der angemessene Rahmen und hier posten Angehörige Ratschläge aus der Sicht als Angehörige.

Betroffene, die das schlecht aushalten können, bei denen das ununterbrochen im Vorwurfsohr klingelt, denen rate ich, hier einfach zu pausieren und nicht zu lesen, anstatt mit einem geplatzen Kragen, kränkend zu werden. Denn richtig, sich abzugrenzen ist etwas, das in der Regel alle lernen müssen, Menschen mit Depressionen und deren Angehörige!

Ich möchte niemanden rauswerfen, sondern nur noch mal eine Reflexion zur eigenen Rolle anregen. Welche Rolle habe ich hier im Forum, auf welche Fragen kann ich antworten und wo bin ich vielleicht einfach nicht der richtige Ansprechpartner, wo reagiert mein Ohr...?

Auf einen verständnisvollen Austausch!!!

Feedback finde ich klasse, auch kontroverses!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
MUT65
Beiträge: 448
Registriert: 18. Jan 2013, 11:59

Re: Betroffen oder angehörig?

Beitrag von MUT65 »

Hallo Lerana,

gute Idee von Dir, es gibt sicherlich Diskussionsbedarf.

Auch sehe im Angehörigenteil die Möglichkeit mich AUCH mal zu "jammern, oder zu klagen " - keine Frage, es ist eine riesen Herausforderun einen depressiven Partner zu haben, oder einen geliebten Menschen an eine Depression zu verlieren.

Was ist bei Pia nicht verstehe, bzw. mir auch schon des öfteren "sauer aufgestoßen" ist, ist die Tatsache, dass Pia über andere Anghörige ( ich zähle mich auch dazu ) recht schnell und sehr deutlich urteilt und auch gern von Abhängigkeit spricht.
Darf sie, kann sie, zumal sie sich auch bestens ausdrücken kann - das kann nun mal nicht jeder.

Pia selbst aber, schreibt seit Monaten auch von ein und demselbten "Stillstand" - völlig ok, aber warum wird dann über Andere hier so hart geurteilt ?

Ich weiß von Usern hier, die nicht mehr schreiben, weil sie keine Lust auf einen erhobenen Zeigefinger haben. Sich um sich selbst kümmern, eigenes Leben etc - das wissen "wir" und suchen hier dennoch einen Austausch.

Meine Gedanken dazu.

LG
Mut
Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinem Reichtum hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen.
Epikur von Samos
Nachtflug
Beiträge: 253
Registriert: 3. Apr 2012, 23:15

Re: Betroffen oder angehörig?

Beitrag von Nachtflug »

Hallo,

ich finde die Mischung sehr gut von Angehörigen und Erkrankten. Der Austausch ist sehr wichtig um verschiedene Sichten kennenzulernen und zu reflektieren.
Als ich akut war, habe ich das Angehörigenforum gemieden, weil es mir nicht gut getan hat. Als es mir langsam besser ging, hat es mir sehr gut getan auch das Leid von Angehörigen zu lesen, um mich selbst in Behandlung zu begeben und ihre Bedürfnisse und Belastungen wahrzunehmen.

Eine strikte Trennung fände ich daher doof. Jetzt wo ich wieder sehr stabil bin, schreibe ich sogar mehr im Angehörigenteil. Komischerweiße brauche ich eher Pause von dem "Krankheitsteil" und schreibe dort nur noch dosiert. Ich versuche hier eher Angehörigen Tipps zu geben, gerade weil ich auch sehr vom späteren, aufgeklärten Verhalten(anfangs war es nicht so Bombe) ihrerseits profitiert habe.

Außerdem können Angehörige schnell selbst erkranken, wenn sie sich nicht genug abgrenzen. Deswegen finde ich es wichtig, dass sie auch von Betroffenen hören, dass Selbstschutz und Agrenzung notwenig und richtig ist. Aber gleichzeitig auch die Perspektive der Betroffenen verstehen lernen. Die Angehörigen sind meiner Meinung nach sehr, sehr, sehr wichtig für einen Genesungsprozess und ich finde es schade, dass sie in unserem Behandlungssystem nicht stärker mit einbezogen werden. Ich glaube deswegen können sie nicht nur vom Austausch mit anderen Angehörigen, sondern auch anderen Betroffenen profitieren.

Das Problem des sich selbst angegriffen fühlen haben meiner Meinung nach übrigens nicht nur Betroffene - das kommt auch bei Angehörigen vor, eigentlich bei jedem Menschen. Daher sollte man sich immer bewusst werden, dass die eigenen Erfahrungen subjektiv sind, nicht für alle gelten und auch nicht universell übertragbar. Dennoch können sie sehr hilfreich sein. Zu einem gelungenen Wissens- und Meinungsprozess trägt es bei, wenn man verschiedene Standpunkte vertritt und diskutiert.


PS.: Gleichzeitig finde ich aber Lerana, dass du fast schon Moderationsaufgaben versuchst zu übernehmen . Also wegen einem Beitrag, der mal über die Stränge schlägt weiß ich nicht, ob man gleich so allgemeine Forderungen in den Raum stellen muss. Ich finde nämlich das Klima und den Austausch hier allgemein ziemlich okay was Betroffene und Angehörige betrifft. Einzelne Fehltritte kann man vielleicht auch per PN/Mail regeln.


Alles Gute
Nachtflug
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Betroffen oder angehörig?

Beitrag von Lerana »

Hallo!

@Mut: Ich finde auch, dass man hier mal jammern darf! Unbedingt! Eine Diskussion über Pia wollte ich nicht anzetteln! Klärt das unter euch! Ich schätze sie sehr, das ist hier bestimmt keine Geheimnis mehr!

@Nachtflug: Nicht, dass du mich falsch verstehst: Ich finde die Mischung hier auch super und ein Riesengewinn! Ich wollte nur noch mal sagen, dass man ja hier nicht lesen MUSS, wenn man das schlecht aushalten kann als Betroffener. Genauso kann man vielleicht als Angehöriger den Betroffenenteil machmal nicht mehr hören / lesen.

Moderationsaufgaben? Ich weiß nicht. Will nicht zwischen anderen moderieren. Hab auch kein persönliches Problem mit Miss Summerlove, das ich in einer Mail klären wollen würde. Ich dachte nur noch mal, dass es vielleicht gesund für den ein oder anderen sein kann, sich bewusst aus etwas rauszunehmen, wenn es einen wieder und wieder aufregt. Manchen Usern antworte ich auch nicht mehr und mache Therads meide ich, weil ich das als pure Selbstfürsorge verstehe. Es ist nicht immer leicht unterschiedliche Wahrheiten zuzulassen und wenn ich merke, ich kann das nicht, dann frage ich mich warum. Und eine Erklärung KÖNNTE sein, dass ich als Beroffene nicht auch noch ertragen kann, wie Angehörige über ihre Partner etc. schimpfen, mit und wegen ihnen leiden etc. An das Recht, sich da rauszuziehen, wollte ich erinnern.

Aber, mich zu bremsen, im Regeln von anddere Leute Angelegenheiten ist nie verkehrt. Also nochmal: Ich will auf keinen Fall, ein eine Kofliktsituation zwischen Angehörigen und Betroffnene moderieren, allerhöchsten in einen Austausch darüber kommen.

Forderungen wollte ich übrigens überhaupt keine stellen. Mit welchem Recht auch?

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
Nachtflug
Beiträge: 253
Registriert: 3. Apr 2012, 23:15

Re: Betroffen oder angehörig?

Beitrag von Nachtflug »

Hallo Lerana,

okay, jetzt verstehe ich besser was du meinst .

Dein Eingangsposting hat irgendwie mehr so als Forderung als als Denkanstoß für mich gewirkt. Aber das liegt vielleicht auch an mir .

Also ja, beizeiten ist es besser eine Forumspause zu machen oder Sachen nicht zu lesen. Mache ich auch immer wieder. Aber mir ist es (zum GLück in einem anderen Forum) auch schon passiert, dass ich gerade zu emotional war und mir die Hutschnur geplatzt ist und ich überreagiert habe und mich im Ton vergriffen .

Passiert manchmal. Ist keine Rechtfertigung dafür. Wird man aber in einem Forum wohl nie KOMPLETT vermeiden können, dass so ein Post mal auftaucht.

Das Bewusstsein über die Möglichkeit des Nichtlesens oder des Ignorierens als Selbstschutz kann da natürlich hilfreich sein für die Zukunft.

Alles Gute
Nachtflug
Bubbletea
Beiträge: 58
Registriert: 8. Mai 2013, 21:42

Re: Betroffen oder angehörig?

Beitrag von Bubbletea »

Liebe Lerana,

es ist einerseits schön, dass du dir so viele Gedanken zu dem Thema machst und andererseits bedauerlich, wenn ich in Leuten, die ich gar nicht ansprechen wollte, jetzt ungute Gefühle ausgelöst oder ihnen "einen Kopf gemacht" habe.

Angehörige haben sicher das Recht auf jedes "Jammern", "Klagen" und jede Hilfe, zumal sie ohnehin im Alltag meist viel zu wenig davon bekommen.

Unerwünschte Denkanstöße, vielleicht auch kritische, oder in meinem Fall zu unhöfliche lassen sich "von beiden Seiten" wohl nicht immer vermeiden, ebenso, die Vermischung von Depressions-Beziehungsproblemen mit allgemeinen, mehrschichtig gelagerten Beziehungsproblemen und in einem selbst angelegten, problematischen Beziehungsstrukturen.

Menschen sind Individuen, rufen in den Wald herein, lösen ein Echo aus, das ist überall so und hat manchmal mehr mit dem Auftreten und Verhalten eines Menschen als mit der Sache zu tun.
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