Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

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007+
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Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

Beitrag von 007+ »

Hallo,

aus gegebenem Anlass möchte ich gerne wissen, wer selbst eine Therapie als Angehörige angefangen hat.

Ich bin seit ca. 1,5 Jahren akuter Erkrankung meines Mannes doch häufig an meinen Grenzen, bei jeder Kleinigkeit am heulen und insgesamt mutlos. Habe Angst, dass ich auch krank werde.

Von meinem erkrankten Mann kann ich keine Unterstützung erwarten, er ist nicht in der Lage mich zu trösten. Er sagt nur, hol dir auch Hilfe.

Würde mich über Erfahrungsberichte freuen, da ich skeptisch bin, ob mir das was bringt.

Ich frage mich, was soll der Therapeut denn ändern/verbessern. Er kann die Kälte aus meiner Ehe auch nicht vertreiben ... grübel?!

LG an alle Mitleidenden
Möbius
Beiträge: 106
Registriert: 5. Aug 2012, 09:27

Re: Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

Beitrag von Möbius »

Aber Dir vielleicht die Augen öffnen ...
Amrey
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Registriert: 14. Apr 2013, 19:27

Re: Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

Beitrag von Amrey »

Hallo Anjuschka

es kann nicht schaden wenn du eine therapie anfagen würdest.

vielleicht hilft es dir ja mit besser mit dem ganzen umzugehen.

wünsche dir dehr viel kraft und möchte dich mal in die arme nehmen.

liebe grüße petra
medusa
Beiträge: 243
Registriert: 22. Mär 2013, 19:16

Re: Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

Beitrag von medusa »

hallo anjuschka,

mein mann ist krank, seit 11 wochen in der klinik, keine besserung in sicht.

und ich bin vor jahren selbst in eine depression gerutscht, war damals in behandlung und habe mich im letzten jahr, als ich hier merkte, dass etwas mächtig in eine Schieflage gerät, wieder an meine thera gewandt.einmal im monat gehe ich zur ihr und bin sehr froh, dass es donnerstag wieder soweit ist.

außerdem nehme ich ein ad. die belastungen der letzten wochen, das, was womöglich noch auf mich zu kommt, hätte ich sonst wohl kaum gepackt.

ein/e thera kann vermutlich nicht die kälte aus eurer ehe vertreiben, aber er kann dir helfen, dich selbst besser zu verstehen, dich mit dir zu befassen, dich zu sehen, wahrzunehmen.

er/sie nimmt sich einfach zeit für dich, deine sorgen, nöte, ängste.

ein versuch ist es allemal wert.

und da man heute doch oft recht lange auf einen termin warten musst, ist es vielleicht sinnvoll, wenn du dich um einen termin kümmerst - zeitnah!

ist dein mann in behandlung, bekommt er medis?

herzlich grüßt dich
eiskristall
Tabarka1
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Registriert: 10. Feb 2013, 13:34

Re: Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

Beitrag von Tabarka1 »

Hi Anjuschka,

Meine feste Überzeugung ist, dass ich mit meinem Mann nicht mehr zusammen wäre, wenn ich mir keine therapeutische Hilfe geholt hätte.

Ich behaupte, dass die Depression meines Mannes die größte Veränderung in meinem Leben ausgelöst hat. Ich verstehe heute so viel mehr von mir, dass ich dieses Geschenk nicht mehr her geben möchte.

Und es könnte sein, dass Beziehungen mit einem depressiven Angehörigen nur eine positive Entwicklung nehmen können, wenn sich beide verändern. Für uns beide kann ich das sicher so bestätigen. Und dann würde Dir eine Therapie helfen solche Veränderungen zu denken, zu wünschen, umzusetzen und zu lieben.

Ich wünsche Dir Mut für Deine Entscheidung und ein gutes Bauchgefühl für die Auswahl einer Therapeutin, wenn Du Dich zu diesem Schritt entschließt.

Tabarka
Wann, wenn nicht heute... ?
retrox
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Re: Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

Beitrag von retrox »

Hallo Anjschka,

nächste Woche habe ich mein Erstgespräch.
Ich gebe Tabarka recht und denke genauso und ich kann sehr gut nachvollziehen wie es dir geht.
Trotz meiner Situation kann ich auch positive Dinge sehen und umsetzen.
Jeder wünscht sich eine unbeschwerte Partnerschaft doch sehe ich keinen Grund den Rücken zu kehren und alles fallen zu lassen.
Auch wenn ich manchmal daran gedacht habe, doch desto stärker wurde ich dadurch und habe mich entschieden diesen Weg zu gehen und keinen anderen.
So schwer es auch sein wird, ich bin mir im klaren darüber, denn ich konnte nichts finden was mich davon abhalten würde.
Das wichtigste ist, man darf sich dabei nicht selbst verlieren und wenn doch muss man sich wiederfinden und auch um sich selbst kümmern.

Lieben Gruß retrox
007+
Beiträge: 10
Registriert: 25. Feb 2013, 11:32

Re: Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

Beitrag von 007+ »

Hey,

Danke für die Antworten.

Ja, ich werde mich drum kümmern.

Ich rede mir zwar immer noch ein, das wird auch so gehen - manchmal träume ich halt davon, dass schwupp-di-wupp plötzlich alles wieder gut ist. So, wie vor über einem Jahr plötzlich alles anders wurde. Aber das wird nicht passieren. Es wird noch ein langer, harter, einsamer Weg.

Mein Mann bekommt Medis und nach 2 stationären Kuren jetzt Traumatherapie. Das war schon schwierig, eine Therapeutin für ihn zu finden. Das hat nur durch Vitamin B durch eine Freundin von uns geklappt.

Ich habe ihn gebeten, mal zu fragen, ob für mich bei einem Kollegen in der Praxis was zu machen wär.

Schaden kann es nicht, nach dem Erstgespräch kann man ja weiter sehen ...

Merci Euch allen
SucheAustausch
Beiträge: 257
Registriert: 15. Aug 2012, 12:35

Re: Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

Beitrag von SucheAustausch »

Hallo Anjuschka,

ich mache auch Therapie. Seit einem halben Jahr. Ich habe vor etlichen Jahren schon mal eine Therapie gemacht, aber jetzt kommt noch mal viel raus.

Gerade heute hatte ich wieder eine Stunde und ich muss sagen, dass das was da raus kommt, ganz schön krass ist. Ich habe das Gefühl durch die Depression meines Mannes muss ich mich auch noch mal komplett verändern und neu definieren.

Ich würde gern von Euch anderen wissen, ob das bei Euch auch so war?

Es war sicher nicht nur ein Auffangen der Stresssituation zu Hause, oder? Sondern auch eine richtige therapeutische Arbeit oder?

Alles Liebe

Austausch
ewiglich
Beiträge: 7
Registriert: 23. Apr 2013, 16:51

Re: Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

Beitrag von ewiglich »

Hallo Anjuschka,

wie passend, dass Du diesen Beitrag geschrieben hast. Ich überlege auch gerade mich um therapeutische Hilfe zu kümmern.

Ich habe innerhalb kürzester Zeit hier im Forum so viel Stoff zum nachdenken bekommen - sowohl positiven, als auch konstruktiven - den ich zu meinen Gunsten verwenden kann (nochmal danke dafür), dass ich hoffentlich meine Scheu bald ablegen kann und mir auch mal einen Termin vereinbare.

Ich denke auch, dass es auf keinen Fall schaden kann!
Sicher ist auch das „Augen öffnen“ ein wichtiger Aspekt dabei.

Meine „Grundstimmung“ ist zwar in den letzten Tagen ganz gut, ich weiß aber nicht wie lange ich das aufrecht halten kann. Ich habe das Gefühl, dass es doch ein hartes Stückchen Arbeit ist und warum nicht einfach Hilfe in Anspruch nehmen wenn es sie doch gibt ?!

LG ewi
Ulysses
Beiträge: 594
Registriert: 19. Jan 2013, 17:34

Re: Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

Beitrag von Ulysses »

Hallo Anjuschka,

ich weiß nicht, ob das hier wirklich "zählt", weil Deine Frage wohl eher auf ursprünglich "gesunde" Angehörige abzielt. Ich habe viele Jahre Therapie gemacht, schon seit der Jung-Erwachsenen-Zeit, aber eben zunächst als selber Betroffene.

Aktuell mache ich Therapie-Pause, habe aber im vergangenen Jahr (während der schwersten Phase der schweren Episode meiner Partnerin) nochmal sehr intensiv Therapie gemacht. Und ja, es hat sich für mich innerlich nochmal ganz viel verändert. Tut es heute noch.

Für ein bestimmtes Thema stehe ich bei einer neuen Therapeutin auf der Warteliste, werde also in Zukunft auch nochmal weiterarbeiten.

Allgemeine Aussagen zu Therapie, Aussichten usw. kann man nie treffen. Und auch nicht, ob jeder Angehörige sich in Behandlung begeben sollte oder nicht. Weil die Konstellationen so verschieden sind (und die Erscheinungsform der Krankheit auch).

Aber eines kann man (fast) immer sicher sagen:
manchmal träume ich halt davon, dass schwupp-di-wupp plötzlich alles wieder gut ist. So, wie vor über einem Jahr plötzlich alles anders wurde. Aber das wird nicht passieren.
Dieses "schwupp-di-wupp" wird tatsächlich nicht passieren. Weil meist für den Ausbruch einer manifesten Depression viel Zeit vorangeht, in der innerlich schon vieles schief läuft. Oft ist das nach außen nicht zu merken, oft auch zunächst für den Betroffenen selber nicht.

Deshalb steckt meist hinter dem Gefühl des Angehörigen "auf einmal warst Du völlig anders" die eine Seite der Wahrnehmung, für den Betroffenen als andere Seite der Gipfelpunkt einer langen, meist extrem anstrengenden innerlichen "Gefühlsschieflage".

Aber meiner Erfahrung nach ist jede Art von ehrlicher Auseinandersetzung mit sich selber eine Möglichkeit, für sich persönlich Gewinn herauszuziehen. Eventuell dann auch für die Familie/Partnerschaft.

Herzliche Grüße an alle hier,

Ulysses
Paola
Beiträge: 504
Registriert: 13. Mär 2005, 21:32

Re: Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

Beitrag von Paola »

Hallo Anjuschka,
(007+ finde ich witzig...)

Habe wieder sehr lang geschrieben, seufz, ich werde dran arbeiten. Da sind bei manchen Themen sofort so viele Assoziationen, die meinen Kopf terrorrisieren, und dann noch diese vielen Unterbrechungen, seufz.
Zur Sache:
ich denke, dass es für alle, die mit einem depressiven Menschen zusammen leben, wichtig ist, sich begleitend therapeutische Hilfe zu suchen, was vor allem dann wenn der Partner oder die Partnerin in der Klinik ist. Das Ziel ist ja, dass der Kranke sich verändert, was nicht bedeutet, dass er wieder so wird ist wie er vor der Depression, Das mag bei einer reaktiven Depression vielleicht noch am ehesten der Fall sein - wie bei mir damals. Aber auch der Verlust eines Menschen verändert, ja, prägt den Betroffenen, und ist es überhaupt erstrebenswert, wenn man "derselbe Mensch bleibt", sich also nicht weiter entwickelt?

Eine schwere Depression muss Ursachen haben, und der Betroffene muss etwas an sich andern und sei es zunächst nur im Verhalten., wenn er sein Leben lebenswerter führen möchte. Hört sich jetzt ein bisschen banal an. Was ixh eigentlich sagen will, ist, dass man auf die Veränderung des Partners zwangsläufig reagieren muss. Es ist z.B. für einen Angehörigen nicht leicht, wieder mit einem selbst-bewussterern Menschen zusammenzuleben, obwohl er sich das doch sehnlichst gewünscht hatte in der Phse con dessen Depression. Viele Depressive werden ja immer passiver. Damit das alles nicht in einem partnerschaftlichen Desaster endet, sollte man sich meiner Neinung nach von Anfang an begeleiten lassen, auch um sich auf die sich veränderte Situation, den sich verändenden Partner vorzubereiten.

Als ich damals Parientin in einer Psychosomatischen Klinik war, habe ich hautnah mitbekommen, wie viele Probleme es bei meinen MitpatientInnen gab. Viele wollten wegen der zu erwartenden konfliktbeladenen häuslichen Situation gar nicht mehr nach Hause fahren, wollten dem ausweichen: In der Klinik geht es ja nur um die Patienten, kann man, soll man sich sogar mit sich selbst beschaftigen, jedenfalls die ersten beiden Drittel der Klinikzeit. Zu Hause läuft das AlltagsLeben weiter. Enttäuschungen von beiden Seiten sind vor allem bei den Wochenendbesuchen vorprogrammiert: Man freut sich aufeinander, kann aber die gegenseitigen Etwartungen nicht erfüllen. Deshalb Hilfe suchen! Bei mir war es insofern anders, als mein Mann mich fast jeden Abend besuchte, von meiner Therapie quasi als ebenfalls vom Verlust Betroffener quasi mit"profitierte", zum Glück aber keine Depression hatte. Konflikte gab es trotzdem - dabei halfen uns die Paargespräche in der Klinik.

Nun habe ich gelesen, dass es aktuell einen großen Mangel an Therapeuten gibt. Man sollte aber nicht ein halbes Jahr warten müssen. Deshalb verweise ich auf die Psychologen bei den Kirchlichen Beratungsstellen: Die Evangelischen Beratungsstellen für Familie (Name ist länger, s. Internet oder Telefonbuch) und bei der Caritas (Katholische Beratungsstellen für Probleme in Familie etc.) Da bekommt man viel schneller einen ErstTermin, man braucht auch keine ärztliche Überweisung.

Ich selbst habe mit einem Psychologen bei der Evangelischen Beratungsstelle sehr gute Erfahrungen gemacht, als ich über mehr als ein Jahr völlig mit meiner damaligen Lebenssituation völlig überfordert war, aber nicht ausfallen konnte wegen verschiedener Verantwortungen, die ich nicht abgeben konnte: Da war gleichzeitig die Trennung von meinem ersten Mann, die zwar von mir ausging, dann aber wegen des Sorgerechts in einen Scheidungskrieg zu münden drohte.. Ich war alleinerziehend mit zwei kleineren Kindern, mein Vater, 30 km von uns entfernt wohnend, war schwer und unheilbar krank, und meine Mutter, sie ihn zu Hause pflegte, benötigte meinen seelischen Beistand, aber auch andere Hilfen wie Besorgungen etc. Ihr werdet euch sicher hier wiederfinden: Es kommt oft alles zusammen, und auch ich musste arbeiten, Vollzeit.

Ich bekam bis zu drei Einzelgesprächen in der Woche, Gespräche mit den Kindern, und die Kinder wurden auch therapeutisch betreut. Diese Begleitung hat mir Kraft für mich selbst gegeben und damit auch für meine Kinder, für meinen Vater und für meine Mutter.

Und ich blieb mehr oder weniger arbeitsfähig, was wichtig für die Studierenden war, die ich in bestimmten Bereichen auf ihre Prüfungen für die Universität vorbereiten musste. Sonst hätte ich mich krankschreiben lassen, was mir ärztlich auch angeboten wurde. Es war eine unheimlich schwere Zeit, die viel Kraft kostete, udn ixh bin dem sehr emphatischen Therapeuten noch heute dankbar. Natürlich lernt man auch eine Menge über sich selbst, aber für mich ging es damals am meisten darum, verstanden und beraten zu werden. Eine Gesprächstherapie läuft ja sonst anders ab.

Religion spielt keine Rolle, wenn man das nicht will. Einer Freundin habe ich diese Möglichkeit vor Jahren geraten. Sie geht noch heute in Einzeltherapie, aber eine ganze Weile hatte sie auch Partnergespräche mit ihrem Mann. Sie wollte sich trennen, umd es gab auch eine therapeutisch begleitete 6-monatihe räumliche Trennung. Was soll ich sagen: Die Ehe "wurde" gerettet, und wenn sich wieder Schwierigkeiten anbahnen (ihr Mann neigt zu depressiven Phasen), dann gehen beide getrennt, meist aber nur meine Freundin zu derselben Therapeutin, und hin und wieder gibt es wieder Partbergespräche. Man muss sixh also nicht immer wieder einen Therapeuten suchen, und man kann auch eine kurzfristige Beratung in Anspruch nehmen. Bei manchen Problemen reichen ja ein paar Beratungsstunden.

Diese Therapien sind kostenlos. Wenn man Geld hat, kann man eine Spende geben, sollte man auch. Hat man keins, dann eben nicht. Die Psychologen sind nicht schlechter als niedergelassene Therapeuten und auf Familienfargen spezialisiert. Man sollte auch nicht vergessen, dass die Kinder auch der Hilfe bedürfen, wenn ein Elternteil depressiv sind, weil sie dann automatisch in den Hintergrund gedrängt werden: Wenn man sich um den Ehepartner sorgt, fühlen die Kinder das und können Ängste entwickeln, was hier jeder aus eigener Erfahrung weiß, der depressive Eltern hatte.
007+
Beiträge: 10
Registriert: 25. Feb 2013, 11:32

Re: Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

Beitrag von 007+ »

Hallo,

ich danke sehr für die Beiträge.

Ich merke immer mehr, wie mich alles belastet, wie ich überfordert bin, fühle mich wirklich, als hätte ich ein Brett vor der Stirn - ich glaub ich muss mal über Botox gegen die Sorgenfalten nachdenken!

Kürzlich gab es eine Diskussion mit meinem Mann, dass er das nun erzwungene Leben ohne Alkohol nicht mag. Er mag gar nichts zur Zeit. Früher war er der Spaßmacher schlechthin und auf jeder Party, überall beliebt und immer mit reichlich Alk.

Das ganze ging hin und her und ich konnte ihm keine Perspektive schmackhaft machen. Zum Schluss habe ich ihm gesagt, mir wird das zuviel, ich krieg schon wieder Kochschmerzen, ich bin nicht deine Therapeutin. Ich kann ihm nicht helfen, denke aber, er erwartet das von mir.

Gut war, dass wir darüber gesprochen haben und jede seine Sichtweise erklären konnte. Er hat gemerkt, dass es Grenzen meiner Belastbarkeit gibt.

Mein Problem ist auch, dass ich ganztags arbeite. Ich wohne im ländlichen Bereich und Therapeutensuche ist schwierig.

Mein Mann hat aber zumindest seine Therapeutin gefragt, ob ich mal mitkommen kann. Das find ich zwar auch etwas komisch, weil ich wohl nicht so offen sprechen kann, aber einen Einblick gäbe es dadurch schon.

Außerdem wäre es der 1. Schritt in so eine Praxis ...

Viele Grüße
Anjuschka
Paola
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Re: Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

Beitrag von Paola »

Liebe Anjuschka,
es ist nicht einfach, aber mirt Sicherheit gut, dass du einen Teil der Verantwortung*** für deinen Mann abgibst: Nicht einmal der erfolgreichste Psychotherapeut kann die eigenen Angehörigen therapieren, zuallerletzt die eigene Ehefrau!

Hier vielleicht ein Tipp, um deinem Mann über die Anfangszeit hinwegzuhelfen, das Buch von

Heiner Lauterbach, "Man lebt nur zweimal." (2013)

H. L. hat gleichzeitig ode kurz hintereinander mit allen Hilfsmitteln aufgehört: Zigaretten, Drogen und Alkohol und fühlt sich heute glücklicher denn je.

Ich selbst habe das Buch nicht gelesen, aber seine Antworten auf Fragen dazu gehört. Das klang sehr überzeugend. Er hat auch von dieser Leere nach dem Nicht-mehr Trinken gesprochen, die jetzt deinen Mann belastet. Vielleicht blätterst du das Buch in einer Buchhandlung mal durch. Immerhin hat H. Lauterbach in dem Film "Männer" von Doris Dörrie eine der beiden Hauptrollen gespielt. Und männlich wirkt er auch noch mit seinen 60 Jahren. Und vielleicht hilft deinem Mann das ja ein wenig, dass andere Männer auch erst einmal zu kämpfen haben. In unserem Freundeskreis gibt es einen Mann, der vor ca 20 Jahren nach einem Betrug durch "Freunde" und Mitarbeiter zum Alkoholiker geworden ist. Seine Frau, die ihn sehr liebte aber einfach nicht mehr weiter wusste mit ihm, hat sich von ihm getrennt und ist mit den beiden gemeinsamen Kindern Hunderte Kilometer weg in ihre Heimatstadt gezogen.

Er hatte durch den Betrug alles verloren, was er sich aufgebaut hatte, und das war immerhin ein Unternehmen mit 2 Mio DM Umsatz pro Jahr. Viel Geld weg. Der Betrieb in der Insolvenz und weg. Das Vertrauen in die anderen: erst einmal weg.

Er hat erst, nachdem sich seine Frau von ihm räumlich von ihm getrennt hatt, eine Entziehung gemacht, ist nie rûckfallig geworden und die Familie ist wieder zurückgekehrt. Es gibt Erfolgsgeschichten. Er hat sich mit anderen auch beruflich etwas Neues aufgebaut.
Angela1980
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Re: Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

Beitrag von Angela1980 »

@tabarka1
>>Meine feste Überzeugung ist, dass ich mit meinem Mann nicht mehr zusammen wäre, wenn ich mir keine therapeutische Hilfe geholt hätte.<<

schön für dich, ich kenne einen anderen fall und meiner überzeugung nach, die beziehnung erst recht durch die therapie der angehörigen an den rand des abgrundes trieb, weil wohl beide seiten unterstützung zu den eigenen DENKFEHLERN bekamen um sich erst recht darin zu verbeißen.

Angi
"Wenn es keine Menschen gäbe, gäbe es keine Wirtschaft.

Folglich ist die Wirtschaft für den Menschen da und nicht umgekehrt."



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Tabarka1
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Re: Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

Beitrag von Tabarka1 »

Hi Angi,

Wie schade, dass Du so eine Erfahrung gemacht hast!

Bei uns gab es ein "weiter so" nicht mehr. Die Beziehung war am Ende. Also hätte Therapie auch (scheinbar) zu einem Ende führen können. Also einem Ende an dem wir schon angelangt waren.

Und ich hatte das Glück, dass meine Therapeutin sich gar nicht um unsere Beziehung und meinen Mann gekümmert hat und darum auch nicht um Beziehung, sondern nur um mich. Und erst dadurch war überhaupt etwas Neues für mich denkbar in der Beziehung. Und dann spürte ich es auch und heute fordere ich es auch (manchmal) : auch ich brauche Veränderung in der Beziehung. Und damit gab es plötzlich eine Gemeinsamkeit: Wir wollen beide unsere alte Beziehung verändern.

Ohne die Therapie hätte mir dieser Schritt wahrscheinlich zuviel Angst gemacht.

Und: Dies ist ausschließlich meine Erfahrung. JedeR muss für sich selbst entscheiden, ob sie oder er diesen oder einen anderen Weg geht.

LG
Tabarka
Wann, wenn nicht heute... ?
Angela1980
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Re: Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

Beitrag von Angela1980 »

Hi Tabarka,

>>Und ich hatte das Glück, dass meine Therapeutin sich gar nicht um unsere Beziehung und meinen Mann gekümmert hat und darum auch nicht um Beziehung<<

das ist eben der unterschied !! wenn therapeuten meinen sie müssen sich auf teufel komm raus in die BEZIEHUNG + dem privatleben des patienten einklinken zu müssen, geht das ganze sehr warscheinlich nicht zugunsten der beziehung aus, es sei denn man erkennt es noch früh genug und stellt dem thera den stuhl vor die tür.

>>Wir wollen beide unsere alte Beziehung verändern.<<

wir haben unsere "alte" beziehung, mit dem gemeinsamen beschluss verändert, nicht alles als bare MÜNZE zu nehmen bzw. andrehen zu lassen, was einen von aussen angeboten/angedreht wird, denn auch hier gilt, vertrauen ist gut, kritisches betrachten des angebotenen menüs`s, besser.

LG
Angi
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Re: Welche/r Angehörige macht selbst Therapie?

Beitrag von 007+ »

Paola,

Danke für den Tip mit dem Buch von Lauterbach. Das könnte gut sein.

Im Moment müssen wir gerade wieder eine Krise durchstehen. Mein Mann hat sich so sehr einen Hund gewünscht und ihn auch bekommen.

Ich war skeptisch, ob er das schafft und habe ihm vorher auch meine Bedenken erzählt. Und es kam wie es kommen musste: So ein junger Hund braucht rund um die Uhr Betreuung und ein sicheres Herrchen. Das konnte mein Mann leider nicht leisten. Der Hund konnte nichts dafür!

So kam es, dass der Hund zum alten Zuhause zurückging. Für den Hund zum Glück ein gutes Ende, für meinen Mann wieder ein neuer Rückschlag. Er fühlt sich schuldig. Ich bin auch sehr mitgenommen, schließlich hat man den kleinen Hund schnell ins Herz geschlossen. Wir haben zusammen geheult und ich habe ihm immer wieder versichert, dass es nicht seine Schuld ist, die Krankheit ist schuld.

Was kann ich ihm nur an Perspektive zeigen? Er fühlt sich so alleine und hat an gar nichts mehr Spaß. Was kann sein neuer Lebensinhalt sein? Er ist krank, arbeitslos und mutlos, viel allein ...

Das ganze hat jetzt nicht mehr viel mit meiner ursprünglichen Frage zu tun, aber ich bin gerade durch die Hunde-Sache abgelenkt.

Viele Grüße von der
traurigen Anjuschka
Antworten