Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

bigappel
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Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von bigappel »

Liebe Foris,

mein Göttergatte, bekanntermaßen seit über 30 Jahren psychisch erkrankt, ohne Krankheitseinsicht oder besser gesagt: ohne Akzeptanz, geschweige denn, sich auf den Weg machend, zu lernen, damit zu leben.

Sein oft nahezu nicht mehr vorhandenes Denk- und Merkvermögen hat ja nun immer Gründe, die nicht in der psychischen Erkrankung liegen, wenn überhaupt an einer Erkrankung, dann an einer körperlichen....... *seufz*.

Mal davon abgesehen, dass er diverse Testverfahren bereits durchlaufen hat, so hat er nun einen neuen Chefarzt einer Klinik für psychische Erkrankungen gefunden, die auch weitergehende Testungen in Punkto Gehirn machen.

Das ist ja auch in Ordnung, man sollte ja organisch alles ausschließen, watt geht....
sei ´s drum......

Mein Mann erzählt mir voller Stolz, dass sämtliche Testungen (3 Stunden) sehr gut verlaufen seien, sein Kopf hervorragend funktioniert hätte und vermutlich (Ergebnisse stehen ja noch aus) kein Befund vorhanden wäre........ *sowas *.

Mein Mann wundert sich, dass ich mich darüber nicht wundere...... .

Bin gespannt, welche Idee die Nächste sein
wird.... dass natürlich keine Auswirkungen
seiner psychischen Erkrankung vorliegen....

Die Thematik ist sicherlich ausbaufähig....

nur noch kopfschüttelnd
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
SucheAustausch
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von SucheAustausch »

Liebe Pia,

ja, das kenn ich auch zur Genüge! Mein Mann ist zwar einigermaßen einsichtig, aber seitdem die Therapeuten das Wort "Burn Out" in den Raum geworfen haben, ist nur noch die Arbeit Schuld an seiner Erkrankung!

Dass er bereits vor 9 Jahren ständig müde und abgeschlappt war (teilweise im urlaub 18 Stunden geschlafen und mich allein dort rumsitzen lassen hat!) schiebt er auf die Auswirkungen des Pfeifferschen Drüsenfiebers, dass er einige Monate vor dem "ersten Auftreten" der Erschöpfung, gehabt hatte.

Immer mal wieder kommt der Einwurf: da muss noch mehr dahinterstecken als "nur" eine Depression!

Als wäre eine Depression nicht genug.

Halt die Ohren steif!

Liebe Grüße
Austausch, die langsam aufgeregt wird, weil wir in 3 Stunden den gemeinsamen Termin bei seiner Therapeutin haben und ich noch nicht weiß, was ich genau sagen möchte...
missBU
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von missBU »

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it`s about loving what you have.
missBU
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von missBU »

Liebe SucheAustausch,

muss noch kurz etwas zum Pfeifferschen Drüsenfieber einwerfen. Meine Tochter hatte das im Alter von 14 und mein Neffe mit 18 Jahren und diese Krankheit kann sich noch bis zu einem Jahr nach Ausbruch der Krankheit auswirken. Also man ist Ewigkeiten nicht voll leistungsfähig und ja älter man ist umso schlimmer ist die Krankheit.
Also nur mal am Rande. Keine Entschuldigung für alles, aber ich konnte mir das auch nicht vorstellen, ist aber wohl leider so.

Liebe Grüße Bedi
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Blümli
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Blümli »

Liebe Pia,

in momentaner Ermangelung an Zeit (heute Abend geht mehr dazu), jetzt nur eine ( ich weiß ) sehr provokante Fragestellung:
" Ist Depression überhaupt eine Krankheit, kann man an ihr überhaupt *erkranken* ? "
Liebe Pia, Du kennst mich und nimmst mir diese Provokation sicher nicht übel. Du weißt wie ich denke und dass diese Frage nicht aus fehlendem Respekt gegenüber den Menschen, die mit Depressionen leben müssen kommt, eher aus dem Gegenteil.

Ich bin gespannt auf diese Auseinandersetzung hier mit Euch.

Bis dann herzliche Grüße

vom Blümli

P.S. Du weißt glaub ich auch, dass gerade die Bücher von Giger-Bütler ( da eben dieses titelgleiche Buch "Depression ist keine Krankheit" ) mir den nötigen Respekt gegenüber den Menschen, die mit Depressionen leben müssen ( ich meine da auch die Angehörigen dazu ) haben entstehen lassen, der ihnen, mit dieser großen Bürde Depression, gebührt.
^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
bigappel
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von bigappel »

Galgenhumor, liebe Bedi.

Anders kann ich das nicht mehr "aushalten".

Wie meinte die Ärztin einer grooooooooßen
Uniklinik, in der mein Mann stationär war
vor 2 Jahren : Herr "Pia"..... wieviel Beweise wollen Sie denn noch, dass Ihre Theorie *der rein körperlichen Erkrankung*
hinkt?

Bereits damals hätte ich wie Rumpelstilzchen um ´s Feuer hüpfen können, bei dem Ausspruch.... *juhu, ich hab doch keinen
an der Waffel, juhu... *

Die Ärztin hatte echt großes Glück, dass ich mich gerade so noch in der Gewalt hatte, sie nicht stürmisch küsste, umarmte und glücklich seufzend in ihre Arme mit den Worten sank: endlich jemand, der das außer mir ausspricht!!!!!!!!!!.


Naja, das "Phänomen" der partiellen Ignoranz kenne ich beruflich auch sehr gut; da kann ich mich dann sehr gut "abspalten" - mein neues Lieblingswort - und mir denken: jo, Milch wollte ich noch einkaufen, neues Brot.... -

Mit diesem speziellen "Exemplar" bin ich aber verheiratet, obwohl..... was muss ich heut noch einkaufen......?

Always look on the bright side of live.........

LG
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bigappel
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von bigappel »

Liebe Blümli,

das Buch hab ich auch gelesen .

Auch ich vertrete die Auffassung nach wie vor, auch wenn ich hier von Erkrankten geluncht werde, dass z.B. Depressionen keine Erkrankung sind, sondern das Ergebnis von Fehlgelerntem und somit eine sch... Arbeit,
die ganze Schose nochmal umzulernen mit zu erwartenden Schwierigkeiten, je nachdem, wie lange der Proband nu schon in den falschen Mustern rumtigert.

Aber:

Du weisst auch, dass es in dem Buch heisst:
das Ergebnis hat Krankheitswert.

Und auch das sehe ich ganz genau so.

Wenn mein Mann malwieder abspaltet und aus seinen Sch... - Mustern heraus sich nicht mit mir auseiandersetzen kann, nicht antworten kann...... weil er getriggert in seiner Welt der Abspaltung rumläuft.... dann macht das Ergebnis ihn: ich bin nix wert, ich kann nicht antworten, ich bin nix Wert, weil meine Frau schonwieder genervt ist, ich bin nix Wert, weil.... Montag ist.....

krank und das ist dann nicht gespielt, das ist echt... er leidet.... wie ein Schw....
und er entwickelt tatsächlich körperliche Krankheitssymptome.

Ich kann die Uhr danach setzen (z.B.), wann er als Reaktion auf "Unvermögen" mit Durchfall auf ´s Klo wandert .......


und was macht es mit dem Angehörigen:

a) auch depressiv,
b) 23 Stunden genervt / unzufrieden,
c) Galgenhumor entwickelnd, als Gegen-
strategie und wenn ´s ganz blöd läuft
d) zum ehemaligen Angehörigen.....

Ich empfinde das Ganze als sowas von rein logisch, dass ich wirklich nur noch "daneben" stehen kann und mich wundere..... was noch kommt.

Tinnitus,
Verdacht auf Magengeschwür,
zu hohen Blutdruck

und was weiss ich noch alles, hat mein Mann
*Achtung: Sarkasmus* schon abgearbeitet....

Er ist nicht krank.... ich weiss das....
er nicht.


LG
Pia
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mime
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von mime »

Hallo zusammen,

najaaaa, lynchen möchte ich hier bestimmt keinen, auch wenn ich zu den Betroffenen gehöre – und ich versuche auch, die Angehörigenseite zu verstehen, mich in sie hineinzuversetzen usw. Es ist schwierig in einer Gemeinschaft mit einem depressiven Partner zu leben. Ich hätte da nicht die Geduld dafür. Sucht ihr denn auch für euch Unterstützung (Selbsthilfegruppen, therapeutische Gespräche, Entlastendes für Angehörige etc.)?

Auch wenn ich mir kein Urteil erlauben darf (ich kenne das benannte Buch nicht, lese aber generell nur soviel über Depressionen wie nötig, um mir nicht noch etwas „anzulesen“), eine kleine Anmerkung: Wenn eine Depression so massiv ist, dass sie über körperliche / psychische Symptome bis hin zur längeren Arbeitsunfähigkeit führt, hat das für mich schon einen Krankheitswert. Wenn man depressionsbedingt den Job verliert, ist das kein Spaß; Klinikaufenthalte werden auch nicht "einfach so" empfohlen – ich denke schon, dass man es auch ernst nehmen sollte. Wobei ich damit niemandem hier unterstellen möchte, die Depression seines Partners nicht ernst zu nehmen. Ihr tut es, das weiß ich - sonst würdet ihr wahrscheinlich hier auch nicht schreiben.

Ich möchte auch jedem immer ein gewisses Maß an Galgenhumor zugestehen (den haben im Übrigen auch Betroffene - ich konnte auch bei ein oder anderem Satz von Pia hier schmunzeln) – manchmal ist das auch gut so, es kann frustbefreiend wirken. Dennoch: Depressionen bleiben für mich eine ernste Angelegenheit.

Doch ich sehe auch den ernstzunehmenden Zwiespalt zwischen Betroffenen und Angehörigen, vor allem wenn es behandlungsunwillige Betroffene sind. Ich könnte es wahrscheinlich nicht mit einem depressiven Partner auf Dauer aushalten – es wäre zumindest wünschenswert, dass diejenigen, die sich die Depression selbst nicht eingestehen wollen, den ein oder anderen Schritt (in Richtung Psychiater / Therapeut) wagen würden, auch den Angehörigen / Partnern zuliebe.

Manchmal kann sich daraus dann im Laufe der Zeit auch ein Eingeständnis beim Betroffenen entwickeln. Aber vielleicht fällt das zugegebenermaßen Männer schwerer als den Frauen. Dabei hat es nichts mit Schwäche zu tun, sich therapeutischer Unterstützung zu bedienen, sondern ist eher ein (knallhartes) Erfordernis der Entwicklung von Eigenverantwortlichkeit für sein Leben (und damit auch dem des nichtdepressiven Partners).

Ich hoffe für diejenigen unter euch, die unter ihren depressiven Partnern so zu leiden haben (das ist keineswegs ironisch gemeint, ich verfolge ab und an auch die Angehörigen-Threads), dass es ein Einsehen gibt, Lösungsmöglichkeiten und Behandlungsmöglichkeiten, die (endlich) angegangen werden, damit auch ihr entlastet werdet.

Das war es von mir.

Viele Grüße und euch alles Gute
Mime
Wir müssen lernen,
die Menschen weniger auf das, was sie tun und unterlassen,
als auf das, was sie erleiden, anzusehen.

(Dietrich Bonhoeffer)
bigappel
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von bigappel »

Liebe Mime,

Dank Deiner netten Worte.

Das Ergebnis resultierend aus den falschen Mustern: ja, genau das hat Krankheitswert.

Sein - nicht gesteuerter - Umgang mit Problemen ist falsch bzw. Alternativen nicht vorhanden...... (nicht zu verwechseln mit: der Mann ist "nicht richtig".)

Mein Mann ist Rentner..... und ganz sicher nicht aufgrund seines nicht mehr vorhandenen Tinnitus......

Etwas für sich tun?

Ich kann da für mich sagen, nach nunmehr über 3 Jahren.... ja, aber ganz sicher nur etwas, was eben nicht mit Psyche zu tun hat, wie Selbsthilfegruppe, eigene Therapie....

Ich kann nur für mich sprechen, habe aber für mich herausgefunden, dass es für mich das Beste ist, hier mich "austoben" zu dürfen (das Schreiben, hilft mir sehr) und ansonsten einfach zu leben, leben, leben.

Selbsthilfegruppe, eigene Therapie zum Umgang mit dem psychisch kranken Partner hab ich hinter mir.... auch glaube ich zu verstehen, was welche Problematiken sind....
aber Lösungen finde ich naturgemäß mit einem Partner, der für sich seinen Weg nicht gefunden hat, nicht.

Ich für mich möchte daher so wenig wie möglich zusätzlich mit dem Thema noch zu tun haben (ich habe die letzten drei Jahre sehr viel mich damit auseinander gesetzt und speziell auch dadurch mit mir).

Ob es - für mich - richtig ist, weiss ich noch nicht, aber derzeit mein Weg des Umgangs damit......

Herzliche Grüße
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
Gerbera
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Gerbera »

Hallo Pia,

wie Du weißt, bin ich keine Angehörige sondern Betroffene, aber jetzt "muss" ich auch noch ein bisschen mitmischen . Was bisher nämlich noch keiner gesagt hat, ist, dass Depressionen durchaus körperliche Ursachen haben können. Eine Schilddrüsenunterfunktion kann z.B. Depressionen auslösen. Die Schilddrüse steuert den gesamten Körperstoffwechsel, auch den des Gehirns. Entgleist sie, können auch andere Stoffwechselarten entgleisen, insbesondere die des Gehirns, Serotonin, Adrenalin, Noradrenalin..., kann alles hübsch durcheinander geraten.

Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass bei Depressiven der Gehirnstoffwechsel nicht so funktioniert wie bei "normalen" Menschen, die Verarbeitung der Stresshormone gestört ist, und es gibt Untersuchungen, dass bei Depressiven andere Gehirnareale auf bestimmte Reize ansprechen als bei Gesunden.

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Pfeiffer außerhalb des Teenie-Alters auch ein Grund für das Entstehen einer Depression sein kann. Mich hat der Pfeiffer, den ich im zarten Alter von 35 hatte, damals ganz schön mitgenommen - körperlich, nicht psychisch. Ich war noch lange danach anfällig für alles, was im Kindergarten meiner Tochter so kursiert ist. Sie hatte nie etwas, aber dafür ich: Lungenentzündung, Scharlach (mehrfach), starke Bronchitis (mehrfach), Herpes über die gesamten Kinnbereich usw. usw.. Erst ein Homöopath hat es geschafft, mich immuntechnisch wieder auf die Beine zu bringen - "schon" zwei Jahre später.

Ich würde nicht alles auf antrainiertes Fehlverhalten schieben, denn ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, 55 Lebensjahre ohne Depressionen zugebracht zu haben, um dann plötzlich die Quittung präsentiert zu bekommen.
Bei mir ist schon einiges an Belastungen zusammengekommen, z.B. über Jahre kranke/pflegebedürftige Mutter, Krebserkrankung und ziemlich jämmerlicher Tod meines Vaters, ein Freundin, die in großen persönlichen und finanziellen Schwierigkeiten gesteckt hat, Betriebsklima gekippt - um nur ein paar zu nennen.

Ja, ich weiß, auch andere Menschen tragen große Lasten, ohne deswegen gleich depressiv zu werden. Aber es ist auch bekannt, dass Depressionen eine genetische Komponente haben. Diese Gene trage ich offenbar in mir.

Ich habe im Übrigen auch diverse körperliche Störungen entwickelt, ehe die rein psychische Seite der Depression erkennbar wurde.

Mir geht es wie Mime: ich kenne das Buch nicht, von dem Du schreibst. Aber eines ist klar: für mich ist die Depression eine Krankheit, und zwar eine, die mich um Haaresbreite das Leben gekostet hätte.

Auch eine Erkältung ist letztlich Folge eigenen Fehlverhaltens: würde man sich nämlich immer richtig anziehen, körperlich fit halten, richtig ernähren und den Ansteckungsmöglichkeiten aus dem Weg gehen, würde man nicht krank werden. Auf die Idee, eine Erkältung deswegen nicht für eine Krankheit zu halten, kommt kein Mensch. Aus welchem Grund sollte das bei Depressionen anders sein?

Ergänzend möchte ich erwähnen, dass ich das Tolle an meiner Therapeutin fand, dass sie anfangs erstmal erklärt hat, dass eine Depression auf vier Beinen steht: den Genen, den Hormonen, der Lebensgeschichte ("Schicksal") und der aktuellen Situation. Und sie hat alles wissenschaftlich fundiert dargestellt. Nicht umsonst ist die Dame Psychiaterin. Diese Erklärung zu akzeptieren, ist mir viel leichter gefallen als jede andere.
Vielleicht kannst Du Deinen Mann auch über diese Schiene einfangen und das Bewusstsein im ihm wecken, dass er krank ist, eine Stoffwechselstörung im Gehirn hat, die zweigleisig behandelt werden muss: mit Tabletten und einer Gesprächs-/Verhaltens-/was-weiß-ich-Therapie, weil durch die Veränderungen im Gehirnstoffwechsel falsche Denkmuster entstanden sind.

Nix für ungut, aber das musste jetzt raus.

Ich wünsche Dir die Gelassenheit, die Du brauchst, um mit Deinem Mann ruhig und geduldig umzugehen, trotz seiner etwas eigenartigen Einstellung zu seiner (seinen) Krankheiten und dem Umgang damit.

@Mime: ich würde mich gerne etwas privater mit Dir "unterhalten". Wenn Du interessiert bist, melde Dich bitte. Dann öffne ich Dir mein Profil.

Viele Grüße
Gerbera
mime
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von mime »

Hallo Pia,

OK, ich verstehe – nee, wenn du das mit den Therapien und dem ganzen „Krempel“ schon hinter dir hast, ist es klar, dass es dir quasi schon aus den Ohren rauskommt ... das würde mir nicht anders gehen!

Nein, du darfst und sollst natürlich leben, leben, leben und nochmals leben und es möglichst genießen! Etwas finden, was dir Entlastung bringt (es muss nicht noch eine Therapie sein), schreiben, Freundinnen besuchen, irgendetwas finden, das dir ganz allein gehört und Freude macht – ich hoffe, dass du da etwas findest oder hast, das dir Halt gibt.

Das mit den falschen Mustern und die vermeintliche Ausweglosigkeit bei den Betroffenen ist wohl oft so – inwieweit sie veränderbar sind, weiß ich nicht (ich arbeite ja selbst dran ), aber ich bin davon überzeugt, dass man alleine da nicht rauskommt, sondern wirklich therapeutische Unterstützung in Anspruch nehmen sollte. Vielleicht kommt ja noch ein Umdenken, vielleicht trifft dein Mann zufällig ja doch noch auf den richtigen Arzt, der ihn dahingehend mal zum Nachdenken und Anpacken bringt, zu hoffen wäre es.

Ich finde es gut, wie du das machst – du hast dich mit den verschiedenen Facetten auseinander gesetzt (und auch mit dir) – da sei dir das auf jeden Fall gegönnt, was hilfreich ist für dich.

Alles Gute
Mime

****************************************************************************************

@Gerbera: ich melde mich diesbezüglich demnächst nochmal in einem anderen Beitrag, OK?
Wir müssen lernen,
die Menschen weniger auf das, was sie tun und unterlassen,
als auf das, was sie erleiden, anzusehen.

(Dietrich Bonhoeffer)
Tabarka1
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Tabarka1 »

Hallo liebe Pia,

Oje! Mein Mitgefühl. Bei uns ja etwas anders und doch ähnlich. Ich frage ihn: was hilft gegen die Depression? Er antwortet: Tanztherapie, Yoga, Malen, Singen ...

Was macht er? Er beschäftigt sich gerne stundenlang damit seine körperlichen "Erkrankungen" zu kurieren. Wie z.B. potentiell zum Einwachsen neigende Fußnägel. Ein Nagelstudio wäre neidisch auf die umfangreiche Gerätesammlung. Und dies ist ja nur eine seiner Erkrankungen, die er stundenlang behandelt.

Mein Eindruck ist, dass da einfach die Angst zu groß ist sich den anderen Themen zu stellen - und die Hoffnung zu gering, dass das noch was werden könnte. "Komfortzone" ich finde der Begriff passt, auch wenn er sich für mich so schräg anhört. Weil ich weiß und spüre, dass es ein besseres Leben gibt für das es sich zu kämpfen lohnt. Der Leidensdruck möglicherweise nicht groß genug ist.

Ich erlebe bei meinem Mann ja eine größere Offenheit, was Therapie angeht, als bei deinem. Und doch spüre ich immer wieder diesen Sog in den Schoß der Depression, in den ich aber nicht mehr geraten will. Und ich versuche ihn nicht mehr aufzuhalten. Das ist sicher neu bei mir.

Was ein Hinweis sein kann ist aus meiner Sicht die Frage von Schuld. Mein Mann hatte die Idee, dass psychisch Kranke selbst Schuld sind an ihrer Erkrankung. Das hat mir sehr geholfen, ihm nahe zu bringen, dass er selbst betroffen sein könnte (nein natürlich gar nicht!) Das war für mich eine große Erkenntnis, dass er selbst so ein schräges Bild auf psychische Erkrankungen hatte.

Und ein weiterer Knackpunkt ist bei uns das Thema Selbstwirksamkeit. Ich kann ja fast alles - zumindest solange bis ich es probiert habe. Und mein Mann hat die umgekehrte Idee, egal was ich tue es hilft nicht. Selbst wenn er also Sachen macht und die helfen (z.B. Laufen) leugnet er den Zusammenhang. Aber wenn andere (in Weiß) was mit ihm machen hilft es und das passiert ja scheinbar bei der Körpermedizin eher.

Behalt Deinen Humor!
Lieben Gruß
Tabarka
Wann, wenn nicht heute... ?
bigappel
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von bigappel »

Hallo Ihr Lieben,

Tanztherapie, Singen, malen.... wäre ein Anfang, wenn es meinem Mann gut tut, sage ich jetzt mal neidisch, da mein Mann nix, gar nix in die Richtung macht.

Tanztherapie, KBT hat er auch immer in der Klinik gut gefunden; gibt es auch ambulant.. aber da müsste man halt hingehen....

Hashimoto war das Erste, was ausgeschlossen wurde.....

Natürlich ist mir bekannt, dass es da bei 10 Medizinern 12 Meinungen gibt und die Testauswertungen der Blutwerte unterschiedlich gelesen werden können.....

Er hat ´s nicht.

Liebe Gerbera; mein Mann ist, dass er sich erinnern kann, seit dem 10. Lebensjahr krank.... also nix plötzlich und Pfeiffer, das war der Mann von Austausch *zumindest hatte diese Idee mein Mann noch nich; Klopf auf Holz *

Klar, gibt es körperliche Dinge, die psychisch krank machen können, genau wie Hiobs-Botschaften von schweren Krankheiten eine solche Phase auslösen können ..... das eine schließt für mich das andere nicht aus.

Aber wie Mime schon schreibt: je nach Schwere dürfte es nahezu unmöglich sein ohne Antrieb pp. ohne professionelle Hilfe wieder rauszukommen.......

Als Angehöriger zum Verzweifeln, jedenfalls für mich.

Liebe Tabarka:

ne ehrlich. Wenn ´s nicht irgendwo traurig wäre.... ja, diese sogenannte Komfortzone, empfinde ich auch: real betrachtet, wie Du es auch empfindest: wenn das ne Komfortzone ist, dann möchte ich lieber mein Leben, so wie es ist.... *schüttel*

Mein Mann sitzt auf dem Sofa und wundert sich vor sich hin..... warum kann er bei Testung denken und sonst nicht....

Ja, ich kümmer mich auch nicht mehr groß drum, ihn aufzufangen... mh.... ich weiss auch nicht mehr, was ich noch sagen soll; ich spule das jetzt schon Jahre ab.... natürlich beinhaltet das eine tiefe, abgrundtiefe Hoffnungslosigkeit..... aber seit 3 Jahren sage ich täglich: wir schaffen das, ich steh hinter Dir; das hab ich ja wohl all die Jahre bewiesen.... doch, Du bist gut......

Resignation macht sich bei mir breit.. auch nicht gerade der Hit.

Ich finde es auch selber nicht richtig befriedigend, ich weiss aber nicht mehr, wie ich anders als ignorieren dieser Phasen von

.... ich weiss ja nicht...
.... ich kann ja nicht....
.... ich kann nichts dafür, dass ist die
Krankheit.....
.... keiner Hilft mir... ich will ja... aber
nichts hilft mir,

umgehen soll.

Zum Verzweifeln.

Ich kann ihm doch auch nicht helfen....
Fakt: vom auf der Couch sitzen über Jahre wird sich nichts verändern, nur die Couch...

Ich wink Euch allen mal von ganzem Herzen und beschäftige mich jetzt lieber mal mit was anderem.......

LG
Pia
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missBU
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von missBU »

Liebe Gerbera, Liebe Mime,

tolle Worte und Erklärungen von euch und natürlich ist es kein Spass diese Krankheit zu haben, wie es nie ein Spass ist irgendeine Krankheit zu haben.
ich möchte jedenfalls nicht, daß ihr denkt, daß wenn man es lustig betrachtet auch lustig ist. Ist es nicht!
Und die Erklärung mit den Säulen der Depression ist sehr treffend, bestehend aus diesen Komponenten logisch und für jeden verständlich.
Auch finde ich es trotz allem gut, daß Pia sich nicht vergisst, sich nicht daran aufreibt und ihren Humor bewahrt hat.
Viellicht um nicht mit unterzugehen und eben stark zu bleiben.

Aber ich denke, das wollte Pia auch anregen, daß auch ihr als Betroffene eure Seite darlegt und das ist hier sehr gut gelungen.
Pias Mann´s Art mit der Krankheit umzugehen mag etwas "schrullig" sein, aber vielleicht möchte er so von der Tragweite der Krankheit ablenken um sich nicht immer voll und ganz damit zu beschäftigen.
Kleine Zipperlein behandelt man eben mal schnell nebenher, die Depression kann eine größere "Baustelle" werden, das ist klar.

von mir jedenfalls Danke für euere tollen Worte und Erklärungen und natürlich ist Depression eine Krankheit, wie jede andere auch und wie gegen jede andere Krankheit auch, sollte man auch etwas dagegen tun.

Liebste Grüße, Bedi
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bigappel
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von bigappel »

Da bin ich doch schon wieder ,

Tabarka, Deine Worte geben mir so viel.

Bei meinem Mann scheint sich die Idee des "Grundes" der Erkrankung anders zu gestalten:

- erst waren es die eckligen Bürger auf
der Arbeit (seit dieser Argumentation kann
ich erst meine Sichtweise einbringen)

Arbeit weg, verrentet... Depression noch
da

- dann war es das Umfeld (zu laute Nachbars-
kinder, grüssende Nachbarn pp)

Nachbarskinder größer, grölen weniger,
Nachbarschaft wundert sich nur noch,
merkt natürlich den gewollten Abstand

... die Depression ist immer noch da

- jetzt bin ich es, die ihn runterzieht....

ich bin sicher: bin ich weg, ist die
Depression langfristig weiter da.

So ist das auf viele alltäglich Dinge
umsetzbar..... er spricht zu leise,
das Umfeld ist Schuld, weil es zu laut ist,

er wollte spazieren gehen, ....geht nicht,
das Wetter ist Schuld..... deshalb kann ich nicht....

Es gibt noch unzählige weitere Beispiele.

Eine liebe betroffene Mitforistin, die ich sehr schätze, hat meine Befürchtungen mal mir gegenüber sinngemäß wie folgt ausgedrück
(wink, falls Du mitliest: entschuldige bitte, es liegt nicht an Dir, dass ich nicht mehr schreiben mag...... definitiv nicht!)

".... ich selber habe lange gebraucht zu verstehen, dass jedes ..... ich kann nicht.... ein .... ich will nicht ... war "

Ich denke, in verschiedenen, alltäglichen Dingen ist dies bei meinem Mann auch so.

Ich kann wirklich das "ich kann nicht" nicht mehr hören, auch, wenn es wirklich unfair sein sollte..........

Momentan sieht es so aus, dass mein Mann nach den nicht zu beanstandenden Testergebnissen in eine tiefe Depression verfallen ist.......

... warum: weil dort nicht das richtige
getestet wurde..........

Ich bin kein Star.... holt mich hier raus!

Pia
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Blümli
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Blümli »

Liebe Pia und hallo ihr hier alle,


einige Gedanken und Sichtweisen, die meiner "provokanten Frage" von heute Vormittag zugrunde liegen.

All die Eigenschaften wie feinfühlig, einfühlsam, fürsorglich, bemüht für andere mitzudenken, hilfsbereit, usw... meiner (schwer depressiven) Schwester, empfinde ich als sehr positive und in keiner Weise als krankhafte Eigenschaften. Dass sie es mit solchen, eigentlich sehr tollen Eigenschaften in unserer Welt sehr schwer hat und sie sich durch ihr ständiges Bemühen, sich an die Gesellschaft anpassen zu müssen und ihr gerecht werden zu wollen, überfordert und dadurch kraftlos wird, dem liegt meiner Meinung nach erstmal nichts krankhaftes zu Grunde. Ja, das Resultat ist dann... das "Krank-sein".

Meinem Empfinden nach bedarf es aber diesem "Krank-seins" keiner Entschuldigung, (ist, wenn es denn einen Schuldigen überhaupt gibt, nicht die Gesellschaft diejenige, die sich dann zu entschuldigen hätte ?) doch genau als solche erscheinen mir immer wieder die Erklärungsversuche, dass Depression als Krankheit zu betrachten ist. Dieses "anders-sein", das " Nicht-können" ( so wie's die Gesellschaft eigentlich möchte) wird dadurch dann damit ent-schuldigt, dass derjenige eben krank ist.
Ganz überspitzt ausgedrückt hört sich für mich genau dies in etwa so an: "Der funktioniert und hält nicht mit in unserer Gesellschaft, also muss doch an ihm etwas krank sein".

Liebe Pia, was mich in Deinem Eingangsposting zu der "provokanten Frage" gebracht war, dass Dein Mann sich ja anscheinend so sehr gefreut hatte, dass er, durch die Tests "bewiesen", nicht krank sein könne, weil es keine Befunde gab. Ich kann seine Freude gut nachempfinden, mir wäre es auch wichtig, dass ich, so wie ich bin, als richtig und nicht als mangelhaft ( = krank) angesehen werden wollte.

Ich will nochmal ganz ausdrücklich sagen, dass ich mit meiner Aussage in keinem Fall das Leid und den Schmerz, den ein Mensch mit einer Depression ertragen muss, herunterspiele, im Gegenteil !
Ich bin auch der Meinung, dass durch ein depressives Leben der Körper letztlich auch tatsächlich mit körperlichen (Folge-) Krankheiten reagiert.
Aber ich meine, dass ich dem Menschen eher gerecht werde, wenn ich ihn mit seinen positiven Eigenschaften wahrnehme und sehen kann, statt dass ich ihn, mit seinen persönlichen Eigenschaften, also ihn in seiner Person, als krank bezeichne.

Herzliche Grüße

vom Blümli
^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
Blümli
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Blümli »

Liebe Pia,

jetzt hab ich grad erst Dein vorheriges Posting gelesen. Ich brauche immer sehr lange für meinen Formulierungen.
Jetzt will ich aber noch ganz kurz auf eine Punkt mich beziehen, der es vielleicht ganz gut veranschaulicht was ich meine mit, dass derjenige mit seinen Eigenschaften ( die für sich alleine gesehen ja nicht falsch oder krankhaft sind) evtl. nur nicht in diese Gesellschaft passt, und dafür dann aber als krank erklärt wird.

>>So ist das auf viele alltäglich Dinge umsetzbar..... er spricht zu leise,
das Umfeld ist Schuld, weil es zu laut ist,<<

Ihm ist das Umfeld durch seine Empfindsamkeit evtl. tatsächlich viel zu laut, aber es wird nicht wahrgenommen, dass er in diesem Punkt einfach nur evtl. ein hochsensibles Empfinden hat und es für ihn ungeheuer Kraft braucht, dies täglich auszuhalten. Und ich kann mir vorstellen, dass es sich persönlich sehr verletzend anfühlt, wenn man stattdessen als "falsch oder mangelhaft oder krank" gesehen wird.

In diese Überlegung passt für mich auch Deine Aussage von der Mitforistin >> ".... ich selber habe lange gebraucht zu verstehen, dass jedes ..... ich kann nicht.... ein .... ich will nicht ... war " <<
Ich denke, es könnte ganz viel von dem geben, von dem er meint, dass er es sollen sollte. Doch warum sollte er sollen, wenn es doch gegen seine persönliches Sein geht ?

Aus Deinem letztes Posting liest sich für mich, dass evtl. Dein Mann sich mit seinem persönlichen Sein ungesehen und unverstanden fühlt.

Aber bitte, liebe Pia, ich will Dir mit keinem Wort vorwerfen, dass DU NICHT..... Deinen Mann... ! Nein Nein !
Nein liebe Pia, ich meine eher, dass Du Dich mit Deinem überaus großen Bemühen um ihn immer und immer wieder überschlägst.

In großen Respekt gegenüber Dir

herzlichste Grüße an Dich

vom Blümli
^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
mime
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Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von mime »

Hallo Bedi ,

vielen Dank erst einmal für deine wertschätzenden Worte und Erläuterungen – darüber habe ich mich gefreut (auch über dein Verständnis, uns gegenüber). Selbstverständlich ist es wichtig, dass auch Angehörige hier ihre Plattform haben – ich kann mir auch vorstellen, dass den Angehörigen einige (Jammer-)Threads auf der Betroffenenseite hin und wieder auf den Keks gehen – suum cuique, jedem das Seine. Doch ab und zu bringt es ein Beitrag auch mit sich, dass man sich einbringt; denn die andere Seite liest auch mit - und manchmal macht es mich einfach auch betroffen, was ich so lese (aber das ist mein Problem, ich muss es ja nicht lesen ). Es ist immer eine Gratwanderung, beiden Seiten gerecht zu werden. Daher finde ich gut, was du zu beiden Seiten geschrieben hast.

Viele Grüße
Mime

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@Blümli:

Ich meine ein bisschen zu verstehen, was du meinst... doch ich gebe zu bedenken, dass es auch für psychische Erkrankungen (z. B. Depression) Diagnoseschlüssel (ICD-Nrn.) gibt, Fachärzte, Therapeuten usw. Wenn es sich nicht um eine Krankheit (oder, um ein Synonym für das strittige Wort zu gebrauchen, eine behandlungsbedürftige Angelegenheit) handeln sollte, wären sämtliche Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie und sämtliche Anitdepressiva überflüssig.

Es sind immer mehrere Faktoren, die zu einer Depression führen (das hat z. B. auch Gerbera geschrieben) – aber das wirst du als Schwester einer Betroffenen auch wissen.

Sicherlich gibt es Eigenschaften auch von Depressiven, die per se erst einmal nicht negativ zu bewerten, im Gegenteil, sogar positiv sind. Du beschreibst sehr anschaulich und wertschätzend die Eigenschaften deiner Schwester – das Zusammentreffen verschiedener innerer Dispositionen (die z. B. das Entstehen einer Depression begünstigen) und positiver Fähigkeiten wird erst dann schwierig, wenn sie nicht mehr zu den Alltagsanforderungen passen. Das ist wieder so eine Frage, was eher da war Henne oder Ei (also: die Depression als Ursache oder als Resultat krankmachender Gesellschaftsanforderungen) – aber vertiefen möchte ich das jetzt nicht weiter, weil es gar nicht mehr zu dem Eingangs-Thread passt..., sorry.

Doch der Gedanke, den du weiter geschrieben hast, dass du als erstes die positiven Eigenschaften eines Menschen sehen willst (und nicht das Kranksein), hat auch etwas sehr Gutes – den finde ich interessant und er hat was; auch wenn er für mich neu ist. Danke dafür.

Viele Grüße
Mime

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Gute Nacht allerseits!
Wir müssen lernen,
die Menschen weniger auf das, was sie tun und unterlassen,
als auf das, was sie erleiden, anzusehen.

(Dietrich Bonhoeffer)
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von bigappel »

Liebe bluemli,

Bleiben wir bei der thematik des fluesterns.

Mein mann ist hochsensibel, die umwelt ist zu laut.

Die realitaet ist aber: niemand versteht ihn.

Die kassiererin nicht, der therapeut nicht, der potbote nicht, niemand.

Jerder moechte diesen mann akustisch verstehen, also reagieren die leut mit: wie bitte oder : wuerden sie bitte etwas lauter sprechen.

Du hast auch hier malwieder verstaendnis.

Verstehen wuerdest du es trotzdem nicht.

Bluemli: bitte. Dein verstaendnis fuer alles im leben ist ja gut und schoen. Aber ist es nicht auch schon grenzwertig in richtung depression, dass man in erwaegung zieht, jemand koennte denken, er als mensch waere nicht richtig, weil er leise spricht?

Er fluestert seit jahrzehnten, er wird immer wieder damit konfrontiert, weil es einfach so ist.

Meine tochter und ich erstarren mittlerweile, um ja kein geraeusch zu produzieren, um erahnen zu koennen, was er von sich gibt.

Bluemli, ich wollte noch nie im leben, dass mein mann seine meinung versteckt, ich bettle seit jahren darum, dass er eine meinung hat.

Er hat aber keine.

Mein mann fuehlt sich nicht verstanden:
Seit jahren dreht sich alles um ihn: fluege werden so gebucht, dass das morgentief beruecksichigt wird, feiern werden so verlassen, wie es fuer den kranken richtig ist, es wird sich leise verhalten, um die hochsensibilitaet zu beruecksichtigen, versprechungen werden 100-fach gebrochen, der mann ist ja krank........

Dann soll er sich halt mit leuten umgeben, die ihn verstehen. Es fesselt ihn niemand.

Man soll hauptsaechlich die guten seiten sehen:

Ist das hier erwaehnenswert?

Wuerde jeder einzelne hier nicht schreiend davon laufen,
Wenn genau diese seiten nicht da waeren?

Hier geht es doch darum, wie ich mit dem menschen mit dieser erkrankung umgehen kann und nicht darum, mit wattebaellchen zu werfen und sich ndauernd gegenseitig zu versichern, wie richtig man ist und wie sehr man den anderen versteht.

Vielleicht waere es ja auch mal moeglich, genau zu lesen, was geschrieben wird und vielleicht mal darueber nachzudenken, ob es nicht auch etwas befreiendes waere nicht krank, somit nicht ausgeliefert und nicht nur bedingt sein leben selbstbestimmen zu koennen, sondern aktiv sein leben gestalten zu lernen.

Aber wer sich besser fuehlt, als krank bezeichnet zu werden, bitte.

Ich persoenlich kann darauf verzichten, fuer mich selber.

Leider entwickeln sich immer und immer wieder die gleichen threads, nur die akteure sind anders.

Das sich ein betroffener mal mit dieser thse von giger-b auseinandersetzt, hab ich hier novh nicht erlebt: immer nur den aufschrei: das ist sehr wohl eine krankheit.

Seis drum

Richtig ist, liebe bluemli, dass mir all dieses dauerverstaendnis, dieses ewige: kuschek kuschel mich unendlich nervt, stimmt.

Ich kann verstaendnis haben bis zum umfallen fuer fluesterer, verstehen kann ich diese erst dann, wenn sie so laut sprechen, dass ich eine chance habe, dass die worte mein ohr zu erreichen.

Provokant fand ich das thema auch nicht, weil es ja gar nicht aus meiner oder deiner feder stammt, sondern von einem anderen menschen und wiebereits in frueheren zeiten habe ich nicht das gefuehl, dass ein betroffener hier sich mit der dahinter stehenden these auseinandersetzen moechte.....

Ist mir aber auch egal, denn mir geht es um konkrete problematiken und nicht um generelle statements.

Sorry leute, aber mir ist das echt zuviel.

Es gibt ein anderes buch: wann geht es mal um mich.....

Nein, mein partner ist nicht fuer mein glueck verantwortlich, aber auch ich, als nicht kranke wuerde es schaetzen, wenn es auch mal um mich ginge, in der sog partnerschaft.

Gruesse
Pia




Liebe bluemli: wir hatten die giger-buetler thematik bis zum erbrechen inklusive der immer gleichen reaktion von betroffenen: heller aufschrei , kein konkretes lesen, was wirklich geschrienen wurde, nur konzentration auf: ich bin sehr wohl krank, das ist wissenschaftlich erwiesen......und sich sofort den schuh anziehen:da will mir einer was. Ich bin wohl krank, es gibt sogar den anerkannten code.
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
missBU
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Registriert: 31. Aug 2013, 10:28

Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von missBU »

Happiness isn`t about getting what you want all the time,

it`s about loving what you have.
mime
Beiträge: 1281
Registriert: 6. Sep 2013, 13:28

Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von mime »

Hallo noch mal,

ich denke, dass es hier in diesem Thread um etwas ganz anderes geht, als um die Nichtkrankheit Depression und das Buch – ich versuche auch, den Ärger hier zu verstehen bzw. nachzuvollziehen.

Es gibt allerdings noch ein Prinzip, das firmenintern oft praktiziert wird: „love it or leave it !“ – das betrifft den Job, die Partnerschaft ebenso wie das, mit dem man sich umgibt.

Ich lösche meinen nächtlichen Beitrag nicht, auch wenn ich es mir überlegt habe; ich wollte damit nicht zusätzlich provozieren, doch es gibt da einfach einen Dissenz, den ich auch so stehen lassen kann und möchte. Das beschriebene Buch werde ich mir vielleicht auch einmal anschauen, um dazu zu lernen, wie ihr es seht.

Abschließend wünsche ich euch alles Gute und ein bisschen Entlastung speziell auch für dich, Pia; das Leben mit einem zusätzlich noch hochsensiblen Patner ist schwierig, und dass da irgendwann einmal auch deine Nerven blank liegen umso verständlicher.

Es wäre dennoch wahrscheinlich insgesamt konstruktiver, wenn sich Provokation und Emotion hier nicht die Klinke in die Hand geben bzw. noch weiter hochschaukeln würden – aber das bleibt euch überlassen.

Viele Grüße – ich bin dann mal weg
Mime
Wir müssen lernen,
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(Dietrich Bonhoeffer)
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Lerana »

Hallo ihr Lieben, liebe, liebe Pia,

also mal soviel: Ich habe Giger-B. in vielen Auszügen gelesen unnd fühle mich von ihm durchaus verstanden und mich schockt die These: Depression sei keine Krankheit" gar nicht mehr. Und ich wage sogar die These, dass alle Depressiven, die das Buch lesen, auch aufhören würden, so entsetzt zu schreien, denn neimand spricht ihnen den Leidensdruck ab.

Und ja, ich erwarte immer wieder Verständins, aber das bedeutet nicht, dass ich keine Verantwortung mehr habe. Ich habe die Verantwortung auch für den Umgang mit meiner (Nicht-)krankheit. Nein, nein, ich habe keine Schuld, aber eben die Verantwortung und ich kann mich entscheiden, ob ich mit ihr leben, sie aushalten, sie bekämpfen, sie ignoreiern, sie... will.

Oh ja, das ist eine Entscheidung, denn wenn ich nichts entscheide, entscheidet das Leben und das ist dann eben auch eine Entscheidung. Irrwitzig, wenn man in dem Kreislauf feststeckt, das Leben lebt mich, deshalb kann ich nichts entscheiden und weil ich nichts entscheiden kann, lebt mich das Leben (das Umfeld ist Schuld). Ein Kreislauf, in dem mein Mann Jahrzente feststeckte.

Liebe Pia, als Betroffene und Anghörige, kann ich nur von mir berichten. Niemals werde ich mich in der Depression einrichten. Das weiß ich! Ich weiß, dass ich scheinbar an Punkte komme, an denen ich nicht mehhr kämpfen kann und dann nah dran bin an einem endgültigen Schritt, aber ich wende mich selbst dann an Hilfe, denn ich habe auch die Veratwortung für mein Kind. Ganz sicher gut ist Verständnis, aber Verständnis bedeutet keine Dauerentschuldigung und man kann einem Kranken, Depressiven etc. nicht vorschreiben, wie sein Weg im Leben aussieht, aber man kann und darf sehr wohl sagen: Mag ja sein, dass du hochsensibel bist, was Luastärke angeht, aber es ist nunmal dein Problem und nicht meins. Ich plädiere hier noch mal ganz vehement auf Rücksicht mit den Normalos! Wir können auch nichts dafür, dass unser Leben so unkomplziert ist, dass wir sagen, was wir denken und fühlen und wissen, was wir wollen. Wenn unsere depressiven Partner das feststellen, klingt das immer wie ein Vorwurf: Ja du, DU kannst das! --- Eben, war eine harter Weg, aber kann ich, und jetzt darf ich nicht, weil du nicht kannst, oder was?

Meine Grenze an Nicht an sich arbeiten meines Partners war so was von erreicht! Das formuliere ich, Nicht als Bedinung für sein Leben, aber als Bedingung für meins. Du willst depressiv und süchtig bleiben, dein gutes Recht, aber ich will mein Leben nicht mit jemandem teilen, der depressiv und süchtig ist.
Ich höre den Aufschrein, wie kann Depression ein Ausschlusskriterium sein und das von einer Betroffenen? Kann es, denn wer in der Depression VERHARRT, nicht wer daran arbeitet!!!!, schließt sich selber vom Leben aus. Partnerschaft ist per se unter Ausschluss des Lebens nicht möglich. Das heißt, selbst wenn ich wollte, es geht einfach nicht.

All die Menschen mit chronischen Depressionen, die kämpfen und kämpfen, und nicht rauskommen, die seien beruhigt. Euch meine ich nicht,all mein Mitgefühl ist bei euch und ich wünsche euch jemanden an die Seite, der nicht aufgibt. Würde ich bei meinem Mann aufgeben? Nur, wenn er nicht mehr kämpft? Ich weiß es nicht? Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Aber ich würde es mir wünschen, dass ich nicht aufgebe.

Ich war handlungsunfähig in Zeiten, in denen es mir sehr schlecht ging. Handlungsunfähig mit Krankheitswert, aber ich bin zum Arzt, zur Therapeutin, zur Huasärztin gegangen und habe mir HELFEN LASSEN. Denn richtig, ich konnte mir nicht selber helfen, aber ich habe mir helfen lassen.

Ich rede hier so hart nach 13 Jahren Beziehung mit einem depressiven, süchtigen, Mann mit narzistischen Anteilen, der jetzt und zwar erst nachdem ich meine Grenze klar und deutlich vertrete, ohne Rücksicht auf seine Krankheiten, bewegt und der neulich in der Paartherapie sagte, dass der Anschluss an die Drogenberatungsstelle und das deutliche Reduzieren seiner Kifferei eine Eigenmotivation wäre - ih dachte, ich falle um.

Und jetzt gilt es für mich, ganz bei mir zu bleiben, zu sehen, welche Fortschritte er macht, er arbeitet hart an sich und gleichzeitig zu sagen, du, reduzieren ist gut, aber es reicht mir nicht, kein gemeinsames Leben, bei täglichem Konsum!

Unterstützung ja, Rücksicht auch, aber Veantwortung bleibt wo sie hingehört: Meine Muster - meine Verantwortung, seine Muster - seine Verantwortung!

Hart? Ja! Bestimmt! Aber (und jetzt zitiere ich), es ist mein Leben und am Ende muss es mir gefallen haben.

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von bigappel »

Liebe Mime,

danke für Deine netten Worte und guten Wünsche.

Ich finde es gut, dass Du den Beitrag nicht gelöscht hast und ich hoffe, dass der Grund dafür schlicht und ergreifend der eine war:

Du stehst zu dem, was Du schreibst!

Gut so!
Genau richtig.

Emotional, ja, weil es um Emotionen geht.
Meine Ausgeglichenheit ist bei den Statements meines Mannes einfach weg.... entnervte, fertige, verständnislose Angehörige ohne jede Kraft diesbezüglich.

Bin ich aus dem Depressionshaus raus; geht es mir besser.

Klare Ansage, oder...... eindeutiger geht es nicht mehr......

Liebe Lerana ,

danke.

Du bist ein wundervoller Mensch und das schreibe ich, obwohl ich Dich nicht kenne.

Deine Kraft möchte ich mal haben!
Ja, Deine..... der Betroffenen, jawoll!

Danke!

Ich weiss nicht, ob mein Mann hochsensibel ist.... von mir aus..... wäre ein Erklärung; fein. Ich könnte ihn ja mal auf die Idee bringen .

Verstehen würde ich ihn davon immer noch
nicht ........

Ich sehe jeden Tag, welchen Krankheitswert die Nummer hat; mein Mann ist ganz fahl, ganz grau, eher momentan wie 70, statt 47....

Er leidet bestimmt nicht, weil er darauf steht... aber ich wiederhole mich: durch Passivität entscheidet er dies jeden Tag...

Ich resigniere nur noch......

Nachdem ich mir wieder anhören musste, dass ich ihn runterziehe, weil ich nicht nachvollziehen kann, dass man gut Testeergebnisse doof findet, sag ich lieber gar nix mehr...........

Der gerade Weg in ´s Aus.

Drück mich einfach mal verzweifelt ungefragt
an Dich!

LG
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
Nachtflug
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Registriert: 3. Apr 2012, 23:15

Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von Nachtflug »

Hallo,

ich wollte auch nochmal Bezug zur Frage der Krankheit herstellen:

Nur, weil bestimmte Verhaltensweisen Krankheiten fördern/das Risiko erhöhen können und somit zumindest mitverursachen, ist das kein Grund den Krankheitsbegriff zu verwerfen. Die wenigsten Krankheiten (auch körperlich) sind meines Wissens astreine Erbkrankheiten, sondern entstehen auch immer durch eine Wechselwirkung von Umwelteinflüssen und Genen.

An Diabetes mellitus erkranken besonders häufig stark übergewichtige Menschen, die zusammen mit einer Veranlagung für Übergewicht ein nicht daran angepasstes Ernährungs- und Bewegungsverhalten hatten. Haben sie deswegen jetzt keine Krankheit mehr? Nein, oder?

Würden wir einem Fußballer, der sich das Bein bricht erklären, dass er eigentlich gar nicht krank sei, sondern nur den Fehler gemacht hat Fußball zu spielen?

Ich finde es auch nicht sinnvoll einseitige Erklärungen heranzuziehen, weil es erstens so viele unterschiedliche Arten von Depression und dementsprechend "Baustellen" gibt sowie Depressionen, die körperlich/neurologisch bedingt sind oder wirklich "aus heiterem Himmel" auftreten.

Fakt ist, dass wir ziemlich viel noch nicht so genau wissen. Aber wir wissen, dass Betroffene eine erhöhte Verletzlichkeit haben und ihr Leben dementsprechend daran anpassen sollten. Und das bestimmte Verhaltensweisen das Risiko für Depressionen erhöhen und dementsprechend da dagegengesteuert werden sollte.

Ich kann keinen alleinigen Zusammenhang zwischen Verhalten/Depression erkennen, weil ich durchaus auch viele Nichtdepressive Menschen kenne, die depressionsRISIKOerhöhende Verhaltensweisen haben, aber dennoch nicht depressiv erkranken. Von daher finde ich, dass da Giger-Bütlers bei der Titelwahl danebengegriffen hat. Das Buch habe ich (noch) nicht gelesen.

Ich finde den Krankheitsbegriff schon wichtig, weil er deutlich macht, dass Behandlung von außen auf jeden Fall erforderlich ist (was bei einer Nicht-Krankheit nicht so wäre). Und ich finde wenn man ihn verwirft, verharmlost man den qualvollen Zustand einer ernsten psychischen Erkrankung.

Und @Pia: Das Problem bei deinem Mann ist doch weniger "nur" die Krankheit Depression, als der falsche Umgang, die Nicht-Akzeptanz. Das nicht kämpfen wollen. Ich kann verstehen, wenn man das in hochakuten Krankheitsphasen nicht kann. Aber wenn eine schwere Phase am abklingen ist, sollte man da schon zumindest versuchen, dagegen anzusteuern. Und so wie ich es verstanden habe, ist dein Mann zwar chronisch depressiv, aber nicht chronisch schwerstdepressiv ohne Handlungsmöglichkeit.

Für mich hat dein Mann einfach eine zweite Baustelle, die nur indirekt was mit der Krankheit zu tun hat. Und an sich ist er ja sowieso nicht "nur" depressiv, sondern hat doch sogar mehrere weitere Diagnosen, wenn ich mich recht erinnere? Diese Baustelle "Akzeptanz - etwas dagegen tun/mit ihr tun, damit es besser wird" ist die Grundbaustelle um MIT psychischen Erkrankungen leben zu können (oder zu heilen, wenn möglich).

Ich kann auch ehrlich gesagt nicht verstehen, wie man so lange passiv sein kann. Ich habe fast 1,5 Jahre nichts dagegen gemacht und bin ziemlich abgestürzt, in allen Lebensbereichen. Dieses richtig-auf-die-Schnauze-fallen war für mich der Grund, mich behandeln zu lassen.
Eine Heilung wird es bei meiner Diagnose (nicht unipolar) wahrscheinlich nicht geben, meine Krankheit bricht in 80% der Fälle immer wieder durch und bedarf somit in den meisten Fällen einer lebenslangen Medikation. Was habe ich mir nun gesagt? Ok, akzeptieren, auch die doofen Nebenwirkungen der Medikamente. Aber versuchen, mit so wenig Medikamenten wie möglich auszukommen. Meinen Lebenstil habe ich umgestellt, ich bin nicht mehr "Power-Woman" wie früher, das kann ich mir nicht mehr leisten. Ich nehme mir bewusst Auszeiten und Ruhephasen. Alkohol ist gestrichen, ich versuche mich ausgewogen zu ernähren. Ich kann nicht wie andere junge Menschen einfach mal eine Nacht durchmachen, sondern muss sehr auf einen regelmäßigen Schlafrythmus achten - daher, wenn ich weggehe, nicht lange. Nicht oft.
Ab und zu Sport (nicht so übertrieben wie vorher) Und um den Alltag und mein Studium zu bewältigen, reicht es wieder.

Was ich damit sagen will: Wenn man zu den glücklichen gehört, bei denen Veränderungen des Lebensstils7Therapie ( + Medikamente ) helfen, tritt die Krankheit (obwohl man ja nun akzeptiert hat, dass man sie hat) mehr in den Hintergrund.
Am meisten hat meine Krankheit mein Leben beeinflusst, als ich nicht akzeptieren wollte , sie zu haben- Auf diesem Level kann man nicht wirklich was zur Linderung beitragen - man hat ja nichts (redet man sich zumindest ein).

Nun kann ich mir vorstellen, dass dein Mann auch noch aus einer anderen Generation kommt als ich. Das Stigma ist für ihn größer. Die entscheidende Frage ist: Wie kann man deinem Mann helfen, die psychische Erkankung zu akzeptieren und nicht als persönlichen Makel zu empfinden? Wie kann er selbst lernen, ein selbstwertvertägliches Krankheitskonzept zu entwickeln?

Wenn du schon alles versucht hast, naja schwierig. Du scheinst ja auch nicht zu den Angehörigen zu gehören, die "zu viel" helfen und damit die Krankheit zu erhalten. Du grenzt dich (laut deinen Erzählungen) gut ab, was absolut richtig ist. Wie sollte er sonst merken, dass bei ihm was nicht stimmt, wenn er alles hat?

Also wahrscheinlich hast du nicht mehr viele Eiwirkungsmöglichkeiten, die übrig bleiben. Es müsste mal selbst bei ihm klick machen. Vielleicht steht die Chance besser, wenn er nun wirklich alle anderen Checks als "gesund" besteht. Ich hoffe es für dich, für ihn.

Liebe Grüße,
Nachtflug
missBU
Beiträge: 216
Registriert: 31. Aug 2013, 10:28

Re: Männer ! Oder: wird er jemals seine Erkrankung annehmen können?

Beitrag von missBU »

Liebe Pia,

ich habe teilweise meine Beiträge gelöscht, weil ich bemerkt habe, daß ich vieles nochmal überdenken muss und aus zuviel Emotion geschrieben habe. Irgendwie scheint nicht mein Tag der guten Wortwahl zu sein, deshalb hab ich´s lieber rausgenommen als irgendwo was "falschens" stehen zu haben was ich nicht wörtlich so meine.
Jedenfalls möchte ich dem Beitrag von Lerena sehr zustimmen, daß man als Betroffener durchaus auch Gefühle leben darf auch mal die neben der Spur, nicht immer korrekt sein darf, auch das ist einfach menschlich.
Es gibt eben auch bei den Angehörigen Tage, Wochen oder sogar längere Zeiten, die einen einfach überfordern und es reicht.
Das wollte ich zum Ausdruck bringen.

Auch, daß es verständlich ist, daß man leben möchte, auch wenn gerade beim anderen Land unter ist. DAs heisst ja nicht, daß man den Partner hängen lässt - ganz gewiss nicht, aber es muss einem auch nicht alles gefallen.

Ich mag dieses "einrichten" in eine Krankheit nicht. Egal welche. Man kann versuchen etwas zu unternehmen und das ist der richtige Weg oder man lässt es und leidet und wartet auf Hilfe von aussen. Aber man muss eben immer selber zuerst wollen.

Liebe Pia, ich verstehe daß Grenzen erreicht werden und natürlich darfst du Frust haben, wieso nicht?
Die Betroffenen sind ja auch zum Teil frustriert, wieso soll dir das nicht auch zustehen.

So ist meine korrekte STellungnahme, zu der ich stehe.

Liebe Güße Bedi
Happiness isn`t about getting what you want all the time,

it`s about loving what you have.
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