Frühjahr

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crosswalker
Beiträge: 17
Registriert: 25. Jul 2012, 12:08

Frühjahr

Beitrag von crosswalker »

Hallo,
ich war schon lange nicht mehr so verzweifelt wie zur Zeit. Ich habe gedacht wir, mein Mann und ich, hätten die schlimme Zeit der Verletzungen, der schlechten Gefühle überstanden. Er war seit Monaten stabil. Sein Arzt wollte nur noch das Frühjahr abwarten, dann sollte er anfangen seine Medikamente aus zuschleichen.Und nun das: ein Absturz aus heiterem Himmel!!!
Und das Schlimme, er weigert sich seine Erkrankung als Ursache zu sehen, immer bin in seinen Augen ich es, die hinter seinem Leidensdruck stht: ich will ihm was, er kann keine Nähe ertragen, ich verfolge ihn, lasse ihn nicht in Ruhe, usw. Er ist gefühlskalt, abweisend, agressiv, unnahbar, sieht in jedem Menschen eine schlechten Hintergrund. Die ganze Palette eben.
Ich weiß nicht mehr wie ich das aushalten soll!!!!!!!!
In der letzten Nacht bin ich wach geworden von meinen eigenen Jammertönen, er wurde auch wach und d´sagte dreh Dich um, Du bist laut. Das tut sooooo weh, nach all dem was wir durchgemqcht haben. Es muß doch mal eine Ende haben. Wir sind gute 50, haben ein nahezu sorgenloses Leben und Zukunftspläne. Wie soll das Enden??? Und wir lieben uns! Geht es ihm gut, ist er ein ganz liebenswerter Mensch.Aber ich habe keine Chance seine Erkrankung zu steuern oder aufzufangen.
Ob hier jemand einen Rat für mich hat?!
Es ist doch auch mein Leben!
Liebe Grüße
Crosswalker
medusa
Beiträge: 243
Registriert: 22. Mär 2013, 19:16

Re: Frühjahr

Beitrag von medusa »

liebe crosswalker,

komme gerade von der arbeit und habe dich gelesen.
es tut mir entsetzlich leid und ich fühle und empfinde mit dir.

mein mann ist auch krank - nun seit ca. 6 wochen in stationärer behandlung, vorher schon monate schlecht dran.

leider geht es ihm eher schlechter als besser und ich stehe noch ziemlich am anfang mit allem, was dazugehört.

ja, ganz vieles tut einfach nur weh - bei allem verständnis, was wir für unsere kranken partner haben.

das erste und wohl auch wichtigste, was ich hier im forum "gelernt" habe ist, dass ich auf mich achten muss! und dass aus ihm die krankheit spricht!

ja, der kopf weiß das und das herz spielt verrückt. komme erst jetzt so langsam an deck, nicht zuletzt durch die vielen hilflosen und tröstenden worte hier.

ob das alles mal ein ende hat?

ich weiß es nicht!

wenn man hier liest, wie lange der weg bei manchen schon ist, wird mir auch seltsam ums herz. kann man das so lange mittragen? will man es? will der partner das überhaupt?

1000 fragen, die ich mir nahezu täglich stelle.

ich sende dir erst mal eine umarmung und herzliche grüße

eiskristall
Tabarka1
Beiträge: 267
Registriert: 10. Feb 2013, 13:34

Re: Frühjahr

Beitrag von Tabarka1 »

Liebe Crosswalker,

Ich widerspreche Dir:

Es ist nicht A U C H Dein Leben.

Es ist DEIN Leben!

Nur Deins! Und Du hast jedes Recht glücklich zu sein.

Ob das mit ihm geht? Wer weiß?

Und Du bist für Dein Glück verantwortlich. Also mal bitte eine dicke Umarmung für Dich selbst aufheben. Dir selbst eine liebevolle Geste gönnen, nur für Dich etwas tun. Und ich behaupte nur dann hat man/frau überhaupt eine Chance mit einem depressiven Angehörigen zu leben. Und wenn es irgendwann dazu kommen sollte, dass man ohne ihn/ sie lebt, hat man das eigene Leben nicht verpasst.

Ich vermute das sind jetzt sehr starke Worte für Dich und ich hoffe, dass sie Dir Mut machen, Dich selbst in den liebevollen Blick zu nehmen.

Ich wünsche Dir dazu viel Mut, Liebe und Kraft.
Tabarka
Wann, wenn nicht heute... ?
crosswalker
Beiträge: 17
Registriert: 25. Jul 2012, 12:08

Re: Frühjahr

Beitrag von crosswalker »

Vielen Dank Ihr Lieben,
Eure Worte haben sehr gut getan.
Ja, Gott sei Dank, ich tue einiges für mich. Ich bin sozial unterwegs, engagiere mich für viele Dinge. Daraus kommt mir auch sehr viel Dank, Anerkennung und Lob entgegen. Auf der einen Seite kostet es mich eine Menge Energie, auf der anderen Seite zehre ich auch davon und es macht mich glücklich. Allerdings denke ich auch oft, dass ich zuviel von mir gebe. Alle meine Interessen haben damit zu tun, etwas für andere zu machen. Da ich aber viel positives Feedback erhalte, ist es wohl in Ordnung. Nur ganz manchmal denke ich, wer tut denn was für Dich!!
Ist aber wieder Quatsch, mein soziales Engagement tue ich ja auch für mich...
Und so drehe ich mich im Kreise. Übrigens ist mein Mann wieder aus seinem Loch heraus. Von jetzt auf gleich, zuerst vollkommen überdreht, dann wieder so wie es sich richtig anfühlt. Nun kann ich mit ihm auch besprechen, dass heute, genau wie gestern, genau wie vor zwei Wochen alles gleich ist.Das sich nichts geändert hat, außer zwischendurch sein eigenes Empfinden. Und das ich weiß er kann nicihts dafür, es ist seine Erkrankung die ihn dann alles so schwarz sehen läßt, die ihn dazu bringt, dass er unsere Beziehung als soooo problematisch betrachtet, er ständig unter Kontrolle stehe, alle nur ihm was wollen.
Aber so richtig will er das nicht wahr haben. So nach dem Motto: es liegt nicht immer an mir! Ich versuche ihn zu überzeugen, dass ja nicht er es dann ist, der die Welt so dunkel werden läßt, sondern die Erkrankung spielt ihm das vor. Ich sage ihm auch, dass ich weiß, dass er dann nicht aus seinem Loch hinaus kann, aber dass er doch, bitte, wenigstens mir dann Glauben schenken soll, dass immer noch alles so ist wie einige Stunden vorher!!!
Ob es beim nächsten Mal einfacher wird???

Aber ich kann ihn doch mit seiner Erkrankung nicht alleine lassen?
Doch was passiert, wenn er in so einem Loch ist und ich bin dann selber krank und brauche seine Hilfe.
Kann er mir die dann geben? Oder ist er dann überfordert und ich stehe alleine da?
Ich habe das Gefühl, ich kann mich niemals wirklich fallen lassen, ich muß alles regeln, ausgleichen. Für alles sorgen.
Ich habe Angst.

Alles liebe Crooswalker
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Frühjahr

Beitrag von bigappel »

doch, liebe Crosswalker, das kannst Du und ich empfinde es so, dass es auch Deiner Selbstverantwortung entspricht.

Wie schreibe ich immer so charmant.

Es gibt in der Psychatrie allerdings auch wunderschöne Doppelzimmer für Ehepartner?

Mir persönlich ist der Preis, selber psychisch zu erkranken zu hoch.
Mir "reichen" meine vorhandenen Erkrankungen.

Genug der Spitzfindigkeiten.

Es ist ganz furchtbar schwer, einen kranken Menschen zu verlassen oder größeren Abstand von ihm zu nehmen.

Eigene Zweifel, moralische Verurteilung der Nachbarn, Bekannten pp.
Das ist schwer zu ertragen.

Aber wenn ich eines gelernt habe in den letzten Jahren - für mich -, dann, dass es hier nicht um Schuld geht.

Weder bei dem Betroffenen, noch bei mir.

Für mich war es schwer, an diesen Punkt zu kommen, aber ich habe für mich festgestellt, dass ich an dem Punkt, wo es für mich ungesund wird, gehen werde, meinen Mann verlassen werde. Aus Eigenschutz.

Niemandem ist geholfen, wenn ich mich aus gut gemeinten Gründen aufopfere und letztlich selber psychisch krank werde.

Damit ist auch Deinem Mann nicht geholfen.

Abstand nehmen muss ja auch nicht immer Verlassen auf nimmer Wiedersehen bedeuten.

Ich will es nicht und ich hoffe auch, dass es nie eintreten wird, aber wenn ich meinen Mann als seine Partnerin verlassen würde, so ist doch die Verbundenheit so tief, dass dies mit einem vollständigen Abbruch meinerseits vermutlich nicht dauerhaft verbunden wäre.

Es ist natürlich nur meine höchstpersönliche Meinung, aber einen Menschen "lieben" bis zur Eigengefährdung, hat für mich auch nichts mit Liebe zu tun.

Aber wie so oft: das sollte jeder seinen Weg finden.

Herzliche Grüße
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
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